Gödels Unvollständigkeitssatz-Idee richtig erfasst?

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Gödels Unvollständigkeitssatz-Idee richtig erfasst?
1. Unvollständigkeitssatz

Gegeben sei ein konsistentes formales S(ystem), mit dem wir folgende Aussage konstruieren können: G: G ist unbeweisbar.
Nun gibt es zwei mögliche Fälle:

a) G ist beweisbar, doch dann ist G unbeweisbar, Widerspruch,
b) ~G ist beweisbar, d.h. es gilt: ~G: G ist beweisbar, , d.h. G wäre beweisbar und damit wären G und ~G beweisbar, Widerspruch.

Wir können also in S weder G noch ~G beweisen, S ist unvollständig.

2. Unvollständigkeitssatz

Sei S in der Lage, den 1. Unvollständigkeitssatz zu formulieren, also: Wenn S konsistent ist, dann sind G und ~G in S unbeweisbar.
Nehmen wir an, S könnte die eigene Konsistenz beweisen.
Dann folgt mit modus ponens der Beweis dafür, dass G und ~G in S unbeweisbar sind, was ein Widerspruch wäre, so dass die Konsistenzannahme falsch sein muss.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Das kann nicht sein. Bei Gödel geht es um Wahrheit, nicht nur um Beweisbarkeit.
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Elvis
Bei Gödel geht es um Wahrheit, nicht nur um Beweisbarkeit.


Wie gut kennst du dich mit Gödel's Unvollständigkeitssätzen aus? ME geht's dort nur um Beweisbarkeit, Wahrheit spielt keine Rolle. Das zeigem mE auch die ersten Seiten seiner Arbeit.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Ich habe Gödel studiert und empfehle die Lektüre von : Dirk W. Hoffmann "Die Gödel'schen Unvollständigkeitssätze"


Vorwort

Über Tausende von Jahren war es die unausgesprochene Grundannahme der Mathematik, dass sich jede mathematische Aussage entweder beweisen oder widerlegen lässt. 1931 wurde dieser Traum durch Kurt Gödel zu Grabe getragen. Der junge Mathematiker hatte entdeckt, dass der Begriff der Wahrheit und der Begriff der Beweisbarkeit nicht in Einklang gebracht werden können; in jedem hinreichend ausdrucksstarken formalen System existieren Aussagen, die sich innerhalb des Systems weder beweisen noch widerlegen lassen.

Die Gödel'sche Arbeit hat unsere Sichtweise auf die Mathematik von Grund auf verändert. Sie ist ein Juwel unseres kulturellen Erbes und befindet sich auf der gleichen Stufe wie die Einstein'sche Arbeit zur Begründung der Relativitätstheorie oder die Heisenberg'sche Arbeit über die Unschärferelation. Alle drei Arbeiten definieren Grenzen, die wir nicht überwinden können.

Seit ihrer Entdeckung haben sich viele Autoren mit den Gödel'schen Unvollständigkeitssätzen beschäftigt und deren mathematische und philosophische Facetten in ganz unterschiedlicher Weise beleuchtet. Ich selbst las das erste Mal in Douglas Hofstadters berühmtem Werk Gödel, Escher, Bach von den Unvollständigkeitssätzen, kurz vor Beginn meines Studiums. Rasend schnell hatten mich die Sätze in ihrem Bann gezogen und dazu bewogen, tiefer in die Materie einzudringen: Ich wollte wissen, was Gödel wirklich bewiesen hatte. Doch bereits der erste Blick in Gödels Originalarbeit ließ mich damals resignieren; die Darstellung war viel zu formal, als dass ich sie auch nur in Ansätzen hätte verstehen können. Ich wünschte mir ein Buch, das den Originalbeweis in verständlichen Worten erklärt, doch ein solches gab es nicht.

