Verknüpfung stetiger bzw. L-messbarer Funktionen nicht messbar

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Looking4help Auf diesen Beitrag antworten »
Verknüpfung stetiger bzw. L-messbarer Funktionen nicht messbar
Meine Frage:
Hallo zusammen!
Ich habe eine Frage zur Verknüpfung zweier (der Einfachheit reellwertiger) Funktionen, sagen wir g und h. g soll dabei stetig sein, h messbar (ich meine mit messbar immer L-messbar). Dann kann man ja ziemlich einfach zeigen, dass die Funktion f(x):=g(h(x)) messbar ist. Aber die Verknüpfung f(x)=h(g(x)) ist (angeblich ;-) ) im allgemeinen nicht messbar. Das würde ich gern beweisen bzw. ein Beispiel dazu finden.

Meine Ideen:
Eigene Ideen dazu sind die Folgenden:
Eine Funktion ist nicht messbar, wenn ihr Urbild einermessbaren Menge A nicht messbar ist. Das Urbild von h(g(x)) ergibt sich aus

Ich muss also eine messbare Menge A finden, sodass dann das Urbild eine nicht messbare Menge ist. Die einzige mir bekannte nicht messbare Menge ist die Vitalimenge.
Ich habe allerdings folgendes Problem: wenn h messbar ist, so ist das Urbild von A bzgl. h messbar (per Definition). Und da jede stetige Funktion messbar ist, sollte das Urbild der gerade gefundenen messbaren Menge doch auch wieder messbar sein?
Sucht man ein Beispiel, so darf h natürlich nicht stetig sein. Ich dachte vielleicht an eine Indikatorfunktion/charakteristische Funktion? Wenn ich allerdings die von einer Vitalimenge nehme, dann ist die Funktion ja nicht mehr messbar und damit die Voraussetzung nicht erfüllt...
Irgendwie komme ich grad nicht weiter und wäre dankbar, falls ihr einen kleinen Hinweis hättet. Vielen Dank!
gonnabphd Auf diesen Beitrag antworten »

Hi,

Das ist eine schwierige und gute Frage!

Edit: Ich sehe gerade, ich habe weiter unten deine Anforderungen noch nicht ganz getroffen

Zitat:
wenn h messbar ist, so ist das Urbild von A bzgl. h messbar (per Definition). Und da jede stetige Funktion messbar ist, sollte das Urbild der gerade gefundenen messbaren Menge doch auch wieder messbar sein?


Edit: Das ist gerade das Problem: Urbilder von messbaren Mengen unter stetigen Funktionen sind i.allg. wohl nicht messbar. Ein Gegenbeispiel für messbare Funktionen habe ich unten angeführt.


Nach einigem Überlegen, habe ich hier eine Möglichkeit für dich:

Es gibt eine (bekannte) bijektive Abbildung von auf die Cantor-Menge, welche monoton ist. Folglich ist diese Abbildung messbar.

Es gibt aber Mengen in , welche nicht Lebesgue-messbar sind. Sei eine solche Menge. Nun definiere als charakteristische Funktion von .

Dann ist messbar, da eine Nullmenge (Teilmenge der Cantormenge) und somit messbar ist.

ist jedoch nicht messbar.

Gruss Wink
Looking4help Auf diesen Beitrag antworten »

Wow, tolle Idee mit der Cantormenge erst einmal. Jetzt hab ich schon einmal eine Ahnung, warum nicht die Verknüpfung messbarer Abbildungen messbar sein muss Augenzwinkern
Das Problem bei deinem Beispiel ist also, dass die Abbildung der Einheit in die Cantormenge nicht stetig sein muss, oder?
Eine stetige, *streng* monotone Abbildung (und damit ist diese ja bijektiv) gibt es von der Cantormenge (über [0,1]) nach [0,2], indem ich die Funktion f folgendermaßen definiere:

mit

wobei N die kleinste natürliche Zahl ist, wo bei der Darstellung als Cantorzahl erstmals die 1 auftaucht (also die Darstellung mit dem triadischen Bruch) und
die Identität.
Das heißt doch nun aber, dass es auch eine bijektive und *stetige* Abbildung von [0,2] in die Cantormenge gibt und könnte dann, nachdem die Stetigkeit garantiert ist, mit deiner Argumentation weitermachen? Was meinst du/meint ihr? Wo ist der Fehler? ;-)
Viele Grüße und vielen Dank!
giles Auf diesen Beitrag antworten »

Warum so kompliziert mit der zweiten Abbildung?

edit: kann es sein dass ich h und g vertauscht hab? Ich steig da nicht mehr durch und hol mir erst mal nen Kaffee
edit2: Ja ich habs vertauscht. *seufz*

