Integration von Wahrscheinlichkeiten über Weg (oder so ähnlich)

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der_integrator Auf diesen Beitrag antworten »
Integration von Wahrscheinlichkeiten über Weg (oder so ähnlich)
Hallo zusammen,

zum Einstieg folgendes Problem: Ich durchquere einen Raum. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich hinfalle (es ist rutschig), ist 0.1 pro Meter.

Gleich die Frage: Ist diese Fragestellung sinnvoll? Oder ist die Wahrscheinlichkeit dimensionslos?

Angenommen, es ist so ok. Weiter nehme ich an, dass der Raum 2m lang ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich auf dem ersten Meter falle, ist 0.1, also bleibe ich zu 0.9 stehen. Gleiches für die zweite Hälfte. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich stehen bleibe, ist damit 0.81, und die Gegenwahrscheinlichkeit (ich falle hin) 0.19.

So kann ich mir das herleiten, wenn ich gleiche Wahrscheinlichkeiten an jedem Ort habe und einen geraden Raum durchschreite.

Ich möchte diesen Gedanken etwas verallgemeinern, und zwar für beliebige Pfade und Wahrscheinlichkeiten P(x, y) in einer Ebene. Den Pfad würde ich aufteilen in n Segmente und die Gesamtwahrscheinlichkeit als Produkt ermitteln:



Jetzt würde ich n gegen unendlich gehen lassen.

Das sieht mir alles verdammt nach einem Integral aus, nur eben mit dem Unterschied, dass ich multipliziere und nicht addiere.

Kann mir jemand einen Hinweis geben, wie ich da mathematisch weiterkommen kann?
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Man könnte es als Dichte interpretieren, d.h. die Wahrscheinlichkeit im Intervall auszurutschen, ist



bei dir mit , die Längen mit Einheit Meter (weggelassen).


Allerdings passt dieses Modell nur, sofern der Weg nicht länger als 10 Meter ist. Augenzwinkern

Was du hier beschreibst

Zitat:
Original von der_integrator
Weiter nehme ich an, dass der Raum 2m lang ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich auf dem ersten Meter falle, ist 0.1, also bleibe ich zu 0.9 stehen. Gleiches für die zweite Hälfte. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich stehen bleibe, ist damit 0.81, und die Gegenwahrscheinlichkeit (ich falle hin) 0.19.

ist allerdings etwas anderes: In dem Sinne kennzeichnet eine bedingte Dichte, d.h. infinitesimal betrachtet ist die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass du im Wegintervall ausrutschst unter der Bedingung, dass dies im Intervall noch nicht passiert ist.

Für die Verteilungsfunktion des Ausrutschzeitpunktes gilt dann



.

Diese Differentialgleichung mit Startwert hat dann die Lösung



im Fall deines konstanten demnach einfach für alle . Das ist nicht ganz dasselbe wie in dem Zitat von dir eben, da ich den gesamten Weg "verstetigt" habe, während du zumindest in Meterstücke diskretisiert hast. Deswegen kommt hier mit auch leicht was anderes heraus. Augenzwinkern


Ich nehme an, etwas ähnliches hat dir vorgeschwebt? verwirrt


EDIT: Ein passendes Stichwort zu derlei Betrachtungen ist Ausfallrate.
der_integrator Auf diesen Beitrag antworten »

So, ich habe den Tag genutzt und etwas sinniert. Ich glaube, ich bin auf der richtigen Spur.

Erstmal: Ich glaube, ich habe es mit Wahrscheinlichkeiten zu tun, nicht mit Dichtefunktionen. Wenn die Wahrscheinlichkeiten überall < 1 sind, dann kann ich -- in meinem Beispiel -- beliebig weit gehen, und die Wahrscheinlichkeit, dass ich hinfalle, ist nicht 1. Wenn ich unendlich weit laufe, dann konvergiert die "ich bleibe stehen"-Wahrscheinlichkeit gegen null.

Dein Hinweis mit dem Intervall kommt eher aus der "Verteilungswelt", bei der sich alles zu 1 integriert. Hier ist es nicht so. Beispiel: Pro Normautofahrt besteht die Wahrscheinlichkeit von 30%, dass der Sprit ausgeht. Das wurde mal statistisch so erhoben. Trotzdem kann man ein Leben lang fahren, ohne dass einem der Sprit ausgeht. Nur ist das halt eben beliebig unwahrscheinlich bzw. wird unwahrscheinlicher, je länger ich fahre. Meine unendlich ausgedehnte Fläche mit P=0.1 integriert sich aber nicht zu 1, sondern ist unbeschränkt. (Meine Begründungen sind ziemlich intuitiv, vielleicht kannst du das etwas auslichten wenn dir was auffällt).

Was hier folgt, hab ich mir heute so "erbastelt" und muss das alles nochmal gründlich überdenken.