In den mehr als zwanzig Jahren, die seitdem vergangen sind, konnte ich mich gedanklich nicht von den Unvollständigkeitssätzen lösen, und so sind schließlich zwei Bücher entstanden. Das eine ist das Werk, das von mir so lange vermisst wurde und jetzt vor Ihnen liegt; es ist mein ganz persönlicher Versuch, die Lücke zu füllen, die ich eben beschrieb. Das andere Buch heißt Grenzen der Mathematik und ist im gleichen Verlag erschienen. Es adressiert eine ähnliche Thematik, verfolgt aber eine andere Zielsetzung. Während sich das vorliegende Buch im Detail mit Gödels historischem Beweis auseinandersetzt, ist das andere als Lehrbuch gedacht. Es behandelt ein breiteres Themenspektrum und greift zahlreiche Ideen und Gedanken auf, die etwas weiter vom Epizentrum der Unvollständigkeitssätze entfernt sind. Auch die elementaren Grundlagen der Logik, die für das Verständnis des vorliegenden Buchs wichtig sind, werden dort ausführlich erklärt. Ebenfalls geeignet, um etwaig auftretende Verständnislücken zu schließen, ist Uwe Schönings Buch Logik für Informatiker. Es bietet einen schnellen und aus meiner Sicht sehr empfehlenswerten Einstieg in die Logik.

In den folgenden Kapiteln werden Sie einen vollständigen Abdruck der Gödel'schen Originalarbeit vorfinden, unterteilt in kommentierte Abschnitte. Die Originalpassagen sind auf einem grauen Hintergrund gedruckt, um sie optisch vom Rest des Textes zu trennen; ansonsten wurde das Layout der Originalarbeit weitgehend belassen. Eine Besonderheit betrifft die Fußnoten, die in Gödels Arbeit zahlreich vorhanden sind. Um den Lesefluss nicht zu zerstören, tauchen sie hier am das Ende des Textfragments auf, in dem sie referenziert werden.

Karlsruhe, im Juni 2012
Dirk W. Hoffmann
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Aber steht da nicht, was auch ich schreibe? Gödel beweist, dass sich in einem (konsistenten) System gewisser Ausdrucksstärke nicht jede Aussage beweisen oder widerlegen läßt (Erster U-Satz). Gödel verbleibt komplett auf der syntaktischen Ebene, wo Wahrheit keine Rolle spielt, sondern nur Beweisbarkeit, die dort auch Ableitbarkeit heißt. Natürlich spielt sie mittelbar eine Rolle: Wenn weder eine Aussage A bewiesen noch ihre Negation ~A widerlegt werden kann, dann heißt das auf der semantischen Ebene, dass - weil entweder A oder ~A wahr ist - dieses System unvollständig sein muss. Genauso gilt: Wenn ein System seine Konsistenz nicht beweisen kann, dann kann es semantisch gesehen inkorrekt sein.

Hoffmann's Buch habe ich mir ausgeliehen, finde es aber immer noch zu schwer verständlich. Ich würde gern erstmal die Grundidee verstehen...deshalb mein Beitrag von oben...wie würdest du diese Grundidee beschreiben?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Grundideen sind grundsätzlich Unfug. Gödel hat einen außerordentlich kurzgefassten Beweis geführt. Hoffmann hat ihn allgemein verständlich erläutert. Wenn Du glaubst, dass Du Gödel kürzer erläutern kannst als Hoffmann, dann schreibe ein kurzes Buch. Gödel selbst war ursprünglich der Meinung, dass er seinen Beweis ausführlicher formulieren müsse, um verstanden zu werden. Nur weil sachkundige Mathematiker seinen Beweis akzeptiert haben, hat er schließlich auf eine längere Fassung verzichtet.
 
 
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Elvis
Wenn Du glaubst, dass Du Gödel kürzer erläutern kannst als Hoffmann, dann schreibe ein kurzes Buch.


s.o. smile

Lass es uns mal step by step durchgehen. Wo genau hast du denn dort die ersten Baumschmerzen?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Darauf falle ich schon lange nicht mehr herein. Gödel war genial und hat einen präzisen Beweis für exakt formulierte Theoreme geführt. Noch nie habe ich eine sinnvolle Umformulierung gesehen, die Gödels Theorie exakt erfasst. Über schlampige Aussagen ohne Beweis diskutiere ich nicht.

