Faustformel für Standardabweichung

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awehring Auf diesen Beitrag antworten »
Faustformel für Standardabweichung
Hallo an alle,

ich versuche gerade eine Faustformel für die Standardabweichung nachzuvollziehen - finde aber nicht den richtigen Ansatz.

In einem Skriptum habe ich folgende Faustformel gefunden:

Zitat:
Oft braucht man ein einfacheres Verfahren um schnell abschätzen zu können, ob eine Aussage, die man durch eine Umfrage erhalten hat, zuverlässig ist. Man berechnet das Sigma () mit folgender Faustregel:





Dann gibt es noch zwei Beispiele mit Lösungen.

Beispiel 1:

Zitat:
Ein Politiker hat eine Umfrage zu seinen Wahlchancen bei 490 Personen gemacht. Die Mehrheit sei dafür, dass er bleibt, nämlich 58 %.
Ist diese Aussage zuverlässig (signifikant)? D.h. würde bei einer nächsten Umfrage - bei zufällig ausgewählten Leuten - wieder herauskommen, dass eine Mehrheit will, dass er bleibt oder waren die 58 % bloss ein Zufallstreffer?

Lösung:
Ja Stimmen: 284 (58 % von 490)

(Sigma in Zahlen)
(Sigma in %)

also 58 +/- 3.5 %

Wenn eine weitere Umfrage gemacht würde, dann liegt ihr Resultat mit 68% Wahrscheinlichkeit im Bereich zwischen 54.5% bis 61.5%. Die Aussage ist also verlässlich. D.h. auch bei einer weiteren Umfrage wären die Ja Stimmen über 50%.


Beispiel 2:

Zitat:
Ein Unternehmen hat 11 grosse Kunden. Diese Kunden erteilen ihr Grossaufträge. Sie machte 2001 mit ihnen 1 350 000 Umsatz. Im 2002 ist der Umsatz auf 1 050 000 gesunken. Handelt es sich um eine zufällige Schwankung oder ist das Geschäft tatsächlich geschrumpft?

Lösung:
Mit einem Kunden (Grossauftrag) macht man im Durchschnitt einen Umsatz von 1 350 000 / 11 = 123 000 Fr pro Jahr. Ob ein Kunde aber einen Auftrag gerade im 2002 gibt oder ob der Auftrag erst 2003 kommt, ist zufällig.
Die Schwankung ist


In Zahlen: Der Umsatz schwankt pro Jahr um 3 x 123 000 = 369 000 Es handelt sich nicht um eine reale Verkleinerung des Geschäftes, sondern die Schwankung ist zufällig.


Es wäre ja praktisch, wenn man diese Faustformel verwenden könnte. Ich wüsste aber gern, unter welchen Rahmenbedingungen sie funktioniert, und welche Fehler zu erwarten sind.

Deshalb versuche ich sie herzuleiten, habe aber noch keinen Ansatz gefunden.
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von awehring
Ja Stimmen: 284 (58 % von 490)

(Sigma in Zahlen)
(Sigma in %)

also 58 +/- 3.5 %

Wenn eine weitere Umfrage gemacht würde, dann liegt ihr Resultat mit 68% Wahrscheinlichkeit im Bereich zwischen 54.5% bis 61.5%. Die Aussage ist also verlässlich.

Zum einen würde ich das -Intervall mit diesen 68% noch nicht als verlässlich bezeichnen. Schon eher das -Intervall mit 95% - in der Praxis wird oft das -Intervall mit 99.5% für derartige Fragen genommen. Augenzwinkern

Zum anderen: Die Wähleranteilschätzung ist , bei dir mit n=490 und x=284.

Die übliche -Schätzung wäre eigentlich

.

Du schätzt also sehr großzügig ab, was bei sehr kleinem Wähleranteil (z.B. FDP) nicht viel ausmacht, in deinem Beispiel mit den "verschenkst" du aber ca 30%, um die die eigentlich -Schätzung kleiner ist als dein Wert.

---------------------------------------------------------------

Beispiel 2 ist dagegen zunächst einigermaßen korrekt gehandhabt:

Die Kundenzahl bei diesem Szenario ist poissonverteilt, und eine derartige Größe besitzt bei Parameter den Erwartungswert und tatsächlich die Standardabweichung . Allerdings sind die %-Werte der -Intervalle auf die Normalverteilung gemünzt: Bei derart kleinen Anzahlen wie der 11 hier iist eine Approximation der Poissonverteilung durch eine Normalverteilung noch höchst bedenklich.
awehring Auf diesen Beitrag antworten »

Herzlichen Dank - das war ja schnell!

Die Anteilsschätzung hat den grössten Fehler bei einem Anteil von 50% - richtig?



also



Mit wachsendem n geht das rasch in Richtung , also einen Fehler von 50% !

Das erscheint nicht wirklich brauchbar (wenn man nicht noch irgend eine einfache Fehlerkorrektur in Abhängigkeit von p dranhängt).

Da kommt es dann auch nicht mehr wirklich drauf an, ob man mit einem 1-sigma oder 2-sigma Vertrauensbereich arbeitet. Big Laugh
Die Lösungen zu den Beispielen sind übrigens auch aus dem Skriptum; und das Skriptum ist von einem Physiker, der wohl etwas grosszügig unterwegs war.


In die Poissonverteilung muss ich mich nochmal einlesen.

Falls ich da Probleme bekomme, melde ich mich gerne noch mal.

Nochmals herzlichen Dank!
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von awehring
Die Anteilsschätzung hat den grössten Fehler bei einem Anteil von 50% - richtig?



also



Mit wachsendem n geht das rasch in Richtung , also einen Fehler von 50% !

Ja, so ist es. Betrachtet man die beiden groben Schätzungen und für , so stellt man fest, dass beide zu hoch sind:

ist gut für sehr kleine , und wird für größere Werte immer schlechter.

ist für optimal, und fällt aber nach beiden Seiten hin deutlich ab in der Qualität.

Wenn man sich schon für eine der beiden Schätzungen statt der og. besseren -Schätzung entscheiden will:

Für ist besser, andernfalls aber .
awehring Auf diesen Beitrag antworten »

ok, Danke nochmal !
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