Fachgebiet! Rektaszension und Frühlingspunkt (Astronomie)

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watt weiss ich 89 Auf diesen Beitrag antworten »
Rektaszension und Frühlingspunkt (Astronomie)
Hallo,
ich denke mal die Frage ist im Unterforum Geometrie richtig aufgehoben:

den Nullpunkt für die Messung der Rektaszension stellt ja der Frühlingspunkt dar. Dies ist einer der beiden Punkte, in der die Ekliptik den Himmelsäquator schneidet und somit auf der Erde genau 12 Stunden zwischen Sonnenaufgang und -untergang vergehen. Also Dauer(Tag)=Dauer(Nacht) (vereinfacht). Die Sonne scheint also genau senkrecht auf den Äquator. Aber das tut sie ja nur zu einem Zeitpunkt bei dem eben die Rotationsachse der Erde genau senkrecht zu der Linie Erdmittelpunkt-Sonnenmittelpunkt steht. Und genau zu diesem Zeitpunkt schaut man jetzt, durch welchen Ort (am Äquator) diese Verbindungslinie Erdmittelpunkt-Sonnenmittelpunkt verläuft. Dieser Ort definiert mir dann den Nullpunkt der Rektaszension?
Also mir stellt sich einfach die Frage von wo genau ich die Rektaszension messen muss...
Hubert1965 Auf diesen Beitrag antworten »

Das hat nichts mit Mathematik zu tun, sondern gehört ins Fach Erdkunde. Astronomie wird nämlich in der Schule als Teil des Geographieunterrichts gelehrt.


Trotzdem will ich mal antworten, weil ich mich auch für Astronomie interessiere:

Die folgenden Erklärungen gelten unter der vereinfachenden Annahme, dass das Weltall aus nur drei Objekten besteht:
*) Sonne
*) Erde
*) Himmel
Dadurch muss man nämlich keine Bahnstörungen beachten, die durch den Mond oder durch Jupiter verursacht werden.

Die Sonne ist ein kleines kugelförmiges Objekt mit Masse. Das trifft auch auf die Erde zu. Der Himmel ist eine Hohlkugel mit sehr großem Durchmesser, aber ohne Masse. Der Durchmesser der Himmelskugel ist so groß, dass der Abstand Sonne-Erde dagegen verschwindend klein ist. Man darf also so tun, als ob sowohl Sonne als auch Erde im Mittelpunkt der Himmelskugel stünden und es keine Paralaxenverschiebungen gibt, wenn man den Beobachtungspunkt von der Sonne zur Erde verschiebt (oder umgekehrt).

Sonne und Erde führen dabei zwei interessante Bewegungen aus:

Erde kreist um Sonne. (Jahres-Bewegung)
Tatsächlich hat die Erdbahn eher die Form einer Ellipse, aber auch hier dürfen wir vereinfachen und eine perfekte Kreisbahn annehmen. Wenn man ganz genau sein will, kreisen Sonne und Erde um den gemeinsamen Schwerpunkt. Aber uns steht es frei, den Ursprung unseres Koordinatensystems hinzulegen wo wir wollen, und da ist es am günstigsten, ihn in den Mittelpunkt der Erde zu legen.
Nun steht also (in diesem Koordinatensystem) die Erde still, und die Sonne kreist um die Erde.
Dabei bleibt die Sonne immer in derselben Ebene, und diese Ebene heißt "Ekliptik".
Wenn wir den Ursprung des Koordinatensystems in den Mittelpunkt der Sonne gelegt hätten, und die Bewegung der Erde betrachtet hätten, würde die Erdbahn-Ebene genau dieselbe Ekliptik ergeben.

Die Erde rotiert um sich selbst. (Tages-Bewegung)
Die Erde ist eine Kugel und hat einen Schwerpunkt. Durch diesen Schwerpunkt laufen unendlich viele Symmetrieachen. Um genau eine dieser Achsen rotiert die Erde. Die Schnittpunkte dieser Rotationsache mit der Erdoberfläche nennt man die beiden Pole der Erde.
Verlängert man diese Achsen in beide Richtungen, schneiden sie auch die Himmelskugel in zwei Punkten, man nennt diese beiden Punkte die Himmels-Pole, oder ebenfalls nur "Pole", wenn aus dem Zusammenhang klar ist, was gemeint ist.
Die Ebene, die durch den Erdmittelpunkt verläuft, und normal auf die Pol-Achse steht, heißt Äquatorebene. Die Kreislinie, die entsteht, wenn man die Äquatorebene mit der Erdoberfläche schneidet, heißt "Äquator". Schneidet man die Äquatorebene mit der Himmelskugel, entsteht ebenfalls ein Kreis, er heißt "Himmelsäquator" oder ebenfalls nur "Äquator", wenn der Zusammenhang klar ist.

