Nullhypothese willkürlich wählen?

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einfachdort Auf diesen Beitrag antworten »
Nullhypothese willkürlich wählen?
Status: Die Klausur ist geschrieben, und ich möchte einfach einen abschließenden Blick aus einer anderen Perspektive auf einen Alternativtest haben. Meine Kernfrage ist, ob die Nullhypothese tatsächlich derart willkürlich gewählt werden darf.

Zitat aus dem Lehrbuch Mathe Oberstufe Band 2 (Cornelsen Volk und Wissen 2006):

"Im Allgemeinen geht man bei der Festlegung der Hypothesen H0 und H1 so vor, dass der Fehler 1. Art [Alpha-Fehler] für den Anwender des Tests die dramatischeren Konsequenzen hat."

Beispiel: Ein Unternehmen produziert Schrauben verschiedener Farben. Der Geschäftsführer äußert die Vermutung, dass der Marktanteil roter Schrauben auf unter 40 % gesunken ist. [Vorher war der Anteil roter Schrauben also 40%.]
Er möchte die Vermutung durch einen Test überprüfen, das Signifikanzniveau beträgt 8%. Der Geschäftsführer will der Vermutung zustimmen, wenn 55 von 150 Schrauben rot sind.

Ansatz:

n= 150
alpha <= 0,08

soweit so gut.

Wenn man jetzt nach der vom Lehrbuch vorgeschlagen Methode vorgeht, gäbe es zwei Möglichkeiten.

I Entweder es ist schlimmer, wenn der Geschäftsführer nicht erkennen mag, dass der Marktanteil gesunken ist.

II Oder es ist schlimmer, wenn der Geschäftsführer durch den Test zu dem Fehlurteil gelangt, der Marktanteil sei konstant geblieben.


Nach Lehrbuch sollte die Nullhypothese genau davon abhängig gemacht werden. Was ist nun aber für ein Unternehmen schlimmer? Entweder (I) es produziert zu erheblichen Kosten rote Schrauben, die keiner kaufen wird, oder (II) es versäumt es, genügend rote Schrauben zulasten des Gewinns zu produzieren.


Wer jetzt Betriebswirt ist, für den dürfte dies nicht sonderlich schwierig zu beantworten sein, für mich schon. Es bleibt, dass man also, je nachdem von welcher Seite man schaut, entweder einen rechtsseitigen oder einen linksseitigen Hypothesentest erhält.

Kann das denn sein oder habe ich etwas falsch geschlussfolgert?
klauss Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Nullhypothese willkürlich wählen?
Der Begriff "dramatischere Konsequenzen" ist wohl etwas irreführend. Man sollte eher sagen: H0 ist die Hypothese, die für den Anwender (subjektiv) die größere Bedeutung hat.
Welche das ist, ergibt sich meist aus der Aufgabe, nämlich diejenige, die der Anwender nur dann zugunsten der Alternativhypothese verwerfen will, wenn das Testergebnis in den Ablehnungsbereich von H0 fällt. D. h. die wichtigere Nullhypothese möchte man nur mit höchstens der Wahrscheinlichkeit des Signifikanzniveaus irrtümlich ablehnen bzw. die Wahrscheinlichkeit, die Nullhypothese irrtümlich zu verwerfen, soll maximal x % betragen.

Das Beispiel würde ich also (vielleicht entgegen der vordergründigen Formulierung) so interpretieren, dass der GF eigentlich davon ausgeht, der Zustand sei gegenüber früher gleich geblieben (H0). Diese Annahme ist er aber bereit zu verwerfen, wenn der Stichprobenanteil "niedrig genug" ist. Die Wahrscheinlichkeit für einen Irrtum, falls der Anteil tatsächlich weiterhin 40 % ist, soll dabei aber höchstens 8 % betragen.
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