Wieso wird immer die Laplace-Formel verwendet?

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dsia fni7f7fd0fzhos Auf diesen Beitrag antworten »
Wieso wird immer die Laplace-Formel verwendet?
Meine Frage:
Ich habe mir u. a. gerade diesen Post angesehen:

http://www.matheplanet.com/default3.html?call=viewtopic.php?topic=181991&ref=https://www.google.de

Meine Ideen:
Was mich bei der Wahrscheinlichkeitsrechnung verwirrt: Laut Laplace ist ja die Wahrscheinlichkeit die Anzahl der günstigen Fölle geteilt durch die Anzahl der möglichen.

Voraussetzung: Alle Ereignisse sind gleich wahrscheinlich.

Laut dem Post ist bei einmaligem Würfeln die Frage "Wahrscheinlichkeit, dass eine 3 gewürfelt wird" kein Laplace-Experiment, weil man einmal die p = 1/6 und einmal die p = 5/6 hat.
Aber wieso verwende ich hier dann auch die Laplace-Formel "Anzahl der möglichen / Anzahl der günstigen"?

Wieso berechen ich bei Bernoulli-Experimenten die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Schritte auch nach dieser Formel?

Bei allen Aufgaben für Wahrscheinlichkeitsrechnung, die ich sehe, kommt immer diese Formel zum Zuge, entweder um die Gesamtwahrscheinlichkeit zu berechnen oder meistens um die Wahrscheinlichkeit pro Schritt zu berechen (z. B. immer bei mehrstufigen Zufallsexperimenten).

Wenn man also an Laplace-Experimente die Voraussetzung knüpft, dass die Ereignisse gleichverteilt sein sollen, wieso wird dann immer diese Formel verwendet?
magic_hero Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Wieso wird immer die Laplace-Formel verwendet?
Zitat:
Original von dsia fni7f7fd0fzhos
Laut dem Post ist bei einmaligem Würfeln die Frage "Wahrscheinlichkeit, dass eine 3 gewürfelt wird" kein Laplace-Experiment, weil man einmal die p = 1/6 und einmal die p = 5/6 hat.
Aber wieso verwende ich hier dann auch die Laplace-Formel "Anzahl der möglichen / Anzahl der günstigen"?

Du musst hier etwas bei der Modellierung aufpassen.

Wählt als Ergebnismenge , so haben wir kein Laplace-Experiment, weil die beiden Ausgänge nicht gleichwahrscheinlich sind. (Wir haben aber ein Bernoulli-Experiment.)
Wählt als Ergebnismenge hingegen , so haben wir ein Laplace-Experiment, denn alle Ausgänge sind gleichwahrscheinlich.

Daher modelliert man beim Würfel, wenn man da Wahrscheinlichkeiten irgendwelcher einzelnen Ergebnisse ermitteln will, immer erst mal wie im zweiten Vorschlag, bevor man dann zu einem passenderen Modell für die eigentliche Rechnung/Aufgabe übergeht. Mit einer gewissen Erfahrung (beim fairen Würfel ist so etwas meist ja intuitiv klar) spricht man gar nicht mehr vom ersten Schritt, sondern weiß sowieso schon, wie die Wahrscheinlichkeiten sind.
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Wieso wird immer die Laplace-Formel verwendet?
Vorbemerkung: Eine Laplacewahrscheinlichkeit gibt es nur, wenn es nur eine endliche Zahl von Ereignissen gibt. Es sei also im folgenden angenommen, dass dies der Fall ist.

Mathematisch gesehen ist dann die Annahme einer Laplacewahrscheinlichkeit ein reines Postulat. Man kann es annehmen oder auch nicht. Rein mathematisch gesehen kann man durchaus postulieren, dass die Wahrscheinlichkeit bei einem Würfelwurf eine 3 zu würfeln oder keine 3 zu würfeln einer Laplacewahrscheinlichkeit folgt, also gleich wahrscheinlich ist. Man kann aber auch etwas anderes postulieren. Was ist nun "richtig"? Da hilft die Mathematik nicht weiter.

Die Wahrscheinlichkeitsrechnung ist eine stark anwendungsorientierte Form der Mathematik. Ob ein reales Zufallsexperiment (z. B. der Wurf eines physikalischen Würfels) einer Laplacewahrscheinlichkeit folgt, ist eine durchaus vernünftige Frage. Die kann aber die Mathematik nicht beantworten.

Bei einem physikalisch realen Wahrscheinlichkeitsexperiment unterstellt man üblicherweise eine Laplacewahrscheinlichkeit, wenn zwischen den Ereignissen eine physikalische Symmetrie besteht, die Ereignisse also nur durch ihre formale Benennung unterscheidbar sind. Wenn ein Würfel physikalisch symmetrisch ist bezüglich seiner sechs Seiten, unterstellt man üblicherweise eine Laplacewahrscheinlichkeit für die sechs Seiten. Es gibt ja dann keinen Grund, einer der Seiten eine andere Wahrscheinlichkeit zu geben als einer anderen. Man nennt das das Prinzip vom unzureichenden Grund.

Für die Ereignisse 3 oder nicht 3 besteht diese Symmetrie nicht. Die 3 wird durch eine Würfelseite repräsentiert, die nicht 3 durch 5 Würfelseiten. Wenn man aber für die 6 Würfelseiten eine Laplacwahrscheinlichkeit unterstellt, folgt daraus rein mathematisch die Wahrscheinlichkeit für 3 und für nicht 3.

