Unendlich vs. beliebig oft

Neue Frage »

papahuhn Auf diesen Beitrag antworten »
Unendlich vs. beliebig oft
Moin,
hab mal ein kleines Problem. Mich stört der Ausdruck "unendlich oft differenzierbar".
Ist ein Polynom unendlich oft diffbar? Meiner Meinung nach nein, denn die unendlichste Ableitung gibt es nicht. Ein Polynom ist beliebig oft diffbar.
Jetzt aber ein Gegenargument.
Zitat:
Wenn ein Polynom nicht unendlich oft diffbar ist, ist es bloß endlich oft diffbar. D.h. es existiert ein , so dass nicht mehr diffbar ist.



Die einzige Möglichkeit alles zu retten, sehe ich darin, zu sagen, dass das Gegenereignis zu "unendlich" nicht "endlich" sondern "endlich oder beliebig oft" sein muss. Dann wäre das Gegenteil von "endlich" auch nicht "unendlich", sondern "unendlich oder beliebig".

Dadurch ergeben sich aber lustige Konsequenzen. Der Beweis, dass es unendlich viele natürliche Zahlen gibt, funktioniert irgendwie nicht mehr.

Anstatt
Zitat:
Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen. Denn angenommen, es gibt nur endlich viele. Dann addieren wir eins zur größten und erhalten eine weitere. Widerspruch.


müssen wir jetzt schreiben:

Zitat:
Es gibt unendlich viele natürliche Zahlen. Denn angenommen, es gibt nur endlich viele oder beliebig viele. Dann addieren wir eins zur größten und erhalten eine weitere. Hmm, kein Widerspruch. Beliebig viele sind ja erlaubt. traurig


Wie siehts also aus? Entweder können wir nicht zeigen, dass es unendlich viele Zahlen gibt, oder ich will die unendlichste Ableitung vom Sinus sehen.

Ich glaube, ich werde Konstruktivist. Big Laugh
AD Auf diesen Beitrag antworten »

Und ich glaube, wir sollten unter "Sonstiges" die Subkategorie "Philosophisches" einführen. Als deren Moderator stehe ich bei meiner bekannten Maulfaulheit aber nicht zur Verfügung. Big Laugh
Leopold Auf diesen Beitrag antworten »

papahuhn schrieb
Zitat:
Heute, 16:58

Zitat:
Moin


Big Laugh Dieses Problem beschäftigt mich ehrlich gesagt viel mehr ... Big Laugh
sqrt(2) Auf diesen Beitrag antworten »

Dann lass dir gesagt sein, dass "moin" nichts mit "Morgen" zu tun hat, sondern vom niederdeutschen "moien" -- "gut" kommt, der Gruß also zu jeder Tageszeit angebracht ist und hier oben auch dementsprechend verwendet wird.
Leopold Auf diesen Beitrag antworten »

Wieder etwas gelernt ...
Ben Sisko Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Unendlich vs. beliebig oft
Zitat:
Original von papahuhn
Ist ein Polynom unendlich oft diffbar? Meiner Meinung nach nein, denn die unendlichste Ableitung gibt es nicht.


Ich finde diese Folgerung nicht ganz richtig. Warum sollte es die "unendlichste" Ableitung geben müssen, nur weil die Funktion unendlich oft differenzierbar ist?

Funktion ist beliebig oft diffbar -> Wie sieht die "beliebigste" Ableitung aus? Augenzwinkern
 
 
Leopold Auf diesen Beitrag antworten »

Es gibt ja auch unendlich viele natürliche Zahlen und keine unendlichste natürliche Zahl.
Ben Sisko Auf diesen Beitrag antworten »

Etwa das wollte ich damit sagen, danke Leopold smile
papahuhn Auf diesen Beitrag antworten »

Wenn man eine Funktion n-mal ableiten kann, dann gibt es eine n-te Ableitung. Dahinter steht ein Prozess; der der Ableitung. Danach hat man etwas in der Hand. Wenn ich jetzt etwas angeblich unendlich oft ableiten kann, heißt das für mich, dass ich "danach" auch etwas in der Hand haben muss, die unendlichste Ableitung.

Die Unterscheidung zwischen "beliebig lang/groß" und unendlich ist übrigens keine Trivialität. In der Rekursionstheorie(Informatik) werden z.B. partiell berechenbare Funktionen definiert. Eine Funktion ist berechenbar, wenn es einen Algorithmus gibt, der bei Input irgendwann (beliebig viel Zeit!) die richtige Lösung liefert, und bei Input niemals terminiert.

So gesehen habe ich "nach dem unendlichsten" Rechenschritt auf jeden Fall ein Ergebnis.

P.s.: Den letzten Satz würde natürlich kein Info-Prof. unterschreiben, aber es zeigt worauf ich hinauswill.

P.p.s:
Zitat:
Original von Leopold
Es gibt ja auch unendlich viele natürliche Zahlen und keine unendlichste natürliche Zahl.


