Wahlkreisgeometrie und Mathematik

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leoclid Auf diesen Beitrag antworten »
Wahlkreisgeometrie und Mathematik
Vor dem Hintergrund er anstehenden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg und den Vorwahlen in den USA wollen wir uns in diesem Thread dem Wahlrecht mal vom mathematischen Standpunkt aus widmen.


Politischer Hintergrund

Bei einigen Wahlen, wie der Unterhauswahl im Vereinigten Königreich oder der Wahl zur Nationalversammlung in Frankreich kommt das "Mehrheitswahlrecht" zum tragen. Dazu wird das Land in etwa gleichgroße Wahlbezirke unterteilt. In jedem Wahlbezirk treten dann verschiedene Kandidaten an (In der Regel pro Partei oder Liste ein Kandidat), der Kandidat mit relativen Mehrheit (manchmal gibt es auch eine Stichwahl unter den beiden Besten) gewinnt den Sitz für diesen Wahlbezirk. Eine Sitzverteilung nach Anteil der Gesamtstimmen wie bei uns in Deutschland gibt es nicht.

Mit ein bisschen Nachdenken kommt man schnell zum Schluss, dass auf diese Art eine Partei mehr Sitz im Parlament erhalten kann (die Wahl also gewinnen kann), obwohl sie weniger Gesamtstimmen erhalten hat. Bestes Beispiel ist die US Präsidentschaftswahl im Jahre 2002, als George W. Bush 47, 9 % der Stimmen erhielt, Al Gore 48,4 %, Bush die Wahl aber trotzdem gewann.


Mathematische Betrachtung

Wir betrachten zunächst nur 2 Parteien Systeme, also Länder, in denen es nur 2 große Parteien gibt (in den USA ist das der Fall, der Anteil der Stimmen der Drittkandidaten beläuft sich unter 2 %).

Die Frage ist nun, hätte es auch sein können, dass Bush auch mit 45 % der Stimmen gewinnen kann? Oder das ihm bereits 40 % der Stimmen genügen? Und ist auch eine Konstellation der Wahlkreise möglich, bei der bereits 24 % der Stimmen reichen.

Wir haben eine Menge, dass "Wählende Volk", die Elemente umfasst.
Diese Elemente nennen wir Wähler.

Diese ist in Teilmengen zu zerlegen.
Jede dieser Teilmengen entspricht einem Wahlkreis

Jede dieser Teilmengen soll Elemente umfassen.
Das bedeutet, dass es in jedem Wahlkreis Wähler gibt.

Betrachten wir zunächst einmal ein Zweiparteiensystem. Jeder Wähler wählt also entweder "Rot" oder "Schwarz".

Die Frage:
Wie viele Wähler müssen mindestens die Eigenschaft "Rot" haben, damit eine Zerlegung des "Wählenden Volkes" in Wahlkreise mit jeweils Wählern derart möglich ist, dass "Rot" die Wahl gewinnt.

Lösung:

Damit Rot in einem Wahlkreis gewinnt, müssen mindestens Wähler in diesem Wahlkreis Rot gewählen
Damit Rot die Mehrheit im Parlament erhält, muss Rot mindestens der Wahlkreise für sich gewinnen.

Damit Rot gewinnt, müssen also mindestens

Wähler Rot wählen.

Wenn und gegen unendlich streben, strebt diese Zahl von oben gegen .

Es müssen also mindestens der Wähler "Rot" wählen, damit eine Aufteilung der Wahlkreise derart möglich ist, dass Rot gewinnt.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, also sei dann mit 25 % auch wirklich immer eine Aufteilung möglich, in der Praxis stehen dem aber folgende Faktoren im Weg:

1. Man kennt das Wahlergebnis bei der Aufteilung der Wahlkreise noch nicht und kann es nur aus Umfragewerten und den Ergebnissen der Wahlen der letzten Jahre schätzen.

2. In der Regel ist es so, dass alle Wähler einer Gemeinde in ein und demselben Wahlkreis wählen. Man kann die Wähler also nicht beliebig aufteilen.

3. Auch die Gemeinden werden nicht beliebig zu Wahlkreisen zusammengefasst. So wird eine Gemeinde immer mit Gemeinden in ihrerer Umgebung zu einem Wahlkreis zusammengefasst werden und nicht mit einer Gemeinde am anderen Ende des Landes.


Zusammenfassung und Ausblick

Bei vielen Mehrheitswahlen treten mehr als 2 Parteien an. Treten Parteien an, so reduziert sich der Anteil der Stimmen, die man zum Gewinnen der Wahl mindestens benötigt für hinreichend große und auf .

Ob es dann tatsächlich für eine Prozentzahl größer als diese Zahl eine Aufteilung der Wahlkreise gibt, hängt von der Stimmenverteilung unter den anderen Parteien ab.

Wir haben also gesehen, dass die "UNFAIRNESS" beim Mehrheitswahlrecht doch ihre Grenzen hat. Auf der anderen Seite ist es durchaus möglich, dass sich die Wahlkreise im Vorfeld so einteilen lassen dass schon mehr als 25 % genügen "könnten" (Beachte die Einschränkungen die oben beschrieben sind) um die Wahl zu gewinnen.
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