Konstruktion der Reellen Zahlen - Vor- und Nachteile

Neue Frage »

B3rlin3r23 Auf diesen Beitrag antworten »
Konstruktion der Reellen Zahlen - Vor- und Nachteile
Moin zusammen,

ich beschäftige mich zur Zeit mit der Konstruktion der reellen Zahlen für eine mündliche Prüfung und bin am Sortieren, was es für Vor- und Nachteile für die jeweiligen Konstruktionen gibt. Vorweg wir haben die reellen Zahlen, wie verbreitet, mit Hilfe von Äquivalenzrelationen mit dem Cauchy-Folgen Modell eingeführt. Beispielsweise fehlt mir aber noch der Nachteil der Intervallschachtelungen gegenüber der Cauchy-Folgen und der deutliche Vorteil des Cauchy-Folgen Modells gegenüber den anderen

Ich liste mal die Vor- und Nachteile für alle Modelle auf, die mir bis jetzt einfallen:

1.) Dedekindsche Schnitte
+ direkte Korrespondenz zwischen den Reellen Zahlen und den Dedekindschen Schnitte, man benötigt nicht verschiedene Dastellungen zu identifzieren, sondern erhält die Reellen Zahlen unmittelbar als Menge aller Dedekindschen Schnitte
- spielen in der Mathematik so gut wie keine Rolle außer bei dieser Konstruktion
- rechnerisch-approximierende Aspekt nicht wirklich vorhanden

2.) Intervallschachtelungen
+ begegnen in der Mathematik ständig und können auf andere Gebiete angewendet werden (wie bspw. Zwischenwertsatz)
+ unmittelbare Approximation von beiden Seiten, womit der maximale Fehler unmittelbar berechnet werden kann
- bspw. Intervallhalbierungsverfahren sehr aufwendig

3.) Cauchy-Folgen
+ Konstruktion zwar mengentheoretisch und aufwendiger, dafür aber klarer und systematischer
+ durch Äquivalenzklassen (Differenzenfolge eine Nullfolge) können Folgen, die dieselbe Lücke erschließen, erkannt werden
+ Folgenbegriff begegnet ständig in der Mathematik
+ Eigenschaften der reellen Zahlen lassen sich einfach nachweisen wie auch die Wohldefiniertheit

4.) Dezimalziffernentwicklungen/Dezimalbruchfolgen
+ Approximation
- Approximation allerdings nur einseitig, Fehler nicht unmittelbar bestimmbar
- Dezimalbruchfolge zur Summe bzw. zum Produkt nicht unmittelbar ablesbar (erste Nachkommastellen können nicht unmittelbar bestimmt werden)

Als 5.) hatten wir kurz angesprochen die wachsenden, nach oben beschränkten Folgen, wo mir aber nicht unmittelbar was zu einfällt.

Vielleicht habt ihr was zu ergänzen und könnt mir unmittelbar weiterhelfen. Vielen Dank im Voraus! Forum Kloppe
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Du hast Wesentliches zu reellen Zahlen schon ganz gut erfasst. Beachte, dass diese Reihenfolge auch der historischen Entwicklung folgt, denn zuerst kam Richard Dedekind auf die Idee, reelle Zahlen als Schnitte zu definieren. Das war die erste Axiomatik der reellen Zahlen ! Andere Definitionen der reellen Zahlen kamen später dazu.
Cauchyfolgen modulo Nullfolgen zu benutzen, ist erst möglich und sinnvoll, wenn man die Cantorsche Mengenlehre hat (und besser noch wenn man die Mengenlehre nach der Grundlagenkrise axiomatisiert und von Antinomien befreit hat). In der Analysis spielen Folgen, Reihen und Grenzwerte eine zentrale Rolle, so dass Cauchyfolgen modulo Nullfolgen zum Standard geworden ist.
Dezimalzahlen sind für das praktische Rechnen geeignet, jeder Schüler kann damit umgehen.
Vergiß nicht die axiomatische Definition der reellen Zahlen als vollständiger, angeordneter Körper. So geht der Algebraiker an die reellen Zahlen heran. Bedenke, dass es bis auf Isomorphie nur einen solchen Körper gibt, womit die Existenz und Eindeutigkeit der reellen Zahlen nachgewiesen ist. Damit sind wir heute in der komfortablen Situation , je nach bedarf eine der vielen gleichwertigen Definitionen zu benutzen.
In der Geometrie und Physik sind die reellen Zahlen ganz einfach das Kontinuum, die reelle Gerade, von der Euklid sprechen wollte. Er wusste nur noch nicht, dass das etwas mit Zahlen zu tun hat, diese Erkenntnis verdanken wir Descartes, der die analytische Geometrie begründet hat.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Die reellen Zahlen sind ein Körper, daher kann man sie in Beziehung zu ihren Teilkörpern, ihren Erweiterungskörpern und zu anderen Körpern betrachten (Zahlentheorie). Besonders interessant sind die vollständigen p-adischen Zahlkörper und ihre Körpererweiterungen, die genau wie die reellen Zahlen als Cauchyfolgen modulo Nullfolgen definiert werden und ultrametrische Analysis gestatten.
Die reellen Zahlen sind ein Körper, daher gibt es reelle Vektorräume (lineare Algebra). Damit werden auch Skalarprodukt, Metrik und Norm thematisiert (z.B. metrische Vektorräume, normierte Vektorräume, Banachräume).
Die reellen Zahlen sind eine Algebra, daher kann man sie im Zusammenhang mit vielen anderen Algebren studieren, indem man die Axiomatik etwas verändert (z.B. Divisionsalgebren, ...). Wenn du ganz viel Zeit hast, studiere "Zahlen" von Ebinghaus et.al., Springer-Lehrbuch, 1983 (2. Auflage 1988, 3. Auflage 1992).
Neue Frage »
Antworten »



Verwandte Themen

Die Beliebtesten »
Die Größten »
Die Neuesten »