Meinung zu Stochastik-Klausuraufgabe gesucht

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coluphid Auf diesen Beitrag antworten »
Meinung zu Stochastik-Klausuraufgabe gesucht
Hallo,

bin letzte Woche durch eine Klausur gefallen, war heute bei der Einsicht und kann mich mit dem Mitarbeiter einfach nicht auf eine Lösung einigen. Deswegen würde ich gerne mal weitere Meinungen zu der Aufgabe hören. Konkret ging es um folgende Aufgabe:

Gegeben sei eine Glühbirne, die zu dem Zeitpunkt X durchbrennt. X ist eine exponential verteilte Zufallsvariable mit der Verteilungsfunktion

Zum Zeitpunkt t=0 wird die Lampe eingeschaltet und zu einem Zeitpunkt t=y, der vor dem Durchbrennen liegt, kontrolliert. Wie groß ist die mittlere Lebensdauer z der Lampe ab dem Zeitpunkt y?
Berechnen Sie die bedingte Wahrscheinlichkeit . Wenn 300 Tage ist, wie groß ist dann z?


Nach Ansicht des Wimis muss man als erstes die genannte bedingte Wahrscheinlichkeit ausrechnen, deren Ansatz war da:

mit
und

Dass der Ansatz mit der bedingten Wahrscheinlichkeit richtig ist, mag ich ja noch akzeptieren, auch wenn ich das in dem Fall für ziemlich unsinnig halte. Aber in dem Moment, wo sie für eine Exponential-Verteilung ansetzen, wird das Ergebnis meiner Meinung nach falsch.

So wie ich das sehe, steht in der Aufgabe doch "...zu einem Zeitpunkt t=y, der vor dem Durchbrennen liegt..." und damit ganz klar:




Der WiMi hat mir da die ganze Zeit irgendwas erzählt, von wegen y sei eine Zufallsvariable, damit müsste man zunächst die Verbundwahrscheinlichkeit berechnen und für diese die Wahrscheinlichkeit P(X>y)...
Und mein Argument, dass die gesuchte Bedingung laut Aufgabenstellung immer wahr ist und dementsprechend keinen Einfluss auf die bedingte Wahrscheinlichkeit hat, wollte er nicht einsehen.

Bisher haben wir uns da nicht einigen können, treffen uns nächste Woche nochmal und diskutieren weiter.

Stochastik war eigentlich überhaupt nicht das Thema der Klausur, mir fehlt ein einziger Punkt zum bestehen, und diese Aufgabe (die immerhin 20% der Klausur ausmacht) hat mir 0 Punkte gebracht. Entsprechend groß ist mein Frust.
Deswegen würde ich gerne mal weitere Meinungen hören: Könnt ihr meiner Sichtweise zustimmen? Und noch viel interessanter: gibt es jemanden, der meine Argumente einsieht und mir erklären kann, warum meine Lösung trotzdem falsch und die gegebene richtig sein soll?

Vielen Dank für Antworten!
AD Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von coluphid

Nein, vollkommen falsch: Für als exponentialverteilte Zufallsgröße gilt selbstverständlich .

Dein Fehler ist, dass du die in der Aufgabenstellung geschilderte Situation, dass die Lebensdauer mindestens erreicht hat, auf die Zufallsgröße als sicheres Ereignis rücküberträgst - das geht schon mal überhaupt nicht, nachträgliches Verfälschen der Ausgangsverteilung. unglücklich

Durch die Tatsache, dass die Lampe zum Kontrollzeitpunkt noch brennt, geht es im folgenden dann nur noch um Pfade mit . Ausgedrückt wird das dadurch, dass man nicht mehr die direkte Verteilung , sondern die bedingte Verteilung zur Berechnung der Lebensdauer heranzieht!

