Mathematikstudenten und ihr Werdegang

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mathematik1400 Auf diesen Beitrag antworten »
Mathematikstudenten und ihr Werdegang
Hallo,

ich beginne bald ein Studium und erkundige mich derzeit um mögliche Studiengänge. Da man das Studium ja nach seinen Stärken und Interessen gestalten soll, vor allem aber auch nach dem Job, der einen nach dem Studium erwartet, wollte ich einfach mal in die Runde fragen, ob es unter den Forumsaktiven eventuell Matheabsolventen gibt und ob diese auch Berufe haben, für die das Studium nützlich ist bzw. Mathematik im Beruf anwenden.

Ich interessiere mich nämlich auch für Elektrotechnik bzw. Physik und kann mich im Moment leider gar nicht entscheiden und die Zeit läuft :/

Danke!
RavenOnJ Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Mathematikstudenten und ihr Werdegang
Zitat:
Original von mathematik1400
..., vor allem aber auch nach dem Job, der einen nach dem Studium erwartet, ...


Das ist Maschinenbauer- und BWLer-Mentalität. Damit solltest du weder Mathematik, noch Physik studieren.
XYW Auf diesen Beitrag antworten »

Allerdings sind die Jobperspektiven deutlich schlechter, als in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Was du unbedingt machen solltest sind Praktika und es wäre sinnvoll, wenn du dir gute Programmierkenntnisse aneignest. Das geht allerdings nicht mit Büchern sondern nur durch Praxis. Hol dir ne Entwicklungsumgebung für Java, schaff dir grundlegenden Dinge rauf und dann guck dir Beispiele für kleinere Programme in Java an. Dabei lernst du am meisten und dann versuch selbst irgendetwas zu basteln. Und wenn du es einigermaßen drauf hast, versuch Werkstudi Tätigkeiten im Java-Bereich zu kriegen oder beteilige dich an Open Source Projekten(ist vielleicht etwas hoch gegriffen, aber vielleicht bringst du ja was zustande). Wenn du das im Lebenslauf stehen hast, sieht es nicht mehr ganz so schlimm aus. Du konkurierst dann zwar immer noch mit Informatikern oder BWLern, aber du hast dann neben Mathematik auch etwas anzubieten, was Unternehmen konkret gebrauchen können. Wenn du dagegen mit einen Master in Mathematik ohne solche Zusatzpunkte im Lebenslauf reingehst sieht es echt düster aus, weil man dir unterstellt, dass du eigentlich nichts kannst. Dass du dich da reinarbeiten könntest, da dir solche Dinge durch die Skills, die du im Mathestudium erworben hast, leichtfallen interessiert genauso wenig, wie die Tatsache, dass auch der Infoabsolvent mit Werkstuditätigkeiten im Lebenslauf sich letztlich genauso reinarbeiten muss, weil auch für ihn die Aufgaben, die ihn im Job erwarten genauso wenig kennt wie du.

Dass dieses Studium nutzloser Mist ist, war eine etwas drastische Formulierung. Dennoch würde ich es nicht wieder studieren, auch wenn ich jetzt wüsste, welche Zusatzqualifikationen noch nötig sind, damit es hinterher mit dem Berufseinstieg klappt. Denn diese Zusatzquaifikationen, die man sich neben seinem eh schon recht arbeitsintensiven Mathestudium selbst aneignen muss, sind beim bei weitem nicht so zeitraubenden Informatikstudium schon inklusive. Und der Personaler, der deine Bewerbung kriegt, entscheidet sich auch eher für den Informatiker als für den Mathematiker, wenn es zB um eine SWE Stelle geht.

Also: es ist nicht Hoffnungslos, wenn man sich neben dem Mathestudium zusätzlich noch diese Zusatzpunkte in den Lebenslauf schreibt. Dann sehen die Jobchancen so aus, wie denen von BWLern bzw. etwas schlechter als denen von Informatikern. Und die Gehälter sind eher niedriger als die der Absolventen der vorgenannten Fachrichtungen.

Vor dem Hintergrund, wieviel Arbeit ein Mathestudium bedeutet und dass man sich daneben noch um die oben genannten Zusatzqualis kümmern muss und hinterher weniger verdient und eine schwierigere Jobsuche hat, als ein Informatiker oder BWLer, fällt die Gegenüberstellung von Input(Die Mühen, die einem das Mathestudium bereiten,Die Mühen sich die oben genannten Zusatzqualis selbstständig anzueignen) und Output(Jobperspektive, Gehalt) wirklich sehr mau aus.

