Allgemeine Frage zum Studium und Lernen

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Studi777 Auf diesen Beitrag antworten »
Allgemeine Frage zum Studium und Lernen
Grüßt euch. Wink

Eine Sache, die mich beim Lernen brennend interessiert, ist Folgendes. Wenn ich ein 500-seitiges Mathematikbuch durcharbeite, das am Anfang simpel mit Aussagenlogik anfängt und am Ende mit Differentialgleichungen aufhört und ich nach zwei Wochen auf Seite 250 angelange, dann interessiert mich immer, ob ich nach zwei Wochen noch die Aussagenlogik vom Anfang perfekt beibehalten habe. Ob ich zum Beispiel einfach aus dem Stehgreif noch definieren kann, was ein gültiger Schluss (eine logische Implikation) ist. Bei der Aussagenlogik geht das noch, weil sie relativ trivial ist (zumindest die, die wir Physiker gelernt haben), aber aus dem Kopf definieren, was eine Gruppe, ein Ring, ein Körper ist und die dazugehörigen Axiome: unmöglich. Ich müsste das schon nochmal kurz überfliegen.

Mich würde nun interessieren, ob es euch dabei auch so geht. Ich kann mir nämlich irgendwie nicht vorstellen, wie das später aussieht, wenn ich im 6. Semester Aufgaben aus dem 1. Semester mal gemacht und verstanden habe, aber nun nicht mehr aus dem Stehgreif lösen kann, weil meinetwegen Aussagenlogik nie wieder dran kam. Oder anders gefragt: Muss ein Diplom-Mathematiker alle Aufgaben aus dem Studium aus dem Stehgreif zu jeder Zeit lösen können? Klingt vielleicht bescheuert die Frage, aber den Anspruch habe ich irgendwie immer, weshalb es teilweise zu großen Lernschwierigkeiten (zeitlich) kommt, weil ich ein Problem bis ins letzte Detail verstanden und gelöst und dann auch ewig beibehalten haben will.

Ich habe das Gefühl, dass z. B. Physiker aus den höheren Semestern, die fast nur noch mit DGLen arbeiten, eine Mathematikklausur aus dem 2. Semester Analysis (mit Definitionen und Beweisen) nicht mehr lösen könnten. Wer weiß denn schon noch aus dem Kopf, wie das mit der Treppenfunktion war?

Das finde ich aber auch schade, wenn man quasi nur für die Klausur lernt und das danach sozusagen nie wieder braucht.

Eure Meinung ist gefragt.
Mathespezialschüler Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo!
Nein, man muss nicht jede Aufgabe, die man mal gemacht hat, sofort wieder können. Teilweise sind die so kompliziert und schwierig, dass das auch gar nicht möglich ist. Aber überhaupt 'muss' man gar nichts. Natürlich ist es besser, wenn man sehr vieles im Kopf behält.

Die wichtigsten Dinge sollte man auf jeden Fall im Kopf behalten, auch viele etwas detailliertere Dinge sind oftmals sehr nützlich. Da bin ich wahrscheinlich ein wenig verwöhnt von meinem Gedächtnis. Allerdings gibt es schon bei diesen detaillierten Dingen, aber sogar bei wichtigen Sachverhalten viele Mathematikstudenten, denen das nicht gelingt. Falls man also sehr vieles nicht im Kopf behält, ist das zumindest nicht unnormal, wenn auch vielleicht nicht unbedingt wünschenswert.

Zu wissen, was eine Gruppe, ein Ring, ein Körper oder ein Vektorraum ist, sollte meiner Meinung nach aber schon drin sein. Andererseits hat natürlich auch jeder sein Lieblingsgebiet, davon hängt es sicher auch ab.

PS: Ich würde das Thema gern ins Off-Topic verschieben. In den Mathematikbereich gehören nämlich wirklich nur konkrete mathematische Fragen, während solche allgemeinen Diskussion ins Off-Topic sollen. Ich würde dich also bitten, dich anzumelden, damit du dann auch im Off-Topic noch auf das Thema antworten kannst.
Student143 Auf diesen Beitrag antworten »

Alles klar, bin registriert. Freude

Zitat:
Original von Mathespezialschüler
Zu wissen, was eine Gruppe, ein Ring, ein Körper oder ein Vektorraum ist, sollte meiner Meinung nach aber schon drin sein. Andererseits hat natürlich auch jeder sein Lieblingsgebiet, davon hängt es sicher auch ab.


Dazu sei noch gesagt, dass ich Physik studiere. Ich lerne zwar aus einem Buch für Mathematiker, einfach weil ich sonst das Gefühl habe, etwas zu verpassen und die Mathematik mir fast noch mehr zusagt als Experimentalphysik und praktische Laborpraktika, aber Gruppen und Ringe haben wir zum Beispiel in den ersten zwei Semestern nie behandelt. Dass es noch kommen wird, glaube ich daher auch nicht mehr.