Vorschlag: Formuliere deine Sätze und Beweise vollständig, dann stimme ich zu - oder nicht.
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Elvis

Vorschlag: Formuliere deine Sätze und Beweise vollständig, dann stimme ich zu - oder nicht.


Das tue ich doch!

Meine Prämisse lautet: Gegeben sei ein konsistentes formales S(ystem), mit dem wir folgende Aussage konstruieren können: G: G ist unbeweisbar. und daraus leite ich dann Folgerungen ab und will wissen, ob diese Folgerungen korrekt sind. Genau das hat auch Gödel gemacht, wobei natürlich sein Gödelsatz etwas anders aussah als mein G, aber das gleiche bedeutete. Und ja, er hat auch noch den Gödelsatz aus S konstruiert...das tue ich nicht, das wäre zu aufwändig und spielt auch keine Rolle: Sobald S den Gödelsatz syntaktisch herstellen kann, spielt es keine Rolle, ob man ihn syntaktisch korrekt oder inkorrekt herstellt, denn man könnte ihn ja ohnehin nicht beweisen oder widerlegen.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Du reihst undefinierte Begriffe wahllos aneinander. Das machen Politiker gern und erfolgreich, weil viele Menschen kritikunfaehig jeden Unsinn glauben. In der Mathematik hat solches Wortgeklingel nichts zu suchen. Ich weiß, was Gödel gemacht hat, ich habe keine Ahnung, was Du sagen möchtest.
Wenn Du mich von etwas anderem überzeugen willst, musst Du erheblich deutlicher werden.
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Fangen wir mal anders an. Ich gebe dir - vollkommen unabhängig von Gödel - folgende von mir verfasste Zeilen vor und frage dich, ob meine beiden Konklusionen gültig sind (und bitte dich nicht zu pendantisch zu sein, weil das natürlich kein kalkulierter, sondern ein informeller, Beweis ist):

1. Gegeben sei ein konsistentes formales S(ystem), mit dem wir folgende Aussage konstruieren können: G: G ist unbeweisbar.
Nun gibt es zwei mögliche Fälle:

a) G ist beweisbar, doch dann ist G unbeweisbar, Widerspruch,
b) ~G ist beweisbar, d.h. es gilt: ~G: G ist beweisbar, , d.h. G wäre beweisbar und damit wären G und ~G beweisbar, Widerspruch.

Wir können also in S weder G noch ~G beweisen, S ist unvollständig.

2. Sei S in der Lage, folgende Aussage zu formulieren: Wenn S konsistent ist, dann sind G und ~G in S unbeweisbar.
Nehmen wir an, S könnte die eigene Konsistenz beweisen.
Dann folgt mit modus ponens der Beweis dafür, dass G und ~G in S unbeweisbar sind, was ein Widerspruch wäre, so dass die Konsistenzannahme falsch sein muss.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Ich verstehe es nicht. Vielleicht habe ich zu viele wohlformulierte mathematische Sätze und Beweise studiert und kann deswegen nicht begreifen, wie deine Worte mathematische Zusammenhänge darstellen können sollen.

Es gibt nur 2 Möglichkeiten. a) Du hast Recht und ich bin doof. b) Du schreibst Unsinn, und ich habe es gemerkt.

Das formale System, das ich bin, kann nicht zwischen a) und b) entscheiden. Ich habe noch immer eine starke Tendenz zu b) - bis zum Beweis des Gegenteils.

Nachtrag: Ich kann nun doch zwischen a) und b) entscheiden. Deine Aussage "1." ist unsinnig. Deine Aussage "2." ist falsch. Also ist b) richtig.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Pippen
Gödel beweist, dass sich in einem (konsistenten) System gewisser Ausdrucksstärke nicht jede Aussage beweisen oder widerlegen läßt (Erster U-Satz).
(...)
Wenn ein System seine Konsistenz nicht beweisen kann, dann kann es semantisch gesehen inkorrekt sein.


