Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?

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Lampe16 Auf diesen Beitrag antworten »
Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Wenn es das MatheBoard schon vor 30 Jahren gegeben hätte, wären damals viele Fragen zur Mengenlehre gestellt worden. Die spielt jetzt keine Rolle mehr. Statt dessen ist Statistik angesagt.
Das Herunterfahren eines Teilgebiets und Aufbauen eines anderen im Schulstoff hat sicher nichts mit seiner Bedeutung zu tun. Vielmehr kann sich damit die nachrückende Lehrplaner-Generation wirkungsvoll profilieren.

Also: Was gewinnt in diesem Nullsummenspiel der schulmathematischen Lehrstoffrichtlinien die nächste Runde?

Meine Prognose: Stochastik raus, komplexe Zahlen und Funktionen rein!
GLn Auf diesen Beitrag antworten »

Ökonomisierung der Lehrinhalte.

L: Was sind 3 Coca Cola mal 2 Coca Cola?

S: Geschmack hoch 5 !

L: Sehr gut!
Lampe16 Auf diesen Beitrag antworten »

@Gln
Danke für deinen launigen Beitrag.

Ich hatte mehr Beiträge erwartet. Oder wollen die künftigen Lehrplanstrategen ihre Reformpläne nicht vorzeitig verraten?

Ich werde die Anfrage event. unter Hochschulmathematik nochmal posten. Vielleicht kommt dann was zurück.
Gualtiero Auf diesen Beitrag antworten »

@Lampe16
Bitte die Frage nicht ein zweites Mal in einem anderen Bereich stellen; Verschieben ist sicher die bessere Lösung. Ich kann das gerne machen (oder jemand anderes aus dem Mod-Team). Der beste Ort für dieses sehr interessante Thema scheint mir ohnehin der OT-Bereich zu sein, denn da schauen die meisten User rein.

Zum Thema kann ich leider nicht viel sagen, weil ich nicht vom Fach bin, aber wenn ich einen Vorschlag machen darf: erst einmal wäre eine etwas genauere Eingrenzung der Frage gut - es geht also um den Mathelehrplan an Schulen, also an Gymnasien und Realschulen; auch Hauptschulen?
Um möglichst viele User anzusprechen, wäre es dienlich, eine kurze Bestandsaufnahme der jetzigen Situation zu geben, aber das bleibt natürlich einzig Dir überlassen.

Ich sehe die Sache so, dass grundsätzlich gegen Lehrplanänderungen nichts zu sagen ist, denn sie repräsentieren ja Bildungsziele, und die ändern sich halt im Laufe der Zeit.
Es gibt ja mehrere Gruppen von Schülern in Bezug auf Mathematik:
- die erste hat mit Mathematik im späteren Leben nicht direkt zu tun und profitiert davon (hoffentlich ist das vielen bewusst) nur allgemein, also von den Methoden, ein Problem zu analysieren und möglichst umfassend zu betrachten und so zu einem, oft auch mehreren Lösungsansätzen zu kommen.
- die zweite Gruppe betreibt Mathematik um der Mathematik willen, was ich als durchaus berechtigte, wichtige Anwendung sehe. So z. B. auch die Einstellung, Musik zu machen um der Musik willen und nicht des Geldes wegen.
- die dritte Gruppe braucht Mathematik im Beruf und wird sich in der weiteren Ausbildung irgendeinem Zweig der angewandten Mathematik zuwenden müssen.

Wo ich bei dieser Einteilung die Lehrer zuordnen soll, ist nicht ganz klar, einerseits gehören sie zur dritten, andererseits aber auch in die zweite Gruppe. Jedenfalls ergibt sich meiner Meinung nach am ehesten in der Ausbildung der dritten Gruppe die Notwendigkeit, den Lehrstoff anzupassen. Ob das auch eine Verlagerung des Schwergewichts im Lehrplan bedeutet, kann ich nicht mehr beurteilen.

Aber gut, vielleicht klärt sich das ja durch qualifiziertere Beiträge als den meinen.

