Die Kunst des Bluffens (John von Neumann)

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Prep Auf diesen Beitrag antworten »
Die Kunst des Bluffens (John von Neumann)
Ich hab einen Referat über "Die Kunst des Bluffens" und dazu haben wir einige Blätter bekommen.

Allerdings versteh ich nicht, wie man auf diese Formeln kommt...

Hier der Ausschnitt:

Spielregel (Poker):
Nehmen wir mit ihm an, dass die 'Pokerrunde' nur aus zwei Spielern besteht, sagen wir Johnny und Oskar, und dass es nur zwei Spielkarten gibt, König und As. Die Regeln in diesem sonderbaren Pokerspiel sind äußerst einfach. Erst zahlt jeder der zwei Spieler einen Doller Einsatz. Dann zieht Johnny eine der beiden Karten. Er hat nun zwei Möglichkeiten. Entweder er gibt gleich auf, dann streicht Oskar den Einsatz ein Oder Johnny steigert den Einsatz um einen weiteren Dollar. Jetzt ist Oskar am Zug, der natürlich nicht weiß welche Karte Johnny gezogen hat. Oskar kann entweder aufgeben, und so seinen eingesetzten Dollar verlieren, oder mithalten, indem er ebenfalls einen weiteren Dollar einsetzt. In dem Fall muss Johnny zeigen, was er für eine Karte gezogen hat. Ist es 'As', so hat er gewonnen; ist es 'König', so hat er verloren.

...

Der Ausgang des Spiels ist ungewiss, da er von der Karte abhängt, die Johnny zieht. Aber wir können leicht Johnnys Erwartungswert ausrechnen. Wenn er sich entschließt, nicht zu bluffen und Oskar mitsteigert, ist Johnnys mittlere Auszahlung ein halber Dollar: denn mit Wahrscheinlichkeit 1/2 ziegt er das As, steigert, und gewinnt zwei Dollar von Oskar; und mit Wahrscheinlichkeit 1/2 kriegt er den König, gibt auf, und verliert einen Dollar. Solcherart können wir Johnnys erwartete Auszahlung für alle Strategien berechnen und kommen auf
(Tabelle)
.......................................Oskar
...............................hält mit...passt
Johnny blufft..................0........1
...........blufft nicht.........1/2......0

...


Alle Pokerspieler wissen natürlich, dass sie unberechenbar sein sollten. Also nicht immer bluffen, sondern nur manchmal - mit größerer oder kleinerer Wahrscheinlichkeit. Sei x die Wahrscheinlichkeit, dass Johnny blufft. Wenn Oskar mitsteigert, ist Johnnys mittlere Auszahlung

x*0+(1-x)*1/2 = (1-x)/2

Wenn Oskar passt, ist sie hingegen

x*1+(1-x)*0 = 0

Wenn also Oskar mit der Wahrscheinlichkeit y die Karte zu sehen verlangt, ist Johnnys erwartete Auszahlung

y((1-x)/2)+(1-y)x = x+(y/2)-(3/2)xy


Ich wäre wirklich dankbar wenn mir jemand die Formeln am Ende erklärt oder mir einen Hinweis gibt... smile
addor Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Die Kunst des Bluffens (John von Neumann)
Ich will versuchen, Dir die "Formeln" zu erklären. Doch zunächst muss ich darauf hinweisen, dass sie einen Tippfehler enthalten. Richtig heissen sie so:



(und nicht 0)

Nun, nehmen wir an, Oskar geht mit, d.h. will Johnnys Karte sehen. Was Johnny in diesem Fall gewinnt, liest Du in der ersten Spalte der Tabelle ab. Nämlich nichts, wenn er blufft und einen halben Dollar, wenn er nicht blufft, d.h. das As hat und gewinnt.

Wenn Johnny mit der Wahrscheinlichkeit x blufft, dann heisst das, dass er in xN von N Spielen blufft und in den restlichen Spielen, also in N-xN = (1-x)N Spielen nicht blufft. Wenn sie also z.B. 10 Spiele machen und Johnny mit einer Wahrscheinlichkeit von 0.4 blufft, dann blufft er in Spielen, während er in 6 Spielen das As in den Händen hölt und nicht blufft.

Er gewinnt also in den xN Spielen, in denen er nicht blufft (also nichts) und in den (1-x)N Spielen, in denen er nicht blufft, . Das ist die erste Formel. Das ist Johnnys Gewinn, wenn Oskar mitgeht, d.h. die Karte sehen will.

Nun, nehmen wir an, dass Oskar passt. Was Johnny in diesem Fall gewinnt, liest Du in der zweiten Spalte der Tabelle ab. Nämlich Oskars Einsatzdollar, wenn er blufft und nichts, wenn er nicht blufft.

Auch hier musst Du den oberen Gewinn mit x multiplizieren und den unteren mit (1-x). In x Fällen gewinnt Johnny einen Dollar und in den restlichen (1-x) Fällen gewinnt er gar nichts. Das sagt die zweite Formel aus.

Bis jetzt haben wir angenommen, dass Oskar entweder immer mit geht oder immer passt. Aber auch Oskar kann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit y mal mitgehen und mal passen. In den y Fällen, in denen er mitgeht,

gewinnt Johnny ja , wie wir uns oben überlegt haben und in den restlichen (1-y) Fällen gewinnt Johnny

, somit gesamthaft




Das ist die dritte Formel.

Alles klar?
Prep Auf diesen Beitrag antworten »

vielen dank
ich hab alles verstanden
(mein lehrer hat mir auch geholfen)

Freude
Abakus Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo!

Danke an addor für die tolle Erklärung! Augenzwinkern

Was mich interessieren würde: lohnt sich Bluffen jetzt oder eher nicht, bzw. welche Schlüsse ziehst du jetzt aus den Formeln (@ Prep) ?

Grüße Abakus smile
addor Auf diesen Beitrag antworten »

Nun, Johnnys Gewinn beträgt




in Abhängigkeit von der Wahrscheinlichkeit x, mit der er blufft. Das ist eine Gerade über dem Intervall mit der Steigung . Ist diese positiv, dann ist der Gewinn maximal, wenn x=1. Ist die Steigung jedoch negativ, dann ist der Gewinn maximal, wenn x=0.

Die Steigung ist positiv, solange y kleiner als . Solange also Oskar in weniger als aller Fällen passt und die Karte sehen will, solange gewinne ich am meisten, wenn ich immer bluffe.
Spielt Oskar jedoch aggressiv und geht in den meisten Fällen mit, dann mache ich den höchsten Gewinn, wenn ich nie bluffe.

Dieselbe Situation ist im sogenannten Chickenspiel gegeben: Zwei Autos fahren rasen auf dem Mittelstreifen mit hoher Geschwindigkeit aufeinander zu. Wer zuerst (nach rechts) ausweicht, hat verloren und ist das Chicken (die Memme). Man kann zeigen, dass wenn die beiden mit verschiedenen Wahrscheinlichkeiten ausweichen der Gewinn am höchsten ist, wenn ich immer ausweiche, solange der andere mit einer Wahrscheinlichkeit ausweicht, die höher ist als und umgekehrt.
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