Deutschland zensiert das Internet.

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Bierdeckel Auf diesen Beitrag antworten »
Deutschland zensiert das Internet.
Zitat:
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen hat ihr in mehreren Monaten in zähen und harten Verhandlungen immer wieder mit Nachdruck verfolgtes Ziel erreicht: Am Freitagvormittag haben fünf große deutsche Internetprovider Verträge mit dem Bundeskriminalamt (BKA) unterzeichnet, mit dem sie den Zugang zu Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten erschweren wollen. Die Vereinbarung zeige den gemeinsamen Willen von Politik und Wirtschaft, "diese Verbrechen zu blocken", freute sich die CDU-Politikerin über das "Signal" für ganz Europa. Es könne nicht angehen, dass "dieser schwere Missbrauch von Kindern scheinbar folgenlos abrufbar ist". Mit an Bord sind die Deutsche Telekom, Vodafone/Arcor, Hansenet/Alice, Telefonica/O2 und Kabel Deutschland.


Hier der Gesammte Artikel

Eine Einschätzung von IT-Magazin c't zu dem Thema, hier ein Auszug.

Zitat:
Fazit

Es erstaunt, dass Ministerin von der Leyen kompromisslos an ihren Plänen festhält und Bedenken von Experten beiseite wischt, ohne darauf sachlich zu antworten. Ein Gutachten des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags etwa bescheinigt dem Sperrvorhaben, weitgehend wirkungslos und gleichzeitig grundrechtsgefährdend zu sein. Solche Aussagen hält die Ministerin für „unterirdisch“. Die Gesellschaft für Informatik (GI), also die größte Ansammlung von Fachkompetenz im deutschsprachigen Raum, plädierte Anfang April fast schon verzweifelt für eine effektivere Strafverfolgung. Die geplanten Sperrungen dagegen seien wenig hilfreich, sondern überwiegend schädlich.

Bei nüchterner Betrachtung scheint es kaum möglich, dass Ministerin Ursula von der Leyen wirklich daran glaubt, durch Websperren den Handel mit Kinderpornografie spürbar eindämmen oder gar den Missbrauch von Kindern verhindern zu können. Zu offensichtlich läuft diese Aktion in eine falsche Richtung. Und damit taugt sie noch nicht einmal als gesellschaftliches Signal. Denn das würde lauten: Wir starten einen dilettantischen Versuch, das Problem zu verdecken, tun aber nichts dagegen.

Die Beispiele aus Skandinavien zeigen, dass die Sperren schädlich sein können: Wenn nämlich Server zwar auf der Liste landen, sich aber niemand die Mühe macht, sie vom Netz zu nehmen. Mit „aus den Augen, aus dem Sinn“ ist den Kindern nicht geholfen. Ebenso wenig kann es die Ministerin ernst mit der Behauptung meinen, Zufallsfinder, die im Web über Kinderpornos stolpern, würden „angefixt“. Schließlich geht es hier um eine sexuelle Veranlagung und nicht um Drogenkonsum.

Was steckt also wirklich hinter all diesen Hirngespinsten? Wenn es nicht die Bekämpfung von Kinderpornos ist, dann kann es nur um die Installation der Sperren selbst gehen. Das würde bedeuten, dass hier mit einem Vorwand eine geheime Liste eingeführt wird, die man nach und nach um weitere strafbare und unliebsame Inhalte erweitern kann. Die viel gelobten skandinavischen Länder zeigen bereits die Richtung: In Schweden versuchte die Polizei 2007 auf Lobbydruck hin, Adressen der Tauschbörsen-Suchmaschine Pirate Bay auf die Kinderporno-Sperrliste zu heben. Ähnliches ereignete sich 2008 in Dänemark.

Und in Deutschland stehen die Interessensgruppen bereits in den Startlöchern. Dieter Gorny, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Musikindustrie, hakte sich sogleich bei der Ministerin ein: „Der Vorstoß der Familienministerin zum Verbot von Kinderpornografie im Internet ist ein richtiges Signal. Es geht um gesellschaftlich gewünschte Regulierung im Internet, dazu gehört auch der Schutz des geistigen Eigentums.“ Das ist die mühsam verklausulierte Forderung, unliebsame P2P-Linkseiten auf die Sperrliste zu hieven.

