Tangentenviereck

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Leopold Auf diesen Beitrag antworten »
Tangentenviereck
Wir betrachten Vierecke mit den aufeinander folgenden Seiten(längen) a,b,c,d. Ein solches Viereck heißt Tangentenviereck, wenn es einen Inkreis besitzt.

Satz: In einem Tangentenviereck gilt a+c=b+d.

Kehrsatz: Ist ein Viereck konvex und gilt a+c=b+d, so ist es ein Tangentenviereck.

Der Beweis des Satzes ist nicht schwer. Man muß nur beachten, daß es von einem Punkt P außerhalb eines Kreises gleich weit zu den Berührpunkten der Tangenten, die man von P aus an den Kreis legt, ist.

Aber der Kehrsatz! Ich suche schon seit Jahren nach einem einfachen, aber vor allem richtigen Beweis. Er sollte nur elementare Methoden verwenden, wie sie im Schulunterricht vor Behandlung der Satzgruppe des Pythagoras vorkommen, im wesentlichen also Kongruenz- oder Symmetriebetrachtungen und elementare Winkelgesetze. Vor allem sollte er einen logisch übersichtlichen Aufbau haben, sich also z.B. nicht aus verketteten Widerspruchsbeweisen zusammensetzen (einen solchen Beweis habe ich mir einmal zurechtgelegt, aber den will ich keinem normalen Schüler zumuten).

Ich zitiere einmal einen meiner Meinung nach falschen, zumindest aber unvollständigen Beweis. Man findet ihn in Barth ..., Anschauliche Geometrie 8, Ehrenwirth-Verlag, 3. Auflage, Seite 71/72.

Voraussetzung:
Im konvexen Viereck ABCD gilt AB+CD = BC+AD.

(Im Original sind da immer noch Striche oben drüber; in Bayern steht das für Streckenlänge.)

Behauptung:
ABCD hat einen Inkreis.

Beweis:

Wenn es keinen Inkreis gäbe, dann existierten mindestens zwei Kreise, von denen jeder drei Vierecksseiten (oder die Verlängerungen) berührte, aber die vierte nicht, wie zum Beispiel im Bild. Wegen der Voraussetzung gilt:
AB+CD = u+x+r+s+y+t
BC+AD = r+s+u+t
Also muß x+y=0 sein.
Weil x und y Streckenlängen, also immer >=0 sind, müssen sie einzeln gleich null sein: x=0 und y=0. Das heißt aber, E und F fallen zusammen, ebenso G und H. Folglich gibt es nur einen Kreis, der dann aber alle vier Seiten berührt. Das Viereck ist ein Tangentenviereck.



Der Beweis krankt meiner Meinung nach schon daran, daß er unterstellt, daß die Punkte E,F,G,H im Innern der jeweiligen Vierecksseiten liegen müssen. Vor allem auch: An welcher Stelle geht die Konvexität genau ein?

Edit: In der Zeichnung habe ich die Punkte E,F,G,H vergessen. E,F begrenzen die Strecke x und G,H die Strecke y.
Irrlicht Auf diesen Beitrag antworten »

Also die Konvexität brauchst du allein schon dafür, dass es einen Kreis gibt, der mindestens 3 Seiten berührt. Für ein konvexes Viereck ist es "anschaulich klar", dass z.B. t=0 nicht sein kann, weil sonst der Kreis 2 verschiedene Tangenten durch denselben Punkt hätte.

Ich finde dagegen die Begründung schlampig, dass x und y grössergleich 0 sein müssen. Wenn wir den unteren Berührpunkt des linken Kreises E nennen, und F den unteren des rechten Kreises, dann müsste man sich überlegen, dass die Reihenfolge der unteren Punkte tatsächlich A-E-F-B ist. Und noch wichtiger ist, dass dann die entsprechenden oberen Berührpunkt dieselbe Reihenfolge haben. Dass also x und y als gerichtete Längen, die AB = u+x+r und DC = t+y+r erfüllen, beide positiv sind. Wenn wir sie nämlich als vorzeichenlose Längen betrachten, müssen wir wissen, dass nicht vielleicht AB = u - x + r ist.
Leopold Auf diesen Beitrag antworten »
Tangentenviereck
Daß man die Konvexität braucht, ist einsichtig. Denn jedes Tangentenviereck ist zwangsläufig konvex. Aber das beantwortet nicht die Frage, wo die Konvexität in den Beweis eingeht.

Und ich sehe auch das Problem mit den Vorzeichen der Strecken x,y. Ich habe es nur anders ausgedrückt: Lage der Punkte E,F,G,H.

