Berichtsammlung, Vorkurse Mathematik

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Abakus Auf diesen Beitrag antworten »
Mathematischer Vorkurs?
Viele Universitäten bieten für den Übergang von der Schule zum Studium einen mathematischen Vorkurs an. Inhalt und Aufbau variieren dabei. Wenn du einen Vorkurs besucht hast oder sogar einen geleitet hast, würden wir uns über deinen Bericht freuen.

Dieser Tage veranstalten die meisten Fakultäten ja sowas wie einen Mathematischen Vorkurs / Einführungskurs für Studienanfänger der Mathematik und ggf. verwandter Fachbereiche.

Zumeist ist dieser Kurs eine Einführung in das Geschehen einer Vorlesung, in verschiedene math. Fachgebiete und Methoden usw., einige scheinen aber auch Auffrischungen der Schulmathematik zu sein.

Einige scheinen motivierend aufgebaut zu sein, während andere eher abschreckend wirken.

Einigen Studenten scheint es deutlich zu schwer zu sein, während andere nach dem ersten Tag schon nicht mehr kommen, weil sie sich deutlich unterfordert fühlen.

Interessant wäre einmal verschiedene Erfahrungen zu vergleichen, also was macht euer Vorkurs genau (wo ordnet er sich im obigen Spektrum ein?) und wie findet ihr ihn?

Grüße Abakus smile
IfindU Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mathematischer Vorkurs?
Vorkurs 2009, Bonn:

Das Hauptthema war Zahlentheorie und sollte in 2 Wochen, an denen täglich 2 Stunden Vorlesung und 2 Stunden Übung stattfanden, zur RSA-Verschlüsselung führen.

Zu Anfang fing es mit der vollständigen Induktion an, der Definition eines Körpers und sehr grundlegende Sachen. Kurz später waren wir voll in der Zahlentheorie und Verschlüsselung (symmetrisch/asymmetrisch, Stärke, etwas historisches). Man kann da allgemein gut mit, aber spätestens als es den ersten richtigen schwierigen Beweis gab (Chinesischer Restsatz) wurde auch klar, dass man sich wirklich reinhängen muss. Aufgaben gabs auch reichlich jeden Tag, wo man viele, wenn auch später nicht alle lösen konnte. Wie bei den Übungen später auch.

Also nicht wirklich eintönig leicht oder schwer, sondern aufsteigend von leichten, grundlegenden Sachen zu für Schulmathematikgewohnten Schüler schweren Beweisen (Ich weiß nicht, ob ich den Beweis noch immer als schwer empfinden würde, zu der Zeit aber definitiv).

Ein kleiner Bericht meinerseits.
Shortstop Auf diesen Beitrag antworten »

Vorkurs 2009, Siegen:

3 Wochen lang täglich 3 Stunden für angehende Mathematik-, Physik- und Informatikstudenten, sowohl Lehramt als auch Bachelor.

Themen:

1. Grundbegriffe der mathematischen Logik
-Aussagenlogik
-Beweismethoden (Vollständige Induktion)

2. Mengen und Abbildungen

3. Potenzen, Wurzeln, Logarithmen

4. Betrachtung versch. Funktionstypen
-Ganzrationale
-Exponential
-Logarithmus
-Trigonometrische

Dazu 2 "Wochenendblätter" mit Übungsaufgaben.
Anspruch: Oberstufe

Zur Wiederholung nach einem Jahr Zivi fand ichs ganz gut =)
MI Auf diesen Beitrag antworten »

Vorkurs 2008 RWTH (hat sich aber seitdem wohl nichts geändert):

Mathematik für alle Studiengänge:

Form: Morgens u. Nachmittags jeweils eine Vorlesung (45 Min), danach jeweils Übung (90 Min).
Länge: Dreieinhalb bis vier Wochen, Wiederholung des Schulstoffs (dient dazu, alle auf denselben Stand zu bringen):

1. Woche Grundlagen:
Aussagenlogik, Zahlen, Grundrechenarten, Prozentrechnen, komplexe Zahlen, Beweisverfahren
2. Woche Lineare Algebra:
Gauß-Algorithmus, Matrizenrechnen, ein wenig affine Abbildungen, Vektorrechnung
3. Woche Analysis:
Abbildungen, Folgen, Stetigkeit, Differential- und Integralrechnung, Ungleichungen
4. Woche Wrechnung und Statistik:
Grundlagen der Wrechnung, bedingte Wsk, etc. + Grundlagen Statistik inkl. lineare Regression.

