Riemannsche Vermutung - Beweis oder Unsinn?

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Ibn Batuta Auf diesen Beitrag antworten »
Riemannsche Vermutung - Beweis oder Unsinn?
Hi,

nein, nicht ich. Augenzwinkern

Ein gewisser Ilgar Sh. Jabbarov hat einen (angeblichen) Beweis der Riemannschen Vermutung ins Netz gestellt:
(Submitted on 31 May 2010 (v1), last revised 25 Sep 2010 (this version, v2))

The Riemann Hypothesis

Ich habe leider keine Ahnung von dem Beweis, den er reingestellt hat, allerdings würden mich paar Sachen interessieren:

Warum hört man in den Medien davon nichts? Immerhin behauptet hier jemand er hätte einen Beweis:
Abstract. In the article the proof of well-known Riemann Hypothesis is given.

Oder hört man nur nichts davon, weil es so offensichtlich ein Schwachsinn ist, was er da zusammengeschustert hat? Wenn ja, wo steckt der Fehler? Augenzwinkern


Ibn Batuta
kiste Auf diesen Beitrag antworten »

Kurze Recherche ergab, dass sein "Beweis" schon einmal 2008 publiziert wurde. Wird wohl irgendwo ein Fehler drin sein, sonst hätte das ganze mehr Aufmerksamkeit bekommen.
Abakus Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo!

Im Netz kursieren mehrere sog. Beweise, einige werden dann nach gewisser Zeit zurückgezogen, weil offenbar irgendwer eine Lücke gefunden hat.

Immerhin ist so eine Veröffentlichung dann Diskussionsgrundlage, und man kann erkennen, welchen Stand andere haben und welche Methoden sie versucht haben anzuwenden.

Ein Beweis ist natürlich nur dann wirklich eine Medien-Nachricht, wenn er verifiziert ist. Ansonsten schwebt alles in der Luft.

Grüße Abakus smile
Ibn Batuta Auf diesen Beitrag antworten »

Hey ihr beiden,

danke für eure Antworten!

Mich hat es eben nur gewundert, daß das Medienecho ausblieb. Wer würde denn diesen Beweis überprüfen? Wer war es im Fall von Perelman damals, als er die Geometriesierungsvermutung bewies?


Ibn Batuta
Abakus Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Ibn Batuta
Wer würde denn diesen Beweis überprüfen? Wer war es im Fall von Perelman damals, als er die Geometriesierungsvermutung bewies?


Es ist üblich, dass in solchen Fällen von begründeten Beweisversuchen ein oder mehrere fachkundige und interessierte Mathematiker ihre normale Arbeit ruhen lassen und sich dann mit dem vorgelegten Beweis befassen.

So etwas kann dann schon länger dauern, schließlich möchte ja keiner was übersehen.

Wer es bei Perelman war, weiß ich nicht; das sollte sich jedoch ggf. rausfinden lassen.

Grüße Abakus smile
gonnabphd Auf diesen Beitrag antworten »

Wie ich das mitbekommen habe, stellen die Leute ihre Beweise schnellstmöglich ins Internet - wenn sie denken soweit alles nötige aufgeschrieben zu haben - damit sie sich das "Anrecht" auf den ersten Beweis sichern können.

Was nachher passiert, ist glaube ich folgendes: Die Leute schicken ihr Paper an eine oder mehrere renomierte Mathematikzeitschriften (z.B. Annalen der Mathematik) und dort wird das Paper einem Referee gegeben, der es auf Korrektheit prüft und schaut, ob es interessant ist und ob es lesbar (Stil, Grammatik) ist etc.

Bei der Riemannschen Vermutung wären natürlich viele Leute daran interessiert und ich vermute, dass dann auch eine Art Kommitee gebildet wird, das das Paper gründlichst auf Fehler kontrolliert.

Aber ich glaube dieses Prozedere zieht sich jeweils ziemlich lange hin.

Wie Abakus schon gesagt hat, gibt es vor allem bei so grossen Problemen einfach zu viele Leute mit zu wenig Ahnung und zu grossem Selbstvertrauen... Da sollte man wohl nicht so schnell überhaupt was ernst nehmen.
 
