[WS] Komplexe Zahlen

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[WS] Komplexe Zahlen
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Komplexe Zahlen

1.) Einleitung und Definiton
-Die imaginäre Einheit
-Die Schreibweise
2.) Einfache Rechenregeln
-Addition und Subtraktion
-Multiplikation
-Division
-Quadratwurzel
3.) Komplexe Ebene
4.) Höhere Rechenregeln
5.) Exponentialform
6.) Komplexe Zahlen in der Mathematik
-Fundamentalsatz der Algebra
-Kubische Gleichungen
7.) Komplexe Zahlen in der Physik
8.) Höhere Mathematik mit Komplexen Zahlen (Funktionentheorie)
9.) Erweiterung der Zahlen(Quaternionen und Oktonen)
10.) Geschichte der Komplexen Zahlen
11.) Zusammenfassung und Rückblick
12.) Links
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1.) Einleitung und Definition

- Es scheint als hätte man mit den reellen Zahlen alle nötigen Zahlen. Aber es gibt keine reelle Zahl, die die Gleichung löst. Für solche Probleme benötigt man die Zahl i.

das heißt
Jeder, der genug von Mathematik versteht, weiß, dass es diese Zahl nicht als reelle Zahl geben kann. Man bezeichnet i deshalb auch als "imaginäre Einheit".

- Multipliziert man die reelle Zahl b mit i, erhält man bi. Die imaginäre Einheit multipliziert mit einer reellen Zahl heißt "imaginäre Zahl".
Addiert man zu bi die Zahl a, erhält man Z=(a+bi). Da man reelle Zahlen und imaginäre Zahlen nicht zu imaginären oder reellen Zahlen addieren kann, nennt man diese Zahlen "komplexe Zahlen". "a" nennt man Realteil, "bi" heißt Imaginärteil. C bedeutet Menge aller komplexen Zahlen. Die komplexen werden oft einfach so (a;b) geschrieben, ich verwende hier aber immer diese Schreibweise (a+bi).

2.) Einfache Rechenregeln

Für komplexe Zahlen gelten das Kommutativgesetz, das Distributivgesetz und das Assoziativitätsgesetz. Man sollte komplexe Zahlen wie Binome behandeln, bei denen allerdings i*i zu -1 führt und man a und bi nicht zu einer Zahl addieren kann.





Es fällt die Zahlenreihe 1, i, -1, -i, 1, i, -1, -i, auf. Demnach ist . Dies wird bestätigt durch


- Addition und Subtraktion:
Das Addieren von komlexen Zahlen ist simpel:


Genauso das Subtrahieren:


- Multiplikation:
Das Multiplizieren ist schon etwas schwerer, aber auch kein Problem.


Bei der Multiplikation von zwei zueinander "konjugiert komplexen Zahlen" kommt immer eine reelle Zahl heraus.


Der Imaginärteil einer Zahl geteilt durch den Imaginärteil ihrer konjugiert komplexen Zahl ergibt -1. Der Realteil ist gleich. Weitere Regeln:


-Kehrwert:


-Division:
Daraus folgt



-Quadratwurzel:


Dabei muss beachtet werden, dass es immer 2 Quadratwurzeln gibt. Die andere Lösung erhält man, indem man die ganze Lösung mit -1 multipliziert.
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3 Die komplexe Zahlenebene


Die komplexen Zahlen kann man als zweidimensionale Zahlen ansehen, denn sie beinhalten eigentlich zwei Werte. Deshalb kann man diese Zahlen z nicht auf einem Zahlenstrahl wie die reellen Zahlen anordnen, sondern braucht eine Zahlenebene. Dabei gibt die y-Achse den Imaginärteil Im(z) und die x-Achse den Realteil Re(z) der komplexen Zahl z an.

Neben dieser kartesischen Darstellung ist es auch möglich, eine komplexe Zahl mit Polarkoordinaten, also mit Länge und Winkel zu bezeichnen.

Die Länge von einer komplexen Zahl (Betrag von z) kann berechnet werden durch .

Rein reelle Zahlen haben den Imaginärteil Null, der Winkel ist somit entweder 0° (für positive Zahlen) oder 180° (für negative Zahlen).

Ist der Realteil Null, liegt die komplexe Zahl auf der Imaginärachse. Der Winkel ist somit entweder 90° (positiver Imaginärteil) oder -90° (negativer Imaginärteil).
Hinweis: -90° entsprechen dem positiven Winkel 270°.

