Anwendung der Integralsätze auf Maßräumen

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Studentu Auf diesen Beitrag antworten »
Anwendung der Integralsätze auf Maßräumen
Hallo liebe Forenmitglieder,

wir haben bereits mehrere Beispiele zu Lebesgueintegralen durchgenommen, aber mir ist da der Zusammenhang zu den angewandten Sätzen teilweise unklar.



Also hier die Sätze, um die es geht:
Sei für eine Familie messbarer Funktionen auf einem Maßraum . Für fast alle sei die Abbildung in stetig. Weiters gebe es eine integrierbare Funktion g auf und ein , sodass für alle t mit -fast überall gilt. Dann ist für integrierbar und das Parameterintegral ist in stetig, d.h. es gilt: .
Wir haben nun den Satz immer so angewandt, dass wir gesagt haben, dass der Integrand (eine Funktion stetig in x ist und gezeigt haben, dass es eine integrierbare Majorante g(x), die unabhängig von t ist, gibt. Dann durften wir den Satz anwenden.
Mir ist aber nur sehr schwammig klar, wie das, was wir zeigen, mit den Voraussetzungen aus dem Satz zusammenhängt. (Also wie ist damit z.B. (1) die Messbarkeit der Funktionen auf gesichert und (2) was ist im Falle der Lebesgue-Integrale ? (Irgendewas mit der Borelsigmaalgebra auf oder so, kann das sein?) (3) Folgt aus der Stetigkeit die Lebesgue-Messbarkeit? (4) Wieso müssen wir nicht auch zeigen, dass stetig in t ist?






Sei eine Familie bessbarer Funktionen auf dem Maßraum . Für ein und alle existieren für -fast alle die partiellen Ableitungen . Ferner gebe es eine integrierbare Funktion g mit für Dann ist die Funktionin differenzierbar mit
Für die Anwendung dieses Satzes haben wir immer gezeigt, dass der Integrand (aufgefasst als Fkt. von (x,t)) stetig ist bzw. stetig fortsetzbar auf die Integralgrenzen ist, dass die Ableitung (nach t) des Integranden existiert und stetig (in (x,t)) ist und dass die Ableitung des Inegranden eine integrierbare Majorante g(x) (als Fkt. nur von x) hat.
Auch hier sind mir die Zusammenhänge zu den Voraussetzungen im Satz schleierhaft (z.B.: (5) wieso zeigen wir die Stetigkeit der Ableitung?)

Ich hoffe, ihr könnt hier Klarheit schaffen! smile
system-agent Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Anwendung der Integralsätze auf Maßräumen
Zitat:
Original von Studentu
Mir ist aber nur sehr schwammig klar, wie das, was wir zeigen, mit den Voraussetzungen aus dem Satz zusammenhängt. (Also wie ist damit z.B. (1) die Messbarkeit der Funktionen auf gesichert und (2) was ist im Falle der Lebesgue-Integrale ? (Irgendewas mit der Borelsigmaalgebra auf oder so, kann das sein?) (3) Folgt aus der Stetigkeit die Lebesgue-Messbarkeit? (4) Wieso müssen wir nicht auch zeigen, dass stetig in t ist?


Im Fall der Lebesgue-Theorie auf ist die relevante Sigma-Algebra tatsächlich durch die Borel-Sigmaalgebra gegeben. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass sie alle offenen Mengen enthält. Jetzt erinnere Dich an die Charakterisierung der Stetigkeit im Zusammenhang mit offenen Mengen. Dann wirst Du feststellen, dass eine stetige Funktion in diesem Fall automatisch messbar ist. Das sollte Deine Fragen (1), (2) und (3) beantworten.
Zur Frage (4): Der Satz verlangt die Stetigkeit der Funktion , das heisst das muss auch überprüft werden. Vielleicht war das allerdings in Euren Anwendungen immer klar?
Studentu Auf diesen Beitrag antworten »

Danke für deine Antwort, system-agent!
Das bedeutet nun, unser Maßraum ist , ja? (6)
Meint man mit, dass f Funktion auf dem Maßraum ist, dass es von nach abbildet oder ist es eine Funktion von nach , wobei erster Maßraum und letzterer ist? (7)
Im Zshg. mit offenen Mengen heißen Funktionen stetig, wenn sie offene Mengen wieder auf offene Mengen abbilden. Die Funktionen heißen messbar, wenn das Urbild eines Elemtenes aus der Sigmaalgebra der Bildmenge in der Sigmaalgebra der Definitionsmenge liegt. Und weil das Urbild eines Elemente in einer offenen Menge bei stetigen Funktionen wieder ein Element in einer offenen Menge ist und somit in der Borelsigmaalgebra der Definitionsmenge liegt, sind stetige Funktionen messbar. Ist das so richtig? (8)
Und folgt aus Messbarkeit auch die Stetigkeit? (9)
Ja, (1)-(3) sind somit geklärt, danke!

