Paradoxon des Epimenides

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Airblader Auf diesen Beitrag antworten »
Paradoxon des Epimenides
Hi,

ich bin momentan echt am Rätseln. In einem Übungsblatt haben wir eine Aufgabe zum Paradoxon von Epimenides und da habe ich ein Problem. Erstmal die exakte Aufgabe laut Blatt:

Zitat:
Definition: Ein Lügner ist ein Mensch, der immer lügt, d.h. alle Aussagen von ihm sind falsch.

Nehmen Sie nun an, dass alle Kreter entweder Lügner sind oder dass sie immer die Wahrheit sagen. Folgender Ausspruch Epimenides von Kreta wird oft als klassisches Paradoxon angeführt:
"Alle Kreter sind Lügner".

Tatsächlich, da Epiménide Kreter ist, lügt er immer und dies bedeutet, dass alle Kreter die Wahrheit sagen. Aber dann sagt auch Epiménide die Wahrheit. Dies heißt wiederum, dass alle Kreter Lügner sind, somit auch Epiménide ... usw.
Handelt es sich aber wirklich um einem Paradoxon?


Die Aufgabenstellung verlangt ja wohl offensichtlich ein "Nein, denn ...". Aber in meinen Augen ist es paradox.
Das einzige Schlupfloch, das ich fand, habe ich nachgefragt. Es ist wirklich so gemeint, dass [(alle Kreter lügen) oder (alle Kreter die Wahrheit sagen)].
Soll heißen: Die Möglichkeit, dass nur einer bzw. ein Teil lügen und die anderen nicht, ist ausgeschlossen.

So ... sieht das jemand noch anders und sieht den "Fehler" im Paradoxon? Alle Quellen, die ich fand, sprachen eigentlich nur von zwei möglichen Lösungen, die hier beide nicht greifen - also muss es doch paradox sein.

Danke schonmal,
air
Dunkit Auf diesen Beitrag antworten »

Ich glaube das ist dasselbe wie das Barbier-Paradoxon.
Das lässt sich aber wohl mengentheoretisch irgendwie lösen, siehe hier
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

Das Barbier-Paradoxon kenne ich, das ist auch kein Problem. Da kann man mengentheoretisch klar belegen, was Sache ist.

Diese Problematik ist aber doch leider etwas anders.

air
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Die beiden Paradoxa sind tatsächlich leicht unterschiedlich.

Beim Barbierparadoxon wird eine Definition von Barbier gegeben, die nicht erfüllbar ist. Das heißt, die Menge der Personen, die diese Definition erfüllt, ist die leere Menge. Das ist per se noch nicht widersprüchlich. Das Paradoxon entsteht erst dadurch, dass der Leser annimmt, es gäbe jemanden, der diese Barbierdefinition erfüllt und er sich dann natürlich in Widersprüche verheddert.


Das Lügnerparadoxon ist ein wenig einfacher. Die beiden Aussagen

(1) Epimenides ist ein Kreter
und
(2) Epimenides sagt: "Alle Kreter sind Lügner"

sind im Sinne der vorher gegebenen Definition von Lügner schlicht miteinander unverträglich. Sie können nicht beide gemeinsam wahr sein.


Beim Barbierparadoxon entsteht das Paradoxon also dadurch, dass man nicht bemerkt, das eine Definition die leere Menge erzeugt. Beim Lügnerparadoxon entsteht das Paradoxon dadurch, dass man nicht bemerkt, dass zwei Aussagen nicht gemeinsam wahr sein können.
Dunkit Auf diesen Beitrag antworten »

Ok, danke Augenzwinkern
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

@Huggy

Darf ich das so verstehen, dass du auch zustimmst, dass unter diesen Voraussetzungen wirklich ein Paradoxon vorliegt?

air
 
 
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

@ Airblader

Das hängt davon ab, was man unter Paradoxon versteht.

Häufig versteht man unter Pardoxon einen scheinbaren Widerspruch. Dann wäre das Lügnerparadoxon kein Paradoxon, weil hier kein scheinbarer, sondern ein tatsächlicher Widerspruch vorliegt.

