Unstetige Funktion Topologie

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MoritzB Auf diesen Beitrag antworten »
Unstetige Funktion Topologie
Meine Frage:
Liebe Community,

kurz zu meinem Hintergrund. ich bin Ingenieur, der sich gerade etwas in die Theorie von Mannigfaltikeiten einzuarbeiten versucht. Ich habe daher leider nur Kenntniss der Ingenieurmathematik und praktisch kein Wissen über Topologie. Das Skript, mit dem ich arbeite, führt allerdings die topologische Stetigkeitsdefinition ein.

Zu meinem Problem. Ich möchte topologisch erklären, wieso z.B. die Sprungfunktion nicht stetig ist. Dazu erstmal die von mir gefundene Definition der topologischen Stetigkeit:

Seien X,Y topologische Räume und x ein Punkt in X. Eine Abbildung f: heißt stetig in x, wenn für jede Umgebung V von f(x) eine Umgebung U existiert, sodass .

Als Sprungfunktion verwende ich:



Wie kann ich mit obiger Definition argumentieren, dass die Funktion nicht stetig ist?

Meine Ideen:


1. ich bin mir nicht mal im klaren darüber, welche Topologie ich in Definitions- und Wertebereich verwende. Ich dachte, die Topologie müsste aus mindestens der leeren Menge, dann der ganzen Menge und ggf. aus Teilmengen bestehen. Mein Ansatz:

Topologie von Raum X:


Topologie von Raum Y:


Ist das korrekt?

2. Jetzt zu dem Problem der Umgebungen, das ich auch nicht kapiere: Jede offene Umgebung von f(x_0) muss ein offenes Urbild haben. Aber was sind denn offene Umgebungen von f(x_0)? Besteht die Umgebung von f(x_0) nur aus f(x_0) selbst, oder darf ich da auch die Funktionswerte seiner Nachbarn hinzunehmen, obwohl die ja eigentlich durch den Sprung voneinander getrennt sind?

Wenn die Umgebung von f(x_0) nur aus f(x_0) besteht, dann dann wäre das Urbild ja x_0, und die Abbildung stetig. Aber das ist doch Unsinn.

Wenn die Umgebung von f(x_0) aus f(x_0), 0 und 1 besteht, dann wäre das Urbild dieser Umgebung ja . Und dieses würde wieder auf die Umgebung von f(x_0) abgebildet werden.

Könntet ihr mir bitte erklären, wo mein Fehler liegt, bzw. wo ich ansetzten muss, um mit der Definition richtig arbeiten zu können. Ich entschuldige mich bereits hier für den Unsinn, den ich oben verzapft habe. Ich habe die Frage in keinem anderen Forum gestellt.

Beste Grüße, Moritz
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Deine Topologien sind keine, das macht das weitere Nachdenken unmöglich. unglücklich

Eine Topologie, das ist das System der offenen Teilmengen von , auf einer Menge muss 3 Axiome erfüllen. Die leere Menge und die Menge ist offen, beliebige Vereinigungen und endliche Durchschnitte offener Mengen sind offen.
Betrachte nun und darauf die Standardtopologie, dann ist eine Teilmenge genau dann offen, wenn um jeden Punkt aus ein offenes Intervall zu gehört.
Möchtest Du mit dieser Definition beweisen, dass deine Sprungfunktion an der Stelle nicht stetig ist, oder brauchst Du noch mehr Hinweise ?
Guppi12 Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo MoritzB,

zunächst mal solltest du sagen, von wo nach wo deine Funktion überhaupt abbilden soll. So, wie sie definiert ist, gehe ich mal davon aus, dass eine Abbildung sein soll.

Weiter sagst du, dass du nachweisen willst, dass nicht stetig ist. Bezüglich der Standardtopologie auf ist dies richtig (die ist die Topologie, die alle Mengen enthält, die eben im Standardsinne offen sind, d.h. , wobei der offene -Ball um sein soll).

Wenn du aber danach erstmal eine neue Topologie wählst, ist das nicht mehr so klar. Sowas wie Stetigkeit im absoluten Sinne gibt es nicht, das bezieht sich immer auf eine Topologie. Wenn du die Topologie also speziell wählst, wird stetig sein, das heißt die Frage nach der Stetigkeit kann man sich erst stellen nachdem man eine Topologie gewählt hat. Für gewöhnlich nimmt man aber eben auf die Standardtopologie.

