Prinzipielle Fragen an die Mathematik

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KamosX Auf diesen Beitrag antworten »
Prinzipielle Fragen an die Mathematik
Guten Abend, allerseits.
Ich habe ein paar prinzipielle Fragen und Probleme zur Mathematik:
    Warum funktioniert die Mathematik überhaupt, oder etwas anders ausgedrückt: warum kann man mit ihrer Hilfe die Wirklichkeit beschreiben - z.B. so wie es die Physik ja tagtäglich macht?

    Warum kann man einen Sachverhalt auf mehrere Weisen beweisen oder herleiten? Gibt es zwischen den verschiedenen Herleitungen eines Sachverhalts immer einen Zusammenhang? Ich versuche oft, verschiedene Herleitungen eines einzigen Sachverhaltes bis ins kleinste Detail zu analysieren und zu vergleichen, indem ich Argumentationsmuster und -richtung, die Ansätze, den systematischen Aufbau, etc. untersuche und vergleiche und so auch die tiefere Ursache und das Warum eines Sachverhaltes herauszufinden versuche. Ab und zu versuche ich auch mir die verschiedenen Argumentationsvorgänge anhand eines Beispiels klarzumachen, was da eigentlich passiert.
    Nur leider passiert es allzu oft, dass ich entweder keinen Zusammenhang finde oder ich einen Knoten im Hirn bekomme und nicht mal mehr weiß, was das eigentliche Problem war oder wo ich angefangen habe.

    Was kann man tun, wenn man den mathematischen Beweisen nicht ganz vertraut? Auch wenn ich einen Beweis Schritt für Schritt nachvollziehen kann, fällt es mir doch manchmal schwer, das (mitunter auch praktische) Resultat zu akzeptieren. Ich finde dann das Resultat merkwürdig, als ob der abstrakte Beweis nicht ausreicht, und frage mich nach dem Beweis immer noch warum dieses mathematisch bewiesene Resultat/Sachverhalt in all seinen mannigfaltigen Erscheinungsformen richtig ist. Ich weiß nicht wieso, aber ich scheine kein wirkliches Vertrauen in die mathematisch-abstrakte Logik zu haben, was ich als Physikstudent bedenklich finde.

Ich freue mich über jede ernsthafte Antwort, weil ich schon am Verzweifeln bin und mich die Mathematik trotzdem einfach nicht loslässt.

Liebe Grüße.
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

Geht ein Stück in die Philosophie, deine Frage. Und da in das Gebiet der Erkenntnistheorie, bzw. auch der Logik.

Vielleicht solltest du sogar erstmal da weitersuchen.
system-agent Auf diesen Beitrag antworten »

Zu deiner dritten Frage:
Die Mathematik baut auf Axiomen auf. Ein Axiom ist eine Annahme, die einfach als wahr angenommen wird. Man nimmt sich eine Reihe von Axiomen, das heisst eine Reihe von meist sehr einfachen und einleuchtenden Aussagen und folgert aus der Annahme der Richtigkeit dieser Axiome dann Sätze. Wichtig dabei ist, dass man nur diese Axiome als Grundlage hat, sonst nichts !
Das bedeutet, dass wenn du die zugrundeliegenden Axiome als wahr betrachtest, dann sind auch alle Sätze, die sich nur mit den Axiomen beweisen lassen, und natürlich auch weitere Sätze die nur die vorher mit den Axiomen bewiesenen Sätze benutzen, ebenfalls wahr.