Meist (siehe auch Wikipedia) versteht man aber unter Paradoxon einen scheinbaren oder tatsächlichen Widerspruch. In dem Sinne sind beide Paradoxa Paradoxa.
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

Lassen wir die Begrifflichkeit mal weg und einigen uns erstmal darauf: Es ist ein Paradoxon, richtig?

Den Unterschied zwischen "scheinbar" und "tatsächlich" werde ich in meiner Ausarbeitung einfach erwähnen.

Im Grunde kann man das Ganze ja auch formal zeigen. In Worten wäre es etwa so:

Angenommen, die Aussage ist wahr. Da E. selbst Kreter ist, folgt damit, dass er lügt. Wenn er lügt, ist seine Aussage jedoch falsch. Widerspruch.
Angenommen, die Aussage ist falsch, dann existiert mindestens ein Kreter, der nicht lügt. Laut Voraussetzung heißt das aber, dass alle Kreter nicht lügen bzw. dass kein Kreter lügt, insbesondere also nicht E. - Widerspruch.

In dieser Argumentation ist schlicht und ergreifend kein Fehler und darum werde ich das auch so schreiben.

air
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Airblader
Angenommen, die Aussage ist falsch, dann existiert mindestens ein Kreter, der nicht lügt. Laut Voraussetzung heißt das aber, dass alle Kreter nicht lügen bzw. dass kein Kreter lügt, insbesondere also nicht E. - Widerspruch.

Da möchte ich schon Einspruch erheben. Wenn die Aussage

"Alle Kreter lügen"

falsch ist, folgt, es gibt mindestens einen Kreter, der nicht lügt. Das heißt aber keineswegs, dass alle Kreter nicht lügen.


Vielleicht beruht das Mißverständnis auf einer anderen Form dieses Paradoxons, nämlich ein Kreter sagt:

"Alle Kreter sind Lügner"

Das ist eine Aussage, die kein Kreter machen kann.
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Huggy
Wenn die Aussage

"Alle Kreter lügen"

falsch ist, folgt, es gibt mindestens einen Kreter, der nicht lügt. Das heißt aber keineswegs, dass alle Kreter nicht lügen.


Doch!
Das ist ja genau das, was ich beim Prof. nachfragte. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Alle Kreter lügen oder alle Kreter sagen die Wahrheit. So wurde mir das auf Nachfrage als Voraussetzung genannt.
Und das heißt: Wenn ein Kreter die Wahrheit sagt, müssen ALLE Kreter die Wahrheit sagen.


Zitat:
Vielleicht beruht das Mißverständnis auf einer anderen Form dieses Paradoxons, nämlich ein Kreter sagt:

"Alle Kreter sind Lügner"

Das ist eine Aussage, die kein Kreter machen kann.


Um genau diese Aussage geht es doch? Aber wo ist der Unterschied zu "Alle Kreter lügen"? Nur, weil das Wort "Lügner" nicht vorkommt, das oben definiert wurde und so die Möglichkeit besteht, dass ein Kreter mal lügt und mal nicht?

air
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Airblader
Doch!
Das ist ja genau das, was ich beim Prof. nachfragte. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Alle Kreter lügen oder alle Kreter sagen die Wahrheit. So wurde mir das auf Nachfrage als Voraussetzung genannt.
Und das heißt: Wenn ein Kreter die Wahrheit sagt, müssen ALLE Kreter die Wahrheit sagen.

Generell gibt es drei Möglichkeiten:
(1) Alle Kreter lügen.
(2) Alle Kreter sagen die Wahrheit.
(3) Manche Kreter lügen und manche Kreter sagen die Wahrheit.

Wenn dein Prof. die Sache unter Ausschluss der dritten Möglichkeit behandeln will, kann er das natürlich tun. Das ist aber nicht die übliche Form des Paradoxons. Wenn man das Paradoxon in der traditionellen Form betrachtet, nämlich dass ein Kreter sagt, "Alle Kreter sind Lügner", liegt die Auflösung des Paradoxons in der Möglichkeit (3), nämlich darin, dass dieser Kreter ein Lügner ist, es aber andere Kreter gibt, die keine Lügner sind.

Wenn man die Möglichkeit (3) ausschließt, kann kein Kreter die Aussage "Alle Kreter sind Lügner" machen.
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

Das ist ja, was ich meinte - die einzige Möglichkeit, es aufzulösen, wurde eliminiert.
Wäre (3) möglich, wäre mir das ja längst klar. Darauf wollte ich anfangs auch raus und fragte dann eben nach.

