Kombinatorik- ist es ein Laplacexperiment

Neue Frage »

Daggy Auf diesen Beitrag antworten »
Kombinatorik- ist es ein Laplacexperiment
Meine Frage:
Ich überlege gerade für eine Lehrprobe mit dem Thema Kombinatorik, ob ich einen Würfel selbst mit 1, 1, 2,3,4,5 beschriften kann und das dann kein Laplaceexperiment ist, weil die 1 häufiger gewürfelt werden kann als die anderen Zahlen. Ich also sagen kann das dort Kombinatorik nicht funktioniert.
Oder liege ich falsch und ich kann die Regeln der Kombinatorik auch auf einen so präparierten Würfel anwenden? Z.B. wie viele Möglichkeiten gibt es nach zweimal Würfeln 1,1 zu würfeln?
4*4=16 - erscheint mir irgendwie falsch...
Oder die Wahrscheinlichkeit eine eins zu würfeln ist jetzt 2/5.

Meine Ideen:
Klar - ich kann den Fall eines Butterbrots als Nicht-Laplaceexperiment beschreiben. Aber ich suche nach einem Experiment, das nach Laplace aussieht, und dann doch nicht mit den Regeln der Kombinatorik berechnet werden kann. Daher die Idee mit dem falsch beschrifteten Würfel.
G270217 Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Kombinatorik- ist es ein Laplacrexperiment
"Oder die Wahrscheinlichkeit eine eins zu würfeln ist jetzt 2/5."
Nein.
P(1,1)= 2/5*2/5= 4/25
G270217 Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Kombinatorik- ist es ein Laplacrexperiment
Korrektur:

P= 2/6*2/6= 1/9
Leopold Auf diesen Beitrag antworten »

Ein Wahrscheinlichkeitsproblem führt sein Modell nicht automatisch mit sich, sondern der Problemlöser muß der Aufgabe ein passendes Modell aufprägen. Und das ist durchaus nicht eindeutig.
Im Hintergrund vieler Ansätze steht jedoch die Laplace-Annahme. So auch hier. Du gehst offenbar von einem Würfel aus, dessen sechs Seiten mit je gleicher Wahrscheinlichkeit fallen. Daß du die Seiten mit beschriftest, ändert nichts daran, daß jede Seite (nicht jede Ziffer!) beim einmaligen Würfeln mit der Wahrscheinlichkeit auftritt. Um die Seiten unterscheiden zu können, führen wir als Bezeichner für sie ein. Wir würfeln zweimal. Und damit haben wir ein Laplace-Modell. Ich bezeichne es mit . Man kann es folgendermaßen formalisieren:



Für ein Ereignis ist nun



Die senkrechten Striche bezeichnen die Mächtigkeit der Menge. Als Beispiel nehmen wir das Ereignis



Jetzt muß man sich überlegen, welche Elemente aus dieses realisieren. Offenbar alle mit . Die Kombinatorik lehrt, daß dafür



gilt. Und damit ist die gesuchte Wahrscheinlichkeit



Du kannst aber auch ein anderes Modell aufziehen. Danach können beim einmaligen Würfeln nur fallen, die mit Wahrscheinlichkeit , die andern je mit Wahrscheinlichkeit . Beim Erstellen dieses Modells läuft aber im Hintergrund das eben beschriebene Laplace-Modell ab, denn wir haben offenbar die Möglichkeiten von und von vorhin addiert. Das neue Modell nenne ich . Es ist kein Laplace-Modell mehr und kann folgendermaßen formalisiert werden:



Wir brauchen auch eine neue Wahrscheinlichkeitsfunktion . Wir setzen zunächst



Für erhalten wir nun als Wahrscheinlichkeit eines Elementarereignisses



Mit der Forderung der Additivität an ist vollständig bestimmt.

Dieses neue Modell realisiert zwei unabhängige Würfe des mit beschrifteten Würfels, wobei die doppelt so häufig auftritt wie jede der andern Zahlen. Ich habe das jetzt einmal penibel aufgeschrieben, damit es mit den Definitionen in den Lehrbüchern kompatibel ist. Die mathematische Abstraktion dahinter ist das Konzept des Produktraums. Und die geeignete Notation dafür ist ein zweistufiger Baum mit an den Knoten. Äste, die zur führen, werden mit der Wahrscheinlichkeit beschriftet, die anderen mit der Wahrscheinlichkeit .

Betrachten wir wieder das Ereignis



Offenbar ist und



Man erhält dasselbe Ergebnis wie zuvor - mit einem anderen Modell. Was rechentechnisch dahintersteckt, mag banal erscheinen:



Dennoch habe ich das hier in aller Ausführlichkeit dargelegt, weil es mir wichtig erscheint, dem verbreiteten Irrglauben entgegenzutreten, eine Wahrscheinlichkeitsaufgabe führe ihr Modell von alleine mit sich. Es ist im Gegenteil Aufgabe des Problemlösers, das Modell zu entwickeln. Welches Modell passend ist, entscheidet letzten Endes der gesunde Menschenverstand, es kann nicht innermathematisch entschieden werden. Im Beispiel sagte uns der gesunde Menschenverstand, daß, wenn wir einen physikalischen homogenen Würfel durch einen theoretischen "Wahrscheinlichkeitswürfel" modellieren, alles dafür spricht, daß jede Seite mit gleicher Wahrscheinlichkeit gewürfelt wird. Das ist die Laplace-Annahme. Und auf ihr basierte das ganze Vorgehen.
Daggy Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo Leopold,
vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Das hat genau meinen falschen Denkansatz geklärt.
Grüße
Daggy
Neue Frage »
Antworten »



Verwandte Themen

Die Beliebtesten »
Die Größten »
Die Neuesten »