Demokratie und das Lebensrecht

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Bert Auf diesen Beitrag antworten »
Demokratie und das Lebensrecht
In einem anderen Thread las ich zwei Sätze von klarsoweit:

Zitat:
Bei uns wird täglich gegen das elementarste Menschenrecht - nämlich das Lebensrecht - verstoßen. Wer sich zur falschen Zeit am falschen Ort befindet und ein gewisses Alter nicht überschritten hat (ungeborenes Kind), kann nach ein paar Formalitäten auf Staatskosten getötet werden.


Diese Sätze waren in dem Thread ziemlich OT, aber ich will sie nicht kommentarlos stehen lassen, weil sie mich im Kontext eines anderen Satzes desselben Diskussionsteilnehmers
Zitat:
... daß man durch eine geschickte Definition "was ist Mensch", Menschenrechte nach Belieben ausschalten kann.

sehr nachdenklich machen.

Es gibt Lebenssituationen, die man nicht pauschal regeln kann, sondern jeder, der sich in einer solchen Situation befindet, muß individuell nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten entscheiden, und bei seiner Entscheidung muß er auch noch das Gesetz beachten.

Hm, Lebensrecht ...
Eine Frau wird ungewollt schwanger, sie entscheidet sich gegen das Kind und läßt das Kind abtreiben (im Einklang mit gültigen Gesetzen; z. B. „Fristenregelung“).
Nun frag ich, wie soll der Gesetzgeber diese Situation lösen? Lebensrecht für das (ungewollte) ungeborene Kind gegen das Lebensrecht der schwangeren Frau?
Vieta Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Demokratie und das Lebensrecht
Zitat:
Original von Bert
Nun frag ich, wie soll der Gesetzgeber diese Situation lösen? Lebensrecht für das (ungewollte) ungeborene Kind gegen das Lebensrecht der schwangeren Frau?


Zuerst einmal bin ich der tiefen inneren Überzeugung, dass sich kein Mensch über einen anderen erheben und ihn töten darf. Für mich ist es dabei vollkommen gleichgültig wer tötet, auch wenn es hart klingen mag. Jeder hat ein Recht auf sein Leben und jeder darf selbst bestimmen wann er es beenden möchte.

Jeder sollte sich meiner Meinung nach erstmal mit folgenden Fragen beschäftigen.

Was wäre passiert wenn meine Mutter abgetrieben hätte? Könnte ich dann diesen Beitrag hier schreiben? Was hätte ich in meinem Leben bisher verpasst.

Der Staat hat es durchaus vernachlässigt Müttern/Vätern aus dieser prekären Lage zu helfen und sie zu unterstützen.
Es muss möglich sein, dass Eltern und Kind eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben haben und meiner Meinung nach ist hier der Staat gefordert, die entsprechenden Möglichkeiten/angebote für ungewollt werdende Mütter zur Verfügung zu stellen.


EDIT:Rechtschreibbugs behoben
Bert Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Demokratie und das Lebensrecht
Zitat:
Original von Vieta
... kein Mensch über einen anderen erheben und ihn töten darf ...


Auch meine Meinung, außer Notwehr! Jeder Mensch hat das Recht, sein eigenes Leben zu verteidigen ...

Zitat:
... Der Staat hat es durchaus vernachlässigt Müttern/Vätern aus dieser prekären Lage zu helfen und sie zu unterstützen. ...


Nun, ich denke, daß jeder für seine Kinder selbst aufkommen sollte. Sicherlich hat hier der Staat eine Menge nachzuholen; z.B. die zahlungsunwilligen Väter nicht nur per Gesetz verpflichten zu zahlen, sondern auch das Geld von solchen Vätern „zu holen“. Etwa 60-75 % außerehelich lebender Kinder (unehelich, Scheidungskinder) kriegen von ihren Vätern keinen oder nicht ausreichenden Unterhalt. Aber es geht mir nicht um die „soziale Indikation“. Es geht mir um das Lebensrecht der ungewollt schwangeren Frau.

Eine Schwangerschaft bringt für jede Frau zahlreiche Risiken. Die Geburt eines Kindes stellt für seine Mutter eine Lebensgefahr dar – für die eine mehr, für die andere weniger, aber jede (auch absolut gesunde) Frau kann bei der Geburt ihres Kindes sterben.
Hat die Frau das (Lebens)Recht zu sagen: „nein, dieses Risiko will ich nicht tragen, ich will mein Leben nicht riskieren, ich lasse das Kind abtreiben.“?
Poff Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Demokratie und das Lebensrecht
Nach meinen Überlegungen hat die Frau unumstritten das Recht zur Abtreibung. Es ist schon bemerkenswert dass insbesondere die Männer in diesen Fragen sos genau zu wissen meinen was Sache sei und was nicht.