Da hast Du doch die beiden Grundideen; das sind die Unvollständigkeitssätze. Warum versuchst Du immer wieder erfolglos, diese anders zu formulieren ?

Noch einmal der gute Rat: Studiere das Buch von Hoffmann. Wenn Du alle Details der Definitionen, Sätze und Beweise verstanden hast, hast Du alles verstanden. darüber hinaus gibt Hoffmann die zum Verständnis nötigen historischen Anmerkungen und Erläuterungen.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Übrigens : Vielen Dank, dass Du mich an Dirk W.Hoffmann erinnert hast. Ich wollte mir schon länger sein Buch "Grenzen der Mathematik" besorgen, und gestern habe ich es mir nun endlich bestellt.
RavenOnJ Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Pippen

Nehmen wir an, S könnte die eigene Konsistenz beweisen.


Wie könnte eigentlich innerhalb eines Systems seine Konsistenz bewiesen werden? Es könnte die Inkonsistenz durch Auftreten eines Widerspruchs bewiesen werden, aber doch nicht die Konsistenz. Ein System kann/muss so lange als konsistent angenommen werden, bis ein Widerspruch auftritt. Je feinverästelter ein System mit seinen abgeleiteten Aussagen und Sätzen ist, ohne dass ein Widerspruch auftritt, um so wahrscheinlicher ist seine Konsistenz. Aber 100% Sicherheit bekommt man nicht. Das erinnert mich an die Unmöglichkeit, die Nicht-Existenz von etwas zu beweisen.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Nichtexistenz "unklarer" mathematischer Aussagen: Es gibt keine Aussage, die wahr und falsch ist.
Beweis: tertium non datur

Nichtexistenz von "grundlosen" Vektorräumen: Jeder Vektorraum hat eine Basis.
RavenOnJ Auf diesen Beitrag antworten »

Ich hatte das mit der Nichtbeweisbarkeit von Nichtexistenz nicht auf mathematische Konstrukte bezogen, sondern eher auf Dinge der materiellen Welt wie grüne Schafe oder immaterielles wie einen Gott. Was du da aufzählst widerspricht entweder der Logik oder bestimmten mathematischen Axiomen/Definitionen.
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von RavenOnJ

Wie könnte eigentlich innerhalb eines Systems seine Konsistenz bewiesen werden?


Genauso wie man die Nichtexistenz von Dingen beweisen kann: in dem man alle Möglichkeiten des Systems aufzählt und kombiniert und dann feststellt: kein Widerspruch bzw. es gibt ein bestimmtes Ding nicht. Dazu muss aber eben das System endlich oder "simpel" unendlich sein, sonst droht Gödels zweiter Unvollständigkeitssatz und der Beweis entpuppt sich als Scheinbeweis.

p.s. Es darf meine Ausgangsfrage gern auch noch von Anderen beantwortet werden, die sich - anders als elvis - auch inhaltlich äußern wollen.
005 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von RavenOnJ
Wie könnte eigentlich innerhalb eines Systems seine Konsistenz bewiesen werden? Es könnte die Inkonsistenz durch Auftreten eines Widerspruchs bewiesen werden, aber doch nicht die Konsistenz.


de.wikipedia.org/wiki/Presburger-Arithmetik

Ist konsistent, entscheidbar und vollstaendig. Das Axiomensystem besteht de facto sogar aus unendlich vielen Einzelaxiomen.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

@RavenOnJ

Danke für die Klarstellung, ich hatte das schon vermutet und ganz bewußt die Existenz oder Nichtexistenz mathematischer Objekte dem gegenüber gestellt. Ich bin sicher, dass unser mathematischer Begriff von Existenz und Nichtexistenz überhaupt nur auf mathematische Objekte (das sind Ideen unseres Geistes) anwendbar ist. Aus Descartes "cogito ergo sum" kann ich lediglich die Existenz von "etwas" ableiten, es gibt also etwas und nicht nichts (wobei noch völlig unklar ist, warum dem so ist). Kein materielles oder immaterielles Objekt der "wirklichen Welt" (was immer das sein mag) kann bewiesen oder widerlegt werden.