Du verwechselst nun also in der Rechnung die (absolute) Wahrscheinlichkeit mit der bedingten Wahrscheinlichkeit , letztere ist selbstverständlich 1 und tut hier nichts zur Sache. Der WiMi hat also vollkommen recht


Dein Ergebnis ist sowieso vollkommen absurd, da diese Wahrscheinlichkeit monoton steigend in sein muss, dein Term in aber streng monoton fällt. Selbst wenn es sich um einen Schreibfehler handelt, und du eigentlich
meinst, ist das Ergebnis trotzdem falsch, wie einfaches Einsetzen des speziellen Wertes zeigt:

Nach deiner Formel käme dann heraus - in Worten: Die Wahrscheinlichkeit, dass kleinere (oder gleiche) Werte als annimmt unter der Bedingung, dass größer als ist, ist bei dir echt positiv. Diese Wahrscheinlichkeit muss selbstverständlich 0 sein, denn das ist unmöglich!
coluphid Auf diesen Beitrag antworten »

Zunächst einmal: Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Ich kann deinen Erklärungen folgen, so richtig überzeugt bin ich aber noch nicht unglücklich

Zitat:
Original von Arthur Dent
Dein Fehler ist, dass du die in der Aufgabenstellung geschilderte Situation, dass die Lebensdauer mindestens erreicht hat, auf die Zufallsgröße als sicheres Ereignis rücküberträgst - das geht schon mal überhaupt nicht, nachträgliches Verfälschen der Ausgangsverteilung. unglücklich

Genau das ist der Knackpunkt. Nach meinem Verständnis ist dies doch in der Aufgabenstellung als sicheres Ereignis beschrieben. Kannst du mir dann noch mal genau erklären, was der besagte Satz ...zu einem Zeitpunkt t=y, der vor dem Durchbrennen liegt... mir sagen soll? Der sagt doch deutlich, dass y kleiner als X ist, also in jedem Fall . Es erscheint mir auch unsinnig, die Zufallsvariable X als obere Schranke für y anzunehmen, aber diese Annahme habe ich doch nicht getroffen, sondern aus der Aufgabenstellung abgelesen.
Bei einer anderen Formulierung der Aufgabe (in der Richtung: "...berechnen sie die durchschnittliche Restlebenszeit, wenn y vor dem Durchbrennen liegt..." oder ähnlich) würde ich dir und dem Wimi vollkommen zustimmen. Aber so stehts eben nicht in der Aufgabe.
Ich kann den Rechnungen und dem Sinn dahinter durchaus folgen, sehe darin (bisher) aber immer noch einen Widerspruch zur Aufgabe. Wenn man für eine wie auch immer geartete Wahrscheinlichkeitsverteilung annimmt, heißt es ja, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, dass y größer als X ist. Der Meinung bist du ja auch, aber hat man in diesem Moment nicht einen Widerspruch zur Aufgabenstellung (der erwähnte Nebensatz...)?

Dass meine angegebene Wahrscheinlichkeitsverteilung in der Form sicherlich falsch ist, sehe ich nach deiner Erklärung durchaus ein. Hatte da nur bei der Klausureinsicht schnell was abgeschrieben und da ist mir wohl ein Fehler unterlaufen... aber darum geht es ja auch nicht wirklich.

Zitat:
Original von Arthur Dent
Nach deiner Formel käme dann heraus - in Worten: Die Wahrscheinlichkeit, dass kleinere (oder gleiche) Werte als annimmt unter der Bedingung, dass größer als ist, ist bei dir echt positiv. Diese Wahrscheinlichkeit muss selbstverständlich 0 sein, denn das ist unmöglich!

Ich sehe ein, was du meinst, aber stimme nicht wirklich zu... auch das führt ja zurück auf die Frage, ob es Fälle geben kann, in denen y größer als X ist... meiner Meinung nach geht es bei der gegebenen Aufgabenstellung nicht. Damit wäre dein Argument dann ja uninteressant, weil die bedingte Wahrscheinlichkeit zwar einen Widerspruch darstellt, der Fall nur eintreten kann, wenn y den gültigen Definitionsbereich verlassen hat.
AD Auf diesen Beitrag antworten »

Tut mir leid, ich habe oben alles gegeben. Wenn du selbst den zuletzt stehenden Einwand nicht einsehen willst, dass deine Rechnung falsch sein muss, dann hast du was grundsätzliches bei bedingten Wahrscheinlichkeiten nicht kapiert. Für derart didaktisch schwierige Fälle habe ich keine Nerven.

