Materiale Implikation

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netik Auf diesen Beitrag antworten »
Materiale Implikation
Hallo zusammen. Wir beschäftigen uns momentan mit der Aussagelogik, wobei mir bisher alles einleuchtete, bis auf folgendes:

a --> b ("Wenn a, dann b"). Bsp:

a = Es regnet
b = Die Strasse ist nass.
a --> b = Wenn es regnet, dann ist die Strasse nass. (Diese verbundene Aussage ist wahr).

Laut der Wahrheitstabellen ist die Implikation aber auch wahr, wenn a falsch und b wahr ist, also:

"Wenn es nicht regnet, dann ist die Strasse nass."

Damit habe ich irgendwie Mühe. Nun es ist natürlich denkbar, dass die Strasse nass ist, weil die Feuerwehr mit dem Hydranten gespielt hat. Aber ist das wirklich der Grund dafür, also dass a nicht die einzige Voraussetzung für b=true ist?
Math1986 Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Materielle Implikation
"Wenn es nicht regnet, dann ist die Strasse nass." ist nicht richtig, richtig ist vielmehr: "Die Straße kann auch dann nass sein, wenn es nicht regnet (dein Beispiel mit dem Hydranten)" Man kann auch sagen, dass Regen hinreichend, jedoch nicht notwendig ist, dass die Strasse nass ist.
netik Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Materielle Implikation
Hallo, vielen Dank!
12345678 Auf diesen Beitrag antworten »

Hm, korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber ich hab das anders interpretiert:
Gegeben das Ereignis a = Es regnet.
Aus der (dann falschen) Aussage kann man jetzt alles folgern und erhält eine wahre Implikation.
Nach dem Motto: Wenn 1+1=1 können Schweine fliegen. Die Implikation ist wahr, da gilt.
Das ist auch, was mit der Warheitstabelle gemeint ist vermute ich: falsch irgendwas, ist immer eine wahre Implikation.
netik Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von 12345678
Hm, korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber ich hab das anders interpretiert:
Gegeben das Ereignis a = Es regnet.
Aus der (dann falschen) Aussage kann man jetzt alles folgern und erhält eine wahre Implikation.
Nach dem Motto: Wenn 1+1=1 können Schweine fliegen. Die Implikation ist wahr, da gilt.
Das ist auch, was mit der Warheitstabelle gemeint ist vermute ich: falsch irgendwas, ist immer eine wahre Implikation.

Das macht irgendwie auch Sinn. Danke.

Was mich dennoch verwirrt und vlt. aus der Tatsache rührt, dass wir die materielle Implikation sozusagen im selben Atemzug wie das direkte Beweisverfahren angeschaut haben, ist folgendes: Benutzt man die Implikation auch zur Formulierung von Voraussetzungen für mathematische Sätze?

Denn wenn "ein rechtwinkliges Dreieck" eine hinreichende, jedoch nicht notwendige Bedingung / Voraussetzung dafür ist, dass der Satz von Pythagoras gilt, dann müsste bzw. könnte es (nach f --> w = w) theoretisch ja auch Fälle geben, in denen der Satz von Pythagoras in einem nicht rechtwinkligen Dreieck gelten würde?
12345678 Auf diesen Beitrag antworten »

Hm, mir ist nicht ganz klar was du meinst.

Ein mathematischer Satz hat oft die Form: Wenn A gilt, so gilt auch B, also
.
Zu zeigen ist, dass die Implikation stimmt.
Wie der Beweis dann ausschaut lässt sich im Allgemeinen nicht sagen.
Grob gesagt startest du dann mit der Aussage A und folgerst die Aussage B.

So weit ich weiß kann man mit der Tatsache, dass aus einer falschen Aussage jede andere Aussage folgt nicht viel anfangen bei Beweisen.
Grob: Hast du schonmal fliegende Schweine gesehen? Eben. Augenzwinkern

Zitat:
Denn wenn "ein rechtwinkliges Dreieck" eine hinreichende, jedoch nicht notwendige Bedingung / Voraussetzung dafür ist, dass der Satz von Pythagoras gilt, dann müsste bzw. könnte es (nach f --> w = w) theoretisch ja auch Fälle geben, in denen der Satz von Pythagoras in einem nicht rechtwinkligen Dreieck gelten würde?


Das hat nichts mit zu tun (es gilt ja auch ).
Es ist ja nicht so, dass ein nicht-rechtwinkliges Dreieck per se "falsch" entspricht.
Was man vielleicht (ohne das es viel Sinn machen würde) sagen kann:
Sei Dreieck D rechtwinklig.
Dann gilt: Ist D nicht rechtwinklig, so gilt der Satz des Pythagoras für D.

Damit ist aber nichts gesagt, denn D ist nunmal rechtwinklig.