Fazit: Geht nicht/kaum über den Oberstufenstoff hinaus - dafür ist der Kurs aber auch nicht gedacht, da er für ALLE Studiengänge gedacht ist. Zur Wiederholung nach dem Zivi sehr gut, außerdem kommt man halt wieder ins Arbeiten rein. Für Leute, die vllt. nur Grundkurs hatten oder einige Themen ausgeklammert haben vielleicht nicht schlecht.

Gruß
MI
Cugu Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
3. Woche Analysis: Abbildungen, Folgen, Stetigkeit, Differential- und Integralrechnung, Ungleichungen

Das ist ja praktisch. Dann kann man sich die Analysis I Vorlesung schenken...

Es wurde nichts bewiesen oder wie schafft man das alles in einer Woche?


---------

Achso: Naja, ich habe selbst keine Erfahrungen, ich war nicht da...
Equester Auf diesen Beitrag antworten »

Vorkurs Stuttgart (2009)
Hinweis: Es gibt zwei Vorkurse. Einer für die, die mehr Mathe brauchen, einen
für die, die mit weniger auskommen.
Hier für die mit mehr Mathe:

Für:
Elektro- und Informationstechnik, Informatik, Maschinelle Sprachverarbeitung,
Mathematik, Mechatronik, Physik, Simulation Technology, Softwaretechnik und
Technische Kybernetik

4 Wochen, 4 Tage die Woche Vorlesung -> 3,25h + jeden Tag Übungen 1,5h

1. Aussagen, Mengen, Quantoren, Beweise, Vollständige Induktion,
Abbildungen, Kombinatorik.
2. Ebene Geometrie, Trigonometrie, Vektorrechnung, lineare Unabhängigkeit,
lineare Gleichungssysteme, analytische Geometrie.
3. Gleichungen, Kegelschnitte, Ungleichungen, Funktionen, reelle Zahlen,
Folgen, Reihen, Stetigkeit, Komplexe Zahlen.
4. Differentiation, Kurvendiskussion, Integration

Fazit: Sehr kompliziert. Vieles wird vorausgesetzt (Komplexe Zahlen etc). Was
bekannt ist, wird abstrakt wiederholt. Ohne Vorbereitung oder gefestigtem Wissen
nicht sehr nützlich. Sehr viel Hausaufgaben :P (Mit Abgaben)

Prüfung (Freiwillige Basis) am Schluß: >50% ade ...


Edit:
Nachtrag:
Nachdem der Vorkurs nun verjährt ist, muss ich meine Meinung revidieren.
Zitat:
Ohne Vorbereitung oder gefestigtem Wissen nicht sehr nützlich.

Durchaus sehr nützlich (bevorzugt mit Vorbereitung). Man hat im Vorkurs
schon viel gesehen, was zum Beispiel die neue Schreibweisen etc. angeht.
Damit bleibt im Semester mehr Konzentration aufs Wesentliche (Großes Plus)!
 
 
MI Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Cugu
Zitat:
3. Woche Analysis: Abbildungen, Folgen, Stetigkeit, Differential- und Integralrechnung, Ungleichungen

Das ist ja praktisch. Dann kann man sich die Analysis I Vorlesung schenken...

Es wurde nichts bewiesen oder wie schafft man das alles in einer Woche?


