Elektrotechnik: Wie ist Rechteckimpuls in Fourierdarstellung erklärbar?

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mathtrouble Auf diesen Beitrag antworten »
Elektrotechnik: Wie ist Rechteckimpuls in Fourierdarstellung erklärbar?
Ich studiere Elektrotechnik und frage mich, wie das im Grunde möglich ist, dass ein Rechteckimpuls mehrere Frequenzen beinhalten kann.

Dazu kann man einen Schalter nehmen und diesen an/ausschalten um ein Rechteck zu erhalten. Wie können nun auf einem Spektrumanalyser plötzlich mehrere Frequenzen enthalten sein?
Ich kann mir das nicht erklären wie die da hinkommen.

Mir ist klar, dass man das über Fourier herleiten kann, aber physikalisch verstehe ich das nicht... man schaltet ja die Spannung nur ein oder aus... das ist daher reine Gleichspannung (einmal eben höher und einmal niedriger).. woher kommen dann die höheren Frequenzen?

Vielleicht sind hier ja E-techniker die mir weiterhelfen können.
sqrt(2) Auf diesen Beitrag antworten »

Du musst dir darüber klar werden, dass das, was du als eine Frequenz wahrnimmst, nur eine Sinusschwingung ist. Das ist einfach so, unser Ohr funktioniert so (wenn auch nicht perfekt, aber nach diesem Prinzip). Deswegen ergibt es Sinn, den Rechteckimpuls als Summe von Sinusschwingungen zu interpretieren, und ergibt eben die Fourierzerlegung, die du kennst. Eine Frequenz ist eben gleichbedeutend mit einer Sinusschwingung.
mYthos Auf diesen Beitrag antworten »

Hi!

So lange man in einer Experimentierschaltung auf dem Labortisch nur lokal die Gleichspannung periodisch ein- oder ausschaltet, ist es klar, dass exakt ein sauberes Rechteck vorliegt.

Anders ist es, wenn man Rechteckimpulse - analog - über eine (Fern-)Leitung zu übertragen hat. Insoferne ist nun speziell der Übertragungstechniker gefragt, denn er muss dafür sorgen, dass die Rechteckimpulse möglichst verzerrungsfrei vom Sender zum Empfänger gelangen und am Empfangsort noch sicher ausgewertet werden können.

Die Leitung kann in erster Instanz als homogen angesehen werden, d.h.. über eine gewisse Strecke im Leitungsverlauf ändern sich deren Eigenschaften nicht. Allfällige, dann in den Leitungszug punktweise eingeschaltene Vierpole (Verstärker, Spulen, Filter, Dämpfungsglieder) verleihen der Leitung naturgemäß noch zusätzliche übertragungstechnische Eigenschaften.

Um Signale über weite Strecken transportieren und ggf. auch verstärken zu können, müssen diese in Form von Wechselstrom an die Leitung gebracht und übertragen werden.

Infolge der Eigenschaften der (homogenen) Leitung gegenüber Wechselstrom (Längswiderstand R, Längs-Induktivität L, Querkapazität C und Querableitung G) ergibt sich für jede Leitungsart eine komplexe, sogenannte Übertragungskonstante, aus der das frequenzabhängige Verhalten der Amplituden-Dämpfung und der Phasendrehung abgeleitet werden kann.

In der Praxis heisst dies, dass mit zunehmender Frequenz die Dämpfungs- und die Phasenverzerrung steigt und daher der höchsten zu übertragenden Frequenz eine natürliche Grenze gesetzt ist.

Ein Rechtecksimpuls, welcher nun über eine derartige Leitung zu übertragen ist, muss daher nach Fourier in sinusförmige Schwingungen zerlegt werden. Auf die Leitung gelangen demnach eine Anzahl sinusförmiger Wechselstromschwingungen, welche überlagert, d.h. gleichzeitig gesendet werden. Deren Anzahl ist wegen der o.a. Vorgänge auf der Leitung begrenzt, sodass bei der anschließenden Synthese (Zusammensetzung aller überlagerten Sinusschwingungen) am Empfangsort das Bild des Rechteckimpulses kein "sauberes" Rechteck mehr ist, sondern eine mehr oder weniger steile Anstiegs bzw. Abfallsflanke hat und überdies dem horizontalen Verlauf nach auch nicht ganz geradlinig, sondern selbst auch wellig ist.

Daher wird der Rechtecksimpuls beim Transport über die Leitung eine gewisse Verzerrung erleiden. Deren Maß kann auf Grund der frequenzabhängigen Eigenschaften der Leitung exakt berechnet und eingeschätzt werden.

Gr
mYthos
mathtrouble Auf diesen Beitrag antworten »

Danke für die Antworten!


Was ich aber immer noch nicht verstehe, ist folgendes:

Wird eine Leuchtstofflampe inkl. Vorschaltgerät an das Netz angeschlossen, so erzeugt die Drossel ja Oberschwingungen.
Addiert man diese Oberschwingungen zur Grundschwingung, so erhält man eine phasenverschobene Schwingung.

Nun die Kernfrage: Woher weiß die Spule oder der Strom, dass er Oberschwingungen erzeugen muss, damit genau die phasenverschobene Schwingung herauskommt?
Wo hat der Strom die Regeln für Fourier gelernt?