Es sei der messbare Raum über dem g definiert ist und der Zielraum ist mit der Caratheodory-Erweiterung, d.h. die Lebesgue-messbaren Mengen
Schaubild:



ab jetzt: Wir wählen , (stetig) sowie die Vitali-Menge und

aber

Looking4help Auf diesen Beitrag antworten »

Du betrachtest f(x)=g(h(x)) mit h stetig, g messbar. Das passt im Prinzip schon so, bei mir war nur h messbar, g stetig und f=h(g(x)) Augenzwinkern
Allerdings: g ist doch bei dir nicht messbar, oder? Das Urbild deiner charakteristischen Funktion ist ja eben die (nichtmessbare) Vitalimenge und damit ist die Funktion nicht messbar...
Achja, und wofür steht das
?
giles Auf diesen Beitrag antworten »

sind für das Maß die messbaren Mengen. Die Lebesgue messbaren Mengen sind ja gerade die Caratheodory erweiterung... denks dir einfach weg wenns dich verwirrt, es sind die Lebesgue messbaren Mengen.

Und g ist immer messbar, wenn ich wähle!
 
 
gonnabphd Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Wo ist der Fehler? ;-)


Die Umkehrfunktion kann nicht stetig sein, da stetige Bilder zusammenhängender Mengen (i.e. [0,2]) zusammenhängend sind.

Vielleicht könnte man aber mit der Funktion was basteln, wobei die Cantor-Funktion ist.

Darüber habe ich aber noch nicht weiter nachgedacht. Was auf jeden Fall feststeht: Man muss eine Funktion finden, für welche die Urbilder von Nullmengen keine Nullmengen sind.

Denn jede messbare Menge in kann geschrieben werden als , wobei K eine Borel- und N eine Nullmenge sind. (Und Urbilder von Borelmengen unter stetigen Funktionen sind Borelmengen)


@ giles: Wenn man sich nicht auf das Lebesgue-Mass beschränkt, dann gibt es natürlich einfache Beispiele. Aber so wie ich das verstanden habe, sucht Looking4help ein Gegenbeispiel speziell für das Lebesgue-Mass.
giles Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von gonnabphd
@ giles: Wenn man sich nicht auf das Lebesgue-Mass beschränkt, dann gibt es natürlich einfache Beispiele. Aber so wie ich das verstanden habe, sucht Looking4help ein Gegenbeispiel speziell für das Lebesgue-Mass.

Messbare Funktionen kommen aber ohne Maß aus... (???)

Oder meinst du dass auch die Lebesgue messbaren Mengen sein soll?
Dann wären h und g beides Lebesgue messbare Funktionen und es sind sowohl als auch messbar (??). Ich bin irgendwie verwirrt... verwirrt
gonnabphd Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Oder meinst du dass auch die Lebesgue messbaren Mengen sein soll?


Ja, genau. Gesucht sind eine stetige Funktion und eine Lebesgue-messbare Funktion , so dass nicht messbar ist.

Es ist ja allgemein bekannt, dass in diesem Fall messbar ist.

Zitat:
Messbare Funktionen kommen aber ohne Maß aus... (???)


Achso, mit Lebesgue-messbar (bzw. mit "wenn man sich auf das Lebesgue-Mass beschränkt" - was, wie du richtig anmerkst, eigentlich Quark ist...) meinte ich messbar gegenüber der Lebesgue-Sigma-Algebra.
giles Auf diesen Beitrag antworten »

Ok, ich finds übrigens ja herzallerliebst wie hier die Kommunikation lediglich an Notation und Sprechweise scheitert Augenzwinkern


Was mich aber noch verwirrt: Wenn sowohl als auch Lebesgue messbar sein sollen (g ist ja stetig), dann ist doch wohl als auch (sofern definiert) wieder eine Lebesgue messbare Funktion.
In dem Fall wäre die Aussage doch unmöglich zu zeigen da falsch oder wie?
gonnabphd Auf diesen Beitrag antworten »

Nein, das ist falsch. ist im allgemeinen nicht Lebesgue-messbar (Urbilder von Lebesgue-messbaren Mengen unter messbaren Funktionen müssen nicht Lebesgue-messbar sein).

Für bloss messbare g und h konnte ich das oben schon zeigen. Aber für stetiges g scheints kniffliger zu sein.
Looking4help Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von gonnabphd
Aber so wie ich das verstanden habe, sucht Looking4help ein Gegenbeispiel speziell für das Lebesgue-Mass.


Jaja, genau. Ich beschäftige mich grade nur mit dem Lebesguemaß. Auch ist das Problem, so wie du es beschreibst, das Problem das ich habe.

Zitat:
Original von gonnabphd
bzw. mit "wenn man sich auf das Lebesgue-Mass beschränkt" - was, wie du richtig anmerkst, eigentlich Quark ist...


Wieso ist es Quark sich auf ein Maß zu beschränken?

Danke für eure Hilfe... Ich denke, Cantor ist auf jeden Fall ein guter Ansatz.
gonnabphd Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Looking4help
Wieso ist es Quark sich auf ein Maß zu beschränken?