Ich finde, was in diesem Buch steht, ist doch kein Beweis. Zwar heißt es im Beweistext "... (oder die Verlängerungen) ...". Beim eigentlichen Beweis wird darüber aber großzügig hinweggegangen. Ich meine, dieser Beweis ließe sich nur retten mit einer Masse von Fallunterscheidungen (Horror!).

Die Schwierigkeit bei Widerspruchsbeweisen der synthetischen Geometrie ist ja meist, daß man sich eine Figur vorstellen muß, die es in Wirklichkeit gar nicht geben kann.
Irrlicht Auf diesen Beitrag antworten »

Die Konvexität geht an dieser Stelle zum ersten Mal in den Beweis ein:

dann existierten mindestens zwei Kreise, von denen jeder drei Vierecksseiten (oder die Verlängerungen) berührte, aber die vierte nicht

Das Viereck mit den Ecken (0,0) (1,2) (0,1) (-1,2) hat keinen Kreis, der 3 Seiten in ihrem Inneren berührt. Bestenfalls bekommt man einen Kreis, der 2 Seiten in ihrem Inneren berührt und die anderen beiden Seiten an ihrer gemeinsamen Ecke schneidet.
Leopold Auf diesen Beitrag antworten »

Ich glaube, wir reden aneinander vorbei.

Es ist klar, daß das Viereck nur konvex sein kann. Aber dann muß die vorausgesetzte Konvexität auch in den Beweis eingehen. Das heißt, es muß an einer Stelle heißen: "... bla bla bla ... Und weil das Viereck konvex ist, muß der Punkt U im Innern der Strecke VW liegen ... bla bla bla ..."

Und darauf geht dieser (Un-)Beweis nirgendwo ein.
Irrlicht Auf diesen Beitrag antworten »

Die Konvexität sichert die Existenz dieser Kreise. Aber ich durchdenk das morgen - naja heute früh - nochmal...

*mir die Finger schlag* Ich kann schon nicht mehr schreiben...
 
 
Leopold Auf diesen Beitrag antworten »

Dann gute Nacht!
Irrlicht Auf diesen Beitrag antworten »

Für die Aussage, dass im Viereck Kreise existieren, die drei Seiten berühren, brauchen wir die Konvexität. Es gibt zwar konkave Vierecke mit einem solchen Kreis, aber:
Jedes konvexe Nicht-Tangenten-Viereck enthält zwei davon. Das müsste man erstmal beweisen, und dafür braucht man die Konvexität.
Poff Auf diesen Beitrag antworten »

Betrachte gegenüberliegende Seiten (Konvexität)

1
sind beide Paare parallel, so handelt es sich um eine Raute
(a=c, b=d) und die hat einen Inkreis

2
Es gibt 2 nichtparallele gegenüberliegende Seiten BC und DA.
Deren Verlängerungen haben den außerhalb der Seiten liegenden
Schnittpunkt S. (Konvexität)
Von den übrigen beiden Seiten sei AB die dem Schnittpunkt S
abgewandte Seite. Das Dreieck SAB habe den Inkreis K mit
Mittelpunkt M. Dessen beiden Berührpunkte mit mit den Seiten
SA (DA) und BS (BC) seien K1 und K2.

Sei t eine beliebige Tangente an K mit Berührpunkt zw K1 und K2
(Bogen zu S hin gesehen), so gilt für die dadurch gebildeten
Strecken, C'D' (C' auf K2S, D' auf SK1) sowie den zugehörigen D'A
auf SA und BC' auf BS die gegebene Streckensummenbedingung.
'Sämtliche' Parallelen zu t, ob nun nach innen oder außen verschoben
erfüllen diese Bedingung nicht. Stets wird dabei die Summe zweier
gegenüberliegender Seiten größer während zugleich die Summe
der anderen Seiten kleiner wird. Unter der Annahme BK2 < BC und
K1A < DA wäre die Behauptung schon gezeigt. Diese anderen Fälle
stellen aber keine eigentliche Ausnahme dar, da sie durch
die Parallelen zu t alle schon miterfasst sind.


Folglich muss CD eine Tangente an K sein und K ist dabei der Inkreis
des Tangentenvierecks.


Wenn ich nichts übersehen hab, sollte es das gewesen sein.