Davon, dass Mathematiker händeringend gesucht werden und die höchsten Gehälter bekommen, wie es oft propagiert wird merkt man dagegen nichts. Darauf wollte ich aufmerksam machen. Und offenbar ist mir das auch gelungen, was mich freut.
MI Auf diesen Beitrag antworten »

Da muss ich (etwas) gegen halten.

Solange du auf Stochastik/Wahrscheinlichkeitstheorie spezialisiert hast, hast du nach allen Erfahrungen von Kollegen nach auch überhaupt keine Probleme. Ein Einstieg in Versicherungen und Banken ist dann immer möglich. Unternehmensberatungen sind auch eine häufige Anlaufstelle, aber da kann es mit Promotion einfacher sein.

Wer sich auf Numerik und Optimierung spezialisiert, hat auch weniger Probleme, sofern er sich mit Simulation und Anwendung beschäftigt hat, weil die nötigen Fähigkeiten (Programmierung, Matlab, evtl. Simulink und Labview) dabei erlernt werden mussten.

Wenn man sich aber eher mit reiner Mathematik beschäftigt und keinerlei Programmier- oder Wirtschaftserfahrung hat, für den wird's schwieriger, da stimme ich XYW zu. Das Problem ist hierbei aber einfach, dass den meisten Firmen tatsächlich nicht bewusst ist, wie sehr ihnen ein guter Mathematiker helfen könnte, nachdem er eingearbeitet wurde. Wenn man eine Stelle bekommt, ist es sicherlich auch utopisch, ein Höchsteinstiegsgehalt zu erwarten - immerhin muss man zunächst eingearbeitet werden, etwas, was eine passende Berufsausbildung häufig reduziert...
Insbesondere ist es aber vielleicht ratsam, es eher bei kleineren Unternehmen zu versuchen, um im persönlichen Gespräch überzeugen zu können.
r4ndom19 Auf diesen Beitrag antworten »

@MI
Das klingt ja fast so, als wäre Stochastik für einen Einstieg in den Bankenbereich notwendig. Ist die Spezialisierung derart entscheidend?
MI Auf diesen Beitrag antworten »

@r4andom19:
Bei Banken kenne ich mich nicht ganz so gut aus. Eine Bekannte hat es in Versicherungen mit stochastischen PDEs leicht gehabt, andere, die vorwiegend Finanzmathematik gemacht haben, hatten auch überhaupt keine Probleme. In dem Sektor kenne ich tatsächlich keinen, der es ohne Background versucht hat. In anderen Bereichen schon: Gerade die Industrie nimmt Mathematiker/theoretische Physiker ohne entsprechenden Hintergrund eher zögerlich - das hängt bei großen Firmen damit zusammen, dass die auch mit den Fächern nichts anzufangen wissen. Eine Tutorin von mir, die in Richtung E-Technik gehen wollte, hat bei einem Vorstellungsgespräch den Satz gehört "Gruppentheorie, hat das was mit 'Motivation' zu tun?".

Alle, die ich kenne, die abstrakt theoretisch unterwegs waren und in die Wirtschaft und NICHT zu Beratungen gegangen sind (wobei ich dazu sagen muss, das sind nicht viele, ich bin selbst ja auch noch an der Uni), hatten beim ersten Job Probleme. Nach dem Berufseinstieg habe ich aber noch von keinen Problemen gehört. Ein Umweg über die Beratungen könnte gut klappen.

Gruß
MI
 
 
r4ndom19 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von MI


Alle, die ich kenne, die abstrakt theoretisch unterwegs waren und in die Wirtschaft und NICHT zu Beratungen gegangen sind (wobei ich dazu sagen muss, das sind nicht viele, ich bin selbst ja auch noch an der Uni), hatten beim ersten Job Probleme. Nach dem Berufseinstieg habe ich aber noch von keinen Problemen gehört. Ein Umweg über die Beratungen könnte gut klappen.