Dann noch eine Anmerkung zu Gödels Unvollständigkeitssätzen. Wir dürfen diese geniale Leistung Kurt Gödels nicht für selbstverständlich halten, denn das ist sie überhaupt nicht. Genauso dürfen wir die Gegenposition, wie sie Anfang des 20. Jahrhunderts insbesondere von dem großen David Hilbert vertreten wurde, nicht für selbstverständlich halten. Genau diesen Fehler haben alle Mathematiker bis zum Beweis des Gegenteils getan. Wir sind heute schlauer, weil wir die Sätze und Beweise haben.

@Pippen
Wir müssen viel Aufwand treiben, um diese Sätze und Beweise zu verstehen. Wir müssen noch mehr Aufwand treiben, um die Bedeutung dieser Sätze und Beweise zu verstehen. Es gibt zu viel Literatur zu diesem Thema, zu viele falsche Aussagen und zu viele falsche Vorstellungen sind im Umlauf, weil man Gödel nur verstehen kann, wenn man ihn studiert. Das ist der Grund, warum ich keine Kurzfassungen oder Interpretationen dazu abgebe, die Gefahr von Irrtümern und Mißverständnissen ist groß.

Deine Umschreibungen halte ich für untauglich, weil Du Hypothesen über formale Systeme ausdrückst mit den Worten "sei S ..." . Gödel hat seine Unvollständigkeitssätze nicht hypothesenbasiert bewiesen, er hat sie für eine sehr umfangreiche Klasse von formalen Systemen bewiesen. Der ungeheuerliche Aufwand, den Gödel betrieben hat, um seine Sätze zu formulieren und zu beweisen, ist notwendig.

@alle
"So seltsam es auch klingen mag, die Stärke der Mathematik beruht auf dem Vermeiden jeder unnötigen Annahme und auf ihrer großartigen Einsparung an Denkarbeit."
Ernst Mach
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Ok, Elvis, dann will ich mal dafür sorgen, dass du nicht gleich Kurt-Gödel-Bettwäsche kaufst: Wink

Nehmen wir also mal an, Gödel hätte mit beiden Unvollständigkeitssätzen recht. Dann könnte jedes System - stark genug, um die Arithemtik zu formulieren - inkonsistent sein. Doch damit könnte man ebenjene Unvollständigkeitsbeweise widerlegen, weil in inkonsistenten System auch das Gegenteil beweisbar ist. Handelt es sich daher wirklich um Unvollständigkeitsbeweise oder nicht eher um Unvollständigkeitshypothesen?

Und das ist keinesfalls weit hergeholt. Es gibt nicht wenige, die ZFC wg. des Unendlichkeitsaxioms für widersprüchlich halten (weil die Vorstellung aktualer Unendlichkeiten in sich widersprüchlich ist). Dann könnte auch Gödel irgendwann leicht kippen, oder?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Jetzt ist genau das passiert, was ich erwartet habe und weswegen ich mich nicht auf eine Diskussion mit dir einlasse. Du verstehst nichts und schwafelst postfaktischen Unsinn. (Jedenfalls danke dafür, dass ich das Wort des Jahres 2016 hier mal unterbringen konnte.)

Fakt ist, dass Gödel die Unvollständigkeitssätze bewiesen hat. Studiere seinen Beweis. Wenn du das nicht kannst, studiere das Buch von Dirk W. Hoffmann. Wenn du das nicht kannst, rede nicht über Dinge, die Du nicht verstehst.
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

@Elvis

Sorry Elvis, aber jetzt tust du dem Fragesteller unrecht. Er bezweifelt ja nicht, dass Gödel die Unvollständigkeitssätze bewiesen hat. Er weist nur darauf hin, dass diese Beweise wertlos sind, wenn das System, in dem die Beweise erfolgt sind, in sich widersprüchlich ist. Und diese Widerspruchsfreiheit lässt sich eben nicht beweisen.