Das (männliche) Verteidigungsargument für das Leben, ist nach genauerer Analyse nicht anderes als ein altes patriachaliches Machtinstrument.


Da habe ich absolut Null Symphatie für die religiösen Standpunkte zumal genau sie, in dieses Raster passen.
Bert Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Demokratie und das Lebensrecht
Zitat:
Original von Poff

Das (männliche) Verteidigungsargument für das Leben, ist nach genauerer Analyse nicht anderes als ein altes patriachaliches Machtinstrument.


Das hat biologische Gründe – ein Mann kann kein Kind gebären. Ein Mann ist darauf angewiesen, daß die Mutter seines ungeboren Kindes das Kind auch zu Welt bringt. Gleichzeitig ist für einen Mann „Kinder in die Welt zu setzen“ sein primärer biologischer Trieb - Egoismus der Gene; unsere Kinder sind die einzige Hoffnung auf unsere „Unsterblichkeit“, weil sie (die Kinder) unsere Gene tragen und diese (die Gene) weiter geben können. Wer keine Kinder hat oder seine kinderlosen Kinder überlebt, stirbt aus.

Auch wenn ich für mich persönlich entschieden habe, keiner Frau darein reden zu dürfen, ob sie ein Kind zu Welt bringt oder nicht, weiß ich nicht, ob diese meine Entscheidung und Einstellung lebensrechtlich richtig ist. Wenn ich das für die Seite der Frau betrachte, denke ich „ja klar, nur sie darf es entscheiden“. Wenn ich das für die Seite des Kindes betrachte, denke ich „weiß ich nicht ...“.
Poff Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Demokratie und das Lebensrecht
Natürlich hat das biologische Gründe, aber nicht die die du anführst.

Es ist ein Werkzeug um Nebenbuhler auszuschalten und die männliche Position zu stärken und es hat offensichtlich Schlagseite.
 
 
Vieta Auf diesen Beitrag antworten »

Nein, es gibt wirklich solche Fälle, in denen gesunde Frauen während der Geburt Komplikationen erleiden.
Bei einem Freund von mir hat die Geburt 20Stunden gedauert, der Mutter ging es danach "dreckig" und er hatte einen Sauerstoffmangel erlitten, worunter noch heute seine Sprache leidet.
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

1. Das ist ein ethisches Problemfeld.
Somit kann man kaum zu einer einheitlichen, universell gültigen Ethik (ich synonomisiere gerne mit: Handlungsanweisung) kommen, da es zu viele extreme Einzelfälle in diesem Gebiet gibt.

2. Ich könnte zum Beispiel die Grunddefinition "Ab wann beginnt menschliches Leben" in Frage stellen. Hier wurde bereits genannt:
Zitat:
dass sich kein Mensch über einen anderen erheben und ihn töten darf.

Daraus erlaube ich mir (ohne Wertung) zu interpretieren:
Du nennst ein Ungeborenes Mensch
Du nennst (deshalb) den Vorgang des Lebensabbruchs des Ungeborenen töten.
Jetzt könnte ich dem entgegen halten, dass unser demokratischer Staat Rechtsfähigkeit erst mit der Geburt verleiht (vgl. GG) und dass der oben beschriebene Vorgang nicht unter Mord fällt, sondern höchstenfalls unter Schwangerschaftsabbruch (vgl. StGB).
--> ethisches Problemfeld

3. Besonders Extremfälle wie Vergwaltigung oder Abwägung Kindeswohl-Mutterwohl lassen sich wohl kaum in ein Gesetz verpacken. Auch bei "lapalen" ungewollten Schwangerschaften (Verhütung versagt) kann man argumentieren, dass dieses Nicht-Wollen bei manchen Eltern soweit reicht, dass sie ihre elterliche Pflicht nicht richtig wahrnehmen.