"Umweg" über Beratung? Sind es nicht gerade die Beratungsjobs die schwer zu bekommen sind, aufgrund hoher Vergütung?
tmo Auf diesen Beitrag antworten »

Hohe Vergütung? Brech das mal auf die Stunden runter. Ganz zu schweigen von den moralisch fragwürdigen Entscheidungen, die man zu treffen hat, weil sie sonst niemand treffen will. unglücklich
MI Auf diesen Beitrag antworten »

Außerdem ist "Beratung" nicht gleich "Beratung". Neben McKinsey oder Boston Consulting gibt's zahlreiche kleinere. Gerade Automobilzulieferer sind häufig als Berater für große Firmen tätig (ohne Beratungen läuft da anscheinend nicht so viel).

Mag sein, dass man nicht so leicht nach McKinsey und Co. kommt, aber die Stellen schauen sich deine Bewerbung zumindest an. Wie gesagt - das ist alles eher Erfahrung aus dem persönlichen Umfeld und ich wollte inbesondere XYWs Aussage etwas abschwächen.

Kurzum: Ich kenne niemanden, der nach einem Jahr noch arbeitslos war, aber einige, die nicht an der Uni geblieben sind, und Anschlussprobleme gehabt haben und ihre Erwartungen (zunächst) zurückschrauben mussten. Allerdings kenne ich auch niemanden, der sein Studium nur mit Ach und Krach geschafft hat...

Gruß
MI
XYW Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von MI
Allerdings kenne ich auch niemanden, der sein Studium nur mit Ach und Krach geschafft hat...

Gruß
MI

Ich habe ein Diplom mit NF BWL an der LMU gemacht, Schnitt 1,2, habe allerdings auch 6 Jahre und 2 Monate gebraucht! Ursprünglich war mein Ziel die Versicherungsbranche. Nach zig erfolglosen Deutschlandweiten Bewerbungen habe ich das nach etwa 6 Monaten aufgegeben und bewerbe mich seitdem auf alles was kommt, sei es Consulting, irgendwelche Zeitarbeitsfirmen oder auch auf Sachbearbeiterstellen! Leider habe ich mich mangels Alternativen auf Numerik spezialisiert, das ist in der Versicherungsbranche nicht gefragt! Und Softwareentwicklung ist wegen meines NF keine Option. Tja und an der Uni bleiben? Ehrlich gesagt nervt mich dieses Fach nur noch an, wenn ich meine Aufzeichnungen aus der Uni sehe packt mich die Wut, denn angesichts 16 Monaten Jobsuche bekommt man den Eindruck man hat sich umsonst den ganzen Quark in den Kopf gehämmert. Am liebsten würde ich mein Diplomzeugnis verbrennen und nochmal neu anfangen und was gescheites aus meinem Leben machen. Aber dazu ist es jetzt leider zu spät!
Louis1991 Auf diesen Beitrag antworten »

Mal meine 2-cents zum Thema: gleich vorneweg, ich möchte nach meinem Master gerne promovieren und würde gerne an der Uni bleiben, ganz ungeachtet aller Gehaltsaussichten - einfach weil es einen riesigen Spaß macht. Ich kann jetzt nicht pauschal sagen, dass das so für jeden Mathestudenten gelten sollte, aber wer sich solch eine Einstellung nicht vorstellen kann, der sollte eventuell eher über ein BWL oder Informatik Studium nachdenken. Wenn man ein ordentliches Mathestudium schaffen kann, dann traue ich einer solchen Person auch ein mindestens gutes anderes Studium zu - und mit einem solchen hat man, was den Arbeitsmarkt betrifft, evtl. die besseren Chancen.

Da die Aussicht auf Promotionsstelle und dann - weiter noch in der Zukunft - Anstellung an der Uni aber natürlich ziemlich spekulativ ist, und ich mit meinem Fachgebiet in so etwa gar keinem Unternehmen der Welt gefragt wäre (vor allem, da ich mein weiteres Leben auf keinen Fall als angewandter Rechenknecht verbringen möchte), mache ich gerade sozusagen als kleines Hobby nebenher noch einen VWL Bachelor. Nie in die Vorlesungen und dann in den Ferien jeweils so 2-4 Klausuren ad hoc bzw. mit ein paar Tagen Skript blättern schreiben. Ich kenne einige, die das ähnlich machen - sozusagen als kleine Lebensversicherung, oder wenn man doch in die Wirtschaft wollen sollte, um bessere Gehaltsaussichten haben zu können.

