Spektraldarstellung hermitescher Operator, entartete Eigenwert

Neue Frage »

yanscha Auf diesen Beitrag antworten »
Spektraldarstellung hermitescher Operator, entartete Eigenwert
Meine Frage:
Hallo liebe matheboardler!

Ich höre gerade Quantenphysik und möchte mich etwas in den mathematischen Hintergrund einarbeiten.

In einem Skript der RWTH Aachen (https://web.physik.rwth-aachen.de/~meden/QM/skriptneuneu.pdf, Seite 28) habe ich folgenden Beweis gefunden:

Sei z.B. Eigenvektor zum M>1-fach entarteten Eigenwert , d.h. das char. Polynom hat eine M-fache Nullstelle . Das orthogonale Komplement zu ist die Menge der Vektoren mit und bildet einen N-1 - dim. Unterraum zu H.(H: Hilbertraum) Für Vektoren aus gilt . Damit ist und A ist selbstadjungierter Operator auf . A eingeschränkt auf nennen wir . Nach Vorraussetzung hat nun auch mindestens einen Eigenwert . [...]

Meine Ideen:
Bis hierhin praktisch abgeschrieben, was ich daran nicht verstehe ist, dass auf jeden Fall einen Eigenwert besitzt. Denn schließlich ist auf die Menge der zu orthogonalen Vektoren beschränkt. Aber nicht jeder Eigenvektor zu gleichem Eigenwert ist orthogonal. Woher weiss ich nun also, dass ebenfalls einen Eigenvektor zu besitzt? Konnte der Vorraussetzung, dass A hermitesch ist und entartet auch keine Erleuchtung abgewinnen. Und wäre die Schlussfolgerung durch Weiterführen der Argumentation auf alle weiteren Eigenvektoren nicht, dass ALLE Eigenvektoren einer hemiteschen Matrix orthogonal zueinander stehen? Wo ist mein Denkfehler?

Ich konnte die Frage noch nicht im Forum finden, falls es sie schon gibt, bin ich wohl zu doof um die Suchfunktion zu bedienen Big Laugh

LG
Clearly_wrong Auf diesen Beitrag antworten »

Die Argumentation des Skriptes scheint mir nicht zu 100% sinnvoll zu sein.
Ich sehe nicht, wie man bei dieser Argumentation direkt im Beweis sehen kann, dass bei einem charakteristischen Polynom mit N-facher Nullstelle auch der zugehörige Eigenraum N-dimensional sein muss.

Wenn man allerdings zuerst seine Aussage ein wenig abschwächt, so dass man nur zeigt, dass es für eine selbstadjungierten Matrix immer eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren gibt, so zeigt dies die Diagonalisierbarkeit der Matrix. Aus der Diagonalisierbarkeit jedoch folgt dann die gwünschte Aussage, dass der Eigenraum zum Eigenwert gleich der Vielfachheit der Nullstelle im charakteristischen Polynom sein muss. Das ist aber erst nach dem Beweis evident, nicht bereits während des Beweises.
Es reicht daher, die obige Aussage zu zeigen und das geht genau, wie im Skript.

Der Operator muss wieder irgendeinen Eigenvektor haben, weil jeder Operator auf einem komplexen endlich-dimensionalen Hilbertraum mindestens einen Eigenvektor hat. Außerdem muss dieser Eigenvektor dann natürlich orthogonal zu dem ersten gefundenen Eigenvektor sein. Dieser Prozess lässt sich dann wiederholen, bis man orthogonale Eigenvektoren gefunden hat.

Die Stelle, die mir dabei im Beweis nicht ganz klar ist, ist, wie man direkt im Beweis sehen soll, dass dieser neue Eigenvektor, den man findet, so gewählt werden kann, dass er zum selben Eigenwert, wie der vorher gehört. Das ist m.E. erst ganz zum Schluss des Beweises klar, wenn man die Diagonalisierbarkeit folgern kann.


Klärt das deine Frage?
yanscha Auf diesen Beitrag antworten »

Danke Clearly_wrong, das hat mir schon weitergeholfen!

Mir bleibt aber noch die Frage, ob daraus nicht folgt, dass somit alle Eigenvektoren eines hermetischen Operators orthogonal zueinander sind, unabhängig davon, ob es Eigenvektoren zu verschiedenen oder dem gleichen Eigenwert sind.
Clearly_wrong Auf diesen Beitrag antworten »

Richtig ist, dass die Eigenvektoren so gewählt werden können, dass sie orthogonal zueinander sind. Das ist natürlich nicht für beliebig gewählte Eigenvektoren der Fall. Bei obiger Konstruktion sind die Eigenvektoren natürlich zueinander orthogonal. Es wäre aber kein Problem, Eigenvektoren zum gleichen Eigenwert zu wählen, die nicht orthogonal aufeinander stehen.