Anders ausgedrückt:
Akzeptierst du beispielsweise die Peano-Axiome, dann sind die natürlichen Zahlen ein Faktum für dich. Weiter sind alle Aussagen, die letztlich nur die Peano-Axiome benutzen, genauso Faktum für dich, unabhängig ob diese Aussagen dann intuitiv klar erscheinen oder nicht.
KamosX Auf diesen Beitrag antworten »

Ok, mathematische Aussagen hat man einfach aufgrund der Logik zu akzeptieren verwirrt Aber die Frage lief eher darauf hinaus: eine Aussage kann in der Anwendung ja zig verschiedene Gesichter annehmen. Wie schafft es eine einzelne Aussage das Verhalten dieser Anwendungen vorherzusagen bzw. zu bestimmen? Kann man sagen, dass sich die Aussage aufgrund ihrer Abstraktion nur auf das Wesentliche beschränkt und so das Verhalten von Anwendungen - unabhängig von ihrer spezifischen Gestalt - vorhersagen und bestimmen kann.

Beispielaussage: gegeben ist ein Isomorphismus . So ist die Umkehrfunktion ebenfalls ein Isomorphismus.
Beweis: Es gilt . Dann ist . Q.e.d.

Der Beweis ist zwar etwas grob, aber so ungefähr läuft es ab, oder? Man bezieht sich nur auf das Wesentliche (hier die Bijektivität und Linearität) und folgert die Aussage. Die jeweilige spezifische Gestalt des Isomorphismus - abhängig von der Anwendung - ist unwichtig.
system-agent Auf diesen Beitrag antworten »

Ja, das kannst du im Prinzip schon so sagen.

Ich habe in meinem obigen Beitrag das Gleiche ausgesagt, nur noch weiter auf die Spitze getrieben. Die Idee ist immer, Gemeinsamkeiten zu erkennen oder um es anders zu sagen, vom Speziellen zu abstrahieren.
Es steht ausser Frage, dass dies alles andere als einfach ist !
In deinem Beispiel untersucht man lineare Abbildungen. Die "Axiome" dafür, dass eine Abbildung zwischen Vektorräumen linear ist, kennst du ja. Alles was dann kommt, baut nur auf diesen Axiomen auf, beziehungsweise man macht auch noch eine Zusatzforderung an die lineare Abbildung [Isomorphismus].

Das Bestreben ist so wenig als irgend möglich zu fordern, also in Axiome zu packen und den Rest alles zu folgern. Das kann nur gehen, wenn man ziemlich abstrahiert.
Beispielsweise fällt mir auch der Satz von Euler ein:
Sei mit . Dann gilt .
Wenn man nun von Gruppentheorie noch nie etwas gehört hat, dann könnte ich mir vorstellen dass ein Beweis ziemlich mühsam ist [kann ich dir aber nicht genau sagen].
Kennt man allerdings die Gruppentheorie, dann ist der Beweis offensichtlich. Anders gesagt: Man hat gemerkt, dass dies einfach eine spezielle Situation des Lagrange-Satzes aus der Gruppentheorie ist und damit hat man die Argumentation im wesentlichen auf die Gruppenaxiome und die Axiome für eine Äquivalenzrelation zurückgeführt.

Dazu möchte ich allerdings auch noch etwas anderes zu bedenken geben:
Alle Definitionen und Konstrukte haben eine Geschichte. Auch wenn du in einem Lehrbuch gleich auf der ersten Seite die fertige Definition vorfindest - in Wahrheit hat sie wahrscheinlich eine sehr lange Geschichte von ausprobieren, abändern, verwerfen, neu formulieren hinter sich.
Auch passende Axiome zu finden ist alles andere als einfach:
Heute kann man sagen, dass der Geometrie die Hilbert-Axiome zugrundeliegen. Auch weiss man heute, dass das 5. Postulat [die Sache mit der Parallelität von Geraden] von Euklid unabhängig von seinen restlichen Axiomen ist, das heisst man muss entweder fordern wie Euklid, dass es zu einer gegebenen Gerade und gegebenem Punkt genau eine Gerade durch den Punkt gibt, die zur gegebenen Geraden parallel ist, oder man bekommt eben eine nichteuklidische Geometrie. Die Aussage des 5. Postulats lässt sich nicht aus den anderen Axiomen herleiten.
Um das einzusehen brauchte es viele hunderte Jahre, immer wieder haben Leute versucht es doch aus den anderen Axiomen herzuleiten [und dabei dann schon Sätze zb. aus der hyperbolischen Geometrie entdeckt - natürlich ohne es zu merken].
KamosX Auf diesen Beitrag antworten »