Wieder mein Raum und dem Wissen, dass ich auf einem 1m-Stück zu 0.1 hinfalle. Ich frage mich: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, auf 50cm hinzufallen? Ich nehme hier immer die Gegenwahrscheinlichkeiten, also "ich falle nicht":




... und so weiter.

Also ist die Wahrscheinlichkeit, auf der Strecke d nicht zu stürzen:



Jetzt kommt wieder mein erwähntes Produkt in's Spiel. Der Zufall wollte, dass ich in meiner kleinen Simulation immer kleinere Zahlen multipliziert habe und so in numerische Ungenauigkeiten gekommen bin. Da erinnerte ich mich an den Logarithmus-Trick (Addition statt Multiplikation) und prompt stand eine Summe da:



Die a_i sind immer die Teilwahrscheinlichkeiten, die entstehen, wenn ich meinen Meter in immer mehr Segmente aufteile. So, und diese Summe kann ich jetzt gegen unendlich gehen lassen, und da ergibt jetzt mein heiß ersehntes Integral.

Allgemein: Für einen Pfad s in der Ebene (s=0..1, x(s), y(s)) und einer Funktion der "ich falle hin"-Wahrscheinlichkeiten ergibt sich das Integral



Ich habe das mal für eine konstante Wahrscheinlichkeit und eine "gaussartige" Wahrscheinlichkeit versucht (also die typische Glocke, allerdings nicht in ihrer Eigenschaft als Dichtefunktion) und ein bestimmtes Intervall in eine immer größere Anzahl Segmente geteilt. Gleichzeitig hab ich das integrieren lassen, z.B. mit Wolfram oder Maple.

Die Ergebnisse waren gleich.

So, und jetzt kann ich das weiter durchdenken und für meine "eigentliche" Aufgabe nutzen.
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

(A) Du hast meinen gesamten Beitrag gelesen.

(B) Du hast ihn gar nicht gelesen, oder allenfalls bis zu dem Zitatekasten.


Ich tippe mal auf (B), anders sind diese Äußerungen

Zitat:
Original von der_integrator
Wenn die Wahrscheinlichkeiten überall < 1 sind, dann kann ich -- in meinem Beispiel -- beliebig weit gehen, und die Wahrscheinlichkeit, dass ich hinfalle, ist nicht 1. Wenn ich unendlich weit laufe, dann konvergiert die "ich bleibe stehen"-Wahrscheinlichkeit gegen null. [...] Meine unendlich ausgedehnte Fläche mit P=0.1 integriert sich aber nicht zu 1, sondern ist unbeschränkt.

nicht erklärbar, denn genau das ist doch alles im zweiten Teil berücksichtigt. unglücklich

Aber Ok, es ist ja nur ein Angebot - es besteht keine Pflicht zum Durchlesen und -denken. Augenzwinkern
der_integrator Auf diesen Beitrag antworten »

Ich habe deinen Beitrag schon durchgelesen, bin dann aber parallel zu deiner Antwort durch "Summengeknoble" auf die andere Spur gekommen. Ich wollte mit meiner Anmerkung nicht denn Wert deines Beitrages schmälern, tut mir Leid falls ich den Eindruck erweckt habe. Es ist aber halt so, dass ich den Pferdefuß an meiner Denkweise nicht sehe und sie daher nicht in Frage gestellt habe.

Wenn ich etwas 2x tue, was zu 90% erfolgreich ist (mämlich 1m Raum durchschreiten), dann ist doch die Erfolgswahrscheinlichkeit 81%, oder nicht?

Oder wenn ich eben diesen Meter durchschreite: 90% glatt, nicht 90,5%.

Ich sehe insofern wohl nicht ganz, was du mit "verstetigt" meinst. Was mir einfällt, ist, dass mein "0.9*0.9" einem "Ziehen mit zurücklegen" entspricht, ich aber ohne zurücklegen überlegen sollte und daher die Wahrscheinlichkeit für den zweiten Meter steigt, und DAS ist dann die Diskretisierung, die du ansprichst (daher schon beim ersten Meter höher). Wäre die Analogie des Durchschreitens: Wenn die Wahrscheinlichkeit 10% ist und ich bereits einmal den Raum durchschritten habe, dann ist die Wahrscheinlichkeit beim 2. Mal etwas höher und so weiter und beim unendlichsten Male dann 1? Wenn das so ist, dann verstehe ich wahrscheinlich in etwa, was du mit verstetigen meinst. Und damit ist meine Wahrscheinlichkeit nicht "pro Meter", sondern einfach eine dimensionslose Zahl und meine Missinterpretation hängt mit sowas zusammen.

