Berechnung des minimalen Stichprobenumfangs einer Befragung

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Doreench Auf diesen Beitrag antworten »
Berechnung des minimalen Stichprobenumfangs einer Befragung
Meine Frage:
Hallo Zusammen,

im Rahmen meiner Diplomarbeit führe ich momentan zwei verschiedene Befragungen durch. Nun möchte ich natürlich auch auf das Thema Repräsentativität eingehen und dazu den minimal erforderlichen Stichprobenumfang berechnen bzw. verstehen ob das bei meiner Studie überhaupt möglich ist.

Ich erzähl euch vielleicht erstmal, um was generell geht. Die erste Befragung ist eine Kundenbefragung zum Thema Kaufverhalten beim Lebensmittelkauf. Problem ist hier schonmal das ich nicht weiß wie groß die Grundgesamtheit ist, da ja alle Konsumenten in Deutschland die voll geschäftsfähig sind also ab 18 Jahren zur Grundgesamtheit zählen, die Stichprobe wäre also folglich viel zu groß um ein repräsentatives Ergebnis im Rahmen einer Diplomarbeit zu erreichen, oder? Kann man das so begründen? Ich habe sowohl eine Online-Befragung durchgeführt in der ich 190 Fragebögen zusammenbekommen habe, also auch eine Offline-Befragung in verschiedenen Supermärkten. Hier hab ich nochmal zusätzliche 60 Fragebögen. Also insgesamt eine Stichprobe von 250.

Die zweite Befragung war eine Unternehmensbefragung, die sich an alle FMCG-Hersteller in Deutschland richtete. Die Grundgesamtheit ist hier auch unbekannt, da ich nirgendwo recherchieren konnte, wie viele FMCG-Hersteller es in Deutschland überhaupt gibt. Ich habe insgesamt jedoch 200 Unternehmensadressen recherchieren können und diese angeschrieben. Ist dann 200 meine Grundgesamtheit? Bisher habe ich eine Rücklaufquote von 10% also 20 Fragebögen.

Meine Ideen:
Mit der folgenden Formel habe ich versucht den minimalen Stichprobenumfang für die Unternehmensbefragung zu berechnen, bin daraus aber nicht wirklich schlau geworden:

http://www.fassis.net/images/Pdf/stichprobengrxsse-formel_swc.pdf

Gibt es noch andere Wege etwas über die Repräsentativität auszusagen, außer mit dieser Formel. Bzw. ist dies der richtige Ansatz. Mein Prof. meinte er erwartet nicht das ich in der vorgegebenen Zeit eine für Deutschland repräsentative Studie durchführe, jedoch sollte ich dies in der Arbeit diskutieren und Probleme etc. aufzeigen. Ich denke in meinem Fall ist es schwierig den min. Stichprobenumfang zu ermitteln, da mir eben die Grundgesamtheiten nicht bekannt sind bzw. ich ja keine Zufallsstichprobe sondern eine Ad-Hoc-Stichprobe ausgewählt habe. Ich würde mich über Meinungen, Ratschläge und Hilfe eurerseits sehr freuen. Statistik zählte noch nie zu meinen Stärken deshalb bin ich momentan etwas hilflos.

Vielen Dank schonmal smile
Doreen
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

Die Grundgesamtheit im Falle der Geschäftsfähigen ist vernachlässigbar (kannst du guten Gewissens mit unendlich ansetzen).
Wichtig ist, kritisch zu beäugen, welche Schwächen deine Befragung hat (in welchem Supermarktypen hast du befragt, in welcher Region, zu welcher Tageszeit, an welchem Wochentag, etc.)
Bei den (was auch immer FMCG ist)-Herstellern hast du dann tatsächlich 200 und eine Stichprobe von 20.

Viel wichtiger als das alles, wäre erstmal zu wissen, was du mit welcher Sicherheit aussagen willst.

Wenn dir (nur als Beispiel) reichen würde "Die Mehrheit der deutschen Konsumenten bevorzugt Produkt A dem Produkt B", und du befragst 20 Leute und 18 bestätigen deine These, dann kannst du zu 99,98% sagen, dass eine Mehrheit der Deutschen das Produkt A bevorzugt.

Aber wahrscheinlich willst du einen gewissen Anteil mit einer gewissen Genauigkeit berechnen.
Doreench Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo ,

also erstmal vielen Dank für die schnelle Antwort. Bei meiner Diplomarbeit möchte ich bestimmte Erfolgsfaktoren für den Einsatz von personalisierter Werbung im stationären Lebensmitteleinzelhandel analysieren. Hierfür habe ich wie gesagt einerseits eine Kundenbefragung durchgeführt und andererseits eine Hersteller- bzw. Unternehmensbefragung.