Das steht ja jetzt wieder auf wackeligen Füßen. smile
JochenX Auf diesen Beitrag antworten »

Dein Beispiel verstehe ich nicht.
Jeder Algorithmus, der terminiert, tut dies nach endlich vielen Rechenschritten.
Selsbt der Supercomputer des Anhalter hat nur 10.000.000 Jahre gerechnet.

Hast du also eine Rekursion, die unendlich geht, dann terminiert dieses Programm nicht, gibt dir nie ein Endergebnis aus.
Es sei denn:
a) du brichst es irgendwann ab und fragst die Zwischenlösung
b) du gibst eine Schranke an, wann es das selbst tun soll
c) du wartest bis du schwarz wirst, eine Lösung bekommst du nicht
d) der PC denkt, er wäre bei unendlich angekommen und bricht ab, weil er nicht mit so hohen Zahlen umgehen kann

es gibt also keinen unendlichsten Rechenschritt, nach dem eine Lösung vorliegt.
papahuhn Auf diesen Beitrag antworten »

Ich war gerade dabei einen konkreten Algo hinzuschreiben, aber das bringt uns nicht wirklich weiter. Machen wir es andersherum.
Jemand gibt dir einen Algorithmus, einen Input und beliebig viel Zeit zu entscheiden, ob der Input zum Definitionsbereich der von ihm berechneten Funktion liegt. Dieses Problem kannst du nicht lösen. Beliebig viel Zeit reicht nicht. Denn auch nach 10 Millionen Jahren weißt du nicht, ob gleich ein Ergebnis kommt oder nie mehr. Nur nach "unendlich langer Laufzeit" hättest du einen Überblick über das Verhalten des Programms nach jedem Rechenschritt.
JochenX Auf diesen Beitrag antworten »

"Beliebig viel Zeit" reicht nicht, ist meines Erachtens falsch, zumindest, wenn ich dieses beliebig oft, wie dein "beliebig oft ableiten" auffasse.

Diese Zeit reicht nämlich, nur werde ich das Ergebnis in keiner endlichen Zeit bekommen.
Im Fall "unendlich Zeit" bekomme ich das Ergebnis wie du sagst nach unendlicher Zeit, was nie sein wird.
Im Fall "beliebig vieler Zeit" sage ich dauernd "Noch nicht", bis unendlich viel Zeit verstrichen ist (vorher wird mich nie jemand daran hindern "weitermachen" zu sagen), was natürlich genauso wenig eintritt.





Alles meine bescheidene Meinung. smile
Dual Space Auf diesen Beitrag antworten »

Herjee ... man sollte sich einfach mal die Frage stellen wie "beliebig oft" definiert ist, und vorallem, ob es "unendlich oft" mit einschließt.

Aber ich will euch nicht vom philosophieren abhalten. Augenzwinkern
papahuhn Auf diesen Beitrag antworten »

Das verstehe ich jetzt nicht, vor allem

Zitat:
Original von LOED
Diese Zeit reicht nämlich, nur werde ich das Ergebnis in keiner endlichen Zeit bekommen.
.
JochenX Auf diesen Beitrag antworten »

Das ist einfach genau das Ergebnis, wenn du sagst, ich habe das Ergebnis (erst) nach unendlicher Zeit.

Und wenn du sagst "unendlich Zeit reicht", dann reicht genauso beliebig viel Zeit.



Wegen mir sagen wir es anders:
beliebig viel Zeit reicht DESWEGEN nicht, weil es nie beliebig viel Zeit geben kann (weil die Unendlichkeit eben nie aufhört).
genauso reicht dann aber unendlich Zeit nicht, weil es sie nicht gibt.
papahuhn Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Wegen mir sagen wir es anders:
beliebig viel Zeit reicht DESWEGEN nicht, weil es nie beliebig viel Zeit geben kann (weil die Unendlichkeit eben nie aufhört).
genauso reicht dann aber unendlich Zeit nicht, weil es sie nicht gibt.


Ich komme nicht ganz mit. Haben wir ein unterschiedliches Verständnis von "beliebig groß/viel"? Für mich heißt das "endlich aber unbeschränkt".

Zitat:
genauso reicht dann aber unendlich Zeit nicht, weil es sie nicht gibt.


Es gibt "unendlich" nicht?
JochenX Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Haben wir ein unterschiedliches Verständnis von "beliebig groß/viel"? Für mich heißt das "endlich aber unbeschränkt".

Das ist eine interessante Frage, scheinbar haben wir das.
"endlich aber unbeschränkt" halte ich an sich schon für ziemlich unsinnig.

Meines Erachtens (und jetzt wird es philosophisch Augenzwinkern ) ist die "Unbeschränktheit" der letzte Schritt vom Endlichen zum Unendlichen.
Etwas, das endlich ist, ist nicht unbeschränkt. Etwas, dass unbeschränkt ist, kann nichts endliches sein.


Da ich merke, dass ich dir eh nicht helfen kann, versuche ich das mal in ganz einfachem Worten zu sagen, wie ich das sehe:
"Mach es unendlich oft" <=> Mach es, mach es nochmal, nochmal, hör NIE AUF.