Edit: 2 Schreibfehler korrigiert.
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

@Huggy

Feine Erklärung, die werd ich mir mal merken für eine Weiterverlinkung im Bedarfsfall. Freude



Im Zusammenhang mit Laplace-Raum und -wahrscheinlichkeit will ich ergänzend mal noch auf eine Gefahr hinweisen:

Oft kann man für ein- und denselben Sachverhalt verschiedene Wahrscheinlichkeitsräume zur Beschreibung des Sachverhaltes wählen. Dabei kommt es vor, dass nicht alle diese Wahrscheinlichkeitsräume Laplaceräume für diesen Sachverhalt sind, mit anderen Worten: Dass sich getroffene Laplace-Annahmen in allen diesen Räume gegenseitig widersprechen.

Der "Klassiker" für eine derartige Konfusion ist folgender Sachverhalt:

Anzahl Wurfergebnisse und deren Wahrscheinlichkeit beim Wurf von ungezinkten Würfeln


1) Betrachtet man die Würfel als unterscheidbar (d.h. 1.Würfel bis n.Würfel) und ordnet die Wurfergebnisse immer in der Reihenfolge dieser Würfel an, so gibt es genau verschiedene Wurfergebnisse. Die Laplace-Betrachtung all dieser Wurfergebnisse als gleichwahrscheinlich, d.h. jedes mit Wkt , geht konform mit der Laplace-Annahme für jeden einzelnen Würfel, jede Augenzahl mit gleicher Wahrscheinlichkeit zu würfeln (*) (also wovon Huggy geredet hat).

Betrachten wir beispielsweise mal n=3 und exemplarisch einige mögliche Wurfergebnisse und deren Wahrscheinlichkeiten.

a) (1,1,1) wird mit Wahrscheinlichkeit gewürfelt.

b) (4,1,4) wird ebenfalls mit Wahrscheinlichkeit gewürfelt. Betrachtet man das ganze aber ohne Unterscheidbarkeit der Würfel und interessiert sich nur für das Würfeln von 1,4,4, so müssen zuzüglich zu (4,1,4) auch noch (1,4,4) und (4,4,1) herangezogen werden, das ergibt insgesamt Wahrscheinlichkeit .

c) Auch (3,6,1) wird mit Wahrscheinlichkeit gewürfelt. Wiederum ohne Unterscheidbarkeit der Würfel gibt es 5 weitere Ergebnistripel, die zur Augenkombination 1,3,6 führen, so dass dafür insgesamt die Wahrscheinlichkeit zutrifft.


2) Betrachtet man die Würfel von vornherein als ununterscheidbare Würfel und ordnet die Wurfaugenzahlen aufsteigend, so gibt es genau verschiedene Wurfergebnisse. Im Falle von sind dies verschiedene Wurfergebnisse.

Ein häufig gemachter Fehler ist nun, auch auf dieses Modell die Laplaceannahme anzuwenden, d.h. jedes der Wurfergebnisse als gleichwahrscheinlich zu betrachten. Man sieht rasch, dass dies im Fall zu einem anderen Modell als 1) führt, insbesondere ist damit hier Eigenschaft (*) nicht mehr erfüllt! Letzteres ist der Grund, warum man dieses Modell mit Laplace-Annahme nicht für Wahrscheinlichkeitsberechnungen nehmen sollte, sofern man Prinzip (*) als richtig anerkennt. (Damit wird nicht gleich das ganze Modell "Wurfergebnisse mit ununterscheidbaren Würfeln" verteufelt, es ist eben nur nicht Laplacesch - für reine Anzahlberechnungen ist es aber immer noch gut verwendbar.)

Für alle drei oben in 1) betrachteten Beispiele im Fall n=3 würde man hier einheitlich erhalten, was größer ist als in Fall 1a) und 1b), und kleiner als in Fall 1c).
dsia fni7f7fd0fzhos Auf diesen Beitrag antworten »

@HAL 9000

Du sagt also, in Beispiel 2 handelt es sich nicht um ein Laplace-Experiment, richtig?

Wieso verwendest du dann trotzdem die Formel also ?

Edit (mY+): LaTeX berichtigt
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Man kann das Modell betrachten - es entspricht nur nicht unserem üblichen Würfelmodell. Das und nicht mehr wollte ich damit deutlich machen. Und es war doch deutlich genug, oder? Aber vielleicht doch nicht, wenn ich deine verständnisarme Nachfrage so sehe.
 
 
dsia fni7f7fd0fzhos Auf diesen Beitrag antworten »

@HAL 9000

Ob eine Erklärung deutlich genug war oder nicht, sollte doch immer noch derjenige beurteilen, dem man etwas zu erklären versucht Augenzwinkern

Es mag ja sein, dass du deine Antwort liest und dich dann toll fühlst, aber mir bringt sie halt nichts.

Ich glaube, die Antwort von magic_hero ist ziemlich das, was ich wissen wollte. Man führt das Experiment irgendwie auf ein Laplace-Experiment zurück, damit man mit der einfachen Formel rechnen kann, die Gesamtwahrscheinlichkeit wird dann aber anders berechnet...
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