Noch zu (4): Ich werde einfach bei allen Beispielen dann immer auch die Stetigkeit in t zeigen. Kann ich dafür dann f als Funktion in (x,t) auffassen oder ist es nur korrekt, wenn man f als Funktion in x auffasst und die Stetigkeit der Abbildung zusätzlich zeigt? (10)
Und weißt du, ob bei (5) das Zeigen der Stetigkeit der Ableitung schlichtweg überflüssig war?
system-agent Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Studentu
Das bedeutet nun, unser Maßraum ist , ja? (6)


Ein Massraum besteht aus einer Menge, einer Sigmaalgebra und einem Mass auf der Sigmaalgebra. Für Deinen Satz meint man einfach einen allgemeinen Massraum. Allerdings für Funktionen (oder definiert auf Teilmengen von ) ist tatsächlich meistens stillschweigend der Massraum gemeint, also mit der Borel-Sigmaalgebra.

Korrekterweise müsste man allerdings immer explizit sagen welcher Massraum im Urbild und im Bild der Funktion gemeint ist.

Zitat:
Original von Studentu
Im Zshg. mit offenen Mengen heißen Funktionen stetig, wenn sie offene Mengen wieder auf offene Mengen abbilden.


Nein, eine Funktion heisst stetig wenn das Urbild einer offenen Menge stets auch eine offene Menge ist. Was ergibt sich nun für eine stetige Funktion bezüglich der Messbarkeit [auch hier: beidesmal ist die Borel-Sigmaalgebra mit dem Lebesguemass gemeint]? Das sollte (8) und (9) beantworten.

Zitat:
Original von Studentu
Noch zu (4): Ich werde einfach bei allen Beispielen dann immer auch die Stetigkeit in t zeigen. Kann ich dafür dann f als Funktion in (x,t) auffassen oder ist es nur korrekt, wenn man f als Funktion in x auffasst und die Stetigkeit der Abbildung zusätzlich zeigt? (10)


Wenn die Funktion stetig in ist, dann ist sie insbesondere auch bezüglich nur einer der beiden Variablen stetig. Also musst Du es nicht separat zeigen.

Zitat:
Original von Studentu
Und weißt du, ob bei (5) das Zeigen der Stetigkeit der Ableitung schlichtweg überflüssig war?


Das Integral enthält hier auch die Ableitung, das heisst diese sollte auch eine messbare Funktion sein. Die Stetigkeit der Ableitung stellt das sicher [für Borel-Sigmaalgebren].
Studentu Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo system-agent,
müsste dann in unserem Skript bei "Maßraum" statt korrekterweise immer stehen?
Okay, das heißt wir betrachten im Zusammenhang mit dem Lebesguemaß eigentlich immer Funktionen f: ?
Achso, genau, also wenn die Urbilder von offenen Mengen bei stetigen Funktionen immer offen sind, dann liegt also das Urbild jedes Elemtens aus der Borelsigmaalgebra der Zielmenge in der Borelsigmaalgebra der Ursprungsmenge (weil die Borelsigmaalgebra ja genau die offenen Mengen enthält) und damit haben wir die Messbarkeit.
Haben wir umgekehrt eine messbare Funktion, dann liegt das Urbild jedes Bildelemente also wieder in der Sigmaalgebra der Ursprungsmenge (wegen Def. der Messbarkeit) und damit in einer offenen Menge und daher ist sie auch stetig. ...dann müssten Messbarkeit und Stetigkeit in dem Fall des Lebesguemaßes eigentlich äquivalent sein?
Bzgl. (10) war meine Frage eigentlich ein bisschen anders gemeint, nämlich ob es inkorrekt ist, wenn ich aus einer Familie von Funktionen eine Funktion mache, um die Stetigkeit in einem (statt in zwei Schritten) zu begründen?
Studentu Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo system-agent,
könntest du mir bitte noch sagen, ob meine Überlegungen aus dem letzten Post nun stimmen?
Schönes Wochenende!
Studentu
 
 
system-agent Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Studentu
müsste dann in unserem Skript bei "Maßraum" statt korrekterweise immer stehen?


Ja, denn ein Massraum besteht per Definitionem aus den genannten drei Zutaten.

Zitat:
Original von Studentu
Okay, das heißt wir betrachten im Zusammenhang mit dem Lebesguemaß eigentlich immer Funktionen f: ?


Ja, sehe es als eine stillschweigende Konvention an, dass für Funktionen auf (Teilmengen von) mit Werten in stets die Borel-Sigmaalgebra mit dem Lebesguemass gemeint ist. Was natürlich nicht bedeutet, dass man nicht auch irgendwelche andere Masse und Sigma-Algebren darauf betrachten könnte.

Zitat:
Original von Studentu
Achso, genau, also wenn die Urbilder von offenen Mengen bei stetigen Funktionen immer offen sind, dann liegt also das Urbild jedes Elemtens aus der Borelsigmaalgebra der Zielmenge in der Borelsigmaalgebra der Ursprungsmenge (weil die Borelsigmaalgebra ja genau die offenen Mengen enthält) und damit haben wir die Messbarkeit.


Richtig.