Längst wurden sogar Forderungen laut, nach denen auf die Liste auch gewaltverherrlichende Inhalte und Glücksspielangebote gehören. Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch radikale politische Aussagen ausgeblendet werden sollen. Dann fehlt nur noch ein Gesetz, das jedes Umgehen der technischen Sperre unter Strafe stellt, und die Machthabenden hätten ein perfektes Zensurwerkzeug.


Den gasammten Artikel gibts ebenfals auf Heise.de

Armes Deutschland!
Auch wenn ich Österreicher bin.

Edit (mY+): Bitte Groß- und Kleinschreibung beachten und: ... gesamten .. . Tut mir leid, aber mich stört so etwas nun einmal sehr. Titel berichtigt.
AD Auf diesen Beitrag antworten »

Dass in Sachen IT-Kompetenz im Bundestag gähnende Leere herrscht, ist ja nichts neues - zudem besitzen sie auch das Talent, immer den falschen Experten zu vertrauen.

Der einzige MdB, der immer mal gewisse Zeichen der Hoffnung gezeigt hat, dass noch nicht Hopfen und Malz verloren ist, war (!) Jörg Tauss. Aber der hat ja nun (ob schuldig oder nicht) seine eigene Affäre am Hals und ist somit (vorerst oder auch für immer) politisch abgemeldet.
Gualtiero Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Deutschland zensiert das Internet.
Zitat:
Armes Deutschland!

Angesichts des Problems der Kinderpornographie über Deutschland allein die Hände zusammenzuschlagen, vor allem jetzt, da sich seine Regierung entschlossen hat, dagegen etwas zu unternehmen, halte ich für nicht angebracht. "Arme Menschheit" käme der Situation schon näher, denn das Problem ist - wie auch anders in Zeiten der fortschreitenden Globalisierung - ein weltweites. Und die Maßnahmen, die heute Deutschland setzt, werden morgen vielleicht schon in anderen Ländern angedacht und irgendwann auch umgesetzt werden.
Als vor etlichen zehn oder zwanzig Jahren (weiß keine genaue Jahreszahl) sich das WorldWideWeb langsam zu etablieren begann, haben vielleicht ein paar kühne Träumer die vielen positiven und sinnstiftenden Möglichkeiten vorausgeahnt, die sich mit dieser technischen Neuerung ergeben können, jedoch die Befürchtung, es könnte sich auch die Kriminalität darin einnisten, hat man - so sehe ich es - hintangestellt.
Aber jetzt ist die Situation doch bald so, dass tatenloses Zuwarten langsam einer schweren Verfehlung gleichkommt. Kinderpornographie ist wohl eines der scheußlichsten Verbrechen, darüber herrscht einhelliger Konsens; und wie das Leben von solcherart missbrauchten Kindern aussieht, darüber braucht man nicht lange zu reden. Die Voraussetzungen dafür, dass man aus dieser Abscheulichkeit auch noch ein Geschäft machen kann, bietet nun mal das Internet.
Das soll nicht heißen, dass ich mir einen Kontrollstaat wünsche und irgendwelche Erschwernisse und Beschränkungen herbeisehne - ganz im Gegenteil. Ich bin auch nur einer von der großen Masse derer, die friedlich und brav E-mailverkehr, Netbanking, Wikipedia, Google etc. und Einrichtungen wie z.B. dieses Matheboard nutzen. Es ist mir auch klar, dass mit Zensierung des Internets das Übel noch lange nicht an der Wurzel gepackt ist, aber die eventuelle Aussicht, dass damit dieses Verbrechen auch nur geringfügig eingedämmt werden kann - und wenn es "nur" ein Kind wäre, das einem Missbrauch entgeht - halte ich zumindest für überdenkenswert.