Ich verstehe ja, dass du mit allen Mitteln versuchen willst, die Klausur zu retten, und du deswegen hier im Board nach Unterstützung für deine fragwürdigen Rechnungen suchst. Aber nach Sachlage ist dies einfach nicht möglich, die mathematischen Wahrheiten, die dir der WiMi unterbreitet hat, lassen sich nicht wegdiskutieren.
Dual Space Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Meinung zu Stochastik-Klausuraufgabe gesucht
coluphid, bei der ganzen Interpretiererei des Aufgabentextes entgeht dir dennoch, dass sich

Zitat:
Original von coluphid
X ist eine exponential verteilte Zufallsvariable mit der Verteilungsfunktion


und deine Folgerung

Zitat:


offenkundig widersprechen. Da deine ganze Lösung auf dieser falschen Folgerung beruht wird der WiMi nicht umhinkommen diese Aufgabe mit Null Punkten zu bewerten. Sorry.
coluphid Auf diesen Beitrag antworten »

Doch doch, verstanden habe ich die bedingte Wahrscheinlichkeit durchaus und stimme ja auch zu: Mathematisch machen die Rechnungen des Wimis und von Arthur Dent durchaus Sinn und meine sind da sehr fragwürdig.
(Bezogen auf die Aufgabe: Nach meiner Interpretation kann die Birne erst durchbrennen, nachdem sie kontrolliert wurde - damit könnte man das Durchbrennen verhindern, indem man sie einfach nie kontrolliert Big Laugh - ich sehe ein, dass das eine unsinnige Lösung ist.)

Trotzdem sehe ich den Fehler da nach wie vor nicht bei mir, sondern in der Aufgabenstellung - meine Rechnungen sind zwar mathematisch recht unsinnig, setzen aber doch genau die beschriebene Situation aus der Aufgabe um. Das Problem ist dann meiner Meinung nach eine falsch formulierte Aufgabe.
(In der Klausur habe ich tatsächlich erst mit der bedingten Wahrscheinlichkeit angefangen, dann ist mir irgendwann dieser besagte Satz ins Auge gestoßen, habe daher eine Fangfrage vermutet, meinen Ansatz weggestrichen und statt dessen meine beschriebene Antwort gegeben - so richtig Zeit, um Für und Wider der Ansätze abzuwägen, hatte ich leider nicht. Bei einer etwas anders formulierten Aufgabenstellung würde ich auch das andere Ergebnis als richtig erachten und wäre auch durchaus in der Lage gewesen, diese Rechnungen zu Papier zu bringen - daher eben der große Frust.)

Wie auch immer, eure Antworten überzeugen mich auf jeden Fall, dass ich das Ergebnis wohl schlucken und die Klausur noch mal schreiben muss.
In diesem Sinne: Vielen Dank für eure Antworten!
 
 
AD Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von coluphid
Bei einer etwas anders formulierten Aufgabenstellung würde ich auch das andere Ergebnis als richtig erachten

Da bin ich aber gespannt, welche das sein soll - und auch von welchem Ergebnis du da genau sprichst. Ich habe dir oben Widersprüche in der Rechnung aufgezeigt, die zu keiner wie auch immer gearteten Aufgabenstellung passen. Ich nenne nur mal den Widerspruch, dass bei dir ein unmögliches Ereignis positive Wahrscheinlichkeit hat...
coluphid Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Arthur Dent
Da bin ich aber gespannt, welche das sein soll - und auch von welchem Ergebnis du da genau sprichst. Ich habe dir oben Widersprüche in der Rechnung aufgezeigt, die zu keiner wie auch immer gearteten Aufgabenstellung passen. Ich nenne nur mal den Widerspruch, dass bei dir ein unmögliches Ereignis positive Wahrscheinlichkeit hat...

