Verständnisfrage allgemein: Topologie und Mannigfaltigkeit

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WF. Auf diesen Beitrag antworten »
Verständnisfrage allgemein: Topologie und Mannigfaltigkeit
Ich kenne die formale Definition einer Topologie in und auswendig. Es ist eine Menge M zusammen mit einem Teilmengensystem T, sodass die leere Menge und M selbst in T enthalten sind und beliebige Vereinigungen von Elementen aus T wieder in T sind und der Schnitt zweier Elemente aus T wieder in T. Das ist für mich aber erstmal nur eine abstrakte Definition, mit der ich nur auf dem Papier arbeiten kann. Was ist denn ein topologischer Raum ANSCHAULICH? Folgendes wäre ja beispielsweise ein topologischer Raum:

mit der Topologie

Ich kann damit nichts anfangen. Dieses individuelle Beispiel kann man nicht geometrisch interpretieren, also kann man Topologische Räume i. A. offensichtlich auch nicht geometrisch interpretieren. Ich meine aber gelesen zu haben, Topologische Räume würden hauptsächlich gebraucht, um geometrische Objekte zu beschreiben. Das kann ich mir auch irgendwo vorstellen, einen Einheitskreis kann man ja in Mengenschreibweise schreiben:



Und als Topologie z. B. die diskrete Topologie: .

Nur was bringt mir das? Wo ist der Unterschied zwischen der Menge M (Einheitskreis) und dem topologischen Raum ? Sind alle geometrischen Objekte = topologische Räume? Zumindest kann ich ja mit der indiskreten oder diskreten Topologie aus jeder beliebigen Menge einen topologischen Raum machen.


Nun zu Mannigfaltigkeiten. Mannigfaltigkeiten sind topologische Räume, die bestimmte Eigenschaften haben. Lokokal euklidisch, Hausdorff'sch und sie besitzen eine abzählbare Basis. Lokal euklidisch kann man sich ja wenigsten vorstellen, wenn man weiß, dass Mannigfaltigkeiten bestimmte geometrische Objekte sind. Sie müssen halt an jedem Punkt dem euklidischen Raum "gleichen". Wenn ich z. B. eine Kugeloberfläche nehme, gleicht sie überall lokal dem IR^2. Hausdorff'sch ist auch klar. Man kann 2 unterschiedliche Punkte "gebietsweise" trennen. Was mir die Abzählbarkeit der Basis sagen will, ist mir allerdings schleierhaft.

Vor allem die geometrische Interpretation von topologischen Räumen bzw. der Unterschied in meinem Beispiel zwischen M (Einheitskreis) und (M,T) (Einheitskreis mit Topologie) würde mich interessieren. Gibt's vielleicht ein paar gute Artikel / Bücher / Skripte / Webseiten, die auch für Physiker empfehlenswert sind?
zweiundvierzig Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Verständnisfrage allgemein: Topologie und Mannigfaltigkeit
Zitat:
Original von WF.
Dieses individuelle Beispiel kann man nicht geometrisch interpretieren, also kann man Topologische Räume i. A. offensichtlich auch nicht geometrisch interpretieren.

Richtig.

Zitat:
Original von WF.


Und als Topologie z. B. die diskrete Topologie: .

Ja, wobei hier die gewöhnliche euklidische Topologie anschaulich etwas bedeutungsvoller wäre.

Zitat:
Original von WF.
Sind alle geometrischen Objekte = topologische Räume?

Ich weiß nicht, was Du genau unter "geometrisches Objekt" verstehst, aber alles, was Du so hinzeichnen kannst ist sicher ein Teilmraum eines topologischen Raums .

Zitat:
Original von WF.
Zumindest kann ich ja mit der indiskreten oder diskreten Topologie aus jeder beliebigen Menge einen topologischen Raum machen.

Richtig.

Zitat:
Original von WF.Was mir die Abzählbarkeit der Basis sagen will, ist mir allerdings schleierhaft.

Dadurch erhälst Du Parakompaktheit und somit eine Partition der Eins. Das ist notwendig, um Differentialformen integrieren zu können.

Zitat:
Original von WF.
Vor allem die geometrische Interpretation von topologischen Räumen bzw. der Unterschied in meinem Beispiel zwischen M (Einheitskreis) und (M,T) (Einheitskreis mit Topologie) würde mich interessieren. Gibt's vielleicht ein paar gute Artikel / Bücher / Skripte / Webseiten, die auch für Physiker empfehlenswert sind?

