Temperaturabnahme

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Kaffeetrinker Auf diesen Beitrag antworten »
Temperaturabnahme
Guten Morgen!

Ein Nachhilfeschüler kam mit folgender Aufgabe zu mir: Ein Getränk ist 90°C warm, die Umgebungstemperatur beträgt 20°C. Das Getränk kühlt pro Minute um 10% der bestehenden Temperaturdifferenz ab. Gesucht ist die Funktion, die diesen Vorgang beschreibt.

In der Musterlösung steht . Das tönt plausibel und ist naheliegend, aber meiner Meinung nach falsch.

Ich würde die Aufgabe mit einer DGL lösen. Dann hätte man
und die Lösung dafür wäre , wobei man mit den Anfangswerten noch erhält.

Wegen unterscheiden sich die beiden Lösungen nur geringfügig. Der Schüler hat DGL noch nicht gehabt, kann also nur die "einfache" Lösung finden. Aber irgendwie finde ich die nicht korrekt und würde in der Musterlösung einen Hinweis erwarten.

Oder habe ich mich da selbst verrannt?
mYthos Auf diesen Beitrag antworten »

Guten Morgen,

vielleicht hilft dir das weiter:

--> Beschränkte Abnahme

mY+
Kaffeetrinker Auf diesen Beitrag antworten »

Danke dir! Das bestätigt eigentlich meinen Ansatz. Wenn ich es richtig verstehe, ist der Ansatz der Musterlösung "für diskrete Schritte" vertretbar.
mYthos Auf diesen Beitrag antworten »

Nein, der ist in jedem Fall exakt.
Hier ist - im Gegensatz zur rein exponentiellen Abnahme / Wachstum - der Faktor nicht zu logarithmieren.

Siehe auch den Thread

--> Temperaturabnahme (Butter und Margarine im Kühlschrank)

Essentiel dabei ist, dass der prozentuelle Abnahmekoeffizient erhalten bleibt, also gleich dem Proportionalfaktor k (der Konstanten k in der Funktionsgleichung) ist.
Die relative Abnahme pro Minute ist nicht konstant, sondern ändert sich von Minute zu Minute und wird naturgemäß geringer, je mehr sich die Temperatur des Kühlgutes der Umgebungstemperatur annähert.

mY+
Kaffeetrinker Auf diesen Beitrag antworten »

Jetzt bin ich verwirrt:

Zitat:
Nein, der ist in jedem Fall exakt.
Hier ist - im Gegensatz zur rein exponentiellen Abnahme / Wachstum - der Faktor nicht zu logarithmieren.


Aber die Musterlösung schlägt doch vor. Meine Idee hingegen war und die stimmt mit dem überein, was du zum Butter-Margarine-Problem geschrieben hast.

Dann kann doch der Ansatz der Musterlösung nicht exakt sein, weil eben nur ist.

Sorry, dass ich mich so kompliziert anstelle.
Steffen Bühler Auf diesen Beitrag antworten »

Wenn ich kurz meinen Senf dazugeben darf:

Die Aussage
Zitat:
Das Getränk kühlt pro Minute um 10% der bestehenden Temperaturdifferenz ab.


bedeutet eben nicht, dass die Abnahmegeschwindigkeit jederzeit zehn Prozent der Differenz ist, wie Dein DGL-Ansatz ja lautet. Damit landet man bei einem anderen Wert, wie bewiesen.

Es ist eigentlich überhaupt keine Aussage über die Abnahmegeschwindigkeit selber getroffen worden. Es gibt nur Punkte der exponentiellen Funktion.

Viele Grüße
Steffen
 
 
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

So sehe ich es auch. Die Aussage ist ja klar und deutlich:

Zitat:
Original von Kaffeetrinker
Das Getränk kühlt pro Minute um 10% der bestehenden Temperaturdifferenz ab.

D.h., es ist eine Aussage über den diskreten Zeitschritt "eine Minute" - es ist falsch, den Abkühlungs-Prozentwert linear (!) auf einen differentiellen Zeitschritt herunterzurechnen!

Ich kann ja auch nicht zur Bank gehen und sagen: "Ich betrachte ihr Zinsangebot von 2% pro Jahr differentiell und will für meine Anlage von 10000€



statt 200€ Zinsen.", die würden mir eins husten. Big Laugh
Kaffetrinker Auf diesen Beitrag antworten »

Nur dass Verzinsung ein künstlicher, diskreter Prozess ist, während Abkühlung ein natürlicher Vorgang ist. Und natürliche Vorgänge sind meistens eben doch stetig, weshalb sich das Modell anbietet.
mYthos Auf diesen Beitrag antworten »

Welches Modell meinst du?
Hoffentlich jenes, welches wir dir beschrieben haben ...

mY+
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

@Kaffetrinker

Das ist keine Entkräftung des Arguments. Augenzwinkern
Kaffeetrinker Auf diesen Beitrag antworten »

@mythos: Ich meine das Modell , also die Modellierung des Prozesses mit einer DGL.