 
Iridium Auf diesen Beitrag antworten »

Der Artikel erfüllt nach oberflächlicher Durchsicht zumindest grundlegende wissenschaftliche Standards (der Autor schreibt vergleichsweise klar, bemüht sich die Arbeiten von Vorgängern zu würdigen und zitiert diese anscheinend korrekt, er verwendet mathematische Fachsprache in der konventionellen Weise (ohne Neuschöpfungen und alle möglichen Eigenarten), der Artikel weist eine hinreichend große Dichte von Formeln mit hinreichend großer Komplexität auf), das ist ja schon etwas (mehr, als die meisten Riemann-, Goldbach- etc. Beweiser hinbekommen). Der Autor ist schließlich auch Akademiker (was an sich nichts heißen muß, zumindest aber nicht von Nachteil ist).

Trotzdem ist es seltsam, daß er so überhaupt keine Resonanz (zumindest im Netz) gefunden hat. Das spricht eigentlich dagegen, daß schon der im Artikel verfolgte Ansatz zielführend ist, denn entweder kennt man den Artikel wirklich nicht (unwahrscheinlich bei einer Veröffentlichung in arXiv...da braucht es doch meines Wissens "Endorsers"?) oder der Fehler ist so leicht zu finden, daß ernstzunehmende Mathematiker sofort abwinken. Ich finde dagegen, daß relativ wenig für eine geheime aufwendige Prüfung spricht. Bei Hales oder Perelman gab es auch eine aufwändige Prüfung, aber geheimzuhalten war da nichts, die Nachricht würde sich auch hier wie ein Lauffeuer verbreiten, dafür ist das Problem viel zu bedeutend.
Ibn Batuta Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Iridium
Der Artikel erfüllt nach oberflächlicher Durchsicht zumindest grundlegende wissenschaftliche Standards (der Autor schreibt vergleichsweise klar, bemüht sich die Arbeiten von Vorgängern zu würdigen und zitiert diese anscheinend korrekt, er verwendet mathematische Fachsprache in der konventionellen Weise (ohne Neuschöpfungen und alle möglichen Eigenarten), der Artikel weist eine hinreichend große Dichte von Formeln mit hinreichend großer Komplexität auf), das ist ja schon etwas (mehr, als die meisten Riemann-, Goldbach- etc. Beweiser hinbekommen). Der Autor ist schließlich auch Akademiker (was an sich nichts heißen muß, zumindest aber nicht von Nachteil ist).


Genau das dachte ich mir beim Durchlesen seines "Beweises" auch. Mathematisch-stilistisches ähnelt das den Beweisen, die Perelman oder auch Wiles abgeliefert haben. Allerdings bin ich auch (noch) ein Laie, um das hinreichend einschätzen zu können. Daher rührt auch dieser Thread. smile


Zitat:
Original von Iridium
Trotzdem ist es seltsam, daß er so überhaupt keine Resonanz (zumindest im Netz) gefunden hat. Das spricht eigentlich dagegen, daß schon der im Artikel verfolgte Ansatz zielführend ist, denn entweder kennt man den Artikel wirklich nicht (unwahrscheinlich bei einer Veröffentlichung in arXiv...da braucht es doch meines Wissens "Endorsers"?) oder der Fehler ist so leicht zu finden, daß ernstzunehmende Mathematiker sofort abwinken. Ich finde dagegen, daß relativ wenig für eine geheime aufwendige Prüfung spricht. Bei Hales oder Perelman gab es auch eine aufwändige Prüfung, aber geheimzuhalten war da nichts, die Nachricht würde sich auch hier wie ein Lauffeuer verbreiten, dafür ist das Problem viel zu bedeutend.


Wenn man den Büchern "Poincares Vermutung. Die Geschichte eines mathematischen Abenteuers" von Donal O'Shea und "Fermats letzter Satz" von Simon Singh glauben mag, dann war allein schon das leisteste Flüstern, daß jemand einen der obigen Fakten bewiesen hätte, schon eine außerordentliche Gerüchteküche, die sich wie ein Lauffeuer verbreitet hat. Umso mehr erstaunt es mich, daß hier keinerlei Informationen in den Medien auftauchen, wo doch der Autor in seinem Abstrakt schon behauptet, er beweise im Anschluss die Riemannsche Vermutung. Daher ist auch meine Vermutung, daß diesem Paper keinerlei Beachtung geschenkt wird, da
a) der Fehler so trivial ist, daß man kein Echo braucht oder
b) der Autor hat keine gute PR und sein Paper wurde bisher gar nicht beachtet.

