Eigenschaften Galois-Gruppe

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Phasma Auf diesen Beitrag antworten »
Eigenschaften Galois-Gruppe
Sei ein irreduzibles Polynom vom Grad . Sei ein Zerfällungskörper von . Sei die zugehörige Galoisgruppe.

a) Beweisen Sie: Falls eine abelsche Gruppe ist, hat sie die Ordnung .
b) Sei , wobei die imaginäre Einheit mit ist. Bestimmen Sie ein irreduzibles Polynom , dessen Zerfällungskörper ist. Beweisen Sie, dass abelsch, aber nicht zyklisch ist.


Mit dieser Aufgabe komme ich leider nicht gut zurecht. Zwar habe ich ein paar Sätze gefunden, die möglicherweise hilfreich sein könnten - da abelsch ist, sind alle Untergruppen Normalteiler. Wegen dem Hauptsatz der Galois-Theorie sind also die zugehörigen Zwischenkörper galoissch.
Aber so richtig weiter komme ich damit nicht. Ehrlich gesagt fehlt mir schon ziemlich der Überblick, was mir diese Definitionen und Sätze eigentlich sagen wollen (Galois-Gruppe als Gruppe von Automorphismen einer Körpererweiterung, etc.) und wie sie zusammenhängen... Vielleicht kann mir hier jemand weiterhelfen?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

zu a) möchte ich erst einmal empfehlen, dass du die Aufgabe 4 und ihre Lösung studierst : https://www2.math.ethz.ch/education/bach...ebra2/sol22.pdf
zu b) entweder probieren oder den "Satz vom primitiven Element" heranziehen.

Galoistheorie ist das Zentrum der modernen Algebra. Wahrlich nicht leicht zu verstehen, aber es lohnt sich, dass man sich damit beschäftigt. Ich möchte lieber nicht vorschlagen, ein ganzes Algebra-Buch (z.B. Siegfied Bosch) oder eine ganze Vorlesung (z.B. von Richard Pink https://video.ethz.ch/lectures/d-math/20...1-2004-00L.html) zu studieren, das ist zwar beides enorm wichtig und lehrreich, dauert aber lange. Vielleicht kann jemand bessere Empfehlungen abgeben.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Ein Wort zur Geschichte und Bedeutung der Galois-Theorie (Kurzfassung).

Im Altertum konnte man quadratische Gleichungen lösen (das kann heute jeder Schüler), dann dauerte es bis zur Renaissance ca. 2000 Jahre bis die Gleichungen 3. und 4. Grades durch die cardanischen Formeln gelöst wurden. Anfang des 19. Jahrhunderts hat Galois den Zusammenhang zwischen Nullstellen von Gleichungen und bijektiven Abbildungen auf der Menge der Nullstellen erkannt. Die Nullstellen zu finden oder zu charakterisieren ist ein Problem der (sehr komplizierten) Körpertheorie, die Menge der Automorphismen gehört zur (wesentlich einfacheren) Gruppentheorie. Der Hauptsatz der Galoistheorie stellt in vollständiger Allgemeinheit den Zusammenhang zwischen Galoiskörpern und Galoisgruppen her, das ist der wichtigste Satz der modernen Algebra (in der klassischen Algebra war der wichtigste Satz der Fundamentalsatz, für den Gauß in seiner Doktorarbeit die ersten vollständig richtigen Beweise geführt hat).

Im 19. Jahrhundert hat sich dann die algebraische Zahlentheorie von Gauß bis Hilbert entwickelt. Sie untersucht die algebraischen Gleichungen und die algebraischen Zahlkörper, und versucht, die Arithmetik in diesen Zahlkörpern zu verstehen, also en gros et en detail zu beschreiben, wie Rechnen funktioniert und wie man Gleichungen löst. Als sehr hilfreich hat sich dabei die Galoistheorie gezeigt, das geht so weit, dass in der Klassenkörpertheorie nicht nur die algebraischen sondern auch arithmetische Eigenschaften der abelschen Zahlkörper durch die Galoistheorie bestimmt werden.

Anfang des 20. Jahrhunderts hat Hensel die p-adischen Zahlen erfunden, und Hasse hat das Lokal-Global-Prinzip ausgebaut und angewendet. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts hatten insbesondere Hasse und Leopoldt die Arithmetik der abelschen Zahlkörper (das sind Zahlkörper mit abelscher Galoisgruppe) weitgehend verstanden. 1967 hat Langlands ein Programm zur Untersuchung der nichtabelschen Zahlkörper gestartet, das Zahlentheorie mit geometrischen Methoden in Verbindung brachte. Dieses Programm ist heute noch ein wissenschaftlich hochaktives Feld, der schon in jungen Jahren berühmt gewordene Peter Scholze (Universität Bonn) arbeitet daran.
Luftikus Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Elvis
1967 hat Langlands ein Programm zur Untersuchung der nichtabelschen Zahlkörper gestartet, das Zahlentheorie mit geometrischen Methoden in Verbindung brachte. Dieses Programm ist heute noch ein wissenschaftlich hochaktives Feld, der schon in jungen Jahren berühmt gewordene Peter Scholze (Universität Bonn) arbeitet daran.