Und wie gesagt, Verschiebung: jederzeit.
Math1986 Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Zitat:
Original von Lampe16
Wenn es das MatheBoard schon vor 30 Jahren gegeben hätte, wären damals viele Fragen zur Mengenlehre gestellt worden. Die spielt jetzt keine Rolle mehr. Statt dessen ist Statistik angesagt.
Das Herunterfahren eines Teilgebiets und Aufbauen eines anderen im Schulstoff hat sicher nichts mit seiner Bedeutung zu tun. Vielmehr kann sich damit die nachrückende Lehrplaner-Generation wirkungsvoll profilieren.
Es ist in unserer Gesellschaft normal, dass sich die Lernpläne an die reale Situation aus dem "wahren Leben" anpassen.

Die Anforderungen an die Mathematik verändert sich auch, genau so wie an die anderen Fächer auch.

Ansonsten ist die Frage auch reichlich unpräzise gestellt, da es hier auch regionale Unterschiede gibt
Lampe16 Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
@Gualtiero
Vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag und das Angebot, den Thread zu verschieben. Ist aber vorläufig nicht erforderlich.


Zitat:
Original von Math1986
Es ist in unserer Gesellschaft normal, dass sich die Lernpläne an die reale Situation aus dem "wahren Leben" anpassen.

Da stimme ich dir voll zu.

Zitat:
Original von Math1986
Die Anforderungen an die Mathematik verändert sich auch, genau so wie an die anderen Fächer auch.


Ist denn der Zufall im "wahren Leben" wirklich bedeutsamer geworden. Überall, wo man die eigentlich gewünschten Ergebnisse nicht sicher erreichen und vorhersagen kann, kultiviert man die beschreibende und inferentielle Statistik (Medizin, Versicherungen, Quantenphysik, Massenproduktion, ...). Da sehe ich allerdings keinen Umschwung, der stochastishen Mehrbedarf nach sich zöge. Bis zum Abitur wären gründlichere Kenntnisse der Mathematik angebrachter, die im deterministischen Bereich hilft.
 
 
Math1986 Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Zitat:
Original von Lampe16

Überall, wo man die eigentlich gewünschten Ergebnisse nicht sicher erreichen und vorhersagen kann, kultiviert man die beschreibende und inferentielle Statistik (Medizin, Versicherungen, Quantenphysik, Massenproduktion, ...).
Ja, und das ist doch ein nicht zu vernachlässigendes Themengebiet.
Die Schulmathematik sollte sich hier schon etwas "breiter aufstellen" und dazu gehört auch, zuverlässige Vorhersagen treffen zu können.

Es gibt sicher Leute, die irgendwie in diese Richtung gehen wollen, also bitte nicht pauschalisieren.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Einen guten Lehrplan zu machen finde ich gar nicht so einfach. Wobei da schon die Frage aufkommt: Was ist gut. Mathematik beginnt mit der ersten Unterrichtsstunde in der Grundschule und viele Dinge bauen aufeinander auf. Jeder hat bestimmt seine Lieblingsgebiete, die er mehr im Lehrplan sehen will.

Was ich mich gerade Frage, welche Rolle Mathematik in Ausbildungsberufen spielt. Einen Hauptschultest durchblätternd sah ich eine Gewichtung auf "Kopfrechenfähigkeiten". Bei der Realschule bin ich fast entsetzt, dass die Kinder nun seit2 Jahren den Extremwert einer Parabel durch quadratische Ergänzung bestimmen müssen. Sicher für Ableitungen bleibt wohl nicht die Zeit.

Generell fehlt mir ein wenig die Zinsrechnung und Kreditrechnung. Aber da ist ja schon der Bankberater überfordert, der mir nur sagt "Die Software sagt" .... unglücklich
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Zitat:
Original von tigerbine
Generell fehlt mir ein wenig die Zinsrechnung und Kreditrechnung.


Also all meine Nachhilfeschüler machen momentan Zinsrechnung und auch, wenn ich persönlich nicht so der Fan von diesem Gebiet bin, muss ich sagen, dass es nicht nur die Schüler zu mögen scheinen, sondern dass man da so wahnsinnig praxisorientierte Aufgaben machen kann, die auch mal einfach interessant sind.
... und in der achten Klasse halte ich sowas durchaus für wichtig.

Ich kann Lampes Kritik(?) gar nicht verstehen. Wo ist das Problem an sich ändernden Lehrplänen? Oder ist Mengenlehre irgendwie besser/sinnvoller als Stochastik, wenn es um die Schule geht?