Haha Big Laugh


Zitat:
Original von giles
Ok, ich finds übrigens ja herzallerliebst wie hier die Kommunikation lediglich an Notation und Sprechweise scheitert Augenzwinkern



Der Quark bezog sich nur auf meine Sprechweise "ein Gegenbeispiel speziell für das Lebesgue-Mass": Das Mass ist bloss eine Abbildung auf einer Sigma-Algebra, was wirklich entscheidend ist für die Messbarkeit einer Funktion, ist die Sigma-Algebra und nicht das Mass, welches man verwendet.
gonnabphd Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Vielleicht könnte man aber mit der Funktion was basteln, wobei die Cantor-Funktion ist.


Das funktioniert tatsächlich. Ersteinmal einige kleine Vorbereitungen: Es sei K die Cantor-Menge. ist konstant auf dem Komplement der Cantor-Menge und nimmt dort nur abzählbar viele Werte an [ ist abzählbar] (man wähle z.B. aus jedem offenen Intervall [jeder Zusammenhangskomponente des Komplements] eine rationale Zahl). Somit ist eine Nullmenge. Das bedeutet aber, dass das Mass 1 haben muss.

Weiterhin ist eine stetige Bijektion von [0,1] nach [0,2]. Da jede geschlossene Menge in [0,1] kompakt ist, und stetige Bilder kompakter Mengen kompakt sind, sowie kompakte Mengen in [0,2] abgeschlossen sind, sieht man nun, dass ein Homöomorphismus ist. Insbesondere besitzt also eine stetige Inverse .

Nach obigen Betrachtungen gilt .

Also gibt es eine Teilmenge , welche nicht Lebesgue-messbar ist.

Definiere nun . Es ist und somit eine Nullmenge. Damit ist h Lebesgue-messbar.

Aber wiederum ist nicht Lebesgue-messbar, da



Gruss Wink
Looking4help Auf diesen Beitrag antworten »

Wow! Wirklich gut. Ich glaube, ich hab's verstanden. Vielen Dank! smile
gonnabphd Auf diesen Beitrag antworten »

Kein Problem, danke der Frage weiss ich nun selbst auch endlich, weshalb Verknüpfungen messbarer Funktionen nicht messbar sein müssen, bisher war das bloss Autoritätsglaube. Augenzwinkern
giles Auf diesen Beitrag antworten »

Jetzt wo ihr das geklärt habt wage ich es wieder mich einzumischen.

Ich bin jetzt noch verwirrter als vorher.
Sind stetige Funktionen denn Lebesgue messbar? (ich denke doch) Dann haben wir zwei Lebesgue-Lebesgue messbare Funktionen deren verknüpfungen jeweils messbar sind (wie man doch eigentlich leicht sieht??)

@gonnabphd
guck mal deine PNs, ich hab dir dazu schon was geschrieben..
Looking4help Auf diesen Beitrag antworten »

Ja, stetige Funktionen sind stets Lebesguemessbar, da Urbilder offener Menge offene Mengen sind (bzw. offenen Mengen geschnitten mit dem Definitionsbereich der Funktion) und damit messbar. Zur Untersuchung der Messbarkeit einer Funktion reicht die Untersuchung des Urbilds offener Mengen aus.
Und das ist bei der Verknüpfung eben das Problem, so wie ich es verstanden habe. Du musst ja zweimal das Urbild bilden. Nach der ersten erhältst du auf jeden Fall etwas messbares (in den Beispielen immer Nullmengen, die damit messbar sind), aber wenn du davon das Urbild bildest, erhältst du dann nichtmessbare Mengen.
Immer messbar ist die Verknüpfung andersrum, also g(h(x)) mit g stetig, h messbar. Denn das Urbild bezüglich g ist dann wieder offen und damit auch das Urbild des Urbilds von g bzgl. h messbar!
gonnabphd Auf diesen Beitrag antworten »

Hmm, ich hab noch einen Einwand gegen mich selber:

Gilt das wirklich?

Zitat:
Das bedeutet aber, dass das Mass 1 haben muss.




Zitat:
Nach obigen Betrachtungen gilt .



Denn hat ja nur beschränkt was mit zu tun. Erst dachte, ich man könnte das aus der Translationsinvarianz des Lebesgue-masses folgern, aber nun bin ich mir nicht mehr so sicher. verwirrt


Edit: Ah, doch. Das kann man sauber zeigen (nur andersrum, als dass ich mir das vorgestellt hatte): Noch als Nachtrag



wobei die (disjunkten) Komponenten des Komplements der Cantor-Menge sind, der konstante Wert der Cantor-Funktion auf diesen Komponenten und die Translationsinvarianz des Lebesgue-Masses verwendet wurde.

Folglich gilt tatsächlich
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