Russellsche Antinomie

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Pascal95 Auf diesen Beitrag antworten »
Russellsche Antinomie
Hallo,

die Russellsche Antinomie mag ja ziemlich interessant sein.
So wie auch die Geschichte des Barbiers und die Frage, ob er sich denn selbst rasieren würde:
Zitat:
Man kann einen Barbier definieren als einen, der alle diejenigen und nur diejenigen, die sich nicht selbst rasieren, rasiert.
Die Frage ist: Rasiert der Barbier sich selbst?


Das hier habe ich auch gut verstanden (Widerspruch, wenn man prüfen möchte ob R sich selbst enthält).

Doch wie kann man das Barbier Paradoxon auf das Mathematische übertragen.

Handelt es sich hier um eine Klasse / Menge und was ist das , wie es in Wiki allg. beschrieben war, für das Barbier Paradoxon.

Vielen Dank
Pascal
Roman Oira-Oira Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Russellsche Antinomie
Zitat:
Original von Pascal95

die Russellsche Antinomie mag ja ziemlich interessant sein.
So wie auch die Geschichte des Barbiers und die Frage, ob er sich denn selbst rasieren würde:
Zitat:
Man kann einen Barbier definieren als einen, der alle diejenigen und nur diejenigen, die sich nicht selbst rasieren, rasiert.
Die Frage ist: Rasiert der Barbier sich selbst?



Nein, ich denke, das Barbier-Paradoxon ist nicht annähernd so interessant wie die Russelsche Antinomie, die ja beinahe die gesamte Mengenlehre des 19. Jahrhunderts und auf jeden Fall Freges Projekt, die gesamte Mathematik auf der Mengenlehre zu begründen, zu Fall gebracht hat.

Die Russelsche Antinomie zeigt, daß das sogenannte "Komprehensionsprinzip" der "naiven Mengenlehre" des 19. Jahrhunderts nicht allgemein angewendet werden darf (Im Wiki-Artikel zur Russelschen Antinomie wird auch Freges Abstraktionsprinzip genannt, das auf dasselbe hinausläuft).

Das Komprehensionsaxiom basiert auf der "Definition" von Mengen, die Cantor gegeben hat:

Zitat:
Cantor: Beiträge zur Begründung der transfiniten Mengenlehre,
Mathematische Annalen, Bd. 46,


Unter einer ‚Menge‘ verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten m unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die ‚Elemente‘ von M genannt werden) zu einem Ganzen.


Mathematisch ausgedrückt heißt das, daß zu jedem beliebigen Prädikat (jeder beliebigen Eigenschaft) P, immer eine Menge existiert, die genau die Dinge enthält, auf die diese Eigenschaft zutrifft.

Bei der Russelschen Antinomie ist P nun genau die Eigenschaft und die Annahme, daß wegen des Komprehensionsprinzip nun auch die entsprechende Menge R existieren muß, die genau diese Mengen, die nicht Element von sich selbst sind, enthält.

Es war also möglich, in der Mathematik der Mengenlehre die Möglichkeit zu Widersprüchen! Und da Frege die gesamte Mathematik auf der Mengenlehre aufbauen wollte (und im ersten Anschein dies auch tatsächlich geschafft hatte), war die Verzweiflung groß ...

Zitat:
Pascal95
Doch wie kann man das Barbier Paradoxon auf das Mathematische übertragen.


Da Du den Wiki-Artikel zur Russelschen Antinomie bereits gelesen hast, wirst Du bestimmt auch dem Link zum Barbierparadoxon gefolgt sein.

Die mathematisch-logische Formulierung findest Du dort bereits.

Hier wird außerdem gezeigt, daß sich dieses Paradoxon sogar auflösen läßt - was bei der Russelschen Antinomie keineswegs möglich ist!

Der Hauptunterschied zur Russelschen Antinomie ist, daß bei dieser die gesamte Mengenkonstruktion zu einem Widerspruch führt.

Das Barbierparadoxon ist nur sprachlicher Art, d.h. der formulierte Satz führt zu (scheinbaren) Widersprüchen. Scheinbar deshalb, weil das Paradoxon sogar auflösbar ist.

In Mengenschreibweise führt das Barbierparadoxon nicht zu Problemen - zumindest zu keinen Problemen im Mengenbildungsprozeß - jede der nachfolgend aufgeführten Mengen existiert, ohne daß es zu Widersprüchen führen würde:

Sei B die Menge der Barbiere, M die Menge aller Männer, R die Relation "x rasiert y".





Sei nun :

a) b rasiert sich selbst

Daraus folgt, daß die Menge der Barbiere B offensichtlich leer ist (wie bereits im Wiki-Artikel erwähnt.

b) b rasiert sich nicht selbst

Nun? Dann ist die Menge B der Barbiere in diesem Fall nicht leer und die Barbiere rasieren sich wohl tatsächlich nicht!

Zitat:
Pascal95
Handelt es sich hier um eine Klasse / Menge und was ist das RZum , wie es in Wiki allg. beschrieben war, für das Barbier Paradoxon.


Meiner Meinung nach ist B eine ganz normale Menge. Wir haben ja oben schon gesehen, daß der Mengenbildungsprozeß keinerlei Probleme bereitet hat. Ansonsten möchte ich mich hier nicht weiter zur Mengen/Klassen-Thematik äußern, da hier mein Wissen noch nicht genügend gefestigt für weitergehende Diskussionen ist.

