Identität holomorpher Funktionen

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Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »
Identität holomorpher Funktionen
Eine StEx-Aufgabe vom Frühjahr:
Es seien und holomorph,
habe in einen Pol und
für alle gelte
.

Zeigen Sie:
Entweder ist oder
es gibt eine Folge in mit

Hinweis: Untersuchen Sie den Typ der Singularität von im Punkt .


Ich habe angefangen:


i) g hat hebbare Singularität in i
Dann ist beschränkt auf einer punktierten Umgebung um , aber nicht. Dieser Fall kann also nicht eintreten.

Langfassung:
Die Laurent-Reihe von in hat o.B.d.A. einen Summanden , (maximales , also Ordnung des Pols) und .
Somit ist dann , also betragsmäßig unbeschränkt in jeder Umgebung um .
Als in hebbare, aber ansonsten holomorphe Funktion ist, ist jedoch beschränkt in einer Umgebung von . Widerspruch.


ii) g hat Polstelle in i
Dann kann man den Def-Bereich mit auf erweitern und den Identitätssatz anwenden, weshalb gilt.

Langfassung:
ist in ab einem bestimmten hebbar. sei dann die "behobene", auf ganz holomorphe Funktion (die gibt es, weil in einer punktierten Umgebung von beschränkt ist.
Analog ab einem bestimmten . (Muss wohl sogar sein, aber das spare ich mir an dieser Stelle und sage einfach) Sei , dann ist und auch (also in der Definitionsmenge der holomorphen Funktionen und ) und Folgenstetigkeit gilt sowieso für die holomorphe Funktion, und deshalb nach Identitätssatz . Nehme ich aus der Def-Menge, kann ich um kürzen und erhalte in .


iii) g hat wesentliche Singularität in i
kann mit beschränkt gemacht werden, aber nicht. Dieser Fall kann also nicht eintreten.

Langfassung:
Es ist , definiert wie in ii), holomorph in und damit beschränkt in einem Kreis um mit Radius , also mit mit entsprechend, aber fest gewählt.
Betrachte . Es existiert für alle und alle ein mit (letztere Ungleichheit für und ). Widerspruch.
Wäre dem aber nicht so, wäre beschränkt in und hätte "nur" eine Polstelle m-ten Grades in . Widerspruch.


Wo ist/sind mein(e) Fehler? Die Variante mit während eine Polstelle in hat, macht mich richtig fertig. Mir fällt nicht mal ein Beispiel dazu ein.
Guppi12 Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo,

der Fehler liegt in dieser Annahme hier (in Fall 3):


Zitat:
kann mit beschränkt gemacht werden, aber nicht. Dieser Fall kann also nicht eintreten.


Du kannst g zwar damit nicht beschränkt machen, das brauchst du aber ja auch garnicht, es kann ja trotzdem sein, dass g dann auf dieser speziellen Menge, die du ja nur gegeben hast, eben doch beschränkt ist(ich meine die Menge . Ein Beispiel: Die Funktion hat in 0 zwar eine wesentliche Singularität, ist aber auf der reellen Achse natürlich beschränkt.

Kennst du den Satz von Casorati Weierstraß?
tmo Auf diesen Beitrag antworten »

Der Fehler liegt bei iii). nimmt tatsächlich beliebig große Werte in jeder Umgebung von i an, aber eben nicht unbedingt auf der Folge .

Und das im Fall iii) eine Folge wie in der Aufgabenstellung existiert, ist ja der bekannte Satz dass das Bild jeder Umgebung um eine wesentliche Singularität dicht liegt.

Ein Beispiel kannst du dir selbst basteln: Nimm für f irgendeine Funktion mit Pol und nehme dazu eine Funktion h mit wesentlicher Singularität, die eben genau auf der Folge i+1/n verschwindet. g=f+h tut's dann.
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

Danke für eure Hilfe, Guppi12 und tmo!

Eine wesentliche Singularität muss also gar nicht immer bedeuten, dass der Funktionswert (unhebbar) abhaut. Darin lag mein Denk- und Strategiefehler.

