Warum werden manche Funktionen mit griechischen Buchstaben benannt?

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Primeman Auf diesen Beitrag antworten »
Warum werden manche Funktionen mit griechischen Buchstaben benannt?
Meine Frage:
Hallo,
Ich habe eine Frage, die sich für Fachleute vielleicht etwas merkwürdig anhört. Aber warum werden einige Funktionen mit griechischen Buchstaben benannt? Beispielsweise die Zetafunktion. Ist das komplett willkürlich, oder hat das einen bestimmten Zweck? Könnte man als Mathematiker ohne Grund sagen:"Weil mir der Name so gut gefällt, nenne ich die folgende Funktion einfach mal oder oder wie auch immer." Oder steckt da ein System hinter, das so eine Benennung rechtfertigen muss?
Ich wäre über jede Hilfe sehr dankbar.

Meine Ideen:
Zu einer solchen Idee kann ich keine eigenen Ideen angeben, da ich bisher auch noch nicht recherchiert habe (wo sollte ich das auch besser tun, als hier?).
Leopold Auf diesen Beitrag antworten »

In der Mathematik gibt es viel Freiheit bei den Bezeichnungen, aber auch gewisse Traditionen. Das richtige Maß zwischen Freiheit und Tradition zu bestimmen, lernt der Mathematiker durch Vorbilder und den täglichen Umgang mit den Objekten.
Oft erinnern die Namen an das, was sie bezeichnen. Wenn etwa der Gruppentheoretiker das neutrale Element e nennt, dann denkt er an "Einheit" oder "Einselement". Jemand, der Analysis betreibt, wird mit e die Eulersche Zahl meinen. Und in der Eulerschen Polyederformel e-k+f=2 bezeichnet der Buchstabe die Anzahl der Ecken des Polyeders.
Die Kreiszahl erinnert an Peripherie, aber jemand, der sich mit Permutationen beschäftigt, versteht etwas anderes darunter. In früherer Zeit wurde die Kreiszahl auch mit dem lateinischen Buchstaben p bezeichnet. Vielleicht hat irgend jemand dann einmal gedacht: Das ist so etwas Besonderes, da nehmen wir keinen schnöden lateinischen Buchstaben dafür, sondern einen verschnörkelten griechischen. Inzwischen ist die Tradition so fest etabliert, daß sich kein Mathematiker traut, für die Kreiszahl etwas anderes als zu schreiben. Er würde sich auch der Lächerlichkeit preisgeben.
Manche Traditionen ändern sich. Es war in meiner Jugend üblich, für den Algebra-Begriff Körper K zu schreiben. In jüngerer Zeit findet man aber immer häufiger den Buchstaben F. Das kommt aus dem Angelsächsischen, wo Körper field heißt. Ich finde so etwas bedauerlich, weil es unreflektierte Angepaßtheit an fremde Traditionen ausdrückt und mangelndes Geschichtsbewußtsein verrät. Aber zu diesem Thema könnte man sicher einen eigenen Strang aufmachen, mit kontroversen Ansichten.
Oft ist es üblich, "einfache" Objekte mit "einfachen" Zeichen und "komplizierte" Objekte mit "komplizierten" Zeichen zu versehen.

Urelemente:

Mengen aus Urelementen:

Mengensysteme mit Mengen aus Urelementen:

usw.

Traditionen können auch in Konflikt miteinander geraten. In der abstrakten linearen Algebra werden die Urelemente, also die Vektoren, gerne mit lateinischen Kleinbuchstaben bezeichnet: . Gewisse strukturreiche Mengen aus diesen Vektoren, z.B. Unterräume, bekommen dann Großbuchstaben zugewiesen: .
Jetzt kann man die lineare Algebra aber geometrisch implementieren, die Urelemente werden auf einmal als Punkte interpretiert. In der Geometrie werden aber Punkte seit Urzeiten mit Großbuchstaben bezeichnet. Jetzt muß man sich entscheiden. Und vielleicht hängt die Entscheidung davon ab, ob man Geometrie treiben will und die Lineare Algebra als Hilfsmittel dazu ansieht. Dann wird man eher zu für die Punkte neigen. Oder ob man sich mit Linearer Algebra befaßt und die Geometrie nur als hübsche Anwendung der allgemeinen Theorie auffaßt. Dann bleibt es wohl bei .
Iridium Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Warum werden manche Funktionen mit griechischen Buchstaben benannt?
Zitat:
Original von Primeman
Ist das komplett willkürlich, oder hat das einen bestimmten Zweck?


Der Zweck liegt eigentlich immer darin, sich möglichst klar auszudrücken. Deshalb versucht man die Symbole so zu wählen, daß sie mit einer naheliegenden Assoziation verknüpft werden können (mein Vorredner hat ja viele Beispiele genannt), oder an etwas Bekanntes anknüpfen. Es gibt Fälle, bei denen es z.B. aus historischen Gründen unterschiedliche Notationen gibt. Es gibt aber meistens genau eine, die den Sachverhalt am Besten wiedergibt, d.h. umfangreich genug ist, um eindeutig zu sein und abstrakt genug, um klar zu sein. Teilweise hängt das aber auch vom Kontext ab (spezielle Fachrichtungen haben z.T. unterschiedliche Gewohnheiten). Zu einem geringen Teil auch vom persönlichen Geschmack (der jedoch nicht dominieren sollte). Dennoch sind Mathematiker, die sich nicht an die Konvention halten und entweder zu abstrakt formulieren, oder zu umständlich (mit zig Indizes, Kürzeln, eigenen Symbolen usw.) tendenziell im Nachteil, wenn es um die Allgemeinverständlichkeit unter ihren Fachkollegen geht.

Griechische Buchstaben speziell werden vermutlich deshalb so häufig verwendet, weil sie etwas auffälliger sind, als lateinische und weil das griechische Alphabet aus historischen Gründen die weiteste Verbreitung unter den früheren Wissenschaftlern gehabt haben dürfte (unter anderem weil speziell die Mathematik im antiken Griechenland eine Blüte erlebte). Spätere Generationen haben das einfach übernommen, damit der Bezug zu früheren Autoren gewahrt bleibt. Wäre die Entwicklung anders verlaufen, würden wir vielleicht stattdessen japanische Schriftzeichen verwenden oder was auch immer. Insofern ist das willkürlich.
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