In diesen Umfragen sollen bestimmte Thesen die ich zuvor in der Analyse herausgearbeitet habe wie z.B.: "Die Nutzung personalisierter Werbung muss über mehrere Kanäle möglich sein." geprüft und validiert werden. Weiterhin werden die Kunden/Unternehmen auch direkt nach bestimmten Aspekten gefragt die deren Nutzung bzw.Akzeptanz erhöhen würde.

Also würde mir wie in deinem Beispiel schon reichen sagen zu können das die Mehrheit der deutschen Konsumenten diese Innovation nutzen würde, wenn...erfüllt ist oder so ähnlich. Aber kann ich denn von 250 Leuten wirklich auf ganz deutschland schließen? sicherlich nicht oder? Ich denke das ich die Probleme auf alle Fälle beschreiben werde. Wenn die Grundgesamtheit der Konsumentenschaft wie von dir gesagt unendlich ist, dann kann ich ja den minimalen Stichprobenumfang sowieso nicht berechnen. Weiterhin gibt es sicherlich ein paar Hundert Herstellerunternehmen (bin gerade dabei das über das stat. Bundesamt herauszufinden) ich habe aber lediglich 200 angeschrieben...dann ist ja nicht 200 meine Grundgesamtheit sondern z.b. 2000 je nachdem wie viele Unternehmen es eben gibt oder?

Ich hoffe das ganze ist nicht zu verwirrend. Vielen dank für eure tolle Hilfe.

LG Doreen
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

Doreench:
Zitat:
Aber kann ich denn von 250 Leuten wirklich auf ganz deutschland schließen?


Doch, kann man.
Aber man muss immer exakt formulieren was man in Bezug auf wen prüft. Und sei dir stets der Schwächen deiner Umfrage bewusst (habe ja schon potentielle Schwachstellen genannt).

Die Zahl in meinem Beispiel habe ich ja auch berechnet:
Ich will die Wahrscheinlichkeit dafür wissen, dass 18 oder mehr Leute in der 20er-Stichprobe Produkt A bevorzugen, obwohl keine Mehrheit im Volk dafür ist (Fehler zweiter Art).

Ich setze also voraus, dass genau 50% (also noch keine Mehrheit) im Volk Produkt A bevorzugen. Damit erhalte ich den maximalen Wert für die Wahrscheinlichkeit, dass 18 oder mehr in der Sitchprobe Produkt A bevorzugen. Würde ich 40% oder 10% voraussetzen, ist der Wert natürlich geringer und es ist noch besser für mich.

Ich berechne also: , wobei ich die zweite Wahrscheinlichkeit nachschlagen oder in Excel eingeben kann.
Die Umformung ist erlaubt und bedeutet: Die Wahrscheinlichkeit bei 20 Zügen und einer Trefferwahrscheinlichkeit von 0,5 18 oder mehr Treffer zu haben ist identisch mit der Wahrscheinlichkeit bei 20 Zügen und einer Nietenwahrscheinlichkeit von 0,5 (ist die Gegenwahrscheinlichkeit der Trefferwahrscheinlichkeit) 2 oder weniger Nieten zu haben.

Das Bedeutet, dass in 99,98% der Fälle ein solches Ergebnis nicht von einer Minderheit im Volk erzeugt wird.
Der Test ("Behaupte, die Mehrheit sei dafür, wenn 18 oder mehr von 20 dafür sind") hat also eine sogenannte Power von 99,98%


Also schau nach, welcher der strengste Test ist, den deine Ergebnisse gerade noch bestehen und berechne die Power.
Jar Auf diesen Beitrag antworten »

@Zellerli:
Hm, ich habe einige Schwierigektien, deine implizite Definition des Fehlers 2. Art nachzuvollziehen:
Der gibt doch die Wahrscheinlichkeit an, dass ein vorhandener Unterschied nicht entdeckt wird (er ist doch genau deswegen immer auf ein konkretes Kriterium fixiert).
Du prüfst aber hier die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein nicht existierender Unterschied als Effekt ausgegeben wird (Alpha-Fehler): "18 oder mehr Leute in der 20er-Stichprobe Produkt A bevorzugen, obwohl keine Mehrheit im Volk dafür ist"

Es handelt sich also hier nicht um die Power, sondern die Spezifität.
Oder?
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

Habe jetzt nach der langen Zeit nichtmehr alles im Kopf, aber es kommt auf die Nullhypothese an.

Wenn sie lautet: "Es besteht ein Unterschied.", dann ist der von mir aufgeführte Fehler der Fehler 2. Art, denn man würde die Nullhypothese annehmen, obwohl sie unwahr ist.
Wenn sie lautet: "Es besteht kein Unterschied.", dann ist der von mir aufgeführte Fehler der Fehler 1. Art, denn man würde die Nullhypothese ablehnen, obwohl sie wahr ist.

Entsprechend handelt es sich je nachdem um die Power oder die Spezifität.
 
 
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