Zitat:
Original von Studentu
Haben wir umgekehrt eine messbare Funktion, dann liegt das Urbild jedes Bildelemente also wieder in der Sigmaalgebra der Ursprungsmenge (wegen Def. der Messbarkeit) und damit in einer offenen Menge und daher ist sie auch stetig. ...dann müssten Messbarkeit und Stetigkeit in dem Fall des Lebesguemaßes eigentlich äquivalent sein?


Nein, denke an eine Indikatorfunktion einer messbaren Menge. Diese ist messbar, aber nicht stetig. Tatsächlich sind messbare Funktionen aber "fast" stetig, das besagt der Satz von Lusin [ klick ]

Zitat:
Original von Studentu
Bzgl. (10) war meine Frage eigentlich ein bisschen anders gemeint, nämlich ob es inkorrekt ist, wenn ich aus einer Familie von Funktionen eine Funktion mache, um die Stetigkeit in einem (statt in zwei Schritten) zu begründen?


Nein, ich sehe da kein Problem, denn wie gesagt: wenn die Funktion bezüglich dem Tupel stetig ist, dann auch bezüglich den Einzelvariablen.
Studentu Auf diesen Beitrag antworten »

Super, danke, dass du noch geantwortet hast, system-agent!

Mir ist nun einzig noch unklar, an welcher Stelle ich hier
Zitat:
Haben wir umgekehrt eine messbare Funktion, dann liegt das Urbild jedes Bildelemente also wieder in der Sigmaalgebra der Ursprungsmenge (wegen Def. der Messbarkeit) und damit in einer offenen Menge und daher ist sie auch stetig. ...dann müssten Messbarkeit und Stetigkeit in dem Fall des Lebesguemaßes eigentlich äquivalent sein?
unzulässig gefolgert habe?
system-agent Auf diesen Beitrag antworten »

Das Urbild einer messbaren Menge liegt wieder in der Borel-Sigmaalgebra, das ist korrekt. Aber warum soll dieses Urbild auch in der Topologie liegen? Die Borel-Sigmaalgebra wird von der Topologie erzeugt, enthält aber noch zusätzlich andere Mengen.
Studentu Auf diesen Beitrag antworten »

Ach ja, die Borel-Sigmaalgebra enthält ja auch die abgeschlossenen Mengen!
Dann ist mir das nun klar, danke für deine Hilfe!
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Studentu
Ach ja, die Borel-Sigmaalgebra enthält ja auch die abgeschlossenen Mengen!

Und noch unendlich viel mehr. Aber dennoch nicht alles. Augenzwinkern
Studentu Auf diesen Beitrag antworten »

Mir sind zu dem Thema nun doch noch Fragen untergekommen:

1) Wenn mein Integrand eine Funktion ist, die an den Integrationsgrenzen unstetig ist, sonst überall stetig, darf ich dann automatisch argumentieren, dass sie messbar ist, weil die Punktmengen ja Lebesgue-Nullmengen sind, oder muss ich stattdessen eine stetige Fortsetzung des Integranden betrachten?
2) Gleiche Frage für Integranden, die an einzelnen Punkten innerhalb der Integrationsgrenzen unstetig sind.

3) Wie geht man bei Funktionen in zwei Parametern vor, Bsp: , x,y>0? (Ich möchte begründen, dass F differenzierbar ist und eine Integraldarstellung von (dF/dx, dF/dy) angeben, aber der Satz im ersten Post war ja nur für eindimensionale Parameter?

4) Wenn unser Integrand eine Reihe ist, ist dann Folgendes vorgehen zur Begründung der Vertauschung von limes (der oberen Reihengrenze) und Integral richtig?:
1. Suche für die Summanden eine konvergente Majorante, deren Reihe konvergiert. -> Lt. Weierstraß ist dann die Reihe absolut und gleichmäßig konvergent, also auch unsere Funktionenfolge fn der Partialsummen gleichmäßig konvergent, d.h., stetig in n=unendlich.
2. Zeiche, dass jede Partialsumme fn(x) =: f(n,x) eine integrierbare Majorante hat.
Reicht es generell, wenn man für jeden Parameter eine vom Parameter (hier n, die obere Summationsgrenze) abhängige Majorante findet oder darf der Parameter in der Majorante nicht vorkommen?
3. Integrand stetig und integrierbare Majorante existiert -> limes und Integral vertauschbar lt. Satz aus erstem Post.

5) Wenn der Integrand nur für den Limes im Parameter nicht stetig ist, ist dann der Satz auch noch anwendbar?
(z.B., wenn , was ja in x = 0 nicht stetig ist, wenn x=0 aber im Integrationsintervall liegt)

6) Wie lässt sich der Satz auf anwenden? Ich scheitere am Auffinden einer integrierbaren Majorante. Ich habe das Integral schon aufgeteilt auf [0, pi] und [pi, unendlich], aber für letzteren Teil finde ich keine, weil sin(x) ja nicht konvergiert und das Integral von 1/x auch nicht konvergiert...
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