Letztlich ist es wie bei anderen Problemen auch, die die ganze Gesellschaft betreffen. Einige machen sich schuldig, Opfer leiden, wenige verdienen, und der überwiegend größte Teil muss dafür in irgendeiner Form zahlen.
IfindU Auf diesen Beitrag antworten »

Ich verstehe noch nicht die Argumentation dass Kinder geschützt werden, indem das Internet zensiert wird. Die Seiten sind immernoch online, Kinder werden weiterhin vergewaltigt, der einzige Unterschied ist dass man nicht zufällig über diese Problematik stolpern kann. Es wär das gleiche als ob man die Vorhänge zuzieht, während draußen Menschen abgestochen werden - ändert nichts an der Problematik, aber zu viele Menschen leben nach der Einstellung "Aus den Augen, aus den Sinn".
Besonders perfide ist es, wenn die anderen Länder mit Sperrlisten alles haben, Serverort, IP und Domain - und einige stehen davon in Deutschland. Wenn die Länder zusammenarbeiten würden, könnten sie die Server, sowie ihre Betreiber und Nutzer kriegen; und das ohne das Internet zu zensieren.
Bierdeckel Auf diesen Beitrag antworten »

Es geht ja in Wirklichkeit nicht um Kinderpornographie. Ich meine es ist vielmehr ein Vorwand der herbeigezogen wird. Es lässt sich ja niemand finden der pro Kinderpornos wäre. Es ist also ein geniales Argument wenn es um die Durchsetzung einer nicht gewollten Kontrolle / Zensur geht.

Ja Kinderpornos sind schlecht keine Frage, aber wär’s nicht Sinnvoller die Seiten vom Netz zu nehmen? Zumal die meistens (<95%) im Westen stehen?

So weit trau ich der deutschen Regierung. So weit zu denken sollte nicht allzu schwer sein. Was steckt also genau dahinter?

Das ganze wäre weniger schlimm wenn irgendwer (Seien es Richter oder Journalisten) die Möglichkeit bekommen könnten zu kontrollieren was auf dieser Liste drauf ist. Jetzt ist es so, dass einfach alles drauf kommen kann was das BKA da oben stehen haben möchte.
Jetzt sind es Kipos, Morgen dann rechtsradikales / Linksradikales, und wann dann "nicht genehme Meinungen" die ausgeblendet werden?
Bierdeckel Auf diesen Beitrag antworten »

Es geht weiter

http://www.heise.de/newsticker/Kinderpor.../meldung/136450

Wer Meinungen zu dem Thema hören möchte kann sich Hier reinlesen
 
 
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

Bin ja sehr politisch interessiert und engagiert und hatte mal das Vergnügen mit der KiKo über solche Themen zu sprechen. Auch mit anderen Abgeordneten hatte ichs schon über solche Themen. Das sind überwiegend Ansichten, wie ich sie bisher nur von meiner Oma kannte. Sie basieren vor allem auf einem unglaublichen Mangel an Wissen und Erfahrung. Die Kombination aus der konsequenten Verweigerung sich dieses Wissen und diese Erfahrung anzueigenen und aus dem Verlangen trotzdem auf diesen Feldern als Fachpolitiker zu agieren ist fatal.

Das geht durch alle Fraktionen. Wie der durchschnittliche MdB ausssieht, kann man leicht nachlesen (50 Jahre alt, männlich, Jurist, gläubig, etc.). Je älter umso wichtiger ist in der Regel die Position und damit umso größer die Macht.
Hier spielt vor allem das Alter hinein, das einfach eine zu große Distanz zu derartigen Themen schafft.

Jeder hat irgend eine Oma, einen Onkel oder einen Uropa der sich der digitalen Welt möglichst total-verweigert. Jetzt stellt euch vor die paar - für eure Familie wohl eher nicht-repräsentativen - Verwandten bildeten ein Fachgremium über genau die Themen, denen sie sich verweigern. Es ist keine zu große Übertreibung jetzt zu sagen: So sieht es in diversen Gruppierungen in unserem Parlament aus.
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