@HAL 9000: Ich finde schon. Dein Argument war, dass du bei Verzinsung nicht auf kleinere Zeitschritte herunterrechnen darfst. Dies liegt m.E. daran, dass Verzinsung nun mal nach gewissen kaufmännischen Regeln geschaffen wurde. Die Natur hingegen kennt keine Zeitschritte.
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Ok, dann anders begründet, damit du dich nicht so herausreden kannst:

Die Temperaturfunktion ist , darüber sind sich ja alle einig. (*)

Rechnest du mit , dann hast du in 1 Minute eine Abkühlung um im Gegensatz zu der Angabe "Das Getränk kühlt pro Minute um 10% der bestehenden Temperaturdifferenz ab."


Kurzum: Deine Meinung zu Modell (*) ist , während (bis jetzt) alle anderen der Auffassung sind, dass aus zu gewinnen ist, also .
Kaffeetrinker Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Die Temperaturfunktion ist , darüber sind sich ja alle einig. (*)


Sorry, aber nachdem ich Mythos' Posting zur Butter-Margarine-Aufgabe gelesen habe, bin ich nicht der Auffassung, dass sich hier alle einig sind -- deshalb meine Verwirrung. Dort sind es andere Temperaturen und eine Abnahme von 12% pro Minute, aber das ändert an der grundlegenden Sache nichts.

Ich zitiere aus postid=1969044:

Zitat:
Nach genauerem Lesen des Aufgabentextes ergibt sich ein ganz anderes Bild.
In der Ausgangslage handelt es sich nämlich um die Differentialgleichung



Die Lösung dieser Differentialgleichung liefert die exakte (und auch bekannte) Funktion der Temperaturabnahme in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur:

[ Allg. lautet sie: ]



Darin sehen wir, dass der Abnahmekoeffizient (ähnlich der Zerfallskonstante) - im Gegensatz, wie es bei der Wachstums- oder Zerfallfunktion der Fall ist -
als Prozentsatz erhalten bleibt und daher genau 0.12 beträgt, und nicht etwa 0.12783.
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Na was soll's - du suchst hier Rechtfertigung für deine Sicht der Dinge und bekommst sie nicht oder nur teilweise, wahrscheinlich hast du mit voller Zustimmung gerechnet. Augenzwinkern

Ich bleibe bei meiner Meinung, dass es gute Gründe für die Musterlösung gibt, weil die Forderung "Das Getränk kühlt pro Minute um 10% der bestehenden Temperaturdifferenz ab." durch sie eben exakt eingehalten wird. Bei einer Formulierung wie "Das Getränk kühlt sich mit einer Rate von 10%/Minute ab." wäre ich vielleicht auch ins Grübeln gekommen - so aber nicht. Wink


EDIT: Anderes Beispiel, für einen "stetigen" Vorgang: Halbwertszeit bei radioaktivem Zerfall. Da spricht man auch davon, dass pro Zeit 50% des Materials zerfällt. Im entsprechenden Exponentialterm ist aber NICHT , sondern . Augenzwinkern
Kaffeetrinker Auf diesen Beitrag antworten »

Irgendwie habe ich bei dir ständig den Eindruck eines völlig unnötig feindseligen Untertons. Ich suche keine Rechtfertigung für irgendwas. Ich möchte *verstehen*.

Und mir scheint, die Antwort von Mythos, der hier schon lange dabei ist und viele kluge Dinge geschrieben hat, widerspricht der Musterlösung.

Überzeugend finde ich deine Begründung

Zitat:
Rechnest du mit , dann hast du in 1 Minute eine Abkühlung um im Gegensatz zu der Angabe "Das Getränk kühlt pro Minute um 10% der bestehenden Temperaturdifferenz ab."
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Vielleicht wird der "völlig unnötig feindselige Unterton" auch durch völlig unnötig verstümmelte Zitate verursacht? Zumindest wird er dadurch nicht gemildert. Augenzwinkern
Steffen Bühler Auf diesen Beitrag antworten »

Dann doch noch mal zur Sache: wahrscheinlich sind die von HAL erwähnten Aussagen

Zitat:
Das Getränk kühlt pro Minute um 10% der bestehenden Temperaturdifferenz ab.


und

Zitat:
Das Getränk kühlt sich mit einer Rate von 10%/Minute ab.


für manche dasselbe, für manche nicht.

Für mich ist die erste Aussage gleichbedeutend mit , während die zweite Aussage eine Differentialgleichung beschreibt: .