Danke sehr für eure Antworten smile . Es hat geholfen. Ich traue den Beweisen nun etwas mehr und merke mir, dass der klare Aufbau der Mathematik viel Zeit und Mühe von Mathematikergenerationen gekostet hat.
Die erste Frage zielt tatsächlich ins philosophische und ich werde mich mal in dem Bereich umsehen.
Anscheinden kann mir niemand bei der zweiten Frage helfen.

Liebe Grüße,
KamosX
 
 
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »
Prinzip Mathematik
Hallo, KamosX,
deine Fragen sind sehr tiefliegend, in der Tat philosophisch, und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie noch nicht beantwortet werden können.
Mathematik funktioniert sicher innerhalb der Mathematik, d.h. aus Axiomen kann man wahre Sätze ableiten. Das sind dann wahre Aussagen, auf denen man weiter aufbauen kann. Theorien können sehr komplex werden, weil ihre Sätze zu immer neuen Begriffen, Definitionen und Sätzen führen. Ketten von Ableitungen sind keineswegs eindeutig; die Reihenfolge, in der interessante Sätze bewiesen werden, ist ein historischer Prozeß.
Warum die Mathematik angewandt werden kann auf die Realität, z.B. auf die physikalische Welt, ist völlig unklar.
Was man machen kann, ist Naturgesetze aufstellen, das sind mathematische Aussagen über physikalische Objekte. Diese Naturgesetze kann man aber nicht beweisen (verifizieren)! Da hilft die Mathematik nicht weiter. Naturgesetze kann man für wahr halten, wenn sie sich bewähren, und muss sie sofort für falsch erklären (falsifizieren), wenn ein Gegenbeispiel auftritt oder wenn Naturgesetze sich gegenseitig widersprechen. Ein geniales Buch zum Thema ist von Henning Genz "Wie die Naturgesetze Wirklichkeit schaffen - Über Physik und Realität".
Urza Auf diesen Beitrag antworten »

Das Thema ist zwar schon eine Weile her, aber ich möchte auch noch etwas dazu sagen, weil mich solche Fragestellungen auch mal sehr beschäftigt haben. Vielleicht nützt es ja jemandem etwas:

Ich denke, bei dem Problem des Fragestellers geht es eigentlich nicht so sehr um philosophische Fragen zur Beziehung von Mathematik und Wirklichkeit, Erkenntnistheorie usw. Das sind zwar auch alles interessante Dinge, aber es ist nicht wirklich nötig, sich darüber Gedanken zu machen, um (berechtigtes) Vertrauen in die Mathematik zu gewinnen.

(@KamosX: )
Erstmal allgemein, was bedeutet es, in eine Aussage/Tatsache zu vertrauen? Es impliziert nicht "absolutes Wissen" darüber, dass die Aussage stimmt oder dass man glaubt, dass man sich nicht damit irren kann. Es bedeutet nur, dass man sich (erstmal) entscheidet, unter der Annahme zu leben, dass die Aussage wahr ist. Weil es als moralisch richtig oder auch weil es einfach aus irgendeinem Grund als nützliche Vorgehensweise erscheint.

Warum 'vertraut' man in ein physikalisches Gesetz? Nicht weil man mit absoluter Sicherheit weiß, dass es richtig ist, sondern weil alle Beobachtungen bis jetzt damit konsistent sind und man anscheinend 'Erfolg' hat, wenn man davon ausgeht, dass es richtig ist. Und genauso kann man auch die Grundlagen der Mathematik sehen (logische Schlussregeln etc., auf denen alles aufbaut). Sicher, diese scheinen grundlegender, elementarer zu sein als physikalische Gesetze. Aber es ist auch hier nicht so, als ob ein (irgendwie anders begründeter) "absoluter Grund" dafür vorläge, dass diese so sind, sondern man stellt einfach durch die Intuition und durch Arbeiten damit fest, dass sie funktionieren. Einen anderen 'Grund' wirst du (oder jemand anders) niemals finden (und es ist ja auch keiner erforderlich). Immerhin würde ja z.B. jeder Versuch, mit Hilfe der Philosophie die Mathematik "von außen" zu begründen ebenfalls logische Argumentationen benutzen müssen, man würde sich also im Kreis drehen.