Alles unterzubringen ist halt nunmal kaum möglich, mit einem G8-System sowieso schon nicht mehr.

air
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Ich bin kein "Fan" von dem Gebiet, aber in unserer Zeit wo in fast jedem Prospekt mit Ratenzahlung u.Ä. geworben wird, nicht nur bei Großprojekten wie einem Haus finde ich, dass das Kalkulieren von einfachen Investitionen in den Bildungsauftrag gehört. Schule sollte nicht nur Hochschulreife vermitteln, sondern auch Lebensreife... verwirrt
Cheftheoretiker Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Was mich auch immer wundert, wie nehmen momentan das Thema das lösen von quadratischen Gleichungen durch. Mein Lehrer schreibt nie die Grundmenge mit dabei also nur die Gleichung. Man könnte jetzt sagen das die Gleichung nicht lösbar sei, dennoch rechnen wir sie durch.

Was ich damit sagen will, die meisten in meiner Klasse wissen nicht einmal warum es funktioniert. Ist eigentlich schade, dass darauf nicht näher eingegangen wird. Dafür ist aber auch der Lehrplan zu eng gestrickt.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Also die Grundmenge mit hinzuschreiben ist im Lehrplan wohl drin. Oder man sagt generell beim Beginn des Themas: "Da sind wir zuhause"

Solange die Beteiligten wissen, wo sie sind, sind gewisse Dinge "lästig". Aber wehe ein Fremder liest die Unterlagen, dann ist vieles unklar. Oder man selbst liest es nach einiger Zeit wieder. Da hat der Lehrer Vorbild zu sein.
Cheftheoretiker Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Zitat:
Original von tigerbine
Also die Grundmenge mit hinzuschreiben ist im Lehrplan wohl drin. Oder man sagt generell beim Beginn des Themas: "Da sind wir zuhause"

Solange die Beteiligten wissen, wo sie sind, sind gewisse Dinge "lästig". Aber wehe ein Fremder liest die Unterlagen, dann ist vieles unklar. Oder man selbst liest es nach einiger Zeit wieder. Da hat der Lehrer Vorbild zu sein.


Klar, das haben wir auch am Anfang mal ganz kurz gesagt. Allerdings versteht keiner in meiner Klasse warum das wichtig ist. Das man eine Gleichung lösen kann wird irgendwie als Gottgegeben betrachtet...
Lampe16 Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Zitat:
Original von Airblader

Ich kann Lampes Kritik(?) gar nicht verstehen. Wo ist das Problem an sich ändernden Lehrplänen? Oder ist Mengenlehre irgendwie besser/sinnvoller als Stochastik, wenn es um die Schule geht?



Lehrpläne - auch in Mathematik - müssen geändert werden, wenn neue Anforderungen an die neue Generation gestellt sind. Bestes Beispiel ist dafür, dass irgendwann Informatikinhalte in die Schule kamen. Neue Anforderungen waren aber nicht der Grund für die hohe Gewichtung der Mengenlehre vor langer Zeit und ebenso nicht für die der Stochastik heute. Da spielten eher unsachliche Gründe (Anderungsaktivismus) eine Rolle. Bei der Stochastik könnte man m.E. stark reduzieren (wie früher bei der Mengenlehre) und z.B. den großen Reststoff dafür vertiefen.

Meine ursprüngliche Anfrage zielte darauf, ob die hier versammelten Experten ein bestimmtes Gebiet sehen, dass jetzt - natürlich auf Kosten von Anderem - forciert werden müsste. Dazu hat noch keiner etwas gesagt.
Math1986 Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Zitat:
Original von Lampe16
Neue Anforderungen waren aber nicht der Grund für die hohe Gewichtung der Mengenlehre vor langer Zeit und ebenso nicht für die der Stochastik heute. Da spielten eher unsachliche Gründe (Anderungsaktivismus) eine Rolle. Bei der Stochastik könnte man m.E. stark reduzieren (wie früher bei der Mengenlehre) und z.B. den großen Reststoff dafür vertiefen.
Dass es Änderungsaktivismus ist sehe ich mal gar nicht so:

Stochastik spielt durchaus im Alltag eine Rolle, bei Glücksspielen, in der Statistik etc.
Zumindest die Grundlagen der Stochastik sollten hier mittelt werden, es soll sogar Leute geben die Mathe studieren, und für die ist dieser Stoff durchaus wichtig.