Das ist ja eben die Unvollständigkeit der Mathematik. Bei den formalen Systemen, die genügend ausdrucksstark sind, um die natürlichen Zahlen mit ihrer Arithmetik zu beschreiben, kann deren Widerspruchsfreiheit nicht bewiesen werden, jedenfalls nicht mit den finiten Methoden, die Hilbert vorschwebte. Man muss dann schon mit ausdrucksstärkeren Methoden herangehen, deren Widerspruchsfreiheit man dann aber wieder nicht beweisen kann, ohne noch ausdrucksstärkere Methoden zuverwenden, ein unendlicher Regress!

Die Zuverlässigkeit der Mathematik beruht also letzlich auf der empirischen Tatsache, dass in den benutzten formalen Systemen bisher keine Widersprüche aufgetaucht sind. Die Mathematiker haben gelernt, mit dieser Unvollständigkeit zu leben.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Pippen
Es gibt nicht wenige, die ZFC wg. des Unendlichkeitsaxioms für widersprüchlich halten ...

Das ist es, was mich aus zwei Gründen in diesem Zusammenhang nervt. 1. hält niemand die Mengenlehre für widersprüchlich, sondern für potentiell widersprüchlich. 2. hat Gödel ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sein Beweis konstruktiv ist.

Zitat:
Original von Pippen
... (weil die Vorstellung aktualer Unendlichkeiten in sich widersprüchlich ist) ...

... und was soll dieser uralte aristotelische Unsinn im 21. Jahrhundert ?
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Ist es wirklich Unsinn? Die moderne Mathematik kreiert die Existenz einer aktual unendlichen Menge, die aber niemand denken kann, d.h. das mathematische Objekt ist zwar benennbar, aber nicht denkbar. Die Mathematik tut - zu Recht - oft so, als ob etwas so und so sei, was auch ok ist, wenn man es sich irgendwie in seiner Fantasie vorstellen kann, aber darf & kann sie auch so tun, als ob etwas denkbar sei, weil das ja heißt, dass es eigentlich nicht denkbar (=widersprüchlich) ist?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Ja, das ist kompletter Unsinn.

Ist die Menge der natürlichen Zahlen endlich ? Wenn ja, wie kommt es, dass Euklid bewiesen hat, dass es darin unendlich viele Primzahlen gibt ?
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

@Elvis

Dieses Urteil erscheint mir zu hart. Das Unendliche in der Mathematik ist von bedeutenden Mathematiker kontrovers diskutiert worden. Bei Euklid gibt es nur das potentiell Unendliche. Er sagt nicht, es gibt unendlich viele Primzahlen. Er sagt lediglich

Zitat:
Es gibt mehr Primzahlen als jede vorgelegte Anzahl von Primzahlen.

Noch Gauß hat das aktual Unendliche abgelehnt:

Zitat:
... so protestiere ich zuvörderst gegen den Gebrauch einer unendlichen Größe als einer vollendeten, welcher in der Mathematik niemals erlaubt ist. Das Unendliche ist nur eine façon de parler, ...


Aus dem gleichen Grund wurde die Cantorsche Mengenlehre zunächst von vielen Mathematikern abgelehnt. Und die Entdeckung von Widersprüchen in der naiven Mengenlehre schien die Kritiker ja auch zu bestätigen. Aber:

@Pippen

Mit der axiomatischen Mengenlehre konnten diese Widersprüche vermieden werden. In keiner der verschiedenen axiomatischen Mengenlehren ist bisher ein Widerspruch aufgetreten. Es erwartet auch niemand, dass dies je geschehen wird. Es gibt also keinen Grund zu behaupten, das aktual Unendliche müsse in der Mathematik zwangsläufig zu Widersprüchen führen.