Mal ´ne andere Frage. Habt ihr das nötige Wissen seiner Beweisführung zu folgen?
addor Auf diesen Beitrag antworten »

Was mir auffällt ist, dass das Literaturverzeichnis fast ausschliesslich sehr alte Quellen aufführt und diese zum grossen Teil Standardlehrbücher sind (Speiser 1934, Bohr/Courant 1944, Rudin 1976). Das Literaturverzeichnis ist offensichtlich in der Reihenfolge der Zitierungen geordnet (statt alphabetisch). Somit sind die ersten Referenzen im Text alles alte Quellen. Wenn Iridium schreibt, dass der Autor die Arbeiten von Vorgängern würdigt, dann bezieht sich das jedenfalls nicht auf unmittelbare und moderne Vorgängerarbeiten. Es wurden in letzter Zeit sehr viele ernsthafte Vorarbeiten zu der R.H. veröffentlicht. Diese müssten hier unbedingt gewürdigt werden.

Somit scheint es, als dass dieser Autor nicht zur R.H.-Community gehört und nicht auf der Stand der Forschung ist. Das dürfte der Grund sein, weshalb er nicht ernst genommen wird. Wenn einer die R.H. beweist, dann ist es sehr wahrscheinlich einer, den man in der "R.H.-Gemeinde" kennt, weil er immer wieder auf den zahlreichen Konferenzen über die R.H. spricht.

Noch etwas: mir fiel auf, dass er ziemlich penetrant auf die Millenium Probleme des Clay Instituts verweist. Bekanntlich gewinnt derjenige, der die R.H. beweist, 1 Mio Dollar vom Clay Institut. Ein ernsthafter Mathematiker würde sich wahrscheinlich nicht in erster Linie um diesen Wettbewerb des Clay Instituts kümmern
Ibn Batuta Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von addor
Was mir auffällt ist, dass das Literaturverzeichnis fast ausschliesslich sehr alte Quellen aufführt und diese zum grossen Teil Standardlehrbücher sind (Speiser 1934, Bohr/Courant 1944, Rudin 1976). Das Literaturverzeichnis ist offensichtlich in der Reihenfolge der Zitierungen geordnet (statt alphabetisch). Somit sind die ersten Referenzen im Text alles alte Quellen. Wenn Iridium schreibt, dass der Autor die Arbeiten von Vorgängern würdigt, dann bezieht sich das jedenfalls nicht auf unmittelbare und moderne Vorgängerarbeiten. Es wurden in letzter Zeit sehr viele ernsthafte Vorarbeiten zu der R.H. veröffentlicht. Diese müssten hier unbedingt gewürdigt werden.

Somit scheint es, als dass dieser Autor nicht zur R.H.-Community gehört und nicht auf der Stand der Forschung ist. Das dürfte der Grund sein, weshalb er nicht ernst genommen wird. Wenn einer die R.H. beweist, dann ist es sehr wahrscheinlich einer, den man in der "R.H.-Gemeinde" kennt, weil er immer wieder auf den zahlreichen Konferenzen über die R.H. spricht.


Muß er das denn? Er könnte es doch auch mit "älteren" Methoden bewiesen haben.
Mir kommt es irgendwie so vor, als ob niemand seinen Beweis genauer untersucht hat. Sonst hätte man doch irgendwo (im Netz) etwas dazu gefunden, daß ein "No-Name"-Spinner Jabbarov mal wieder vergeblich versucht hat die Riemannsche Vermutung zu beweisen. Aber man findet ja gar nichts dazu.