Der Winkel Phi (Argument von z) kann ansonsten berechnet werden durch

Die Arkustangens-Funktion liefert allerdings nur Winkel, die im ersten oder vierten Quadranten liegen. Ist der Realteil negativ, stimmen diese Winkel daher nicht. Durch einfaches Addieren von 180° erhält man in diesem Fall das korrekte Ergebnis.

Ein Beispiel: die komplexe Zahl -3-4i liegt mit negativem Real- und Imaginärteil im dritten Quadranten, sollte also einen Winkel zwischen 180° und 270° besitzen. Der Arkustangens liefert zunächst . Also beträgt der korrekte Winkel 53°+180°=233°.

Eine komplexe Zahl lässt sich auch in Polarform darstellen:

Dann lässt sich z ausdrücken als

Weiter gilt die Eulersche Formel , wodurch sich auch in Exponentialform als schreiben lässt.


3.1 Addition

Komplexe Zahlen kann man addieren. Dabei addieren sich die Real- und Imaginärteile jeweils getrennt voneinander.

Die komplexen Zahlen 1+2i und 3+4i werden addiert, indem man die Realteile (1+3=4) sowie die Imaginärteile (2i+4i=6i) addiert. Die beiden Summen werden zum Ergebnis 4+6i zusammengefasst.

Beim Addieren von komplexen Zahlen werden die jeweiligen Realteile und Imaginärteile addiert .


3.2 Subtraktion

Komplexe Zahlen kann man subtrahieren. Dabei subtrahieren sich die Real- und Imaginärteile jeweils getrennt voneinander.

Die komplexen Zahlen 9+8i und 7+6i werden subtrahiert, indem man die Realteile (9-7=2) sowie die Imaginärteile (8i-6i=2i) subtrahiert. Die beiden Differenzen werden zum Ergebnis 2+2i zusammengefasst.

Beim Subtrahieren von komplexen Zahlen werden die jeweiligen Realteile und Imaginärteile subtrahiert .


3.3 Multiplikation

Es gilt



Durch das Additionstheorem der Trigonometrie folgt



Beim Multiplizieren von komplexen Zahlen werden die Beträge multipliziert und die Winkel addiert.


3.4 Division

Auch hier kann durch das Additionstheorem gezeigt werden, dass



Beim Dividieren von komplexen Zahlen werden die Beträge dividiert und die Winkel subtrahiert.


4 Höhere Rechenregeln


4.1 Potenzieren

Es ist



Würde man mit a+bi rechnen, dauert die Rechnung länger, aber das Ergebnis bleibt dasselbe.

Beim Potenzieren von komplexen Zahlen werden die Beträge potenziert und die Winkel multipliziert.


4.2 Wurzelziehen

Hier gilt



Beim Radizieren von komplexen Zahlen werden die Beträge radiziert und die Winkel dividiert.

Allerdings muss man daran denken dass die n-te Wurzel n Lösungen hat. Die angegebe Vorgehensweise liefert nur die sogenannte Hauptlösung!

Die Formel für alle Lösungen lautet
für (Bogenmaß)

Am Beispiel soll das erläutert werden. Wir wollen hier also die fünfte Wurzel einer komplexen Zahl ziehen, die den Betrag 32 und den Winkel 90° hat.

Nun wird zunächst die fünfte Wurzel des Betrags 32 gezogen, das ergibt 2.

Jetzt wird der Winkel 90° durch fünf geteilt, das sind 18°.

Die Hauptlösung ist also die komplexe Zahl mit Betrag 2 und Winkel 18°.

Und dann muss man einfach immer um weiterdrehen! Die Nullstellen reihen sich dann auf einem Kreis wie Perlen auf einer Kette:

2. Lösung: Betrag 2, Winkel 18°+72°=90°
3. Lösung: Betrag 2, Winkel 90°+72°=162°
4. Lösung: Betrag 2, Winkel 162°+72°=234°
5. Lösung: Betrag 2, Winkel 234°+72°=306°

Für alle diese Lösungen gilt in der Tat, dass sie, wenn sie zur fünften Potenz erhoben werden, die Zahl 32i ergeben! Machen wir die Probe zum Beispiel mit der 4. Lösung:

Betrag:

Winkel:

Um zu zeigen, dass 1170° dem Winkel 90° entspricht, ziehen wir davon nun so oft 360° ab, bis wir im vertrauten Bereich landen:

1170°-360°=810°
810°-360°=450°
450°-360°=90°

Und das ist in der Tat die korrekte Lösung.
Guevara Auf diesen Beitrag antworten »

5.) Die Exponentialform

Mit der Taylor-Reihe kann man auch in der Exponentialfunktion verwenden.