Die Frage, was denkbar ist und was nicht, liegt eh außerhalb der Mathematik und lässt sich kaum präzise eingrenzen.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Das Urteil ist hart aber gerecht. Was früher abgelehnt wurde, muss heute akzeptiert werden. Hilbert sagt: "Aus dem Paradies, das Cantor uns geschaffen, soll uns niemand vertreiben können."
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Ja, das hat er gesagt. Aber das war, wenn ich mich recht entsinne, noch vor den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen. Man hat sich auch hinterher nicht aus diesem Paradies vertreiben lassen. Doch danach musste man mit damit leben, dass nicht beweisbar ist, dass es keine Widersprüche gibt. Deshalb erscheint mir das Urteil noch immer zu hart.
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

@huggy: Kannst du etwas mit meiner Zusammenfassung der gödelschen US anfangen und mir sagen, ob sie halbwegs "passt" oder wo etwas gehörig schief läuft? Wenn ich Elvis lese, dann muss ich ja denken, dass das alles nur Unsinn ist....

Zitat:

1. Unvollständigkeitssatz

Gegeben sei ein konsistentes formales S(ystem), mit dem wir folgende Aussage konstruieren können, G: "G ist unbeweisbar".
Nun gibt es zwei mögliche Fälle:

a) G ist beweisbar, doch dann ist G unbeweisbar, Widerspruch,
b) ~G ist beweisbar, d.h. es gilt: ~G: "G ist beweisbar", d.h. G wäre beweisbar und damit wären G und ~G beweisbar, Widerspruch.

Wir können also in S weder G noch ~G beweisen, S ist unvollständig.

2. Unvollständigkeitssatz

Sei S in der Lage, den 1. Unvollständigkeitssatz zu formulieren, also: Wenn S konsistent ist, dann sind G und ~G in S unbeweisbar.
Nehmen wir an, S könnte die eigene Konsistenz beweisen.
Dann folgt mit modus ponens der Beweis dafür, dass G und ~G in S unbeweisbar sind, was ein Widerspruch wäre, so dass die Konsistenzannahme falsch sein muss.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Du setzt voraus, dass das formale System vollständig ist, wenn Du sagst
"Nun gibt es zwei mögliche Fälle: a) G ist beweisbar b) ~G ist beweisbar"

Gödel hat nicht bewiesen, dass vollständige formale Systeme unvollständig sind.
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Elvis
Du setzt voraus, dass das formale System vollständig ist, wenn Du sagst
"Nun gibt es zwei mögliche Fälle: a) G ist beweisbar b) ~G ist beweisbar"



Ja, und diese Annahme führe ich (bzw. eigentlich ja Gödel) zum Widerspruch, woraus deswegen die Unvollständigkeit folgt.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Falsch. Gödel setzt nicht die Vollständigkeit des formalen Systems voraus. Er beweist, dass ein bestimmtes System unvollständig ist. Und dann schließt er daraus, dass jedes System einer ganzen Klasse von Systemen unvollständig ist.
Dopap Auf diesen Beitrag antworten »

gar nicht so einfach , das mit dem Gödel. Da schau ich mir lieber Zeichnungen von Escher an und lausche den Bachklängen... Augenzwinkern

Dir + Familie ein friedliches Fest
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo, Dopap.
Frohe Weihnachten für Dich und Deine Familie.

Wegen M.C.Escher waren meine Frau und ich vor 3 Jahren im Escher-Museum in den Haag, hat sich gelohnt. Was Musik angeht habe ich nicht nur "avatarbedingt" einen Faible für den King of Rock sondern auch für Pink Floyd und Beethoven.