Dieses hat in der Praxis und beim beweisen keine große Bedeutung.
Das siehst du auch daran, dass aus falsch ja sowohl wahr als auch falsch folgen kann.
Beispielsweise ist sowohl
Morgen regnet es. als auch
Morgen regnet es nicht. wahr, obwohl es ja nicht regnen und gleichzeitig nicht regnen kann.
 
 
Math1986 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von 12345678
Hm, korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber ich hab das anders interpretiert:
Gegeben das Ereignis a = Es regnet.
Aus der (dann falschen) Aussage kann man jetzt alles folgern und erhält eine wahre Implikation.
Nach dem Motto: Wenn 1+1=1 können Schweine fliegen. Die Implikation ist wahr, da gilt.
Das ist auch, was mit der Warheitstabelle gemeint ist vermute ich: falsch irgendwas, ist immer eine wahre Implikation.
Das ist richtig. Inwieweit ist das "anders" als das, was ich schon gesagt hatte?
12345678 Auf diesen Beitrag antworten »

hm, also du hast ja geschrieben
Zitat:
"Wenn es nicht regnet, dann ist die Strasse nass." ist nicht richtig

Aber vorausgesetzt, dass es regnet, ist die Aussage schon wahr, denke ich.
Math1986 Auf diesen Beitrag antworten »

Wenn es nicht regnet, dann kann ich aus der ursprünglichen Aussage " Wenn es regnet, dann ist die Strasse nass" keine Aussage darüber ableiten, ob die Straße nass ist oder nicht. Sie kann nass sein, muss aber nicht.

Nachtrag:
Ah, ich sehe es:

Richtig ist, dass man aus einer falschen Behauptung alles folgern kann.

Wenn man jedoch eine gegebene Implikation der Form hat, dann kann man aus erstmal gar nichts folgern, sofern a keine triviale Aussage ist.
12345678 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Wenn man jedoch eine gegebene Implikation der Form hat, dann kann man aus erstmal gar nichts folgern, sofern a keine triviale Aussage ist.

Das stimmt (Weiß aber nicht genau was du mit trivialer Aussage a meinst.)
Math1986 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von 12345678
(Weiß aber nicht genau was du mit trivialer Aussage a meinst.)
Damit meine ich eine Aussage, die such zu wahr oder falsch vereinfachen lässt.
12345678 Auf diesen Beitrag antworten »

Ich hoffe ich verwirre den Thread-Steller durch mein Einmischen nicht zu sehr, werd mich dann wieder raushalten.
Aber eins noch:
Zitat:
Damit meine ich eine Aussage, die sich zu wahr oder falsch vereinfachen lässt.

Aber wenn sich a zu falsch vereinfachen lässt, folgt doch deswegen auch noch nichts aus ?
Math1986 Auf diesen Beitrag antworten »

Ich wollte nur darauf hinaus, dass man aus einer falschen Aussage alles folgern kann.
12345678 Auf diesen Beitrag antworten »

ach so, bin dann mal raus Wink
netik Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von 12345678
Ich hoffe ich verwirre den Thread-Steller durch mein Einmischen nicht zu sehr

Nein nein, das ganze ist nur etwas schwierig da es irgendwie meiner Logik widerspricht Augenzwinkern
Besonders verwirrend ist momentan noch, dass es zwischen A und B keinen kausalen Zusammenhang geben muss.

Also mein Fazit ist folgendes (falls etwas falsch ist, wenn möglich bitte sagen smile )

A ist eine hinreichende, aber nicht notwendige Bedingungen für B. Währenddessen ist B eine notwendige Bedingung für A.

Unter der Aussage, "aus falschem folgt beliebiges", interpretiere ich, dass wenn A falsch ist, kann B entweder falsch oder wahr sein.
Math1986 Auf diesen Beitrag antworten »

Soweit ist das richtig.
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Verständnisprobleme bei der materialen Implikation (so heißt die korrekt und nicht materielle) gibt es oft. Sie beruhen häufig auf der Vermengung/Verwechselung von materialer Implikation und logischem Schluss/Folgerung. Das sind aber unterschiedliche Dinge.

Die materiale Implikation ist eine zweistellige logische Verknüpfung. Mit ihr wird per Definition jeder Kombination von Wahrheitswerten der Aussagen A und B ein Wahrheitswert der verknüpften Ausage zugewiesen. Das ist völlig analog zu den zweistelligen logischen Verknüpfungen oder . Auf dieser Sprachebene werden Aussagen und ihre Verknüpfungen formal dargestellt.