(Achtung: immer Bogenmaß bei der Exponentialform)

Demnach gilt

Diese Darstellung von Z nennt man Exponentialform.



für


Achtung: Diese Formel ist nicht für jede Zahl anwendbar. Nur wenn a und b ungleich 0 sind. Außerdem wird z.B. nicht zwischen a= -1, b= -1 und a=1,b=1 unterschieden. Also aufpassen im welchen Quadrant die Zahl liegt.



Guevara Auf diesen Beitrag antworten »

6.) Komplexe Zahlen in der Mathematik

Nicht gestreckte Parabeln, die 2 reelle Lösungen für y=0 haben, lassen sich so darstellen:

Hier sind die Lösungen c und d, will man aber eine Parabel ohne reelle Lösung, lässt sie sich so darstellen

Die Lösungen müssen zwei zueinander konjugiert komplexe Zahlen sein, sonst sind die Koeffizienten nicht reell.

Die Gleichung kann mit der pq-Formel gelöst werden. . Die Lösung kann durch Einsetzen in den Term bestätigt werden.
Die Diskriminante (die Zahl unter der Wurzel = D) bestimmt die Art der Lösungen, wenn p und q reelle Zahlen sind. Dann gilt:
2 reelle Lösungen wenn D>0
2 gleiche reelle Lösungen wenn D=0
2 zueinander konjugiert komplexe Lösungen wenn D<0

Durch den Term

folgt, dass ein Polynom n-ten Grades insgesamt n reelle und komplexe Lösungen haben können. Sind die Koeffizienten reell, dann sind immer 2 komplexe Lösungen zueinander konjugiert, und ist n ungerade, gibt es mindestens eine reelle Nullstelle.
Der "Fundamentalsatz der Algebra" sagt, dass jedes Polynom n-ten Grades in C genau n Lösungen hat, die allenfalls zusammenfallen. (Reelle Zahlen gehören auch zu C, es sind Sonderfälle ohne Imaginärteil).
Den Beweis lasse ich hier aber weg.

-Anwendung komplexer Zahlen
Cardano stellte diese Aufgabe:
Die Summe zweier Zahlen beträgt 10, ihr Produkt 40. Wie lautet die Summe der Kehrwerte dieser Zahlen?
Die Frage lässt sich sofort beantworten:



Andererseits







Man kann die komplexen Lösungen wie oben mit der pq-Formel berechnen und beweisen, dass diese Zahlen die Bedingungen erfüllen.

Diese Gleichung hat also keine reelle Lösung. Trotzdem kommt man bei der Summe der Kehrwerte auf auf eine reelle Lösung.
Darum kann man jetzt sagen: Mit komplexen Zahlen kann man sinnvolle reelle Zahlen berechnen, welche sonst nur umständlich oder sogar überhaupt nicht berechenbar wären. Deshalb sind die komplexen Zahlen, die es ja eigentlich gar nicht gibt, in der Mathematik und in der Physik wichtig.
Nun zu einer nützlicheren Anwendung als die obere Gleichung

-Kubische Gleichungen
Das Problem ist die Lösung von

1.)Wir substituieren x durch
Dadurch fällt das quadratische Glied weg und wir erhalten
mit
Nun müssen wir nur noch lösen.

2.)
aus beiweispraktischen Gründen
umformen
Resubstitution



Also



3.)
Um an und an zu kommen, benutzt man die pq-Formel.









Man muss daran denken, dass es immer 3 Lösungen für die dritte Wurzel gibt. Ist , sind unter der dritten Wurzel komplexe Zahlen. Allerdings muss man mindestens eine reelle Lösung erhalten. Durch die Addition von u und v muss man y erhalten. Da es jeweils 3 Lösungen gibt, gibt es 9 Kombinationen. Allerdings gilt . Dadurch ergeben sich 3 sinnvolle Kombinationen:









Um von y wieder an x zu kommen, rechnet man

Die Diskriminante (D=(q/2)²+(p/3)³) bestimmt die Art der Lösung
1.) D<0
Es gibt 3 reelle Lösungen
2.) D=0
Es fallen mindestens 2 der 3 reellen Lösungen zusammen. Bei p=q=0 sind alle Lösungen =0.
3.) D>0
Es gibt 1 reelle und 2 konjugiert komplexe Lösungen. Wenn p=0 dann sind die Lösungen
AD Auf diesen Beitrag antworten »
RE: [Workshop] Komplexe Zahlen
Die Berechnung des Arguments einer komplexen Zahl z ungleich Null bei gegebener algebraischen Darstellung



ist oben falsch (im Sinne von nicht allgemeingültig) angegeben. Wenn wir und für die Polardarstellung



ermitteln wollen, so ist wegen der Periodizität nur dann eindeutig, wenn wir uns auf ein bestimmtes Winkelintervall der Länge festlegen - das sei hier mal der Bereich .

