Pillenproblem

Neue Frage »

Steffen Bühler Auf diesen Beitrag antworten »
Pillenproblem
Liebes Forum,

mal eine Kombinatorikfrage aus dem Alltag, die ich einfach nicht hinkriege.

In einer Pillendose sind zu Beginn 100 Tabletten. Gebraucht wird eine dreiviertel Tablette am Tag.

Also holen wir am ersten Tag eine raus, halbieren sie, halbieren die eine Hälfte nochmal, nehmen die halbe und die viertel Tablette ein - und werfen das übrige Viertel wieder in die Dose.

Am zweiten Tag gibt es also zwei Möglichkeiten. Wenn wir eine ganze Tablette herausholen, wiederholt sich das beschriebene Spielchen.
Erwischen wir aber das Viertel, müssen wir noch eine ganze Tablette rausholen, die wir dann halbieren - und die übrige Hälfte in die Dose werfen.

Sobald Halbe in der Dose sind, wird es noch etwas komplizierter.

Wenn man so eine Halbe zieht, kann man beim nächsten eine Viertel bekommen, dann passt's auch. Oder noch eine weitere Halbe, die muss dann halbiert werden, und ein Viertel kommt in die Dose. Oder eine Ganze, dann kommt eine Halbe und eine Viertel zurück.

Beim Zug einer Viertel ist es dann möglich, mit dem nächsten Zug eine Halbe zu erwischen und es passt. Bekommt man eine Ganze, wird die halbiert, die zweite Hälfte kommt in die Dose. Bekommt man wieder eine Viertel, braucht man noch eine dritte Viertel. Wenn die kommt, ist es gut, bei einer Halben kommt eine Viertel in die Dose, bei einer Ganzen kommen eine Halbe und ein Viertel in die Dose.

Und so geht es weiter, bis die Dose leer ist. Zuerst bekommt man natürlich hauptsächlich ganze Tabletten, allmählich steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, eine viertel Tablette zu kriegen, und damit kommen langsam auch halbe dazu.

Nun wäre es zum Beispiel interessant, an welchem Tag die Wahrscheinlichkeit für eine Ganze und eine Viertel gleich groß ist.

Da ich mit dem Ereignisbaum beim vierten Tag verzweifelt aufgegeben habe, schrieb ich mal kurz ein Programm, das die Entnahme aus der Dose simuliert. Das hab ich hundertmal laufen lassen und diese Durchschnittskurven erhalten:

[attach]39115[/attach]

Ganz nett und auch plausibel. Aber ich würde doch gerne die exakten Formeln wissen.

Kann mir da jemand auf die Sprünge helfen?

Vielen Dank und viele Grüße
Steffen
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Ok, man zieht also jeden Tag so lange, bis man die erforderliche Dosis zusammenhat, also z.B. so:

1.Zug: 1/4-Tablette
2.Zug: 1/4-Tablette
3.Zug: 1-Tablette, die dann geteilt wird: 1/2+1/4+1/4, wobei 1/2+1/4 zurückgelegt wird

Entspricht das deinem Vorgehen? Und es wird vorausgesetzt, dass alle Stücken und Stückchen mit derselben Wahrscheinlichkeit zum Zuge kommen?

Natürlich kann man die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Vektors für die Anzahl der der ganzen, halben, viertlen Tabletten nach Tag genau ausrechnen - prinzipiell reicht natürlich wegen der festen Verknüpfung auch die Verteilung von . Zumindest eine rekursive Berechnung dieser Verteilung, startend mit der Einpunktverteilung , sollte ganz gut machbar sein. Rechenzeit und Speicherplatz sollten bequem reichen.
Dopap Auf diesen Beitrag antworten »

Wer will das wissen und warum? Big Laugh

Ich würde meinen, dass die Monte-Carlo Methode hier wirklich passend ist.

Aber - wie so oft in Stochastik - kann man sich auch irren. Wink
Steffen Bühler Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von HAL 9000
Entspricht das deinem Vorgehen?


Ja, genau so.

Zitat:
Original von HAL 9000
Und es wird vorausgesetzt, dass alle Stücken und Stückchen mit derselben Wahrscheinlichkeit zum Zuge kommen?


Ja. Physikalisch rutschen Viertel vielleicht leichter raus, das soll aber nicht angenommen werden. Wenn am zweiten Tag 99 Ganze und eine Viertel drin sind, sei die Chance für die Viertel exakt ein Prozent.

Zitat:
Original von HAL 9000
Zumindest eine rekursive Berechnung dieser Verteilung, startend mit der Einpunktverteilung , sollte ganz gut machbar sein.


Also nur rekursiv? Kann es denn sein, dass eine geschlossene Formel, und wenn sie noch so viel Fakultäten und Binomialkoeffizienten enthielte, gar nicht angegeben werden kann?
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Explizit dürfte verdammt schwierig werden... Zunächst mal zum rekursiven Vorgehen, das ist eine typische Backward-Situation:

Wie kommt man zu , ausgehend vom bereits berechneten Verteilungsgesetz ?

1) Entnahme von 1 - Rücklegen von 1/4
2) Entnahme von 1/2
2.1) Entnahme von 1 - Rücklegen von 1/2+1/4
2.2) Entnahme von 1/2 - Rücklegen von 1/4
2.3) Entnahme von 1/4 - kein Rücklegen
3) Entnahme von 1/4
3.1) Entnahme von 1 - Rücklegen von 1/2
3.2) Entnahme von 1/2 - kein Rücklegen
3.3) Entnahme von 1/4
3.3.1) Entnahme von 1 - Rücklegen von 1/2+1/4
3.3.2) Entnahme von 1/2 - Rücklegen von 1/4
3.3.3) Entnahme von 1/4 - kein Rücklegen

In jedem der 9 Unterfälle kann man ausrechnen, wieviel Pillen jeder Sorte zum Zeitpunkt vorgelegen haben müssen, um am Ende auf zu kommen, und man kann anhand dieser Anzahlen auch die Verzweigungswahrscheinlichkeit bestimmen. Als Beispiel mal Fall 2.2):

Die Zahl der 1/2-Tabletten hat sich um zwei vermindert, die der 1/4 Tabletten um eins erhöht. Also basiert dieser Teilfall auf mit insgesamt Tabletten, und diese Verzweigung tritt ein mit Wahrscheinlichkeit . Also trägt Fall 2.2) mit Summand



zur Wahrscheinlichkeit bei. Das ganze auch für die anderen 8 Unterfälle, man bekommt damit eine totale Wahrscheinlichkeitssumme mit bis zu acht Summanden (am Rand etwas weniger), wobei wie gesehen die Vorfaktoren in der Rekursion ziemlich übel von x,y,n abhängen...
Steffen Bühler Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von HAL 9000
das ist eine typische Backward-Situation


Danke für den Link, das ist Neuland für mich. Aber hochinteressantes Neuland, ich werde mich da einlesen.

Und wir haben wohl die Schulmathematik verlassen, ich verschieb's mal zur Hochschule.
 
 
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Interessant ist, dass trotz all der verworrenen Rekursionsformeln sich am Ende alles auf die Einpunktverteilung zusammenziehen muss. Augenzwinkern


Hab mal ein wenig gerechnet, was nach 132 Tagen herauskommt: Für folgt

,

d.h. die weitaus häufigste Situation als Restbestand ist eine halbe + zwei Vierteltabletten.
Neue Frage »
Antworten »



Verwandte Themen