Gödel ist im Prinzip ganz leicht, alles gut zu verstehen, wenn man's erklärt bekommt wie z.B. bei Dirk W. Hoffmann. Das tieferliegende Problem ist die Interpretation und das Verständnis der Unvollständigkeitssätze. Das ist so ähnlich wie mit der Quantentheorie, alles ganz leicht zu begreifen, wenn man z.B. David Hilbert und von John von Neumann ("math. Grundlagen der Q.") studiert und ein paar Bücher und Vorlesungen von Philosophen und Physikern verdaut hat. Das Problem erwischt einen immer nur wieder in der Praxis, weil die Theorie ganz leicht ist aber die Anwendung unglaublich hirnverdrehend wirkt. Es ist alles Fakt, aber man glaubt es kaum.
(Ich bin nicht sicher, ob Hofstaedter Gödel verstanden hat, GEB ist trotzdem gut zu lesen.)

Gruss, Elvis
Huggy Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Pippen
@huggy: Kannst du etwas mit meiner Zusammenfassung der gödelschen US anfangen und mir sagen, ob sie halbwegs "passt" oder wo etwas gehörig schief läuft? Wenn ich Elvis lese, dann muss ich ja denken, dass das alles nur Unsinn ist....

Die Verkürzung der Gödelschen Sätze ist immer problematisch.

Deine Verkürzung des ersten Unvollständigkeitssatzes erscheint mir mit ein paar Bauchschmerzen akzeptabel. Die Bauchschmerzen beruhen darauf, dass die Aussage G und die Aussage G ist nicht beweisbar ja ganz unterschiedliche Aussagen sind. Der geniale Trick von Gödel besteht darin, eine Zeichenfolge zu konstruieren, die einmal als die Aussage G interpretiert werden kann und über die Gödelisierung zum anderen als die Aussage G ist nicht beweisbar.

Mit deiner Verkürzung des zweiten Unvollständigkeitssatzes habe ich deutlich mehr Probleme. Wenn man in dem System S die eigene Konsistenz beweisen könnte, bedeutet dass für die Aussage G nur, dass man in S nicht zugleich G und beweisen kann. Das steht noch nicht im Widerspruch zu der Aussage des ersten Unvollständigkeitssatzes, dass in S weder G noch beweisbar ist. Vermutlich meinst du das in der Art, wie es in der Wiki

https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%B6del...A4ndigkeitssatz

erläutert wird, was aus meiner Sicht in Ordnung ist.
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Huggy

Wenn man in dem System S die eigene Konsistenz beweisen könnte, bedeutet dass für die Aussage G nur, dass man in S nicht zugleich G und beweisen kann.


Moment. Wir setzen ja voraus, dass wir in S (und für S) den ersten US formulieren können, also: Wenn S konsistent ist, dann sind G und ~G in S unbeweisbar. Jetzt bewirkt ein Beweis der Konsistenz mehr, nämlich den Beweis, dass G und ~G in S unbeweisbar sind, doch das wäre eben widersprüchlich, weil dann zB G in S beweisbar unbeweisbar ?!? wäre.

Aber auf einmal habe ich ein noch viel schlimmeres Problem gefunden: Seine Gödelformel ist ja weder beweisbar noch widerlegbar, wie kann er dann wissen, dass er sich mit ihr nicht einfach verrechnet hat? MaW: Ich bestreite Gödels ersten Unvollständigkeitssatz mit dem Hinweis, dass die dafür notwendige Gödelformel falsch abgeleitet wurde, Gödel sich also schlicht irgendwo verrechnet oder vertan hat. Gödel müsste mir jetzt beweisen können, dass seine Gödelformel von ihm korrekt abgeleitet wurde, aber das gerade kann er ja nicht, denn dann wäre sie beweisbar und das wäre widersprüchlich. Das ist mein (neues) Problem: Gödel beweist die Unvollständigkeit letztlich unter der unbeweisbaren Bedingung, dass seine Gödelformel richtig zusammengerechnet wurde und damit wäre sein Beweis zirkulär.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Das ist und bleibt Unsinn. Ein Beweis wird nicht dadurch falsch, dass Du ihn nicht verstehst.
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