Mit einem logischen Schluss hat unmittelbar keine dieser zweistelligen logischen Verknüpfungen etwas zu tun. Ein logischer Schluss ist eine Regel, die es einem gestattet, aus der Kenntnis der Wahrheit oder Herleitbarkeit bestimmter Aussagen (der Prämissen) auf die Wahrheit/Herleitbarkeit einer anderen Aussage (der Conclusio) zu schließen. Eine solche Regel wird formal so dargestellt:



Der logische Schluss findet auf einer anderen Sprachebene statt, einer Metaebene. Er ist eine Aussage über Aussagen. Um das zu unterscheiden, verwenden die Logiker auch unterschiedliche Symbole, nämlich statt . Auf den Unterschied zwischen (dem syntaktischen Schluss) und (dem semantischen Schluss) will ich hier nicht eingehen. Halten wir fest,



dürfen nicht miteinander vermengt/verwechselt werden. Ein korrekter logischer Schluss ist



Das ist die Abtrennungsregel. Wenn man weiß, dass die Aussage und die Verknüpfung wahr/herleitbar sind, darf man schließen, dass die Aussage wahr/herleitbar ist. Korrekte Schlussregeln sind z. B. auch





Wie schon von bemerkt wurde, sind dagegen




keine korrekten Schlussregeln. Das ist eine falsche Interpretation der Schlussregel, aus einer falschen Aussage folgt jede beliebige Aussage. Diese Schlussregel bezieht sich nicht auf eine inhaltlich/faktisch falsche Aussage , eine Aussage, die im Prinzip wahr oder falsch sein könnte, gemäß ihrer konkreten Bedeutung aber falsch ist. Sie bezieht sich auf eine logisch falsche Aussage. Das ist eine Aussage, die unabhängig von ihrer konkreten Bedeutung falsch ist.



ist eine logisch falsche Aussage. Sie ist immer falsch, egal was A inhaltlich bedeutet.



ist eine korrekte Schlussregel. Innerhalb der Aussagenlogik (also ohne Benutzung der Quantoren oder ) gibt es folgenden Zusammenhang zwischen Schlussregeln und Aussageformen:

Die Schlussregel



ist genau dann korrekt, wenn die Verknüpfung



eine Tautologie ist, also unabhängig von den Wahrheitswerten von und wahr ist.



ist eine Tautologie. Deshalb ist



ein korrekter logischer Schluss. Dagegen ist



keine Tautologie. Deshalb ist



kein korrekter logischer Schluss. Dagegen ist



eine Tautologie. Deshalb ist



ein korrekter logischer Schluss.
12345678 Auf diesen Beitrag antworten »

Der Unterschied war mir auch nicht so bewusst. Heißt das mein Beispiel mit den Schweinen war falsch?
Sprich ich kann nicht sagen, wenn 1+1 = 1 können Schweine fliegen?
netik Auf diesen Beitrag antworten »

Huch, Danke für die Antwort - das wird erstmal ne Weile brauchen, bis ich das alles kapiert habe.

PS: Bist Du Mathe-Doktor? smile
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Das Beispiel ist nicht falsch. Seine Bedeutung hängt aber vom Kontext an. Du musst definieren, ob du meinst



oder



Bei (1) hast du erst mal nur die logische Verknüpfung zweier Aussagen, die wahr ist, weil die linke Seite falsch ist. Über die Wahrheit der rechten Seite besagt das zunächst nichts. Wenn man nun voraussetzt dass die Aussage innerhalb eines Axiomensystems gemacht wird, dass es gestattet sie als logisch falsch zu betrachten, dann wird (2) zu einem korrekten logischen Schluss.
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von netik
PS: Bist Du Mathe-Doktor? smile

An wen geht die Frage?
Ich bin (maximal) Hobbymathematiker.
netik Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Huggy
Zitat:
Original von netik
PS: Bist Du Mathe-Doktor? smile

Ich bin (maximal) Hobbymathematiker.

Und wie schafft man es, soviel davon zu verstehen? Nur mit Übungen alleine geht das ja wohl nicht.
Hast du irgend einen Buchtipp zu dieser Thematik oder so?
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Schwierige Frage!

Zu dem konkreten Thema sollte man zunächst mal in die Wiki schauen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Ex_falso_quodlibet

Ich (Grufty) habe im Laufe meines Lebens in viel Logikbücher geschaut. Am meisten profitiert habe ich von:

Tarski: Einführung in die mathematische Logik
Hoffmann: Grenzen der Mathematik
Hoffmann. Die Gödel'schen Unvollständigkeitssätze

Wobei das letzte Buch keinen Bezug zu der aktuellen Fragestellung hat.
12345678 Auf diesen Beitrag antworten »

Danke!
netik Auf diesen Beitrag antworten »

Wunderbar, vielen Dank. Irgendwie haben mich alle Bücher die ich bisher angefangen habe, nicht überzeugt weil sie auf halbem Wege aufhören.
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