Nun ist es aber so, dass die Rotationsache der Erde nicht senkrecht auf die Ekliptik steht. Der Winkel Erdachse-Ekliptik beträgt also nicht 90° sondern nur ca. 66,5°. Die Erdachse ist also um ca. 23,5° gegenüber der Normalen gekippt.
Dadurch sind Ekliptik und Äquatorebene nicht identisch, sondern die beiden schneiden einander in einer Geraden. Der Schnittwinkel zwischen den beiden Geraden beträgt zwangsweise genau jene ca. 23,5°, der auch zwischen der Ekliptik-Normalen und der Erdachse besteht.

Sowohl die Ekliptik als auch die Äquatorebene stehen in unserem vereinfachten Universum im Raum still (weil es in unserer vereinfachten Welt keinen Mond und keinen Jupiter gibt und daher niemand die beiden Ebenen verschieben kann)
Die Schnitt-Gerade zwischen den beiden Ebenen, die ja beide feststehen, ist also auch fix, und sie schneidet die Himmelskugel in zwei Punkten. Die beiden Punkte heißen "Frühlingspunkt" und "Herbstpunkt".

Warum heißen die beiden Punkte so?
Bei der jährlichen Bewegung der Erde um die Sonne (oder umgekehrt) verdeckt die Sonne, von der Erde aus gesehen, immer den Blick auf eine bestimmte Stelle der Himmelskugel. Und dieser Punkt (also die Stelle genau hinter der Sonne) wandert im Lauf eines Jahres genau einmal entlang der Kreislinie, die entsteht, wenn man die Ekliptik mit der Himmelskugel schneidet. Diese Schnittlinie heißt übrigens auch "Ekliptik", was manchmal verwirrend ist, weil dann nicht immer klar ist, ob von der Ebene oder vom Kreis auf der Himmelskugel die Rede ist.
Jedenfalls wandert dieser "Sonnenverdeckungspunkt" auch genau durch die beiden Punkte, die wir "Frühlingspunkt" und "Herbstpunkt" genannt haben. Und das tut er genau am 21.März und am 23. September, also immer im Frühling und im Herbst. Daher haben sie also ihre Namen.

Kommen wir zurück zu den Himmelspolen und zum Himmelsäquator.
Der Frühlingspunkt liegt ja nicht nur auf der Ekliptik, sondern auch auf dem Himmelsäquator. Damit kann man ganz wunderbar ein polares Koordinatensystem bauen:

Den Äquator hat man schon, und auch die beiden Pole. Damit kann man schon mal Breitenkreise auf die Himmelkugel malen, so wie man das auch auf der Erdoberfläche macht. Die himmlische Breite heißt aber nicht "Breite" sondern "Deklination".
Für die Längenkreise braucht man noch einen besonderen Fixpunkt. Auf der Erdoberfläche ist das das Observatorim in Greenwich/London, auf der Himmelskugel ist das der Frühlingspunkt. Durch den Frühlingspunkt und die beiden Pole verläuft der nullte himmlische Längen(halb)kreis.
Und von diesem Längenkreis ausgehend kann man auch alle anderen auf den Himmel malen, dabei bewegt man sich bei zunehmenden himmlischen Längengraden in östliche Richtung. Die himmlische Länge heißt aber nicht "Länge" sondern "Rektaszension".

Eigentlich wird die Rektaszension also in Grad gemessen, weil sie ja ein Winkel ist. Aber wenn man ein Fernrohr fix auf der Erdoberfläche montiert, wandern im Lauf von 24 Stunden alle Sterne vor der Linse vorbei, die die gleiche Deklination haben. Sterne, deren Rektaszensionen sich um genau 15° unterscheiden, erscheinen dann im Abstand von genau einer Stunde an der selben Stelle im Blickfeld des Fernrohres. Daher rechnet man die Rektaszension fast immer in Stunden um.
Wenn ein Stern eine Rektaszension von 2 Stunden und 17 Minuten hat, heißt das, dass er im Fernrohr genau 2 Stunden und 17 Minuten nach einem Stern sichtbar wird, dessen Rektaszension genau 0 ist.

Rektaszension und Deklination sind unveränderliche Koordinaten von Fixsternen (die ja Punkte auf der Himmelskugel sind), angegeben im himmlischen Äquator-Koordinatensystem.