Noch ein Edit zum letzten Beitrag: Im Integral fehlt ein "log", das hab ich beim übertragen von meinen Schmierzetteln vergessen.
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Ok, etwas genauer motiviert:

Du redest von Ausrutschwahrscheinlichkeit von 0.1 pro Meter, und berechnest dann die Ausrutschwahrscheinlichkeit für die ersten zwei Meter gemäß , indem du das eben in zwei Intervalle zu je einem Meter diskretisierst.

Warum aber so diskretisiert, und nicht etwa in 20 Intervalle zu je 0.1m=10cm ? In dem Fall wäre die Ausrutschwahrscheinlichkeit je Stückchen von 10cm einfach 0.01, und man hätte für die ersten zwei Meter. Nun könnte man auch 200 Intervalle zu je 1cm betrachten...

Das ganze infinitesimal durchgezogen landet man bei dem von mir oben dargestellten Weg.


Wenn du dagegen unter den 0.1 nicht eine "Ausrutschrate pro Meter" verstehst, sondern wirklich die echte Ausrutschwahrscheinlichkeit für den ersten Meter, so greift dennoch das Modell oben, man hat dann eben nur eine andere konstante Ausrutschrate , gemäß



dann eben bestimmbar über die Bestimmungsgleichung , also .
 
 
der_integrator Auf diesen Beitrag antworten »

Ja, genau, das mit den Intervallen hatte ich mir ja genau so gedacht. Aber etwas anders als du es schreibst:



... und das ergibt dann für alle n, also Anzahl Intervalle, immernoch meine 90% Nichthinfallen ... Ok, das sieht man jetzt schon an der Form (zwanzigstel hoch zwanzig), aber wenn ich nicht mehr annehme, dass die Wahrscheinlichkeiten konstant sind, dann ist das nicht mehr so offensichtlich, da die Beiträge zum Produkt unterschiedlich werden.

(Bitte nicht mit meinem ersten Beitrag abgleichen, denn da multipliziere ich ja die Wahrscheinlichkeit mit der Intervalllänge, was ja völlig zurecht von dir bereits angemerkt wurde.)

Es ist jetzt leider so, dass ich intuitiv auf deiner Seite stehe, aber meine Diskretisierung nicht schuld ist, sondern ich an einer anderen Stelle blind bin.

Frage zur Klärung: Du hast geschrieben, die Ausrutschwahrscheinlichkeit für 10cm ist 0.1/10. Ist das deine Annahme oder hast du da meine falsche Denkweise fortgesetzt um mich auf etwas zu stoßen? Denn mittlerweile ist meine Fallwahrscheinlichkeit für 10cm 1-(1-0.1)^(1/10) was ähnlich, aber nicht gleich ist. Dass das deine Argumentation ist, schließe ich aus da die Wahrscheinlichkeit für 10m dann ja 1 wäre worauf du ebenfalls schon hingewiesen hast.
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Ich habe ziemlich deutlich dargelegt, dass es zwei Sichtweisen gibt:

Zitat:
Original von HAL 9000
Wenn du dagegen unter den 0.1 nicht eine "Ausrutschrate pro Meter" verstehst, sondern wirklich die echte Ausrutschwahrscheinlichkeit für den ersten Meter

das muss ich doch jetzt nicht nochmal wiederholen? Also doch nochmal das Kurzresümee:

Eine konstante Ausrutschwahrscheinlichkeit von 0.1 auf jedem Meter entspricht einer (stetigen, infinitesimalen) Ausrutschrate von ca. 0.10536 pro Meter.


Vielleicht liest du dir ja auch mal den bereits oben verlinkten Beitrag

Zitat:
Original von HAL 9000
Ein passendes Stichwort zu derlei Betrachtungen ist Ausfallrate.

durch, sonst drehen wir uns hier ewig im Kreis. Augenzwinkern
Zu beachten ist lediglich, dass wir hier bei deinem Problem statt der Zeit den Weg als Integrationsvariable haben, ansonsten läuft das hier wirklich völlig analog.
der_integrator Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von HAL 9000
Eine konstante Ausrutschwahrscheinlichkeit von 0.1 auf jedem Meter entspricht einer (stetigen, infinitesimalen) Ausrutschrate von ca. 0.10536 pro Meter.


Gut, jetzt ist es so, dass der von dir in's Spiel gebrachte Weg mit der Rate von 0.10536... die gleichen Ergebnisse liefert wie meine Herleitung und es tatsächlich darauf ankommt, was mein Funktion f(x) liefert: Eine Rate oder eine Wahrscheinlichkeit pro Meter.

Ein weiterer Unterschied ist, dass meine Form nicht so hübsch zu integrieren ist. Ich würde mich also im nächsten Schritt darum kümmern, beides zu vereinen oder eben meine Herleitung fallen zu lassen zu Gunsten der Herleitung über die Differentialgleichung.

Ich danke dir für den Hinweis mit der Ausfallrate, das scheint wirklich exakt das gleiche Problem zu sein.
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