Zum nachgefragten R siehe weiter oben!
Pascal95 Auf diesen Beitrag antworten »

Vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag.
Du hast zwar ein paar Begriffe benutzt, die mir zunächst nicht geläufig waren; diese konnte ich aber nachschlagen.

Allerdings wird mir daraus nicht klar, warum das Barbier Paradoxon in der Wirklichkeit betrachtet zu Problemen führt.
Man geht davon aus, dass es genau einen Barbier gibt. Wie will man das widerspruchsfrei begründen? Es gibt genau einen Barbier und die Menge der Rasierer und die Menge der Noichtrasierer sind nichtleer (?)
Roman Oira-Oira Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Pascal95
Allerdings wird mir daraus nicht klar, warum das Barbier Paradoxon in der Wirklichkeit betrachtet zu Problemen führt.


Dieses Paradoxon führt dann "zu Problemen" / zu einem Widerspruch wenn man es rein logisch betrachtet - in der bekannten Form: Wenn er sich selbst rasiert, dann ... usw.

Betrachtet man den den Barbier "definierenden" jedoch aussagenlogisch, so wird sofort zu Beginn (also ohne die zu einem Widerspruch führenden Folgerungen) klar, daß es sich überhaupt nicht um eine korrekte Definition handeln kann.

Der Satz hat doch die aussagenlogische Struktur . Diese Aussagenlogische Formel ist nicht erfüllbar, sie kann nie wahr werden (falls das unklar ist, bitte nachfragen). Die "Definition" des Barbiers ist also von vornherein falsch und widersprüchlich.

Daraus folgt im Wiki-Artikel die Folgerung, daß die Negation dieses Ausdrucks allgemeingültig ist, mit den weiterführenden Argumentationen.

Zusammengefasst: Das Paradoxon entsteht bereits auf rein sprachlicher Ebene durch eine widersprüchliche Definition bzw. durch einen selbstbezüglichen Satz (selbstbezügliche Sätze, z.B. das Lügnerparadoxon, führen ja sehr oft zu Widersprüchen).

Deshalb hat das Barbierparadoxon meiner Meinung nach recht wenig mit der Problematik der Russellschen Antinomie zu tun, die ja auf die allgemeine Möglichkeit, Mengen zu bilden, hinausläuft.

Das das Barbierparadoxon nicht zu Problemen bei der Mengenbildung hinausläuft wurde ja gezeigt. Eine leere Menge (die entsteht, weil das definierende Prädikat nicht erfüllbar ist, ist ja schließlich kein Problem.

Das Russell selbst überhaupt das Barbierparadoxon anführt, mag wohl damit zu begründen sein, daß Russell auch viele Artikel in populärwissenschaftlicher Art veröffentlicht hat. Somit konnte er durch das Barbierparadox auch nicht mathematisch vorbelasteten Lesern einen Eindruck von einem Paradoxon / einem Widerspruch vermitteln.

Meiner Meinung nach verschleiert diese Darstellung jedoch die Mengenproblematik - um die es ja eigentlich geht - dadurch, daß die beiden Widersprüchlichkeiten von verschiedener Struktur sind.

Aber der populärwissenschaftliche Leser darf sich nun einbilden, etwas verstanden zu haben ...
Pascal95 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Roman Oira-Oira
Der Satz hat doch die aussagenlogische Struktur . Diese Aussagenlogische Formel ist nicht erfüllbar, sie kann nie wahr werden (falls das unklar ist, bitte nachfragen). Die "Definition" des Barbiers ist also von vornherein falsch und widersprüchlich.

Daraus folgt im Wiki-Artikel die Folgerung, daß die Negation dieses Ausdrucks allgemeingültig ist, mit den weiterführenden Argumentationen.

dann wenn nicht ?
Also soviel wie und nicht ?
Roman Oira-Oira Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Pascal95
dann wenn nicht ?
Also soviel wie und nicht ?


Fast richtig!

"A genau dann, wenn nicht A".

Allgemein gilt für das Bikonditional :

"A genau dann, wenn B", ist äquivalent zu , "A und B oder nicht A und nicht B".

In unserem Fall mit also:

ist äquivalent zu , also "A und nicht A".
 
 
Pascal95 Auf diesen Beitrag antworten »

Ok, http://de.wikipedia.org/wiki/Bikonditional habe ich mir noch mal angesehen.
Weil es nur wahr/falsch gibt und genau dann wahr ist, wenn und beide wahr oder beide falsch sind, kann man doch auch sagen, sie müssen gleich sein.
Kann man dann für schreiben.
Roman Oira-Oira Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Pascal95
Kann man dann für schreiben.


Nein! "=" ist im Rahmen der Aussagenlogik als Verknüpfungssymbol überhaupt nicht definiert!

"A=B" sagt höchstens aus, daß es sich exakt um die selben Aussagen handeln soll, so wie ich z.B. oben geschrieben habe , also im Sinne, daß für nun eingesetzt werden soll.

PS: Ich mache jetzt Feierabend! Bin morgen wieder erreichbar.
Gute Nacht!
Pascal95 Auf diesen Beitrag antworten »

Ok.
Das wäre für mich dann geklärt!

Vielen Dank für die guten Antworten Augenzwinkern smile
Roman Oira-Oira Auf diesen Beitrag antworten »

Gerne geschehen!

Man sieht sich!
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