Nun weiter zur Definition deiner Topologien. Topologien enthalten Teilmengen des betrachteten Raums, keine Elemente. Sowas wie oder selbst kann also nicht Element einer der Topologie sein. Wenn, dann kann da die Teilmenge oder drin liegen.

Außerdem gibt es gewissen Anforderungen, die Topologien erfüllen müssen. Zum Beispiel muss immer die volle Menge darin enthalten sein, bei deiner zweiten Topologie ist dies nicht der Fall. Weiter müssen endliche Schnitte und beliebige Vereinigungen von Elementen aus der Topologie wieder in der Topologie liegen. ist damit schonmal eine Topologie. Bei deiner zweiten Topologie fehlen noch eine ganze Menge von Elementen, damit das eine Topologie wird. Man könnte sie zum Beispiel erweitern zu , damit ist dann auch eine Topologie.

Zitat:
Aber was sind denn offene Umgebungen von f(x_0)?


Du meinst . Offene Umgebungen von sind Elemente deiner Topologie, die enthalten. Da gilt und das einzige Element von , das enthält, die gesamte Menge selbst ist, ist dies auch die einzige offene Umgebung von .

Zitat:
Wenn die Umgebung von f(x_0) nur aus f(x_0) besteht, dann dann wäre das Urbild ja x_0, und die Abbildung stetig. Aber das ist doch Unsinn.


Zitat:
Wenn die Umgebung von f(x_0) aus f(x_0), 0 und 1 besteht, dann wäre das Urbild dieser Umgebung ja . Und dieses würde wieder auf die Umgebung von f(x_0) abgebildet werden.


Ich habe ja oben schon geschrieben, was die einzige offene Umgebung von ist, dennoch ein Wort zu dem ersten Zitat:

Die Abbildung ist auch nicht stetig bzgl. , in allerdings ist sie sehr wohl stetig, ihre Unstetigkeitsstellen liegen an anderer Stelle. Das ist keineswegs Unsinn. Wenn du irgendwelche abgefahrenen Topologien wählst, werden halt auch Abbildungen stetig, von denen du es nicht erwartest. Es gibt auch Kombinationen von Topologien auf Definitions- und Wertebereich, bzgl. derer jede beliebige Abbildung stetig ist.

Zitat:
Jede offene Umgebung von f(x_0) muss ein offenes Urbild haben.


Das ist nicht, was die Definition fordert! ist nicht äquivalent zu .
MoritzB Auf diesen Beitrag antworten »

Lieber Elvis, lieber Guppi12,

danke für Eure schnellen Antworten! Und tut mir Leid für meine Fehler, ich tu mir echt noch schwer mit dem Thema. Aber vielleicht könnt ihr mir noch ein bisschen unter die Arme greifen, bis ich es verstanden habe?

Zuerteinmal: Ja, soll von nach abbilden.

@Elvis: Und ja, ich möchte zeigen, dass die Sprungfunktion unter der Standardtopologie an der Stelle unstetig ist. Meine Topologien waren mein Versuch dazu, Standardtopologie kannte ich gar nicht.

Habe dazu folgende Idee und auch gleich Fragen: Ich versuche, in eine offene Umgebung um herum zu finden, zu der es aber keine offene Umgebung im Raum um herum gibt?

Dazu meine Frage. Die Sprungfunktion bildet doch eigentlich nur auf 3 verschiedene Werte ab: 0, 0.5 und 1. Habe ich dann auch nur diese 3 Werte, um Umgebungen in zu konstruieren? Oder kann ich ganz verwenden? Denn wenn ich für die Umgebung nur die Elemente 0, 0.5 und 1 zur Verfügung habe, kriege ich doch nur eine Umgebung hin, deren eiziges Element ist, da die Werte 0 und 1 einem - Radius von 0 bräuchten, um zur Umgebung zu gehören.