Dann bestimmt man gemäß und



Alternativ kann man auch den arctan heranziehen, aber da muss man aufpassen (Division durch Null vermeiden!):



oder noch schlimmer

 
 
mYthos Auf diesen Beitrag antworten »
Komplexe Behandlung sinusförmiger Wechselströme
Bei der Behandlung von sinusförmigen Wechselströmen hat sich die komplexe Funktionaltransformation (welche zu definieren ist*) als sehr hilfreich erwiesen. Der tiefere Hintergrund bzw. die Beweggründe dafür liegen darin, dass sich anstatt mit den meist unbequemen Winkelfunktionen die Schreibweise mit e-Funktionen weit angenehmer gestaltet. Vor allem Differenzieren und Integrieren wird damit zum "Kinderspiel" (Beispiel weiter unten). Aber auch Verhältnisse von Spannung und Strom, Phasenwinkel, Schein-, Wirk- und Blindkomponenten, Dämpfungs- und Pegelmaße, Reflexion, Wellenausbreitung, Vierpol- und Leitungsgleichungen lassen sich in komplexer Schreibweise ungleich besser darstellen.

* Komplexe Funktionaltransformation:

Sinusförmiger WS:











Wir führen nun folgende komplexe Größe ein und kennzeichnen im Folgenden komplexe Größen mit einem Unterstrich:



Um Verwechslungen mit dem Strom i zu vermeiden, wird die imaginäre Einheit ab sofort mit dem Buchstaben bezeichnet.

Die Definition der komplexen Funktionaltransformation besagt nun, dass der Imaginärteil von gleich dem eingangs angegebenen Term der rellen Wechselspannung ist.
Analog gilt dies für den Strom i. In der Folge kann man dafür auch den Realteil des komplexen Termes definieren, denn im Prinzip ist auch der cosinusförmige Wechselstrom wie der sinusförmige zu behandeln.

Somit kann auch geschrieben werden:





Die beiden ersten Faktoren zusammem bezeichnen wir mit



und nennen sie komplexe Amplitude. Sie enthält die reelle Amplitude und den Anfangsphasenwinkel.




Somit schreiben wir für Spannung und Strom insgesamt





Abschließend zu der Definition muss noch deren Zulässigkeit überprüft werden. Alle Operationen dürfen im Allgemeinen nicht die Frequenz des Wechselstromes verändern (Linearität). Ohne Beweis gilt, dass die vektorielle Addition und die höheren Operationen (Logarithmieren, Differentiation, Integration) uneingeschränkt möglich sind.
Multiplikation und Division sind nur nach weiteren Definitionen (Widerstand, Leitwert, Wechselstromleistung) zulässig bzw. gelten nur für die nicht frequenzbehafteten komplexen Amplituden, ansonsten sich die Frequenz ändern würde.

Um den Vorteil der komplexen Schreibweise zu verdeutlichen, berechnen wir im folgenden Beispiel den komplexen Widerstand (allg. mit R -> Wechselstromwiderstand, Impedanz) einer Spule, deren Induktivität L H (Henry) (1 Vs/A) beträgt. Den meist geringen rein ohm'sche Widerstand R der Spule setzen wir zunächst 0. Der Anfangsphasenwinkel des Stromes sei 0. Lt. Induktionsgesetz gilt











Dieses Ergebnis besagt, dass - wegen des Multiplikators j - die Spannung dem Strom in der Spule um 90° voreilt! Ausserdem können wir das Verhältnis



ablesen, welches als komplexer Widerstand (Blindwiderstand=Reaktanz, allg. Scheinwiderstand, Impedanz) der Spule bezeichnet wird. Der komplexe Leitwert (Blindleitwert=Suszeptanz, allg. Scheinleitwert, Admittanz) ist der Kehrwert von .

Analog dazu kann der kapazitive Leitwert eines Kondensators (C) aus errechnet werden. Er ist



Ein weiteres Beispiel:

Die Berechnung des komplexen Gesamtwiderstandes (Impedanz oder Scheinwiderstand) einer Hintereinanderschaltung eines Wirkwiderstandes R (reeller Widerstand), einer Induktivität L und einer Kapazität C - beides sind Blindwiderstände - in einem Wechselstromkreis mit den o.g. Eigenschaften gestaltet sich mittels vektorieller Addition besonders einfach:









Resonanz liegt vor, wenn sich die Blindwiderstände aufheben:








In diesem kurzen Essay wurde die Bedeutung der komplexen Behandlung des Wechselstromes aufgezeigt.

mY+
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