Ich finde es daher gut, dass in Deutschland vor der Abtreibung ein Gespräch (glaube profamilia macht das) stattfinden muss.
Darüber hinaus finde ich, dass die Mutter mehr Macht bekommen muss über ihren Körper (und das was in ihm vorgeht).
Das einzige was meiner Meinung nach gegen ein totales Abtreibungsrecht der Frau bis zur Geburt spricht, ist der (von Bert schon genannte) Aspekt der "Unsterblichkeit".
Beispiel: Der Mann wäre dadurch 9 Monate ohnmächtig und es wäre ihm gegenüber eine Zumutung, wenn er das Heranwachsen seines Nachkommen 8 Monate "miterlebt" und er es dann auf Wunsch der Mutter (vielleicht aus heiteren Himmel, aus egoistischen Gründen) verlieren würde.
Daher befürworte ich ebenfalls eine zeitliche Grenze, nach Ablauf derer die Frau nicht ohne einen gesundheitliche Grund abtreiben darf.
Prinzipiell ist die Regelung in der Bundesrepublik also meiner Meinung nach vertretbar. Höchstens an den Details (Fristlänge, Kostenübernahme, etc) könnte man noch feilen.
Bert Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Zellerli
... Ich könnte zum Beispiel die Grunddefinition "Ab wann beginnt menschliches Leben" in Frage stellen.


Das kannst du nicht. Das ist biologisch definiert: Im Leib der Mutter mit der Bildung einer Zygote. Diese Zygote ist ein Stadium menschlichen Lebens.

Ansonsten zu dem, was du schreibst: Auch wenn ich es "mit anderen Augen" betrachte, sehe ich es ähnlich wie du - meine Begründung weicht zwar von der deinen ab, aber das Resultat ist das gleiche: ich finde die (Abtreibung)Regelung in Deutschland menschenrechtlich in Ordnung, würde es aber begrüßen, wenn Frauen mehr Macht bekommen würden, über ihren Körper (und das, was in ihm vorgeht) zu entscheiden, und mehr Schutz für ihr gewolltes ungeborenes Kind.

Zitat:
"Du nennst ein Ungeborenes Mensch ..."


Ich auch! Ein Ungeborenes ist ein Mensch (frag mal werdende Eltern, die das Kind haben wollen!); juristisch betrachtet wird diese Definition zwar anders verlagert, aber biologisch betrachtet ist ein ungeborenes Kind ein Mensch, der für seine Entwicklung des Körpers einer lebenden Frau bedarf. Weil sich ein Ungeborenes nicht außerhalb des Körpers einer Frau entwickeln kann, ist es auf die "Gastfreundschaft" dieser Frau angewiesen, und deshalb hat das ungeborene Kind kein Recht auf Leben per se, sondern das (postnatale) Leben wird ihm von seiner Mutter geschenkt (oder eben nicht, auch das müssen wir respektieren). Keine Frau darf durch dritte gezwungen werden, dieses Kind auszutragen (meine Meinung).
Nach der Geburt erhält das Kind sein Lebensrecht (wie es auch juristisch gesehen wird), weil es von dem Körper der Mutter getrennt ist; das Kind ist dann eine zwar abhängige (pflegebedürftige), aber (biologisch betrachtet) eigenständige Person.
Aber wenn die Frau das Kind austragen will, so (meiner Meinung nach) sollte das Kind auch juristisch als Mensch betrachtet werden, und diese Frau sollte für sich und das Kind einen besonderen, gesetzlich gesicherten Schutz genießen - d.h. das Ungeborene sollte bei der Formulierung der Schutzgesetze als Mensch betrachtet werden. Und wenn jemand gegen diese Frau Gewalt anwendet, die (die Gewalt) den Tod des ungeborenen Kindes zu Folge hat, dann sollte dieses Delikt als Tötung eines Menschen, bei geplanter Absicht als Mord eines Menschen gewertet und bestraft werden.
Ich weiß, daß es juristisch nicht zu vertreten ist, aber so würde ich mir die Gesetze wünschen.

Die Fristenregelung finde ich OK, ich betrachte sie aber vor einem anderen Hintergrund als du, Zellerli. Ein Vater muß mit seinen "Rechten und Ansprüchen" warten, bis das Kind geboren ist. Basta. Augenzwinkern Ein Schwangerschaftsabbruch stellt auch ein erhebliches (Lebens)Risiko für die Frau dar, und mit jeder Schwangerschaftswoche erhöht sich dieses Risiko. Ab einer bestimmten Größe kann das Kind nicht "abgetrieben werden" (z.B. Curettage, Absaugung), sondern es wird noch im Körper seiner Mutter medikamentös getötet und tot geboren (häufig bei einer medizinischen Indikation).

Und die Kosten? Eine Abtreibung sollte immer nur von kompetenten Ärzt(inn)en vorgenommen, und der Frau die entsprechende ärztliche Pflege gesichert werden. Solange wir (Krankenkassengemeinschaft) extrem kostenintensive Therapien für Alkoholiker und drogensüchtige zahlen, will ich gar nicht diskutieren, ob eine Abtreibung von der KK bezahlt werden sollte, sondern sage ganz klar: Ja! Die Gesundheit der Frau geht vor.
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