Natürlich nicht. Also fast keine Beweise, da das ganze ja für alle Fakultäten war. Wie gesagt, alles auf Schulniveau (in manchen Bundesländern gibt's Folgen und Stetigkeit in der 11. Klasse)

Gruß
MI
Cugu Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
in manchen Bundesländern gibt's Folgen und Stetigkeit in der 11. Klasse

Klar, aber wenn man die Schüler fragt, dann sagen sie der Tangens sei stetig, weil man ihn durchzeichnen könne.
An den Nullstellen des Kosinus müsse man bis zeichnen und komme bei wieder heraus.

(Naja, immer noch besser, als wenn sie mit demselben Argument den Tangens als unstetig bezeichnen...)

In den Vorkursen für alle Fakultäten wird zumindest mathematisch korrekt definiert?
Iorek Auf diesen Beitrag antworten »

Erfahrungsbericht aus Tutorsicht:
2011 habe ich erstmals ein Tutorium im Vorkurs Mathematik der RWTH Aachen geleitet. Vorbereitend besuchte ich ein zweitägiges Seminar, welches einem Präsentationstechniken und Konfliktmanagement vermitteln sollte.

Für die Teilnehmer des Vorkurses gab es pro Tag zwei Vorlesungen von je 45 Minuten und zwei Übungseinheiten von je 90 Minuten. Die Übungsgruppen wurden dabei sofern möglich nach Fachrichtungen getrennt, um möglichst effizient und zielgerichtet im jeweiligen Tutorium arbeiten zu können.

Die ersten beiden Wochen waren den Grundlagen der Mathematik gewidmet, an den ersten 3 Tagen wurde elementarer Schulstoff (Bruchrechnung, Prozentrechnung, Dreisatz, lösen quadratischer Gleichungen etc.) behandelt. Danach ging es mit Aussagenlogik und Mengenlehre weiter, Abbildungen wurden eingeführt sowie Beweisprinzipien besprochen (direkter/indirekter Beweis, Widerspruchsbeweis, Induktion).

Nach den Grundlagen gab es eine Woche, die der Analysis gewidmet war. Hier wurden reelle Funktionen näher betrachtet, Folgen eingeführt und die Stetigkeit sowie Grenzwerte erläutert. Abschließend wurde die Differential- und Integralrechnung wiederholt und erweitert.

Die vierte Woche stand im Zeichen der linearen Algebra. Der Begriff der Matrix wurde eingeführt, elementare Rechenoperationen mit Matrizen sowie die Matrixschreibweise im Zusammenhang mit linearen Gleichungssystemen geübt. Die analytische Geometrie der Schule wurde wiederholt und letztendlich der Begriff des affinen Raums und des Vektorraums eingeführt. Abschließend wurden affine und lineare Abbildungen betrachtet.

Die letzte Woche behandelte die Grundlagen der Stochastik und (deskriptiven) Statistik.

Mir hat meine Aufgabe als Tutor sehr viel Spaß gemacht. Meine Ersties waren angehende Wirtschaftswissenschaftler, nahezu alle zeigten guten Einsatz und waren mit Spaß bei der Sache. Im Verlauf des Vorkurses haben wir auch außerhalb des Tutoriums diverse Aktivitäten arrangiert; vom Kneipenbesuch über einen Besuch im Kletterwald bis zum Ski fahren in einer der größten Skihallen Europas…
Ich werde mich im nächsten Jahr wieder um eine Tutorstelle bemühen, und kann diese Beschäftigung nur wärmstens weiterempfehlen.
Cel Auf diesen Beitrag antworten »

Erfahrungsbericht aus Tutorsicht (tw. auch aus Teilnehmersicht):

Im Jahre 2007 habe ich den mathematischen Vorkurs der Universität Dortmund besucht (damals noch nicht TU Augenzwinkern ). Eigentlich gibt es in Dortmund zwei Vorkurse, einen für (Wirtschafts- / Techno- ) Mathematiker, Lehramtsstudenten, etc. und einen für Studenten der Ingenieursstudiengänge (darüber hinaus auch noch einen für Wirtschaftswissenschaftler, der besonderes Augenmerk auf wirtschaftliche Anwendungen und Optimierung legt - über diesen kann ich allerdings nicht berichten). Die Inhalte sind nahezu identisch, die Ingenieure legen lediglich ein wenig mehr Wert auf "praktische" Aufgaben, mehr komplexe Zahlen, mehr explizite Rechnerei. Im Großen und Ganzen ist es aber egal, welchen Vorkurs man besucht hat. Außerdem sind die Aufgaben seit Jahren identisch, sie haben sich bewährt und werden deswegen immer wieder von verschiedenen Dozenten benutzt.

