Mathematische Abstraktionsfähigkeit in der Medizin

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Wonderin' Auf diesen Beitrag antworten »
Mathematische Abstraktionsfähigkeit in der Medizin
Hi Math Community,

Ich bin jetzt schon ne ganze Weile davon überzeugt, Mathe und Physik zu studieren, weil mir das wahrscheinlich am meisten liegt und auch Spaß macht. Aber in letzter Zeit habe ich mehr "out-the-scope" gedacht, weil es ja wirklich soviele andere attraktive Studien und Berufsbereiche gibt- in meinem Fall die Medizin.

Interesse, Motivation und die Voraussetzungen (Abinote) wären gegeben. Allerdings wünsche ich mir (persönlich) diese mathematisch-analytische Denkweise, die ja im Mathe/Physik Studium erworben wird.
Beispiel: In den letzten Monaten (Zivildienst d.h. viel freie Zeit) habe ich mich recht viel mit statistischer Physik (u.a. Diffusionsprozesse) beschäftigt und dabei viel über Wahrscheinlichkeitsverteilungen und auch Vektorkalkulus gelernt. Und als ich dann in der Uni-Bib mal durch ein paar Physiologiebücher geblättert habe um mir den Medizinerstoff mal anzuschauen, viel mir auf, wie leicht zugänglich einige Themenbereiche für mich waren. Wenn es heißt, dass auf der Außenseite der Zellmembran mehr Sauerstoffmoleküle sind als auf der Innenseite, dann ist "Konzentrationsgradient" nicht einfach nur ein "Begriff" (den der Durchschnitts-Medizinstudent auswendig lernt Augenzwinkern ) sondern man weiß tatsächlich, dass es die mathematische Struktur des Gradienten existiert, wie sie definiert ist etc. Außerdem kannte ich die Fick'schen Diffusionsgleichungen bereits und allein damit konnte man sich schon einen Großteil des Kapitels herleiten.

Das Beste ist aber, dass ich - seitdem ich irgendwann mal in einer Übungsaufgabe den Flux eines Stoffes durch eine Zellmembran berechnet habe - keine "Panik" mehr vor solchen biologischen Strukturen habe. Will heißen: Früher hatte ich immer ne leichte Abneigung gegen Biologie, weil das Fach mir so undurchsichtig vorkam. "Was? Die Zellmembran besteht also aus Phospholipiden, in der aber noch Cholesterinmoleküle eingelagert sind und dannnoch tausende verschiedene z.T. unbekannte Proteine, Glykolipide etc. darauf sitzen, die als Ionenkanäle, Transporter o.ä fungieren?"

Solche komplexen Sachen haben mich immer abgeschreckt, weil Bio für mich immer so eine Art Dschungel war Big Laugh . Aber dann habe ich durch diese Übungsaufgabe gesehen, dass man auch zum Ziel kommt, wenn man die Membran einfach als homogene Scheibe mit einer bestimmten Durchlässigkeit betrachtet. Ein anderes Beispiel ist, dass man Herzkreislaufsystem und die Organe mit einfachen Prinzipien aus der Elektrotechnik (Reihen und Parallelschaltung) beschreiben kann.

In metaphorischen Worten: Man denkt sich Blätter und Laub weg und schon hat man besseren Durchblick im Dschungel Big Laugh

Das mögen jetzt alles banale Beispiele für Abstraktion sein, aber diese Fähigkeit, scheinbar unheimlich komplexe Probleme aufs wesentliche zu reduzieren und zu lösen würde ich wirklich gerne weiterentwickeln und gegebenenfalls im Medizinstudium einsetzen wollen. Denn wenn man mit dieser Art des Denkens an die Medizin herangeht, könnte sie womöglich nicht so lernlastig sein, wie sie so oft beschrien wird Augenzwinkern

Mich würde sehr interessieren, was Ihr von diesen Gedanken haltet.
Hilfreich wäre es auch, wenn Ihr mir vielleicht mal eigene Einschätzungen gebt, wie sich durch das Studium Eure Abstraktionsfähigkeiten/Denkweise verändert hat und wie hilfreich dies in außermathematischen Problemen ist.

Vielen Dank fürs Lesen !
gaggasuppi Auf diesen Beitrag antworten »

Naja, vielleicht solltest du dir primär mal überlegen ob du mit menschen umgehen kannst und willst, bevor du dir gedanken machst wie schwer/leicht du dich im studium tun wirst...
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »

Vielleicht solltest du das mal in http://www.medizinerboard.de/ fragen. Augenzwinkern
jama Auf diesen Beitrag antworten »

Deine Wunschvorstellung der Medizin hört sich forschungslastig an und nicht ärztlich. Die Beispiele, die Du dir angeschaut hast, sind vorklinisch.

Zitat:
Denn wenn man mit dieser Art des Denkens an die Medizin herangeht, könnte sie womöglich nicht so lernlastig sein, wie sie so oft beschrien wird

Es ist nie verkehrt, eher den Mechanismen und Zusammenhängen auf den Grund zu gehen als nur "stupide" zu lernen. Aber hast Du schon daran gedacht, dass nicht alle Mechanismen ergründet wurden? Das "Auswendiglernen" bleibt nicht erspart.

Ich höre bei Dir keinen ärztlichen Gedanken raus, der diese Richtung begründet. Vielleicht bleibst Du im Kern bei der Physik und Mathematik und absolvierst anschließend ein PhD der medizinischen Wissenschaften.

Viele Grüße
sulo Auf diesen Beitrag antworten »

Ich pflichte Jama bei.

Was du als Abstraktionsfähigkeit bezeichnest, ist im Grunde eher eine Art didaktische Reduktion. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Man sollte schon in der Lage sein, sich eine Zellmembran genau so vorstellen zu können, wie sie ist (dazu gehört natürlich auch ein Grundwissen der organischen Chemie) und nicht erst mit ihrem Aufbau klarkommen, wenn man sie sich als homogene Scheibe mit einer gewissen Durchlässigkeit vorstellt.
Dies mag im Biologieunterricht in der Schule sinnvoll sein, in einem Studium ist eine solche Vereinfachung grundsätzlich gefährlich, weil sie das wahre Verständnis der Zusammenhänge blockiert.

Deswegen empfehle ich dir auch, lieber bei Mathe und Physik zu bleiben. Weitere zusätzliche Qualifikationen kannst du dir auf dieser Basis dann immer noch erwerben.
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