An Casorati-Weierstraß hatte ich auch kurz gedacht, aber irgendwie habe ich nicht gesehen, wie er mir helfen kann. Ich sehe es immernoch nicht:
Jede Umgebung muss auf ganz abgebildet werden. Warum muss dann genau bei gegen laufen? Oder besagt "Es gibt eine Folge" das garnicht? Was sagt es dann?
Guppi12 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Oder besagt "Es gibt eine Folge" das garnicht? Was sagt es dann?


Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich dich richtig verstanden habe. Natürlich gilt nicht , das ist klar. Es ist aber möglich, sich durch eine Folge so zu nähern, dass sich die Bildfolge dann nähert, und genau das ist zu zeigen. Dabei ist die Tatsache, dass hier der Limes der Folge selbst und der Limes der Bildfolge übereinstimmen vollkommen willkürlich. Tatsächlich könnte man (nach Casorati-Weierstraß) eben sogar für beliebiges eine gegen konvergente Folge finden, deren Bildfolge gegen konvergiert. Dass man hier für auch gewählt hat, könnte Verwirrungszwecken dienen.

Es bleibt also bei der Anwendung des Satzes. Schau dir dazu eine Folge von Umgebungen von an, etwa . Wähle jetzt , so, dass .
Du kannst ja nochmal etwas darüber nachdenken, warum das so geht. Dass dann aber auch ist natürlich vollkommen klar.

Hilft dir das?
tmo Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Zellerli
Warum muss dann genau bei gegen laufen?


Tatsächlich ist der Wert i für den Grenzwert von ja total willkürlich gewählt und man hätte dort auch jede andere beliebige komplexe Zahl hinschreiben können. Das sagt ja gerade Casorati-Weierstraß.

Dass die Existenz dieser Folge sowieso nur im Fall einer wesentlichen Singularität auftreten kann und dass dann jeder beliebiger Grenzwert auftreten kann, war eigentlich a priori klar, denn an den Vorraussetzungen würde sich ja nichts ändern, wenn man und beide um die selbe konstante Zahl abändert, was dann auch automatisch den Grenzwert von um eben diese Konstante abändern würde.

Dass in der Aufgabenstellung dann mit genau die Zahl als Grenzwert ausgesucht wurde, bei der auch die Singularität auftritt, ist sogar fast etwas fies, weil es einfach nur zur Verwirrung beitragen soll Big Laugh
 
 
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

Sowas fieses smile
In solchen Fällen nimmt man doch immer die , um die Willkür zu untermauern. Zumindest halte ich es in den Beweisen so, die solch eine Möglichkeit bieten.

Guppi12:
Zitat:
Schau dir dazu eine Folge von Umgebungen von an, etwa . Wähle jetzt , so, dass .


Das ist witzig. In jeder dieser Umgebungen liegt nach Casorati-Weierstraß ein mit . Man muss jedes Glied der Folge nur entsprechend definieren, also . Im Zweifelsfall sind die ersten paar Folgeglieder identisch mit , (weil ja jede Umgebung alle folgenden enthält).
Konvergieren tut , weil konvergiert (beide gegen ). Und ist dann sogar konstant und trivialer Weise konvergent.
Fest benennen kann man die Lagen der in den jeweiligen Umgebungen gar nicht ohne Kenntnis von , aber verlangt war das ja auch nicht.

Schön.

Vielen Dank nochmal euch beiden!
Guppi12 Auf diesen Beitrag antworten »

Ganz so funktioniert es noch nicht. Wir erhalten, nur dass , nicht dass . Es muss also nicht unbedingt im Bild liegen. Deswegen bekommt man nicht unbedingt eine konstante Folge. Man kann aber zum Beispiel aus ein so wählen, dass .
Zellerli Auf diesen Beitrag antworten »

Ah, OK. kann nur beliebig genau approximiert werden, es muss nicht unbedingt angenommen werden.
Che Netzer Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von tmo
Dass in der Aufgabenstellung dann mit genau die Zahl als Grenzwert ausgesucht wurde, bei der auch die Singularität auftritt, ist sogar fast etwas fies, weil es einfach nur zur Verwirrung beitragen soll Big Laugh

Andererseits liegt das eine in der Urbild-, das andere in der Bildebene.

Eine alternative Argumentation:
Hätte keine wesentliche Polstelle in , so wäre einer der Quotienten bzw. in einer Umgebung dieses Punktes holomorph, womit nach dem Identitätssatz Gleichheit der beiden Funktionen folgt.
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