Bisher konnte mir das noch niemand beantworten....
mYthos Auf diesen Beitrag antworten »

Das Kennzeichen bei überlagerten Schwingungen ist jenes, dass bei Bauteilen mit nichtlinearen Kennlinien (Verhältnis der Eingangs- Ausgangswerte ist nicht proportional) neue Frequenzen entstehen.

Die Drossel - als linearer (passiver, nicht im Sättigungsbereich betriebener) Bauteil - erzeugt jedoch keine Oberschwingungen. Dies tun i.d.R. nur nichtlineare Bauteile, wie Dioden, Transistoren, übersteuerte Verstärker, etc.

Somit findet in der Drossel bei Wechselstrom infolge ihres induktiven Widerstandes (Blindwiderstand) lediglich eine Phasenverschiebung gegenüber dem Strom im Wirkwiderstand statt, und es entstehen keine neuen Frequenzen.

Dabei werden bei Anlegen einer Wechselspannung an diese Anordnung die Ströme nicht absolut zu addieren sein, sondern vektoriell, nämlich nach Betrag und Phase. Das Ergebnis ist ein Wechselstrom, wiederum mit der gleichen Frequenz, welcher gegenüber der angelegten Spannung um einen bestimmten (positiven) Winkel (phi ..) phasenverschoben ist.

Warum werden nun bei Leuchtstoffröhren Drosseln in Reihe geschaltet? Das liegt an dem kapazitiven Verhalten der Röhre, bei dem eine Phasenverschiebung um einen negativen Winkel, also in die andere Richtung, stattfindet. Die Drosselspule hat also den Zweck, diese Phasenverschiebung in die entgegengesetzte Richtung zu lenken und damit den Blindwiderstand der Schaltung zu verringern.

Im Gegensatz dazu befindet sich beispielsweise in Waschmaschinen ein sogenannter Phasenschieber-Kondensator, welcher den induktiven Blindwiderstand des Motors kompensieren soll.

Blindwiderstände sind unerwünscht, denn sie verbrauchen Strom, ohne Leistung zu erbringen (Blindstrom, Blindleistung). Sie addieren sich vektoriell zu dem Wirkwiderstand, der Gesamtwiderstand heisst Scheinwiderstand, die Gesamtleistung demzufolge Scheinleistung. Wirtschaftlich ist es, die Blindanteile möglichst gering zu halten, damit das Verhältnis der Wirk- zur Scheinleistung möglichst hoch ist (cos(phi), Leistungsfaktor).

Die Spule kann also gar nicht wissen, dass sie Oberschwingungen erzeugen muss, weil sie dazu gar nicht im Stande ist.

mY+
mathtrouble Auf diesen Beitrag antworten »

Danke, da bin ich wieder ein Stück schlauer.

Zitat:
Die Drossel - als linearer (passiver, nicht im Sättigungsbereich betriebener) Bauteil - erzeugt jedoch keine Oberschwingungen. Dies tun i.d.R. nur nichtlineare Bauteile, wie Dioden, Transistoren, übersteuerte Verstärker, etc.


Ahso ist das! Aber wie kann nun ein nichtlineares Bauteil Oberschwingungen erzeugen, wie macht das das?


Zitat:
Die Drosselspule hat also den Zweck, diese Phasenverschiebung in die entgegengesetzte Richtung zu lenken und damit den Blindwiderstand der Schaltung zu verringern.


Ich dachte immer, die Drosselspule diene einfach dazu, dass an ihr eine gewisse Spannung abfalle, so dass weniger Spannung an der Leuchtstofflampe anliegt, quasi ein Spannungsteiler mit sehr geringen Verlusten.
 
 
mYthos Auf diesen Beitrag antworten »

Ein nichtlinearer Bauteil hat eine gekrümmte Kennlinie. Die Kennlinie gibt - salopp gesagt - die Abhängigkeit des Ausgangssignals vom Eingangssignal wieder. Die Gleichung der Kennlinie enthält daher Potenzen höherer Ordnung, wenn man von einer Polynomfunktion ausgeht.

Setzt man dort beispielsweise ein Eingangssignal der Form u = U ein, erscheinen am Ausgang nicht nur das Signal mit der (Kreis)frequenz , sondern auch Frequenzen ganzzahliger Vielfachen von , aber mit immer kleiner werdenden Amplitude.

Das beste Beispiel ist das Klirren eines übersteuerten Verstärkers (Betrieb am oberen nicht linearen Ende der Kennlinie). Dabei kann man neben dem Grundton auch die jeweils um eine Oktave erhöhten anderen Frequenzen leicht erkennen (Klirrfaktor: Verhältnis Oberwellen zum Gesamtsignal).

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Die Spule hat einen sehr kleinen reellen (ohmschen) Widerstand. Erst bei Wechselstrom besitzt sie gemäß ihrer Induktivität eine mehr oder weniger hohe Impedanz. Sie wirkt dann zwar als Spannungsteiler, aber nicht, um an der Leuchtstoffröhre weniger Spannung zu erzeugen, sondern im Gegenteil, während der Phase des Einschaltens - ähnlich wie bei einer Zündspule im Auto - im Verein mit dem Starter durch dessen Stromunterbrechungen die zur Zündung der Röhre erhöhte Anfangsspannung zu liefern (Vorschaltgerät). Nach der Zündung wirkt sie als Strombegrenzer und kann im Nebeneffekt den kapazitiven Widerstand - und damit den Blindstrom - kompensieren.

mY+
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