Das Prinzip ist das gleich, wie beim Wählen einer Basis eines euklidischen Vektorraums. Man kann immer einer Orthonormalbasis wählen, es hält einen aber nichts davon ab, eine zu wählen, die es nicht ist.
yanscha Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Spektraldarstellung hermitescher Operator, entartete Eigenwert
Ok, das leuchtet mir soweit ein, ich habe trotzdem noch eine Frage dazu.

Es wird im Skript nun anschließend geschrieben, dass diese Konstruktion beliebig fortgesetzt werden kann und somit die Zerlegung der Eins, wie auch die Spektraldarstellung für alle hermetischen Operatoren möglich ist.

Wenn ich dich aber richtig verstehe, kann ich aus der Menge der Eigenvektoren zu dem M-fach entarteten Eigenwert also immer eine m=<M - dim. Untermenge aus Vektoren finden, die orthogonal zueinander sind.

Mein Problem: Sei N die Dimension des Vektorraums, in dem mein hermetischer Operator lebt. Der Einfachheit halber gehe ich von n<N Eigenwerten aus, von denen einer M-fach entartet ist. => M+n-1=N (OBdA dim(ker) sei null)

Die Spektraldarstellung ist ja im endlich dimensionalen die Summation über ALLE Eigenvektoren. Wenn aber garnicht alle EV orthogonal zueinander sind, sondern ich z.B. nur m+n-1<N orthogonale Eigenvektoren zu dem entarteten Eigenwert habe, dann besitzt der Eigenraum des Operators ja eine kleinere Dimension als der Vektorraum, in dem der Operator lebt. Das scheint mir aber nicht im Sinne der Spektraldarstellung.

Würdest Du mich da nochmal aufklären?
Clearly_wrong Auf diesen Beitrag antworten »

Eigenvektoren sind nicht eindeutig bestimmt. Was ich oben sagte ist, dass du bei einem M-fach entarteten Eigenwert IMMER M orthogonale Eigenvektoren finden kannst. Du kannst natürlich auch welche finden, die nicht orthogonal aufeinander stehen, weil die eben nicht eindeutig bestimmt sind. Wenn du allerdings linear unabhängig sind, spannen sie natürlich trotzdem einen M-dimensionalen Raum auf.
 
 
yanscha Auf diesen Beitrag antworten »

Das war mir so nicht bewusst, scheint so, als wenn ich mir das Thema nochmal etwas genauer angucken muss.

Vielen Dank für die Aufklärung!
Clearly_wrong Auf diesen Beitrag antworten »

Nimm als einfachstes Beispiel die Einheitsmatrix .

Jeder Vektor ungleich 0 ist ein Eigenvektor. Du kannst hier sicherlich eine Orthonormalbasis von Eigenvektoren finden, zum Beispiel die Standardbasis. Du kannst aber auch jede beliebige andere Basis des wählen und das ist dann auch eine Basis aus Eigenvektoren, die aber nicht orthogonal zueinander sein müssen.
yanscha Auf diesen Beitrag antworten »

Ja das Beispiel ist gut. Aber verstehe ich es denn richtig, dass Eigenvektoren zu NICHT entarteten Eigenwerten eindeutig bestimmbar sind? (Bis auf einen konstanten Vorfaktor natürlich) Ansonsten könnte man ja auch nicht im Allgemeinen sagen, dass Eigenvektoren von hermiteschen Operatoren zu unterschiedlichen EW orthogonal sind.

Sonst sollte ich mich wirklich mal in eine LA Vorlesung am Mathe Institut setzen. Hammer
Clearly_wrong Auf diesen Beitrag antworten »

Wenn der Eigenraum eindimensional ist, dann sind auch Eigenvektoren bis auf einen Faktor eindeutig bestimmt, ja.

Was du allerdings glaube ich eigentlich wissen willst, ist, ob je zwei Eigenvektoren zu unterschiedlichen entarteten Eigenwerten auch immer orthogonal aufeinanderstehen, wenn der Operator hermitesch ist. Dies ist der Fall, weil hier gleich die gesamten Eigenräume automatisch senkrecht aufeinander stehen.

Auch das kannst du dir gut an einem Beispiel klar machen. Nimm mal an, der eine Eigenraum wäre der Aufspann von , der andere der Aufspann von im . Man kann hier natürlich einfach die Standardbasis als Eigenvektoren wählen. Es ist hier aber so, dass egal welchen Vektor man aus dem einen Aufspann nimmt, er steht immer senkrecht auf jedem Vektor des anderen Aufspanns.
yanscha Auf diesen Beitrag antworten »

Ah, ok! Ich habe mir das viel zu wenig anhand einzelner Eigenräume pro Eigenwert vor Augen geführt, bei uns in der Physik ging es bislang eigentlich immer nur um den Hauptraum.

Vielen Dank nochmal!!

lg
Neue Frage »
Antworten »



Verwandte Themen

Die Beliebtesten »
Die Größten »
Die Neuesten »