@Guppi12: Danke für die Mühe! Ich muss aber gestehen, dass ich längst nicht soweit gedacht habe wie Du es mir erklärt hast ;-)

Viele Grüße, Moritz
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Ein Menge mit einem einzigen Element, also z.B. kann in der Standardtopologie von nicht offen sein, weil in dieser Menge kein offenes Intervall liegt.
Nehmen wir ein kleines , z.B. , dann ist eine offene Menge, die enthält, also eine offene Umgebung von .

Was ist das Urbild ? Ist diese Menge offen ? Wenn nicht, dann ist nicht stetig in

Deine weiteren Fragen drehen sich darum, was überhaupt die topologischen Räume sind, in denen diese offenen Mengen und Umgebungen liegen. Das hängt auch damit zusammen, wie man Funktionen definiert ! Eine Funktion ist ein Tripel aus 3 Mengen mit einem Definitionsbereich D, einem Wertebereich W und dem Graph .

Damit deine Sprungfunktion überhaupt erst mal eine Funktion wird, genügt es nicht, Definitionsbereiche und Funktionswerte in Form einer Zuordnung anzugeben, sondern es ist notwendig, zu sagen, dass h eine auf definierte reellwertige Funktion ist. Man schreibt das im allgemeinen so: für für Nur wenn man Definitionbereich und Wertebereich kennt, kann man von Funktion sprechen, nur wenn man beide Mengen und ihre topologischen Strukturen kennt, kann man von Stetigkeit sprechen.
Guppi12 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Was ist das Urbild ? Ist diese Menge offen ? Wenn nicht, dann ist nicht stetig in


Das ist falsch und das habe ich auch oben bereits hingeschrieben. Richtig ist: Wenn es keine offene Umgebung von von gibt, die von ganz in abgebildet wird, dann ist nicht stetig in . Das ist nicht äquivalent zur dem, was im Zitat steht, wie folgendes Gegenbeispiel zeigt:

Man nehme statt irgendeinen anderen Punkt . Nimmt man als nun , so ist eine offene Umgebung von . Weiter ist nicht offen, dennoch ist stetig in .

Man kann das Kriterium allerdings so formulieren: Eine Funktion ist genau dann Stetig in , wenn Urbilder von Umgebungen von Umgebungen von sind. Man muss das Wort "offen" also weglassen.
 
 
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

das verstehe ich nicht. ist offen. du hast recht, allerdings muss man z.B. 3/4 statt 3/2 setzen.

Ja, ich habe Unsinn geschrieben. Die ganze Zeit rede ich davon, dass man genau wissen muss, was man tut, und dann das ... das ist mir ja sooo peinlich Hammer


Tipp: Bei reellen Funktionen arbeitet man üblicherweise mit Kriterium. Bei Funktionen auf topologischen Räumen arbeitet man mit der allgemeineren Umgebungsdefinition (eine Umgebung muss nicht offen sein, aber sie enthält eine offene Menge).
Guppi12 Auf diesen Beitrag antworten »

Ja, 3/4, nicht 3/2 Augenzwinkern Danke.
MoritzB Auf diesen Beitrag antworten »

Hmmh, danke Euch beiden für die weiteren Erklärungen und das Gegenbeispiel. Dieses verstehe ich soweit.

Bleibt zu zeigen, dass es keine offene Umgebung um geben kann, die durch ganz nach um abgebildet wird.

Kann man folgendermaßen argumentieren?: Man nimmt ein genügend kleines , auf jeden Fall und baut damit eine offene Umgebung . Jede offene Umgebung um muss Elemente enthalten, die größer sind. Diese würden durch aber immer auf abgebildet werden, und liegt nicht in der Umgebung . D.h, es kann kein offenes von geben, das ganz nach abgebildet wird und die Abbildung ist in bzgl. der Standardtopologie nicht stetig.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Ja, so kann man argumentieren. Die Umgebungen müssen aber nicht offen sein, sie müssen nur offene Teilmengen enthalten, die wiederum die Punkte x und f(x) enthalten. Bei reellen Funktionen geht das am einfachsten mit offenen Intervallen, deshalb macht man das in diesem Fall mit und
MoritzB Auf diesen Beitrag antworten »

Dann werde ich mich noch versuchen das mit den offenen Teilmengen richtig zu kapieren. Ihr habt mir auf jeden Fall sehr geholfen! Und Danke für Eure Geduld! Big Laugh
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