Stern-Koordinaten werden manchmal auch in Länge und Breite angegeben, doch beziehen sich diese Daten auf das ekliptische Koordinatensystem, das im Prinzip gleich aufgebaut ist wie das Äquatoriale, aber als Bezugseben die Ekliptik verwendet. Die Pole dieses Koordinatensytems sind natürlich auch nicht die beiden vorhin beschriebenen Himmelspole, sondern die Ekliptikpole, die entstehen, wenn man durch den Erdmittelkunkt eine Gerade errichtet, die senkrecht auf die Ekliptik steht. Lediglich Frühlings- und Herbstpunkt sind natürlich gleich.

Ich hoffe, das reicht dir als Erklärung.

Weitere Fragen bitte in einem anderen Board, oder per E-Mail.
watt weiss ich 89 Auf diesen Beitrag antworten »

Eine email-Adresse habe ich nicht gefunden also schreib ich einfach mal hier weiter.
Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort.
Mit der Schule bin ich schon fertig aber es erschien mir angebracht diese Frage in der Schul- statt Hochschulsektion zu stellen.
Wieso hat das ganze nichts mit Mathematik zu tun? Handelt es sich hier nicht um eine geometrische Frage, deren Inhalt zum einen die Erklärung des Zustandekommens dieses polaren Koordinatensystems (also einer Abstraktion) ist und im Detail die quantitaive Bestimmung des Nullpunktes in diesem Koordinatensystem hervorhebt?
Aber nochmal zur eigentlichen Frage: Also bedeutet das ganz einfach, dass der Frühlingspunkt einfach genau dann, wenn die Ekliptik den Himmelsäquator schneidet, durch die Gerade Erdmittelpunkt und Sonne einen Punkt auf die Himmelskugel projeziert? Oder um das ganze mal weniger modelhaft zu betrachten: Wenn die Verbindungslinie Sonnenmittelpunkt-Erdmittelpunkt genau 90° (horizontal) zur Ebene, die von der Rotationsachse aufgespannt wird, steht, zeigt diese Verbindungslinie wenn man sie durch die Sonne verlängert in die Nähe eines bestimmten Objekts (z.B. Stern oder Galaxie), welches dann den Frühlingspunkt bzw Herbstpunkt darstellt. Der Frühlingspunkt befindet sich also genau hinter dem Sonnenmittelpunkt und kann zu der Zeit, an dem die Erde diesen passiert nicht beobachtet werden. Passiert die Erde andererseits ein halbes Jahr später den Herbstpunkt befindet sich der Frühlingspunkt exakt in Opposition gegenüber der Sonne.
richtig? Wenn ja: welches noch sichtbare Objekt ist dem Frühlungspunkt am nächsten?
Hubert1965 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von watt weiss ich 89
Eine email-Adresse habe ich nicht gefunden


Am Ende jedes Beitrags den jemand hier postet, steht die Signatur des Autors. In meinem Fall ist es die Aufforderung "Sapere aude!". Direkt darunter befindet sich eine Zeile mit mehreren Icons und Buttons. Das erste Icon gibt Auskunft über den Onlinestatus des Autors (grün = on, rot = off), und auf dem zweiten Icon, das eigentlich ein Button ist, ist ein offenes Kuvert abgebildet, und daneben steht "e-mail". Klick da mal drauf!


Zitat:
Original von watt weiss ich 89
Also bedeutet das ganz einfach, dass der Frühlingspunkt einfach genau dann, wenn die Ekliptik den Himmelsäquator schneidet, durch die Gerade Erdmittelpunkt und Sonne einen Punkt auf die Himmelskugel projeziert?


Hä?
Nein. Der Frühlingspunkt projeziert nichts auf die Himmelskugel. Er ist ja selbst schon ein Punkt auf der Himmelskugel.

Und die Formulierung "genau dann, wenn die Ekliptik den Himmelsäquator schneidet" ist Quatsch. Ekliptik und Himmelsäquator schneiden einander. Punkt. Das tun die beiden immer, egal wie spät es ist, oder welches Datum wir haben, und es ist auch egal, wo sich die Sonne gerade aufhält. Die Formulierung "genau dann, wenn sie sich schneiden" kann man also durch "immer" ersetzen.

Zitat:
Original von watt weiss ich 89
Wenn die Verbindungslinie Sonnenmittelpunkt-Erdmittelpunkt genau 90° (horizontal) zur Ebene, die von der Rotationsachse aufgespannt wird, steht, zeigt diese Verbindungslinie wenn man sie durch die Sonne verlängert in die Nähe eines bestimmten Objekts (z.B. Stern oder Galaxie), welches dann den Frühlingspunkt bzw Herbstpunkt darstellt.