Du kannst also etwa entspannter mit diesem Problem umgehen. Es ist kein prinzipielles Problem, sondern höchstens ein "psychologisches". Dass du es als merkwürdig empfindest, dass ein bewiesener Satz wirklich für alle Spezialfälle gilt oder du nicht das Gefühl hast, einen Satz (trotz Beweis) "wirklich verstanden" zu haben ohne eine Herleitung, eine abschauliche Begründung oder dergleichen - das geht glaube ich vielen Studenten am Anfang so (war bei mir auch so). Es liegt glaube ich vor allem daran, dass man das abstrakte logische Beweisen nicht so gewohnt ist und diesem deshalb intuitiv noch nicht so sehr vertraut. Oft hat man vielleicht falsche Annahmen, die man 'aus Erfahrung weiß' (z.B. Schule) und die einen aber zurückhalten, z.B. dass man eine anschauliche Begründung braucht, um sicher sein zu können, dass eine Aussage stimmt. Solche Annahmen sollte man einfach so schnell wie möglich fallen lassen. Ich denke, es ist gut möglich praktisch ein Vertrauen in die abstrakte Vorgehensweise in der Mathematik aufzubauen, indem man zuerst ein Vertrauen in die Grundlagen (elementare logische Schlussweisen und Mengelehre) aufbaut (sollte einfach sein) und dann in die Tatsache, dass auch kompliziertere Beweise, die aus diesen einfachen Schritten zusammengesetzt sind, stimmen. Wenn man die Richtigkeit davon erkannt hat, kann man sich Beweise ansehen, mit denen man noch Probleme hat und wenn man auf einen emotionalen Widerstand stößt, das Gefühl hat, dass "etwas fehlt", dann kann man das einfach als Gelegenheit auffassen diese falsche Annahme, die man anscheinend noch unterbewusst hat, aus dem System zu entfernen, indem man sich klarmacht, dass sie im Licht der neuen Erkenntnisse/ Auffassungen offensichtlich Unsinn sind.
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

Also, dass du das nicht falsch verstehst: Super Beitrag!

Big Laugh <-- den hier kriegst du, weil dein Vorgehen hoch philosophisch war, ohne dass du es gemerkt hast (hast ja am Anfang gemeint, das braucht man alles nicht).

Philosophie gewinnt eh immer, weil sie sich mit jedem Gebiet, mit jeder Frage beschäftigt. Nur wenn wir das keinem direkten Fachgebiet (eigtl sogar: Teilgebiet der Phil) zuordnen können (wie der Mathematik, der Psychologie, der Physik, etc.) sagen wir heutzutage: das gehört in die Philosophie.

Jeder der sich mit solchen Wissenschaften beschäftigt, selbst wenn er es laienhaft tut, betreibt Philosophie.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »
Philosophie der Mathematik
@ Urza
danke für deine Antwort.

Dass Mathematik eine aüßere Begründung durch Philosophie braucht, sehe ich nicht so. Logik und Mengenlehre sind axiomatisiert, und darauf kann man Mathematik aufbauen, also hat man Wissen (nach Adorno das Gegenteil von Philosophie).
Fazit: Ich glaube an die Mathematik.