Ansonsten habe ich mich wohl etwas unpräzise ausgedrückt. Wissen, was Gruppen, Ringe, Körper und Räume sind, ist die eine Sache. Das nochmal formal definieren zu können, das ist die andere. Ich versuche mal ein Beispiel zu geben. Abbildungen kann man umgangssprachlich als "jedem x wird ein y zugeordnet" beschreiben und jeder Mathe- oder Physikstudent weiß auch, was gemeint ist und wird das vielleicht sogar nie wieder vergessen. Aber die formale Definition geht ja über geordnete Paare als Teilmenge des kartesischen Produktes. DIESE Definition wird an unserer Fakultät wohl kein Physiker kennen, wenn er nicht wie ich aus einem Mathematikerbuch lernt. Also mit:

Seien M, N Mengen.

Dann ist eine Abbildung aus M in N, wenn gilt:





Das ist vielleicht noch eine simplere Definition, die man im Kopf behält, aber die Körperraumaxiome könnte ich wahrscheinlich nicht vollständig auflisten (obwohl das auch noch 1.-Semester-Kram ist, da gibt es ja noch weitaus kompliziertere Definitionen).

So ist das gemeint. Quasi wissen, was gewisse Strukturen bedeuten, diese aber formal nicht ad hoc definieren können, ohne nachzuschlagen.
Iridium Auf diesen Beitrag antworten »

Als Chemiker kann ich dazu sagen, daß sich mit der Zeit ein Grundverständnis vieler fundamentaler Konzepte einstellt, auch wenn man diese nicht immer aus dem Stehgreif lehrbuchreif mit ihrer Definition wiedergeben kann. Dafür sieht man aber Zusammenhänge, die ein Erstsemester nicht erkennt, weil er viel zu viel damit zu tun hat, die Definition auf die Reihe zu bekommen. Wenn ich also mal wieder etwas genau wissen will oder muß, dann schlage ich sehr häufig nochmal nach, auch wenn ich denke, daß ich eigentlich verstanden habe, was ich tue.

Im übrigen ist es ja auch so...ein Chemiker wird in seinem ganzen Studium z.B. vielleicht zehn mal damit "beschäftigt" (gequält Augenzwinkern ) Redoxreaktionen ausgleichen zu müssen, was in Einzelfällen ziemlich anspruchsvoll sein kann, was andererseits aber immer nach einem bestimmten Schema funktioniert, das man in Lehrbüchern erklärt bekommt. Jetzt zu erwarten, daß ein Chemiker ad hoc jede komplizierte Redoxgleichung ausgleichen kann, obwohl er das vielleicht insgesamt nur zehn mal während seines Studiums musste und seit Jahren nicht mehr getan hat (und es sicher nicht so ist, daß man das aus purem Spaß an der Sache macht...zumindest nicht, wenn man "normal" drauf ist Augenzwinkern ), finde ich also auch zu viel erwartet. Wenn man etwas erwarten können sollte, dann dieses, daß er sich nämlich schnell wieder zurechtfindet und nicht prinzipiell Schwierigkeiten mit dem Konzept einer Redoxgleichung hat. Ich denke, man kann diese Einschätzung ohne Probleme auf mathematisches Grundwissen übertragen.

Schließlich muß man nicht immer jede Definition im Detail kennen, wenn man dafür die insgesamte Richtigkeit des Ergebnisses feststellen kann. D.h. ich kann mir, einfach gesprochen, unsicher darüber sein, wie man noch mal eine Polynomableitung formal über den Differenzen-/Differentialquotienten berechnet, aber ich kann die Richtigkeit des Ergebnisses sehr schnell von der Form der Gleichung hinsichtlich der Form der Ausgangsgleichung überprüfen (bzw. damit das Ergebnis auch direkt hinschreiben).
Dual Space Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Allgemeine Frage zum Studium und Lernen
*verschoben*

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tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Student143
Alles klar, bin registriert. Freude
 
 
Fletcher Auf diesen Beitrag antworten »

Wie MSS schon geschrieben hat, wäre es sehr wünschenswert alles im Kopf zu behalten, aber das ist bei mir leider nicht möglich. Ich merke zur Zeit, dass ich alles sehr schnell wieder vergesse. Bei 3 oder mehr Fächern mit je 6 SWS ist das meiner Meinung nach auch sehr schwierig in jedem Fach alles im Kopf zu behalten. Klar kann ich die wichtigsten Definition und Sätze, aber die Beweise oder auch die Anwendung kann ich mir einfach nicht merken.
Jetzt langsam beginnt wieder die Zeit sich auf Klausuren vorzubereiten und es ist sogar so, dass ich die Aufgaben aus den ersten Blättern zwar noch sehr gut kenne und ich auch weiß welche ich konnte und welche nicht, aber teilweise fällt mir auch jetzt schon der Zugang, obwohl ich die Aufgabe vor gut 10 Wochen noch lösen konnte.

Ich denke, dass es in den ersten Semestern noch einfacher war, mir etwas zu merken. Ich weiß nicht warum es auf einmal so schwierig ist, bin mittlerweile im 6. Semester...
Abakus Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Fletcher
Ich denke, dass es in den ersten Semestern noch einfacher war, mir etwas zu merken. Ich weiß nicht warum es auf einmal so schwierig ist, bin mittlerweile im 6. Semester...


Da ist regelmäßige Wiederholung Trumph. Je weniger etwas gebraucht wird und vermutlich je abstrakter es ist, desto schneller ist es vergessen.

Grüße Abakus smile
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