Gott


Edit ...
SirJective Auf diesen Beitrag antworten »

Gefällt mir fast ganz gut! smile

Zitat:
Original von Poff
[...]
Sei t eine beliebige Tangente an K mit Berührpunkt zw K1 und K2
(Bogen zu S hin gesehen),
[...]
Unter der Annahme BK2 < BC und
K1A < DA wäre die Behauptung schon gezeigt. Diese stellen
aber keine eigentliche Ausnahme dar, da sie durch die Parallelen zu
t alle schon miterfasst sind.
[...]


Reicht es nicht, die Tangente zu betrachten, die parallel zu CD ist, und diese parallelzuverschieben?

Dann wäre doch stets entweder (BK2<BC und AK1<AD) oder (BK2>BC und AK1>AD) oder (BK2=BC und AK1=AD). Oder? Und in den beiden ersten Fällen kann ABCD die Summenbedingung nicht erfüllen.
Leopold Auf diesen Beitrag antworten »

Ich muß mir das morgen noch einmal genau durchdenken, will aber jetzt schon einige Bedenken anmelden.

1.

Wenn zwei Seiten des Vierecks parallel sind, muß keine Raute vorliegen. Man kann nur auf Trapez (und nicht einmal auf ein gleichschenkliges) schließen.

2.

Zwei nicht parallele Geraden schneiden sich immer. Die Definition deines Punktes S hat also nichts mit der Konvexität des Vierecks zu tun.

3.

Du sagst so lässig

"Dessen beiden Berührpunkte mit mit den Seiten SA (DA) und BS (BC) seien K1 und K2."

Aber ob K1,K2 auf DA bzw. BC liegen müssen, scheint mir nicht klar. (Das muß natürlich so sein, denn der Satz ist richtig. Dennoch ist ein Beweis für diese Aussage erforderlich. Ich denke, an dieser Stelle kommt die Konvexität irgendwie ins Spiel.)
Poff Auf diesen Beitrag antworten »

Zu 1,

um zur Existenz zweier nichtparalleler gegenüberliegender Seiten
zu kommen, habe ich extra den Fall 1 reingebracht.
Vielleicht liest der sich nicht ganz richtig, aber da sind 2 Paare
paralleler Seiten gemeint und sonst nichts.

Zu 2,
... aber die Existenz außerhalb von Strecke DA und BC hat was
damit zu tun.

Zu 3,
Du sagst so lässig
"Dessen beiden Berührpunkte mit mit den Seiten SA (DA) und BS (BC) seien K1 und K2."


sag ich nicht, war mir voll der Problematik genau dieser Sache
bewusst, deswegen sind da auch DA und BC eingeklammert und
stehen nur da um zu verdeutlichen dass es sich um Verlängerungen
jener Strecken handelt, diese auf SA bzw BS liegen.

Im Übrigen wird GENAU dies von mir am Ende angesprochen mit:
Unter der Annahme BK2 < BC und
K1A < DA wäre die Behauptung schon gezeigt.

...


smile
Poff Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von SirJective
...
Dann wäre doch stets entweder (BK2<BC und AK1<AD) oder (BK2>BC und AK1>AD) oder (BK2=BC und AK1=AD). Oder? Und in den beiden ersten Fällen kann ABCD die Summenbedingung nicht erfüllen.


@SirJective

ich denke 'nein' zumindest nicht ganz so, mag aber sein,
dass ich die Sekunde nicht genau deine Wellenlänge tanze ...

Genau über dieses Prob hab ich lange nachgedacht.
Für die Punkte K1 und K2 als Berührpunkte des Inkreises des
Dreiecks SAB ist das zumindest erstmal noch nicht garantiert ....

Wie man das nun genau aufrollt über eine parallele Tangente zu
CD oder wie auch immer, das dürfte letzlich egal bleiben.

Anfangs hatte ich es über alle Tangenten sowie deren Parallelen
formuliert, aber dies ist letztendlich gleichwertig mit einer beliebigen ...


ein paar Kleinigkeiten darf auch Leopold noch hinzufügen,
wollte garnicht so perfekt sein, sondern nur die Hauptelemente
klar fixieren ...


smile
Leopold Auf diesen Beitrag antworten »
Tangentenviereck
Ich habe hier einmal den Beweis aufgeschrieben, wie ich ihn zu führen pflege. Wie in der elementaren Dreiecksgeometrie üblich, bin ich großzügig bei den Bezeichnungen und unterscheide nicht zwischen Strecke und Streckenlänge sowie Winkel und Winkelmaß. Der Kontext sagt, was jeweils gemeint ist. (Mit dieser letzten Bemerkung will ich mich gleich einmal gegen WF absichern, damit er mich nicht wieder haut! Ich habe ja inzwischen solche Angst vor ihm!)