Ich habe im Jahr 2008 eine Gruppe der mathematischen Studiengänge betreut und 2009 eine der Ingenieure. Ein vorheriges Seminar, wie man Übungsgruppen betreut, gibt es nicht. Es wird eine längere Gesprächsrunde im Vorfeld abgehalten, in der man Fragen stellen kann und in der klargemacht wird, was die Dozenten erwarten. Zudem gibt es wöchentliche Treffen, in denen man seine Erfahrungen mit den anderen Tutoren teilen kann. Pro Tag haben die Teilnehmer 90 Minuten Vorlesung und 90 Minuten Übung. Als Tutor übernimmt man zwei Gruppen, je nach Gruppe liegen sie vor Vorlesung oder danach.

Inhalt der Vorkurse sind die großen Bereiche Analysis und Lineare Algebra. Besprochen werden die gängigen Grundlagen, in der Analysis also Mengen, Aussagenlehre, trigonometrische Funktionen, Folgen und Stetigkeit, Differential- und Integralrechnung und komplexe Zahlen. In der Linearen Algebra geht es um das Lösen von linearen Gleichungssystemen, die einfachsten Vektorräume sowie um das Rechnen mit den Vektoren (Standardskalarprodukt und Vektorprodukt) und um einfache geometrische Zusammenhänge. Aus meiner Sicht als Teilnhemer war das schwierigste Thema Folgen und Stetigkeit. Sämtliche anderen Themen waren mir vertraut.

Aus Tutorsicht muss ich sagen, dass (obwohl das Ziel der Vorkurse ist, lediglich Wissen aufzufrischen und ein gleiches Niveau bei den Studenten herzustellen) viele der Teilnhemer mit dem Stoff überfordert sind. Gerade deswegen ist der Besuch eines Vorkurses extrem wichtig, da Aufgaben viel langsamer besprochen werden können als später im eigentlichen Studium. Gerade bei den Ingenieuren fiel mir die klischeehafte Matheangst auf. Diese Angst muss den Teilnehmer unbedingt genommen werden, für mich ist ein Vorkurs weniger eine Aneignung von Wissen als ein Lernen, wie man Student ist. Ich habe versucht, die Teilnehmer zum Fragen stellen zu animieren, was teilweise funktioniert hat. Dass später davon ausgegangen wird, dass alles klar ist, wenn niemand fragt, müssen viele lernen. Deswegen bin ich auch bei keinem der beiden Vorkurse mit dem angedachten Stoff durchgekommen. Ich habe lieber auf ein grundsätzliches Verständnis des Stoffes Wert gelegt und einfachste Beispiele gebracht. In den Phasen, in denen die Teilnehmer selbstständig Aufgaben lösen sollten, konnten die etwas Schnelleren sich dann auch anspruchsvollere Aufgaben aussuchen.

Mir haben beide Vorkurse gleichermaßen Spaß gemacht, sehr interessant war zu sehen, wie sehr sich Mathematikstudenten von den Ingenieuren unterscheiden - einen Unterschied gibt es auf jeden Fall, weswegen es gut ist, dass es zwei Vorkurse gibt. So kann man individueller auf den gewählten Studiengang eingehen. Natürlich gab es auch Gespräche über Prüfungen, Klausuren und Abschlussarbeiten (ich selbst hatte meine Bachelorarbeit zum Zeitpunkt des ersten Vorkurses bereits geschrieben und konnte darüber berichten). Freizeitaktivitäten fallen in Dortmund in die Orientierungsphasen der einzelnen Fachbereiche, sie finden nahtlos im Anschluss an die Vorkurse statt (auch die lohnen sich Augenzwinkern ).
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