Nur weil du jetzt einen persönlichen Groll gegen Stochastik hast jetzt hier "Änderungsaktivismus" zu unterstellen halte ich für unsachlich.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Stochastik ist nun nicht mein liebster Bereich, aber ich stimme Math1986 zu. Gar nicht mal wegen dem Mathestudium, denn Maßtheorie kam im Unterricht nun nicht dran. Aber wir hatten hier schon viele Aufgaben mit user Argumentationen "aus dem Bauch heraus" und da liegt man ja eher falsch mit. Diese Vermittlung halte ich im Unterricht dann schon für sinnvoll. Außerdem wird man im Leben mit Studien, repräsentativen Umfragen etc. konfrontiert. Da sollte man sich dann auch was drunter vorstellen können.
Lampe16 Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mengenlehre, Stochastik. Was kommt als Nächstes?
Zitat:
Original von Math1986
Nur weil du jetzt einen persönlichen Groll gegen Stochastik hast jetzt hier "Änderungsaktivismus" zu unterstellen halte ich für unsachlich.


Einspruch, Euer Ehren! Ich habe Groll gegen kein mathematisches Gebiet. Ich weiß nicht, woraus du das schließt. Mir geht es nicht um meine Vorlieben oder Abneigungen für bestimmte Inhalte, sondern um die Mechanismen, die beim Nullsummenspiel ihrer Austarierung greifen. Es kann aber sein, dass für diese Frage das MatheBoard nicht der richtige Platz ist.

Auf jeden Fall danke ich allen für die rege Diskussion.
Iorek Auf diesen Beitrag antworten »

Was für eine schöne Diskussion, da hatte ich doch letztens noch was zu gelesen.

Frei übersetzt nach Richard Askey:

Mathematik ist wie ein Hocker, der auf drei Beinen steht. In der "New Math"-Periode wurde als einziges Bein die Struktur der Mathematik benutzt. Es herrschte die Meinung, dass man mit einem Verständis der Struktur der Mathematik auch rechnen und Anwendungsprobleme lösen könnte. Es stellte sich heraus, dass dies für fast alle Schüler nicht stimm. Dann kam die Bewegung "Back to Basics", die auf der Betonung von Rechentechnik und Rechenverfahren basierte. Allerdings war das Niveau zu niedrig, und gute Anwendungsprobleme und Struktur wurden ignoriert. Dieser Ansatz scheiterte in schlimmer Weise. Dann probierte es der NCTM (National Council of Teachers of Mathematics) mit der "Agenda for Action" und später mit seinen "Standards". Beide Ansätze beruhten auf der Idee, dass man Mathematik kann, wenn man Anwendungsprobleme und Aufgaben lösen kann. Man kann das in der Tat, aber auf zu niedrigem Niveau. Benötigt werden alle drei Komponenten: Anwendungsaufgaben, Rechentechnik und Struktur. Die "New Math" ist aus guten Gründen gescheitert, die "New New Math" wird aus anderen, aber ebenso guten Gründen scheitern. Vielleicht können wir danach versuchen, die Sache richtig anzugehen.

Zwar bezieht sich Askey in seinem Text auf amerikanische Reformen, allerdings gab es ähnliches in Deutschland; das Gegenstück zur "New Math"-Periode bildet die im Anfangspost genannte Mengenlehre in der Schule. Die weiteren Reformen sind nach und nach zu uns rübergeschwappt und wurden umgesetzt.

Ich sehe das recht ähnlich, im Moment gibt es mMn einen zu anwendungsorientierten Schwerpunkt, wodurch zu wenig auf elementare Kenntnisse und Fähigkeiten eingegangen wird (was so mancher Abiturient oder auch Mathematikstudent für grundlegende Lücken hat ist erschreckend). Auch der aktuelle (anwendungsorientierte) Schwank zur Stochastik/Statistik kann daher kommen. Ob sich das demnächst weiter in anwendungsorientierte Aufgaben verschiebt oder ob wieder mehr auf die Mathematik hinter den Aufgaben eingegangen wird kann ich natürlich nicht sagen, allerdings gibt es schon seit einiger Zeit Beschwerden der Universitäten, dass Abiturienten zu geringe mathematische Kentnisse haben (für Amerika vgl. Lewin, T in der NYT vom 14.11.2006, für Deutschland z.B. die Ausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 29.04.2005).
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »

Kannst du etwas genauer beschreiben, was du unter anwendungsorientiert verstehst? Stochastik besteht doch auch aus Theorie... verwirrt
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

@ Lampe

Okay, vielleicht sind Lehrplanänderungen nicht nötig. Meine Frage ist aber, warum sie schlimm sind?

air
Iorek Auf diesen Beitrag antworten »

Anwendungsorientiert = mehr Beispiele aus dem Leben statt "ordentliche" Einführung und theoretisches Wissen

Bei uns bestand Stochastik größtenteils aus ein klein wenig Würfeln und Kugeln aus Urnen ziehen, wir haben Wahrscheinlichkeiten eher "aus dem Bauch" bestimmt statt z.B. die Bedeutung eines Laplace-Experiments zu besprechen. Einfache theoretische Zusammenhänge (Ergebnisraum, Ereignismenge, Schnitt von Ereignismengen etc.) und weiterführende Überlegungen wie die Unabhängigkeit von Ereignissen, daran anschließend der Satz von Bayes geschweige denn Zufallsvariablen wurden überhaupt nicht angesprochen. Ob das überall so ist kann ich nicht sagen, allerdings habe ich ähnliches bei meinen Nachhilfeschülern gesehen.

Aktuellstes Beispiel wäre einer meiner Nachhilfeschüler, 11te Klasse, Einführung der Regressionsgeraden im Rahmen der beschreibenden Statistik. Die Regressionsgerade wurde eingeführt mit "Damit kann man näherungsweise eine Abhängigkeit der beobachteten Merkmalen erstellen, die Steigung ist und das hier ist die Gleichung die wir jetzt verwenden. Wir rechnen mal ein Beispiel dazu". Wo diese Steigung jetzt herkommt bleibt unbekannt, obwohl man diese auch mit Schulwissen sehr schön herleiten kann, man benötigt nur die quadratische Ergänzung.

Da meine Aussagen auf persönlichen Erfahrungen beruhen, hatte ich das "anwendungsorientiert" in Klammern gesetzt, es kann durchaus sein, dass man anderswo eine schöne Einführung in die Stochastik bekommt. Bei mir war es nicht so, bei 4 meiner Nachhilfeschüler (unterschiedlichen Alters, unterschiedliche Schulen) war es nicht so, und auch ein paar Bekannte von mir, die dieses bzw. nächstes Jahr Abitur machen ist es ähnlich.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »

Nun verstehe ich besser, was du meinst. Stochastik war bei mir anders, also da gab es auch Theorie dazu. Regressionsgeraden kamen allerdings nicht vor.
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Es sollte eigentlich für jedermann selbstverständlich sein, dass man an der Schule eine gesunde Mischung aus der Vermitllung von Grundlagenwissen und abstrakter Konzepte mit anwendungsorientierten Beispielen braucht. Jede Einseitigkeit ist nicht gut. Aber wo nun der optimale Mittelweg liegt, darüber lässt sich trefflich streiten.
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

Ich komme aus Franken (annektiert vom Königreich Bayern) und dort hat man komplexe Zahlen und Stochastik.

Aber wenn ich jetzt diese beiden Gebiete gegenüberstellen würde, muss ich der Stochastik und vor allem Kombinatorik darin mehr Alltagswert zugestehen als den komplexen Zahlen.

Die Stochastik wird außerdem vor allem in Form von Statistik und Fehlerrechnung für jedes naturwissenschaftliche Studium gebraucht. Die komplexen Zahlen sind vor allem in der Mathematik und Physik, aber auch in der E-Technik relevant. Ich hoffe ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster wenn ich sage, dass die ein Biologe oder Mediziner kaum braucht.

Ich sehe kein Gebiet, was besonders gestärkt werden müsste. Aber es ist ja auch das Studium, das auf die Schule reagiert und nicht umgekehrt.
Das Vorziehen von stochastischen Inhalten, wie das jetzt im G8 geschieht, halte ich für sehr sinnvoll. Das klappt auch gut. Man hat ja früher in der Kollegstufe nochmal mit Zählen wie im Kindergarten angefangen...
Dass die Stochastik so stiefmütterlich behandelt wurde (erst in der Kollegstufe, in Teilen der DDR garnicht), ist maßgeblich dafür, dass sie so unbeliebt ist.
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