Man kann aber durchaus auf die Idee kommen, dass "pro Minute um 10 Prozent" synonym zu einer Rate von 10%/Minute ist, nicht wahr? Allerdings ist diese Sichtweise nicht gerade alltäglich.
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Steffen Bühler
Man kann aber durchaus auf die Idee kommen, dass "pro Minute um 10 Prozent" synonym zu einer Rate von 10%/Minute ist, nicht wahr?

Bei linearen Vorgängen ist sie alltäglich, und da macht es ja auch keinen inhaltlichen Unterschied. Bei exponentiellen Vorgängen gibt es dann eben verschiedene Sichtweisen: Da sollte eben deutlich erkennbar sein, ob es um "diskrete Marken" oder eine stetige Rate geht.
mYthos Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Kaffeetrinker
...
Aber die Musterlösung schlägt doch vor. Meine Idee hingegen war und die stimmt mit dem überein, was du zum Butter-Margarine-Problem geschrieben hast.
...


Unser Missverständnis beruht auf den unterschiedlichen Angaben in den betrachteten Threads.
Das Butter-Margarine Problem hat eine differenzierte (andere) Angabe als die hier in diesem Thread:
Dort heisst es: Man kann davon ausgehen, dass die Temperaturabnahme pro Minute 12% der Differenz zwischen der Temperatur und der Kühlschranktemperatur beträgt.

Hier lautet es aber: Das Getränk kühlt pro Minute um 10% der bestehenden Temperaturdifferenz ab.
Dabei sinkt die Temperatur um 10 % der gerade bestehenden Minuten-Temperaturdifferenz!

Insoferne war meine Bezugnahme auf den anderen Thread möglicherweise verwirrend.
Die Musterlösung ist somit der exakte Ansatz, denn dabei ist der Quotient der Differenzen von Minute zu Minute immer genau 0,9
Das ist nur dann gesichert, wenn die Basis der Potenz gleich 0,9 ist. Das bedingt, dass für die Konstante gilt: , somit ist

Damit ist auch diese Funktion

(Funktion 1):

die exakte Lösung Lösung der Differentialgleichung für das prozentuelle Wachstum von 10,536 % bezüglich der Kühlschrank-(Umgebungs-)temperatur und daher identisch mit

.

Wir sehen also, wenn der Temperaturabfall genau 10% der bestehenden Minuten-Temperaturdifferenz betragen soll, muss der Koeffizient k = 0,10536 lauten,
er bezeichnet den Prozentsatz der Differenz zwischen der momentanen Temperatur und der Kühlschranktemperatur.

Nimmt man - wie auch du es getan hast - k fälschlicherweise mit genau 0,10 an (Funktion 2), so entsteht eine geringfügig abweichende Reihe mit der Basis 0,905,
entsprechend 10,5 % Temperaturabfall bezüglich der gerade bestehenden Minuten-Temperaturdifferenz.

In der Exceltabelle ist dieser Sachverhalt noch genauer dargestellt.

mY+
mYthos Auf diesen Beitrag antworten »

Sorry, dass es so lange gedauert hat.
Leider habe ich im Moment nicht viel Zeit und ich wollte den Sachverhalt doch etwas gründlicher darstellen!
Das Bild des Excel-Sheets füge ich hier noch an!

mY+

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Kaffeetrinker Auf diesen Beitrag antworten »

Ich danke euch für eure Mithilfe. In der Zwischenzeit habe ich mich auch noch einmal mit der Aufgabe beschäftigt, und ich denke, wir sind uns nun wirklich *alle* einig.

Der Ansatz mit der DGL ist grundsätzlich richtig, aber die Annahme c=0.1 beim Aufstellen der DGL ist falsch. Korrekt ist, die DGL zuerst aufzustellen. Daraus ergibt sich und nun sind sowohl k als auch c mit den Anfangswerten zu bestimmen.

Dann stimmen die beiden Funktionen nämlich auch miteinander überein.

Meine Verwirrung ergab sich aus zwei Dingen: einerseits den Link auf die andere Aufgabe (wo mir der subtile Unterschied nicht aufgefallen war) und andererseits den Hinweis, man solle den Vorgang nicht "verstetigen" -- das kann man ja durchaus (weil die Abkühlung ja stetig verläuft), aber man muss es halt richtig machen.
mYthos Auf diesen Beitrag antworten »

Schön, dass es jetzt geklärt ist smile
Ich muss zugeben, dass der Sachverhalt mit den verschiedenen Bezugspunkten nicht ganz einfach ist und ich mich bei der letzten Antwort (die ich ja dann bald editiert hatte) auch geirrt hatte.
Erst das Aufstellen der Reihe im Tabellenprogramm hat dann Klarheit verschafft.

Du kannst das gerne durchspielen, ich füge auch die XLS-Datei hier noch an (letztes Tabellenblatt, Eingabe in gelb markierte Zellen), wenn du damit etwas anfangen kannst.

Schönen heissen Sommertag noch!

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mY+
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