"Mach es beliebig oft" <=> Lass es ODER Mach es und hör auf. ODER Mach es zweimal und hör auf ... ODER .... Hör nie auf.

Von dem her wäre "unendlich oft tun" sogar schwächer als "beliebig oft tun" und das ist vielleicht auch gut so.



Philosophiestunde Ende, ich bin jetzt selbst restlos verwirrt.
Leopold Auf diesen Beitrag antworten »

siehe auch hier
papahuhn Auf diesen Beitrag antworten »

Ok, das Mißverständnis hätten wir. Und langsam verstehe ich auch, wie man "unendlich oft diffbar" auffassen könnte. Vermutung:
Für dich zählt nicht das Resultat sondern der Verlauf des Prozesses. Du differenzierst einfach und hörst nie auf. Ein Ergebnis (die Ableitung) bekommst du dadurch nicht, aber das ist dir egal.

Ich sehe das aber nicht den Verlauf, sondern als etwas Fertiges. Eine "unendlich oft diffbare" Funktion impliziert bei mir die Existenz einer unendlichsten Ableitung, was natürlich absurd ist.
Um mal Leopolds Link aufzugreifen: Siehst du die natürlichen Zahlen nicht als aktual unendlich an?
JochenX Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Für dich zählt nicht das Resultat sondern der Verlauf des Prozesses.

theoretisch ja, zumindest habe ich es bei deinem Algorithmus so gemacht

Zitat:
Du differenzierst einfach und hörst nie auf. Ein Ergebnis (die Ableitung) bekommst du dadurch nicht, aber das ist dir egal.

1. tue ich das nicht, da bin ich zu faul zu
2. Falsch. ich bekomme genau so viele Ableitungen, wie ich mir schaffe.
Was ich nicht bekomme ist DIE finale Ableitung; aus dem einfachen Grunde, dass es die aber gar nicht gibt (oben haben wir das glaube ich eingesehen, in einem deiner Posts war das wohl), stört mich das aber auch nicht besonders

Zitat:
Ich sehe das aber nicht den Verlauf, sondern als etwas Fertiges. Eine "unendlich oft diffbare" Funktion impliziert bei mir die Existenz einer unendlichsten Ableitung, was natürlich absurd ist.

Würde ich eben nicht sehen, man könnte das auch bei JEDEM Grenzwert fordern.
Genauso könnte man auch wieder mit "/0" anfangen zu spielen. Wozu!?

Zitat:
Um mal Leopolds Link aufzugreifen: Siehst du die natürlichen Zahlen nicht als aktual unendlich an?

nach dem was ich gelesen habe, entsprechen sie eigentlich wie nicht viel anderes dem "potentiell unendlichen"...... Augenzwinkern
Trotzdem kann ich ehrlich gesagt bei bestem Willen nicht sagen "das unendlich ist so oder so", beide Herangehensweisen haben ihren verständlichen Hintergrund.



Ich weiß auch nicht, ob ich damit näher an ein Verständnis deiner Sicht geraten bin (tut mir leid).
Ich weiß nur: Polynome unendlich oft diffbar verstehe und nutze ich, im Wissen, dass es keine "finale" Ableitung gibt.
Btw: bei Polynomen gibts die ja doch, denn da ist die n-te Ableitung FÜR FAST ALLE n das Nullpolynom.






Übrigens waren mit beide Begriffe völlig neu und ich muss sagen: nach eingehendem Wikilinkstudium wurde mein Bewusstsein und mein Sprachschatz nicht erweitert....
Ben Sisko Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von LOED
Übrigens waren mit beide Begriffe völlig neu und ich muss sagen: nach eingehendem Wikilinkstudium wurde mein Bewusstsein und mein Sprachschatz nicht erweitert....


Aber zumindest wurde ein bisschen Systematik in die Diskussion gebracht.
papahuhn Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von LOED
Zitat:
Ich sehe das aber nicht den Verlauf, sondern als etwas Fertiges. Eine "unendlich oft diffbare" Funktion impliziert bei mir die Existenz einer unendlichsten Ableitung, was natürlich absurd ist.

Würde ich eben nicht sehen, man könnte das auch bei JEDEM Grenzwert fordern.
Genauso könnte man auch wieder mit "/0" anfangen zu spielen. Wozu!?



Der Thead ist schon ziemlich tot, aber mir ist noch ein Argument eingefallen. Betrachte nicht den Prozess des Ableitens von Funktionen sondern die Konstruktion der Cantor-Menge. Setze "Ableiten" mit dem Herausschneiden des mittleren Drittels aller Intervalle gleich. Jede endliche "Ableitung" ergibt eine Reihe von Intervallen, aber die unendlichste "Ableitung" ist die Cantor-Menge.

In diesem Fall macht es also Sinn von einer unendlichsten Ableitung zu sprechen, aber nicht beim echten Differenzieren von Funktionen.
Neue Frage »
Antworten »



Verwandte Themen

Die Beliebtesten »
Die Größten »
Die Neuesten »