Zitat:
Original von addor
Noch etwas: mir fiel auf, dass er ziemlich penetrant auf die Millenium Probleme des Clay Instituts verweist. Bekanntlich gewinnt derjenige, der die R.H. beweist, 1 Mio Dollar vom Clay Institut. Ein ernsthafter Mathematiker würde sich wahrscheinlich nicht in erster Linie um diesen Wettbewerb des Clay Instituts kümmern


Penetrant? verwirrt verwirrt
Im Fließtext selber taucht doch "Millenium" oder "Clay" gar nicht auf. Und im Literaturverzeichnis gibt es dazu lediglich zwei Angaben, aber die spielen in seine Beweisführung gar nicht rein.
Iridium Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Ibn Batuta
Allerdings bin ich auch (noch) ein Laie, um das hinreichend einschätzen zu können.


Ich habe ehrlich gesagt wenig Hoffnung, daß viele Leute einen "echten" Beweis von Riemanns Vermutung verstehen würde. Wäre der Beweis "einfach", hätte man ihn eigentlich schon finden können, wenn man bedenkt, wieviele und wer sich damit schon befasst haben. Empirisch trifft das auf alle der letzten Jahrhundertprobleme zu...weder Hales Beweis der Kepler-Vermutung, Wiles Beweis der Fermat-Vermutung noch Perelmans Beweis der Poincare-Vermutung sind "leichter Stoff". Bei Hales hat sogar ein Kollektiv von Mathematikern quittiert und eine Wahrscheinlichkeitsaussage über die Richtigkeit des Beweises gemacht. Und viele andere Probleme sind bereits zu kompliziert, um dem Laien allein die Problemstellung klar zu machen.

Zitat:
Original von Ibn Batuta
Wenn man den Büchern "Poincares Vermutung. Die Geschichte eines mathematischen Abenteuers" von Donal O'Shea und "Fermats letzter Satz" von Simon Singh glauben mag, dann war allein schon das leisteste Flüstern, daß jemand einen der obigen Fakten bewiesen hätte, schon eine außerordentliche Gerüchteküche, die sich wie ein Lauffeuer verbreitet hat.


Eben. Das würde man auch so erwarten. Erst recht bei der Riemann-Vermutung, die als DAS ungelöste Problem hoher Bedeutung schlechthin gilt.


Zitat:
Original von addor
Iridium schreibt, dass der Autor die Arbeiten von Vorgängern würdigt, dann bezieht sich das jedenfalls nicht auf unmittelbare und moderne Vorgängerarbeiten. Es wurden in letzter Zeit sehr viele ernsthafte Vorarbeiten zu der R.H. veröffentlicht. Diese müssten hier unbedingt gewürdigt werden.

Somit scheint es, als dass dieser Autor nicht zur R.H.-Community gehört und nicht auf der Stand der Forschung ist. Das dürfte der Grund sein, weshalb er nicht ernst genommen wird. Wenn einer die R.H. beweist, dann ist es sehr wahrscheinlich einer, den man in der "R.H.-Gemeinde" kennt, weil er immer wieder auf den zahlreichen Konferenzen über die R.H. spricht.


Ok, nach aktuellen Zitaten habe ich nicht im Detail geschaut, dazu bin ich selber zuwenig Teil einer solchen Community. Allerdings stimme ich dem Rest zu. Als Naturwissenschaftler hat man ja auch so seine Community und in der Regel kommen die wirklichen Fortschritte auch aus dieser Gruppe, vor allem, weil man sich in der Regel intensiv mit einem Problem befassen muß, um etwas von Substanz zu seiner Lösung beizutragen. Oder man hat wie Einstein einen todlangweiligen Job, bei dem man nebenbei nachdenken kann. Das einsame Genie ist allerdings selten. Wenn es so wäre wie bei Perelman, der meines Wissens auch nur online veröffentlicht hat (zunächst zumindest), dann würde man trotzdem eine große Resonanz erwarten, vorausgesetzt, die Idee könnte halbwegs tragen. Garrett Lisi hatte diese Resonanz, unabhängig davon, ob er richtig lag oder liegt und erst neulich hat jemand große Resonanz bekommen, weil er behauptet P=NP? gelöst zu haben (ich hab den Namen leider vergessen und auch nicht verfolgt, was daraus geworden ist).

Gruß
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