Aber gut, darauf wollte ich eigentlich gar nicht hinaus, nur einmal Möglichkeiten andeuten. Aus der VWL habe ich immerhin gelernt, dass auch ein Studium ohne praktische Anwendung in der Realität einen Wert auf dem Arbeitsmarkt hat. Okay, das kommt aus der Spieltheorie, und vielleicht interessiert das nicht jeden Personaler, vor allem wenn es um eine Anstellung geht, wo du 2^15x2^15 determinanten effektiv ausrechnen sollst, aber ich denke, dass auch aus diesem Grund Mathematiker in Branchen wie der Unternehmensberatung, wo es vornehmlich um Soft-Skills geht, recht beliebt sind.

Im Mathestudium erwirbt man optimalerweise eine Vielzahl verschiedener Softskills bzw. man belegt, dass man diese schon besitzt. Das sollte wiederum bedeuten, dass Mathematiker für Positionen, wo es vornehmlich nicht um Hardskills geht, relativ prädestiniert sein könnten. Das Folgende ist meine persönliche Meinung, und vielleicht stehe ich damit auch alleine da: meiner Meinung nach verkauft man insbesondere als Mathematiker am Arbeitsmarkt nicht sein Studium, sondern sich als Person/Persönlichkeit. Wenn du gut mit Menschen umgehen kannst und zu überzeugen weißt, dann bekommst du sicher auch mit 'weltfremden' Fachbereich eine gute Anstellung. Recht oft sehe ich in Foren, dass sich Nutzer beschweren, welche Probleme sie bei der Jobsuche haben/gehabt hatten. Wenn ich mir dann aber teilweise den dort angeschlagenen Ton ansehe, komme ich nicht umhin mir zu denken, dass ich solche Leute tendentiell wohl auch nicht einstellen würde.


Mein persönliches Fazit: wenn es dir nur ums Geld geht, suche dir lieber ein anderes Studium. Wenn du hinterher nur ganz gerne einen ordentlich bezahlten Job hättest, und das Selbstvertrauen hast andere Menschen von dir überzeugen zu können (denn andere Menschen werden es sein, die über deine Anstellung entscheiden werden) und zudem noch echte Freude an der Mathematik hast, dann ist das Studium vermutlich etwas für dich.

lg.
Airblader Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von XYW
Und der Personaler, der deine Bewerbung kriegt, entscheidet sich auch eher für den Informatiker als für den Mathematiker, wenn es zB um eine SWE Stelle geht.


Das handhaben vielleicht manche so, aber in der Allgemeinheit stimmt das nicht. Bei uns sind alle Consultants (und das sind inzwischen >160) Akademiker und die teilen sich in Informatiker, Physiker und Mathematiker auf. Ich vermute sogar, dass Physiker einen größeren Anteil haben, ist letztlich aber egal.

Wer in einem Fach wie Mathematik absolviert, dem kann man auch SWE beibringen. Informatiker lernen an den Unis hier auch eine ganze Menge unnützes Zeug und oft sogar falsche Dinge, die man ihnen erstmal wieder austreiben muss. Der Aufwand ist letztlich nicht allzu unterschiedlich und wird relativ schnell ausgeglichen.

Ein Personaler, der wegen ein paar Tage mehr oder weniger Einarbeitungszeit andere vorzieht, hat wohl nichts langfristiges mit dem MA vor. Es kommt halt drauf an, wo man sich bewirbt. Wer nur "proggen" will, der braucht weder Mathematik noch Informatik studieren. Wer qualitatives Software Development / Consulting betreiben will, der findet auch mit einem Mathemaitkabschluss problemlos eine gute Stelle.

Wer mit Mathematik keinen Job findet, muss etwas falsch machen; der Abschluss ist ja auch kein Freischein. Ich werde heute noch von Headhuntern und Personalern angeschrieben und angerufen, vielen Kollegen geht es ähnlich und ich habe nur einen mittelmäßigen Bachelorabschluss, während meine Kollegen typischerweise promoviert haben. Ein Studienfreund, der nun seinen Master fertig hat, hat auch problemlos eine Stelle gefunden.

Zitat:
Hohe Vergütung? Brech das mal auf die Stunden runter. Ganz zu schweigen von den moralisch fragwürdigen Entscheidungen, die man zu treffen hat, weil sie sonst niemand treffen will.


Berater sind keine Entscheidungsträger, daher auch der Name Berater. smile
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