Formel für Gaußkrümmung

Neue Frage »

dutiwrik Auf diesen Beitrag antworten »
Formel für Gaußkrümmung
Hallo Leute,

ich habe hier folgende Formel für die Berechnung der Gauß'schen Krümmung K :



= Skalarprodukt
= Vektorprodukt
ist der Normalenvektor und ist der Normalenvektor in -Richtung abgeleitet

Kennt jemand diese Formel und kann mir sagen woher diese stammt? Ich suche nach einer Referenz wo diese herkommt. Evtl. auch Bücher in der ihr diese Formel mal gesehen habt.

Gruß
Ehos Auf diesen Beitrag antworten »

Die Gaußsche Krümmung ist das anschauliche Maß dafür, wie stark eine Fläche an einem Punkt gekrümmt ist, also wieviel "Falten" beim Abwickeln in die Ebene entstehen würden.



Diese Formel fand Gauß mit ganz einfachen und anschaulichen Überlegungen, die ich unten zeige. Er verwendete dabei die übliche Vorstellung, dass eine gekrümmte Fläche in den 3-dimensionalen Raum eingebettet ist. Historisch war diese Definition die erstere. Leider wird darauf in "modernen" Geometriebüchern kein Bezug mehr genommen, denn die Mathematiker verachten alles Anschauliche. (Ich empfehle: Klotzek: "Differnzialgeometrie")

Erst später fand Gauß, dass die Berechnung der Flächen-Krümmung auch ohne Normalvektoren möglich ist (also ohne die anschauliche Vorstellung von der Einbettung in einen 3-dimensionalen Raum). Er fand, dass allein tangentiale Größen genügen, um die Flächen-Krümmung rein abstrakt zu definieren. Mit anderen Worten. Ein 2-dimensionales Lebewesen ("Flachländer"), dass keine 3. Dimension kennt, kann allein durch tangentiale Vermessungen innerhalb der Fläche deren Krümmung feststellen. Gauß bezeichnete diese erstaunliche Tatsache als "Herausragenden Satz" (lateinisch "Theorema egregium"). In der Tat ist das bemerkenswert.

------------------------------------------------------
Nun zur Herleitung der obigen Formel:

Stelle dir eine gekrümmte Fläche vor, wobei die Normalvektoren senkrecht auf der Fläche stehen (wie die Stacheln eines Igels). Wir betrachten 3 Normalvektoren an 3 dicht benachbarten Stellen





Anschaulich ist klar, dass die Fläche keine Krümmung hat, wenn diese Normalvektoren parallel sind (wie die Halme auf einem Kornfeld). Die Abweichung von der Parallelität (also die Spreizung der Normalvektoren) ist ein Indiz für die Krümmung der Fläche. Die Spreizung ist gegeben durch die Differenzvektoren

(=1.Differenzvektor)
(=2.Differenzvektor)

Der Flächeninhalt desjenigen Parallelogrammes, das von diesen beiden Differenzvektoren aufgespannt wird, nahm Gauß als Maß für die Flächenkrümmung. Das ist anschaulich und sehr vernünftig! Bekanntlich ist die Fläche eines Parallelogrammes gerade der Betrag des Vektorproduktes, also



Diesen Ausdruck wollen wir umformen, weil die Betragstriche stören.Die Fläche dieses Parallelogrammes stimmt zahlenmäßig mit dem Volumen eines Prismas der Höhe h=1 überein, dessen Grundfläche gerade dieses Parallelogramm ist. Da der Normalvektor die Höhe h=1 hat und senkrecht auf dem Parallelogramm steht, ist die Parallelogrammfläche also zahlenmäßig gleich demjenigen Prisma-Volumen, das durch die folgenden 3 Vektoren aufgespannt wird

(Normalvktor)
(=1.Differenzvektor)
(2.Differnzvektor)

Allgemein ist das Volumen eines Prismas, das von 3 Vektoren aufgespannt wird, bekanntlich deren Spatprodukt. Wir können also den oben berechnen Flächeninhalt des Parallelogrammes durch ein Volumen eines Spates ausdrücken



Folgende Ausdrücke in diesem Spatprodukt entwickelt man in einer Taylorreihe




Einsetzen ergibt nach einigen Grenzwertbetrachtungen und die gewünsche Formel.
dutiwrik Auf diesen Beitrag antworten »

Ein großes Dankeschön für deine Antwort! Damit ist meine Frage voll und ganz beantwortet.
dutiwrik Auf diesen Beitrag antworten »

@ Ehos: Ich hätte da doch noch eine Frage. Habe nun bei der Umsetzung ein Problem. Nehmen wir an, dass ich für die Oberfläche eines Kegels überall meine Normalenvektoren bestimmt habe. Ich bestimme nun die Richtungen und an jedem dieser Oberflächenpunkte. Das müssen ja beides nur Vektoren sein die in der Tangentialebene liegen d.h. orthogonal zu . Damit kann ich die von dir beschriebenen Differenzvektoren und bestimmen. Nun habe ich ja aber das Problem, dass ich je nach Wahl von und andere Ergebnisse bekommen kann und das die berechnete Krümmung beeinflusst. Es kann ja einen Unterschied machen, ob ich berechne oder (wenn ich statt -> und statt -> wählen würde). Ich hoffe des von mir beschrieben Problem ist verständlich. Oder existiert ein Weg wie sich die Richtungen und bestimmen lassen?
Ehos Auf diesen Beitrag antworten »

Der Krümmung ist unabhängig von der Wahl der Flächen-Parameter u,v. Das bedeutet, dass man nach einer Transformation u=(u',v') und v=v(u',v') an jedem Punkt wieder denselben Krümmungswert K bekäme:



Der Beweis läuft ganz einfach über die Kettenregel. Versuche das mal'.
------
Übrigens gilt allgemein: Alle geometrischen Begriffe sind unabhängig von der Wahl der Parameter u, v, w....! Es wäre schlimm, wenn solche Begriffe wie "Krümmung", "Volumen", "Bogenlänge", Flächeninhalt usw. von der Wahl der Parameter u, v, w... abhingen. Die Geometrie kümmert sich ja gerade um diejenigen Größen, die eben nicht von der Wahl der Parameter anhängen. Das ist der Sinn aller Geometrie!

Übrigens ist die Krümmung der Mantelflächen eines Kegels und eines Zylinders überall gleich Null, denn beide Flächen kann man in die Ebene "abwickeln". Das Verschwinden der Krümmung ist eine Folge der Tatsache, dass die Ableitungen und parallel sind (oder eine von beiden verschwindet.), so dass deren Vektorprodukt verschwindet
Che Netzer Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Ehos
die Mathematiker verachten alles Anschauliche.

Keineswegs!
 
 
Neue Frage »
Antworten »



Verwandte Themen

Die Beliebtesten »
Die Größten »
Die Neuesten »