HIR aber nicht euklidisch

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kev04 Auf diesen Beitrag antworten »
HIR aber nicht euklidisch
Meine Frage:
Weiß zufällig jemand, ob es abgesehen von den quadratischen Ringen der Form Z[sqrt(-d)], wobei d>0 noch weitere Beispiele für Hauptidealringe die aber nicht euklidisch sind gibt?

Meine Ideen:
Ich weiß, dass obiges Beispiel genau für d=19, 43, 67 und 163 erfüllt ist.
NurEinGast Auf diesen Beitrag antworten »

Soweit ich weiß, ist der Ring ein Hauptidealring, aber nicht euklidisch. Wenn ich mich recht erinnere, bekommt man mit zyklotomischen Ringen, d.h. Ringen der Form , keine Gegenbeispiele. Ich kann mich allerdings auch täuschen.

Hauptidealringe sind "fast immer" euklidisch. Es ist denke ich gut, zu wissen, dass es Hauptidealringe gibt, die nicht euklidisch sind und sich ggf. Beispiele zu merken. Man wird in der Praxis aber eigentlich nie mit Hauptidealringen konfrontiert, bei denen man dann entscheiden muss, ob diese euklidisch sind oder nicht (zumindest wurde ich das noch nie - und ich mache schon lange Mathe).
kev04 Auf diesen Beitrag antworten »

Oh sorry. Ja ich meinte für die von mir angegebenen d's auch, dass man sie in Z[latex \frac{1+\sqrt{-d}}{2} /latex] einsetzten soll. Ich habe es für d gleich 19 bewiesen. Und es kann bewiesen werden, dass es tatsächlich für R=Z[latex \frac{1+\sqrt{-d}}{2} /latex] nur für d=19,43,67 und 163 gilt, dass R nicht euklidisch aber HIR ist. \\
Meine Frage ist eigentlich, kann man noch andere Beispiele finden, also solche die nicht von der Form Z[latex \frac{1+\sqrt{-d}}{2} /latex] sind?
NurEinGast Auf diesen Beitrag antworten »

Ja, die gibt es anscheinend. Für jeden Körper soll beispielsweise der Ring ein Hauptidealring, aber nicht euklidisch sein.

Ein allgemeines Prozedere scheint folgendes zu sein:

Nehme einen faktoriellen, zweidimensionalen und (der Einfachkeit halber) lokalen Ring , z.B. . (Zweidimensional bedeutet hier, dass die Krull-Dimension des Rings zwei ist. Lokal heißt, dass der Ring nur ein maximales Ideal besitzt, das wir hier mit bezeichnen.)

Nehme jetzt ein Primelement und betrachte die Lokalisierung von bezüglich des multiplikativen Systems . Dann ist ein Hauptidealring, aber nicht euklidisch.

Eine Referenz hierfür ist der Artikel "An existence theorem for non-euclidean PID's" von Anderson aus dem Jahre 1988. Den Beweis habe ich allerdings nicht gelesen.

Darf ich fragen, wieso du dich für diese Konstruktionen interessierst?
kev04 Auf diesen Beitrag antworten »

Aber sicher. Erst mal herzlichen Dank für deine Antwort, auch wenn ich einige Begriffe noch nicht kenne. Ich schreibe gerade meine Examensarbeit (gymnasiales Lehramt) über das Thema die Ringhierarchie. Ich soll also zeigen (habe gezeigt) das die Inklusionskette Körper<Euklidische Ringe<HIR<Faktorielle Ringe < Integritätsringe< Ringe (wobei "<" für eine echte Inklusion steht) gilt.
Achso noch vielen Dank für deine Mühe. Wie findet man so etwas, wenn man nicht weiß wo es stehen könnte?
NurEinGast Auf diesen Beitrag antworten »

Alles klar. Freude
Ich werde den Beweis in dieser Arbeit nicht lesen, du kannst das Ergebnis aber ja vielleicht zitieren, bzw. deinen Professor danach fragen ob er so etwas in der Arbeit haben möchte.
Einen kleinen Fehler hatte ich oben noch gemacht, man muss noch voraussetzen, dass der Ring regulär ist (Definition unten).


Ich erkläre dir gerne die Begriffe. Es steht dir frei, das Ganze detailliert zu lesen (ich würde mich aber zumindest freuen, wenn du es zumindest einmal liest Augenzwinkern ).


Alle Ringe hier sind hier der Einfachkeit halber Integritätsbereiche und mit Einselement.
  • Unter einer Kette von Primidealen der Länge verstehen wir eine Inklusionskette , wobei die Primideale in sind.