Ich glaube, da hast du mich falsch verstanden. Ich meine, wenn die Aufgabe etwas anders formuliert wäre (z.B. "Wie groß ist die mittlere Zeit ab dem Kontrollzeitpunkt, wenn der Kontrollzeitpunkt vor dem Durchbrennen liegt..."), dann würde ich deine Lösung als richtig erachten und hätte über meine eigene Lösung die gleiche Meinung wie du (nämlich, dass sie völlig schwachsinnig ist).

Aber in der Aufgabe ist das Ganze eben nicht als die gewünschte, sondern als die einzig mögliche Situation beschrieben. Und damit ist der Widerspruch dann ja in der Aufgabenstellung - klar, dass er dann auch in meiner Lösung auftaucht. So gesehen, würde ich sagen: eine widersprüchliche Rechnung kann zwar mathematisch unsinnig, aber im Sinne der Aufgabe richtig sein, wenn der Widerspruch auch schon in der Aufgabe steht.
Letztendlich dreht sich damit ja alles um die Frage, ob die Aufgabenstellung den Fall X<y zulässt - alle mathematischen Folgerungen ergeben sich daraus. Und nach meiner (sicherlich etwas spitzfindigen) Interpretation der Formulierung ist dieser Fall eben ausgeschlossen.
Wie auch immer - mathematisch gesehen stimme ich dir vollkommen zu, habe aber immer noch ein Problem mit der Formulierung der Aufgabe.
Damit drehen wir uns dann wohl im Kreis und ich will dich jetzt ja auch nicht mit meinem Starrsinn auf die Palme treiben, nachdem du dir Mühe gegeben hast, mir so ausführlich zu antworten.
AD Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von coluphid
Letztendlich dreht sich damit ja alles um die Frage, ob die Aufgabenstellung den Fall X<y zulässt - alle mathematischen Folgerungen ergeben sich daraus. Und nach meiner (sicherlich etwas spitzfindigen) Interpretation der Formulierung ist dieser Fall eben ausgeschlossen.

Ich habe es dir doch bereits im ersten Beitrag mehr als deutlich auseinandergesetzt, aber ich wiederhole es (ungern) noch mal, denn manchmal dringt die Wiederholung dann doch irgendwann mal durch:

Die exponentialverteilte Zufallsgröße lässt sowohl Werte kleiner als als auch Werte größer als zu, erkennbar an . D.h. es gibt Pfade mit , als auch andere Pfade mit .

Durch die Information, dass die Lampe zum Zeitpunkt noch brennt, was ja deutlich in der Aufgabenstellung steht, geht es also dann nur noch um diese zweiten Pfade mit , und genau deswegen betrachtet man die zugehörige bedingte Verteilung und den zugehörigen Erwartungswert dann als mittlere Lebensdauer der Glühlampe unter der Bedingung, dass die Lampe zum Zeitpunkt noch gebrannt hat. Und genau diese Interpretation ergibt sich m.E. unmissverständlich aus der Aufgabenstellung, so sehr du hier auch rumdiskutierst.

Das Rechnen mit hat aber mathematisch korrekt zu erfolgen, was keinesfalls beinhaltet, an der absoluten Verteilung von irgendwie "rumzudrehen", die bleibt natürlich wie sie ist! Ich bin nach wie vor der Meinung, dass du ständig diese beiden Verteilungen durcheinander bringt - hier nochmal die Gegenüberstellung der beiden zugehörigen Verteilungsfunktionen:



.
WebFritzi Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von coluphid
Nach meiner Interpretation kann die Birne erst durchbrennen, nachdem sie kontrolliert wurde


Das ist aber sozusagen Teil des gegebenen Ereignisses. Zunächstmal ist X exponential verteilt, ganz unabhängig davon, ob die Kontrolle vor oder nach dem Durchbrennen stattfindet. Deswegen muss man hier mit bedingten Wahrscheinlichkeiten arbeiten.
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