Das Viereck ABCD mit den Seiten a,b,c,d (siehe Zeichnung) sei konvex, und es gelte a+c=b+d.
Wir zeigen, daß das Viereck dann ein Tangentenviereck ist.

Die zwei Winkelhalbierenden von alpha und beta treffen sich in einem Punkt W (da das Viereck konvex ist, sind alpha/2 und beta/2 beide spitz, so daß die Existenz von W gesichert ist). Es gibt daher einen Kreis um W, der a,b,d in Punkten Ta,Tb,Td berührt. Es entstehen die Strecken p,q,r,s, wie in der Zeichnung angedeutet, mit p+q=a, q+r=b, p+s=d.
Eine Drehung um W führt das Dreieck CWTb über in das Dreieck C’WTd, wobei C’ auf der Halbgeraden von Td durch A liegt. Aus a+c=b+d folgt: p+q+c=q+r+p+s, also c=r+s. Dies zeigt, daß die Dreiecke C’WD und CWD in allen drei Seiten übereinstimmen und somit kongruent sind. Daher ist die Halbgerade von D durch W die Winkelhalbierende des Viereckswinkels bei D. W ist somit von c und d gleichweit entfernt, der Kreis berührt also auch die Seite c: das Viereck ist ein Tangentenviereck.


Habt ihr es gemerkt? Auch dieser Beweis hakt an einer Stelle, nämlich bei der Lage der Punkte Ta,Tb,Td. Zwar ist noch einsichtig, daß Ta im Innern der Strecke a liegen muß, bei den anderen beiden Punkten ist das aber nicht so ohne weiteres klar. Und das hängt mit der Konvexität von ABCD zusammen. Aber wie kann man das einfach (!!) begründen?
Irrlicht Auf diesen Beitrag antworten »

Der Haken an diesem Beweis, Leopold, ist SirJective und mir bewusst.
Wir wissen momentan keinen einfachen Weg, zu zeigen, dass Tb im Innern der Strecke CB ist. Aber wir überlegen uns folgendes:
Es gibt in jedem konvexen Viereck einen Kreis, der drei Seiten berührt und ganz im Viereck liegt.
Der muss die drei Seiten dann in ihrem Innern berühren. Wir starten dann deine Konstruktion mit dem beiden Winkeln, die von den drei berührten Seiten eingeschlossen werden. (Berührt der Kreis also die Seiten a,b,d, dann ist es genau der Kreis, den zu in deiner Skizze hast. Berührt er die Seiten a,b,c, dann verwende die Winkel beta und gamma.)
WebFritzi Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Tangentenviereck
Zitat:
Original von Leopold
Mit dieser letzten Bemerkung will ich mich gleich einmal gegen WF absichern, damit er mich nicht wieder haut! Ich habe ja inzwischen solche Angst vor ihm!

Gut so! Augenzwinkern
Poff Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Tangentenviereck
.
Poff Auf diesen Beitrag antworten »

Nochmal zurück dazu:

.... Unter der Annahme BK2 < BC und
K1A < DA wäre die Behauptung schon gezeigt. Diese anderen Fälle
stellen aber keine eigentliche Ausnahme dar, da sie durch
die Parallelen zu t alle schon miterfasst sind.


Ich hatte das etwa nicht deswegen nicht weiter ausgeführt
weils ein Schwachpunkt ist, sondern weil ich etwas Spielraum
für Spekulationen lassen wollte, der aber letztendlich garnicht
vorhanden ist, wie schon durch das Rote angedeutet.


Sei BC <= BK2 dann muss CD K schneiden (S liegt außerhalb von BC
und DA, [Konvexität]). Betrachte Parallele zu CD durch K2.
AUCH diese muss SCHON den Kreis schneiden. Daraus folgt der
Berührpunkt der parallelen Tangenten zu CD liegt innerhalb des
zu S liegenden Kreisbogens zw. K2 und K1. Wie zuvor gezeigt
wurde, erfüllen die zugehörigen Strecken (als zu einer Parallelen
von einer Tangenten .... zugehörig ) damit nicht die
Summenbedingung. C innerhalb BK2 somit nicht möglich.


smile
Drizzle Auf diesen Beitrag antworten »

Kann man diesen Satz eigentlich für beliebige 2n-Gone verallgemeinern? Immerhin tritt für n>2 ja auch noch das Problem auf, dass nicht immer ein Inkreis konstruiert werden kann.
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