  • Die Krulldimension des Rings ist nun definiert als es gibt eine Kette vom Primidealen in der Länge .

    (Hauptidealringe haben also beispielsweise Dimension , denn jedes von verschiedene Primideal ist maximal.)

  • Ein Ring heißt lokal, falls er genau ein maximales Ideal besitzt. (Dies ist äquivalent dazu, dass ein Ideal ist.)

  • Ein lokaler Ring der Dimension heißt regulär, falls sein maximales Ideal von Elementen erzeugt werden kann.

  • Der Begriff Primelement sollte bekannt sein.

  • Sei . Die Lokalisierung von an ist der Ring mit "der üblichen Addition und Multiplikation von Brüchen".

    (Diese Konstruktion ist ähnlich zu dem des Quotientenkörpers eines Integritätsbereichs, nur, dass du nicht alle Elemente als Nenner zulässt, sondern nur Potenzen von .)


Checken wir das Ganze mal in der Situation aus dem letzten Beitrag:

Der Ring ist per Definition der Ring der formalen Potenzreihen in den Variablen x,y mit Koeffizienten in , das heißt, .

  • hat Dimension , da eine Primidealkette der Länge ist. In der Tat gilt sogar, dass die Dimension von genau ist, der Beweis hierfür ist aber nicht ganz so einfach.

  • ist ein lokaler Ring, denn sein einziges maximales Ideal ist :
    Dass maximal ist, sieht man wegen .
    Um zu sehen, dass das einzige maximale Ideal ist, muss man zeigen, dass alle mit Einheiten sind. Wenn du willst, kannst du das einmal versuchen. (Eine Anmerkung dazu kommt unten noch.)

  • ist regulärer lokaler Ring, denn wird von zwei Elementen erzeugt.

  • Nimmt man das Primelement , so gilt offensichtlich .




Anmerkung:
Wenn man nimmt und statt den Ring und hat positiven Konvergenzradius (Ring der konvergenten Potenzreihen in ) betrachtet, dann kann man sehr leicht einsehen, dass ein lokaler Ring ist:

ist hier maximales Ideal. Desweiteren ist jede Potenzreihe mit eine Einheit in , denn ist holomorph innerhalb seines Konvergenzkreises, und da , ist auch in einer Umgebung von holomorph, kann also in eine konvergente Potenzreihe entwickelt werden. Das gibt dir das inverse Element zu .

Der Ring ist aber leider nur eindimensional, kann hier also nicht als Beispiel genutzt werden. Die analoge Aussage würde aber auch funktionieren, wenn du den Ring der konvergenten Potenzreihen in betrachtest (welcher Dimension hat), aber ich habe darauf verzichtet, da ich mir nicht sicher bin, ob dir Funktionentheorie in mehreren Veränderlichen bekannt ist.



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Ich hoffe, das hilft dir etwas, auch wenn es viel ist. Ich finde es aber wichtig, dass das Ganze mal auf einen Blick zusammengefasst da steht (auch für andere Leute, die ggf. durch eine Googlesuche auf dieses Thema kommen).

Zu deiner Frage: Es hilft oft, die Sachen auf englisch zu suchen. Wenn du nicht weißt, wie bestimmte Begriffe auf englisch heißen, dann hilft es oft, auf die deutsche Wikipediaseite zu gehen und dann links im Menü als Sprache 'englisch' auszuwählen. Und dann muss man eben in der Googlesuche mit Begriffen spielen. Vielleicht hast du von deiner Uni aus auch Zugriff auf mathscinet, wo du nach Forschungsartikeln suchen kannst.
 
 
kev04 Auf diesen Beitrag antworten »

Wow, super Erklärung. Habe viele der neuen Begriffe schnell verstanden. Vielen Dank dafür, dass du dir
hierbei soviel Mühe gibst. Werde das Beispiel vielleicht erwähnen, aber nicht ausarbeiten. Darf man fragen, ob du an einer Uni arbeitest, also wissenschaftlicher Mitarbeiter, Doktorrand oder Professor bist? Deine Beiträge wirken sehr fachkompetent, um nicht zu sagen dass dies bei anderen Helfern nicht der Fall ist.
NurEinGast Auf diesen Beitrag antworten »

Es freut mich, dass es zumindest etwas weitergeholfen hat. smile
In der Tat bin ich Doktorand im dritten Jahr im Gebiet der algebraischen Geometrie. Die Hochschule möchte ich hierbei aber nicht verraten. Augenzwinkern
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