Warum bringst da jatzt völlig unnötiger Weise jetzt auch noch den Horizont mit ins Spiel? ("genau 90° (horizontal) zur Ebene")
Der Horizont ist, wie Ekliptik und Äquator, ebenfalls eine Ebene die auf der Himmelskugel einen Großkreis erzeugt, und zwar ist der Horizont eine Tangentialebene der Erde, und der Punkt wo diese Ebene die Erdoberfläche berührt, ist der Aufenthaltsort des Beobachters. Da es hier aber um den Frühlingspunkt geht, brauchen wir weder den Beobachter, noch den von seinem Standpunkt erzeugten Horizont. Und ohne Horizont kann es nichts geben, was horizontal wäre.
Also ignoriere ich diesen Begriff mal.

"... Ebene, die von der Rotationsachse aufgespannt wird ..."
Nenne das Kind beim Namen. Meinst du die Ekliptik oder den Äquator? Denn beide Ebenen werden von einer Rotatonsachse "aufgespannt": Die Ekliptik ist Ebene, die normal zur Rotationsache des Systems Sonne-Erde steht, und der Äquator ist die Ebene, die normal zur Rotationsachse der Erde um sich selbst steht.
Aber die Verbindungslinie Sonne-Erde steht niemals im rechten Winkel auf eine dieser beiden Ebenen. Diese Linie bildet mit der Ekliptik immer den Winkel 0 (Die Ekliptik ist ja genau die Ebene, die durch die Drehung dieser Linie erzeugt wird), und mit dem Äquator bildet diese Linie immer einen Winkel zwischen -23,5° und +23,5°.
Sollte dieser Winkel jemals 90° werden, würde die Sonne genau aus Richtung des Polarsterns auf die Erde strahlen und daher genau senkrecht über dem Nordpol stehen. Dann wäre dort kein Eispanzer, sondern 30° warmes Wasser.


Zitat:
Original von watt weiss ich 89
Der Frühlingspunkt befindet sich also genau hinter dem Sonnenmittelpunkt und kann zu der Zeit, an dem die Erde diesen passiert nicht beobachtet werden.


In unserem Modell steht die Erde fix und unbeweglich im Zentrum des Geschehens. Die Erde passiert also weder den Frühlingspunkt, noch sonst was. Die Erde ist der Mittelpunkt des Koordinatensystems. Auch die Himmelskugel ist fix und unbeweglich. Es gibt in diesem Modell nur zwei Bewegungen:

*) Die Sonne bewegt sich in einer ebenen Bahn um die Erde. Diese Bahnebene heißt Ekliptik, und der einmalige Umlauf der Sonne um die Erde definiert den Zeitraum eines Jahres.

*) Die Erde dreht sich um eine Achse, die durch ihre Pole und ihren Mittelpunkt geht. Die Ebene, die normal auf diese Achse steht und durch den Erdmittelpunkt geht, heißt Äquatorialebene, und eine vollständige Umdrehung der Erde definiert den Zeitraum eines Tages.

Frühlingspunkt und Herbstpunkt werden nicht durch den Aufenthaltsort der Sonne zu einem bestimmten Zeitpunkt definiert, sondern durch die Schnittlinie, die entsteht, wenn man Ekliptik und Äquator miteinander schneidet.
Nachdem aber diese Schnittlinie innerhalb der Ekliptik liegt, kann die Sonne in ihrem jährlichen Umlauf gar nicht anders, als irgendwann diese Linie zu überqueren. Und weil diese Linie in beide Richtungen verläuft, tut sie das während eines Umlaufs sogar zweimal, aber an gegenüberliegenden Stellen ihrer Bahn, also im Abstand von jeweils einem halben Jahr. Einmal tut sie das im Frühling (nämlich am 21.März) und das zweite Mal im Herbst (am 23.September)

Wenn man nun von der Erde aus am 21. März zur Sonne blickt, blickt man also genau in dieselbe Richtung, in die man blicken würde wenn man zum Frühlingspunkt schauen würde. Nur liegt die Sonne näher an der Erde als der (theoretisch unendlich weit entfernte) Frühlingspunkt, daher verdeckt die Sonne in diesem Moment diesen Punkt.

Und ja: Frühlingspunkt und Herbstpunkt stehen auf der Himmelkugel genau in Opposition zueinander.


Zitat:
Original von watt weiss ich 89
welches noch sichtbare Objekt ist dem Frühlungspunkt am nächsten?


Und spätestens mit dieser Frage sollte dir klar sein, warum das ganze Thema nicht ins Fachgebiet Mathematik, sondern in die Astronomie gehört.

In der Nähe des Frühlingspunktes befinden sich keine auffallenden Sterne. Am ehesten könnte man deine Frage noch mit "Lambda Piscium" beantworten, aber dieser Stern ist erstens nicht besonders hell, und zweitens immerhin noch rund 5 Grad vom Frühlingspunkt entfernt.

Und nun: Suche den "e-mail"-Button!
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