Vertrauen ist nicht nötig. Mathematik funktioniert, solange kein Widerspruch auftritt, und wenn der kommt, bricht die gesamte Mathematik zusammen, weil man aus "a" und "nicht a" alles folgern kann. Vertrauen ist ein interessanter Aspekt, den hat auch Russels Huhn, und es hilft ihm nichts.
Fazit: Ich glaube nicht an die Physik, höchstens vorläufig an Hypothesen.
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

Mathematik braucht keine Philosophie oder Berechtigungserklärung, weil die Mathematik einfach axiomatisiert ist.
Die andere Frage ist: Warum beschreiben mathematische Formulierungen eigentlich die Wirklichkeit?

Warum lässt sich die Natur durch Zahlen ausdrücken? Tut sie dies überhaupt? Ist es nur Zufall?

air
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

JAWOHL, genau das ist die Frage. Und es gibt keine Antwort.
WebFritzi Auf diesen Beitrag antworten »

Doch: Gott. Big Laugh
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Pierre-Simon Laplace (1749-1827) "Je n'ai pas besoin de cette hypothèse." Teufel (zu deutsch: "Diese Hypothese benötige ich nicht.")
kamos Auf diesen Beitrag antworten »

Ich hab nochmal hier vorbei geschaut und die neuen Beiträge entdeckt.
@Urza:
Vielen Dank für deine Antwort. Das trifft wirklich den Nagel auf den Kopf und schafft mir etwas Erleichterung. smile
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »
Mathematik ?
@kamos
... leider irrt sich Urza total, es gibt keinen Grund, ihm oder der Mathematik zu vertrauen. Mathematik besteht aus Tatsachen, und sonst gar nichts.
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

Ich wärme jetzt mal einen alten Thread wieder auf und möchte mich selbst zitieren smile

Zitat:
Original von Airblader
Die andere Frage ist: Warum beschreiben mathematische Formulierungen eigentlich die Wirklichkeit?


Nachdem dies die Kernfrage hier war, möchte ich mal das in die Öffentlichkeit stellen, was ich für mich als Antwort gefunden habe (das Thema ist ja durchaus interessant):

Wir fragen und also - warum lässt sich die Natur mittels der Mathematik beschreiben?
Nun .. nehmen wir doch mal ein Beispiel. Warum finde ich zwischen Weg und Zeit eines fallenden Körpers ausgerechnet einen quadratischen Zusammenhang? Warum ist der Koeffizient ausgerechnen 0.5?

Meine eigentlich banale Antwort: Es ist unerheblich!
Eigentlich scheint alles doch nur so "treffend". Die Mathematik stellt ein großes Spektrum an Strukturen bereit - dass ausgerechnet eine Struktur etwas beschreibt braucht man gar nicht hinterfragen. Ob ich den Zusammenhang nun "linear" oder "quadratisch" nenne, das ist irrelevant, solange ich konsequent bleibe.
Und einfach gesagt: Wenn es die eine Struktur nicht tut, dann eben eine andere!

Ich hoffe, es kommt rüber, was ich aussagen will. Es ist gar nicht so speziell, dass etwas zutrifft, sondern wir stufen es intuitiv einfach so ein, es könnte aber auch alles andere sein und wäre dann wieder derart "speziell".
Daher ist das Ganze für mich eher ein psychologischer Effekt.

Es ist, um ein Beispiel zu nennen, ähnlich wie das hier: Man denkt an eine Person und just in dem Moment ruft sie an oder läuft um die Ecke.

- Heftig, oder? Kann das ein Zufall sein? Nein - unmöglich!

Doch betrachten wir das Ganze mal aus einer anderen Perspektive: Wie oft denke ich an eine Person und sie ruft mich nicht an und läuft nicht um die Ecke?
Der psychologische Effekt, der hier mitschwingt, ist ganz einfach: Wenn es nicht eintritt, habe ich aber auch nicht damit gerechnet. Ich werte es nicht als "Hat nicht geklappt", sondern denke gar nicht mal daran und die Situation verschwindet in der Wertung (man unterschlägt sozusagen Messdaten). Wenn es aber passiert, dann habe ich eine(!) Messung, die ist erfolgreich = 100%.