Naja, ist eine Menge, erstmal ohne Topologie. Du kannst natürlich auf dem Einheitskreis zwei Topologien betrachten, z.B. die diskrete und die euklidische. Diese liefern dir unterschiedliche topologische Strukturen auf derselben Grundmenge, man sagt die beiden entstehenden Räume sind nicht homöomorph.

Topologie ist ein sehr stark verzweigtes Gebiet und es gibt viel Literatur darüber. Eim umfassendes Werk mit einem großen Teil Algebraischer Topologie, aber auch Differentialtopologie ist Bredon: "Topology and Geometry".

Edit: Dein angebenes Beispiel ist übrigens keine Topologie, bloß eine mögliche Basis für die diskrete Topologie.
gonnabphd Auf diesen Beitrag antworten »

Hi,

Erstmal sollte man topologische Räume als Verallgemeinerung von metrischen Räumen ansehen. Metrische Räume treten natürlich so ziemlich überall in ganz natürlicher Weise auf, also sollte man versuchen, deren Eigenschaften so gut wie möglich zu verstehen.

Vor allem interssiert uns natürlich der und die Eigenschaften stetiger Funktionen zwischen den Euklidischen Räumen.

Bsp. Wenn stetig ist, dann nimmt sein Minimum und Maximum an. Ausserdem nimmt jeden Wert, welcher zwischen und liegt an. Woran liegt das? Allgemeiner: Wenn stetig mit einer beliebigen Menge ist, was muss für gelten damit die gleichen Eigenschaften wie hat?

Dank deinem Analysis I und II Kurs wird es dir nicht schwer fallen, solche Eigenschaften zu nennen (nämlich Kompaktheit und Zusammenhang). Doch, wenn wir ehrlich sind, müssen wir eingestehen, dass diese beiden Eigenschaften alles andere als intuitiv sind. Ja nur schon deren Definitionen werden beim Erstsemestler ordentlich Verwirrung stiften!

Wie könnte man nun auf diese Eigenschaften gekommen sein?

Das Problem bei ist gewissermassen, dass uns "zu viel" Struktur geboten wird: Es ist ein vollständiger metrischer Raum, eine geordnete Menge (in der Ordnungstopologie), zusammenhängend, einfach zusammenhängend, lokalkompakt, parakompakt, zweitabzählbar, (topologische) Gruppe, ...

Deshalb kann es unglaublich schwer sein, die für das Verhalten stetiger Funktionen wirklich entscheidenden Eigenschaften herauszufiltern. Schält man die ganze zusätzliche und für den Begriff der stetigen Funktion unnötige Struktur ab, so gelangt man zum Begriff des topologischen Raumes.

In diesem Sinne zeigt uns die Topologie schon mal, um was es bei stetigen Funktionen wirklich geht: "Nahe" Punkte, müssen auf "nahe" Punkte abgebildet werden (insbesondere hat es nicht unbedingt etwas mit Folgen zu tun, das ist bloss (wegen der zusätzlichen Struktur) auf metrischen Räumen so).

Von der Definition der Topologie ausgehend, kann man den Räumen dann Schritt für Schritt wieder mehr Struktur geben und untersuchen, was sich mit dieser Struktur zeigen lässt.

Der Sinn der Topologie ist also darin zu suchen, dass man durch Abstraktion ein tieferes Verständnis für die grundlegenden Prinzipien und den entscheidenden Eigenschaften der für die Anwendungen wirklich wichtigen Räume gewinnt (wie den Euklidischen und Funktionenräumen, welche in den allermeisten Fällen vom vornherein mit einer Norm und Vektorraumstruktur versehen daherkommen).

Soviel zur Topologie.

Edit: Eine gute Idee, wenn du einen Überblick über bzw. eine Motivation für das Studium von Topologien/Mannigfaltigkeiten suchst, dann sind Einleitungen zu Büchern sicherlich gut. z.B. von Jänich.
Auch würde ich dir anraten, einmal ein bisschen in verschiedenen Topologiebüchern und Differentialgeometriebüchern zu blättern bis du etwas siehst, was dir interessant erscheint. Die Verbindungen zwischen Diff'geo und Physik sind natürlich sehr stark, wodurch du zumindest da sehr viele Bücher finden wirst, welche 'physikerfreundlich' sind.
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