Hier mal die Originalauszüge der eMails.

Meine Frage:
Zitat:
ich habe eine Frage zur Aufgabe 2.2 des ersten Übungsblattes. Ist es beim Paradoxon des Epimenides so gemeint, dass entweder [(alle Kreter lügen) oder (alle Kreter sagen die Wahrheit)] oder war es so gemeint:
[alle Kreter (lügen oder sagen die Wahrheit)] ?


Die Antwort:
Zitat:
es ist die erste Variante gemeint (s. unten).


Und das heißt für mich, dass (3) ausgeschlossen ist.

Inwiefern meinst du das, dass kein Kreter diese Aussage machen kann? Weil es dann eben paradox ist?

air
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Airblader
Und das heißt für mich, dass (3) ausgeschlossen ist.

Inwiefern meinst du das, dass kein Kreter diese Aussage machen kann? Weil es dann eben paradox ist?

air

Okay, dein Prof behandelt das Paradoxon unter Ausschluss von (3). Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten;

(1) Alle Kreter lügen.
Das kann aber dann kein Kreter sagen, weil es ja die Wahrheit wäre und er dann nicht gelogen hätte.

(2) Alle Kreter sagen die Wahrheit.
Dann kann auch kein Kreter sagen, "alle Kreter lügen", weil das gelogen wäre.

Wenn man also (3) ausschließt, ist es schlicht unmöglich, dass ein Kreter sagt "Alle Kreter lügen".
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

Also ist definitiv die Variante "nicht alle Kreter lügen" (was bedeuten könnte einer oder mehr sagen die Wahrheit) als mögliches Gegenteil ausgeschlossen?

Irgendwie interessant die Aufgabe. Kenne dieses "Paradoxon" (wenns denn eins ist) noch garnicht.

Hab gepostet bevor ich Huggys letzten Beitrag gelesen habe:
Zitat:
Wenn man also (3) ausschließt, ist es schlicht unmöglich, dass ein Kreter sagt "Alle Kreter lügen".

Gut formuliert.
Der Mensch kann kein Kreter sein, wenn für alle Kreter die o.g. Aussagen gelten.
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

Ah, nun steige ich dahinter, was du meinst!

D.h., statt es paradox zu nennen, weil dieser "Kreislauf" entsteht, sieht man die Tatsache, dass es ein Kreter sagt, als eine Art Voraussetzung und durch den Widerspruch zeigt man sozusagen, dass dies falsch sein muss.

Soll heißen: Es ist kein paradoxer Kreislauf, sondern man folgert aus dem Widerspruch, dass diese Aussage von keinem Kreter stimmen kann.

Richtig? So würde auch die Formulierung der Aufgabe Sinn machen.

air
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Was man paradox nennt, ist eine Definitionsfrage, die außerhalb der Mathematik liegt.

Eine beachtliche Menge der traditionell als Paradoxon bezeichneten "Logikprobleme" hat die Form, dass eine eine Aussagenmenge



betrachtet wird. Jede dieser Aussagen für sich betrachtet erscheint vernünftig in dem Sinne, dass nichts dagegen spricht, sie per Definition als "Wahr" zu betrachten. Die Gesamtheit der Aussagen führt jedoch zu Widersprüchen. Das Lügnerparadoxon gehört in diese Kategorie.

Wenn man nun einen Teil dieser Aussagen als "Wahr" per Definition betrachtet (vorausgesetzt, dass dieser Teil nicht schon in sich widersprüchlich ist), folgt aus den allgemeinen Regeln der Logik, dass mindestens eine der übrigen Aussagen "Falsch" sein muss.

Wenn man beim Lügnerparadoxon die Aussage "Entweder sind alle Kreter Lügner oder alle Kreter sagen die Wahrheit" als wahr definiert, folgt rein logisch, dass kein Kreter sagen kann "Alle Kreter sind Lügner".
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

Okay, Danke.

Ich werde das jetzt einfach mal so alles schreiben und formulieren. Ich seh dann ja, obs richtig war oder nicht Augenzwinkern

Danke auf jeden Fall!

air
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