Es ist eben so, als würde ich etwas messen und einfach alle Daten, die nicht stimmen, ignorieren und so tun, als hätte es sie nie gegeben.

Zwar nicht 1:1, aber recht ähnlich, verhält es sich meiner Meinung nach bei der Fragestellung im Thread. Man unterschlägt die Information, dass es tausend andere Dinge nicht sind, welche einen Zusammenhang beschreiben - und nimmt nur die Information auf, dass es dieser eine ist, der es beschreibt.

Und dies funktioniert auch, wenn man größere Strukturen und Schlussfolgerungen betrachtet, denn auch hier - alles sind Definitionen und Festlegungen. Auch hier bleibt eine riesige Wahl an Optionen.

air
Mystic Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Airblader
Eigentlich scheint alles doch nur so "treffend". Die Mathematik stellt ein großes Spektrum an Strukturen bereit - dass ausgerechnet eine Struktur etwas beschreibt braucht man gar nicht hinterfragen. Ob ich den Zusammenhang nun "linear" oder "quadratisch" nenne, das ist irrelevant, solange ich konsequent bleibe.
Und einfach gesagt: Wenn es die eine Struktur nicht tut, dann eben eine andere!
air


Für mein Gefühl argumentierst du am Kern der Sache vorbei... Es geht hier weniger um die Frage, warum die Natur gerade von dieser Struktur der Mathematik und nicht von einer anderen Gebrauch macht, die Kernfrage ist doch:

Warum macht die Natur überhaupt von den Strukturen, welche die Mathematik zur Verfügung stellt, Gebrauch?

Warum ist sie nicht einfach ein "Buch mit sieben Siegeln", sondern läßt sich in so unglaublicher Weise "in die Karten schauen" und das u.a. mit den Mitteln der Mathematik?
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

Dazu finde ich die ähnliche Frage "Gibt es außer den bekannten noch (wesentlich) mehr Strukturen?" sehr interessant, da sie u.U. eine Antwort darauf gibt.

Allerdings müsste man in dem Zusammenhang auch betrachten, dass die Natur
  • von nicht-mathematisch Strukturen Gebrauch machen könnte (je nach Antwort auf obige Frage
  • sich theoretisch auch völlig chaotisch verhalten könnte


Im letzteren Fall fragt man sich natürlich, inwiefern ein solches Universum "lebensfähig" wäre und ob hinter dem Chaos nicht auch einfach ein Muster steht, das mathematisch nicht 'beschreibbar' ist (was auch Chaos ja gewissermaßen ist - aber eben gewissermaßen).

Interessante Denkanstöße. Darüber muss ich mir aber erst noch einmal Gedanken machen!

air
system-agent Auf diesen Beitrag antworten »

Ich denke, dass es sicher nicht überflüssig ist zu bemerken, dass viele Grundlagen der Mathematik dadurch entstanden sind, dass man ein "erfahrbares" Problem lösen will.

Ich denke zb. an das Messen. Auf irgendeine Art und Weise kam man auf die Idee so zu messen, wie man es heute tut.
Es scheint intutitiv klar, dass man das Volumen von Wasser, das man in zwei Eimern tragen kann dadurch erhält, dass man die einzelnen Fassungsvolumina addiert.
Es ist intutitiv klar, weil wir es nicht anders kennen.
Magischerweise kommt dann genau diese Forderung auch in Masstheorie kommentarlos vor, als Bedingung an eine Massfunktion.
Es scheint eben intutitiv sinnvoll dieses zu fordern und jeder ist damit einverstanden.

Ich glaube dass eben auf diese Art und Weise die Mathematik zwar auf Axiomen beruht, die Grundideen und -forderungen aber doch in der physikalisch erfahrbaren Welt liegen.
Anders gesagt man will ein Problem lösen oder beschreiben und das Problem kommt letztlich aus der Physik - also der Welt unserer Erfahrungen.

Wahrscheinlich lange nicht der Grund, wieso Mathematik so gut auf die Physik anwendbar ist, aber sicherlich einer davon.
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