Kannst du einem Laien wie mir halbwegs erklären, was es mit den "perfektoiden Räumen" auf sich hat? Warum diese Begeisterung?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Neue unendliche Räume, die vorher noch kein Mensch gesehen hat. Die Begeisterung ist genau so groß wie bei den unendlichen Weiten bei Star Trek. Habe mich ein bißchen eingelesen, kann aber nicht behaupten, ich hätte etwas verstanden. Genies versteht man - wenn überhaupt - indem man ihnen zuhört oder wenn man erklärt bekommt, was sie sagen. Am besten wartet man 50-100 Jahre, dann stehen ihre Erkenntnisse in jedem Lehrbuch. Mein Verständnis der Relativitätstheorie kommt auch nicht aus den Originalarbeiten von 1905 und 1915.
Phasma Auf diesen Beitrag antworten »

Danke für den Überblick, Elvis. Man merkt dass dieses Thema dich interessiert und dass du viel darüber weißt. Leider habe ich noch Probleme damit. Ich werde versuchen, mich da mehr einzuarbeiten.

Zur Aufgabe a):

Wie in deinem Link gezeigt, können wir also schreiben, wobei eine Nullstelle von ist.

Wäre nun das Minimalpolynom von , könnten wir die Gruppenordnung so berechnen:

.

Kann man aus der Irreduzibilität bereits folgern, dass das Minimalpolynom ist?

Ist diese Argumentation richtig?
 
 
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

müssen wir noch normieren, damit es das Minimalpolynom sein kann, denn es war nur als irreduzibel vorausgesetzt. Gäbe es ein Polynom mit Grad und , dann wäre ein Widerspruch. (Ich bin mir gerade nicht ganz sicher, ob wir noch benutzen müssen, dass die Galoisgruppe transitiv auf den Nullstellen von operiert, ihre Ordnung also nicht kleiner als sein kann.) Also ist das Minimalpolynom von . Nach dem Hauptsatz ist also , wie du ganz richtig erkannt hast.

Wir hatten auch schon einmal argumentiert, dass der Körpergrad die Dimension des Vektorraums ist, und dass eine Vektorraumbasis die linear unabhängigen Potenzen sind, weil wegen davon linear abhängt.
Phasma Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Elvis
müssen wir noch normieren, damit es das Minimalpolynom sein kann, denn es war nur als irreduzibel vorausgesetzt.

Ok, das ist klar. Aber diesen Satz verstehe ich nicht:

Zitat:
Original von Elvis
Gäbe es ein Polynom mit Grad und , dann wäre ein Widerspruch.

Wenn es ein Polynom mit Grad und geben würde, dann also das Minimalpolynom wäre, dann wäre doch . Warum muss denn gleich sein? ist doch erstmal nur der Grad des Polynoms .

Ist denn ein irreduzibles, normiertes Polynom mit einer Nullstelle nicht nach Definition einfach das Minimalpolynom von ?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Ich habe nicht dazu geschrieben, dass g irreduzibel sein soll, wenn g irreduzibel, dann =m, sonst <=m.
Den Grund, warum der Körpergrad =n ist habe ich nachgetragen, da fällt mir nur das Argument mit der VR-Basis ein.
Der Grund, warum die Galoisgruppe die Ordnung n hat, liegt wohl in der Transitivität, d.h. jede der n Nullstellen von f wird durch G auf jede der n Nullstellen von f abgebildet. Nehmen wir eine feste Nullstelle, so brauchen wir (mindestens) n Automorphismen, die das bewirken.
Für das Minimalpolynom gibt es verschiedene äquivalente Definitionen, ich bin vom normierten Polynom kleinsten Grades ausgegangen, das alpha zur Nullstelle hat. Man kann es genau so definieren, wie du es gemacht hast, nämlich als normiertes irreduzibles Polynom, das alpha zur Nullstelle hat.
Phasma Auf diesen Beitrag antworten »

Alles klar, danke für die Erklärung!

Mein Versuch zu b): Die Elemente und sind separabel, denn die Minimalpolynome über lauten:
und ,
haben also im Zerfällungskörper nur einfache Nullstellen.

Also können wir den Satz vom primitiven Element anwenden, und ist einfach, wird also von nur einem Element erzeugt. Ich vermute mal, dass ein solches Element ist, aber wie kann ich zeigen, dass das tatsächlich so ist?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Das habe ich auch vermutet. Jetzt muss man nur noch und i in dieser einfachen Körpererweiterung darstellen. Grad 4, also 4 Basiselemente
Phasma Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Elvis
Grad 4, also 4 Basiselemente


Was meinst du damit? Also, ich sehe schon, dass 4 Basiselemente hat, nämlich , , und . Aber wie hilft mir das hier konkret?

Ich habe es mit herumprobieren versucht und kam auf



und und , also liegt in und damit auch .

Dann habe ich das Minimalpolynom von berechnet und komme auf . Muss ich hier noch weitergehend zeigen, dass das auch wirklich das Minimalpolynom ist? Kann ich hier argumentieren, dass weil 4 Basiselemente hat, auch das Minimalpolynom Grad 4 haben muss, und damit das von mir berechnete sein muss?
Außerdem ist das Polynom ja nach dem Eisenstein-Kriterium irreduzibel. Da es normiert ist und als Nullstelle hat, müsste es ja eigentlich wieder das Minimalpolynom sein.

Stimmt das was ich gemacht habe, und wie hättest du die Sache mit dem Minimalpolynom gezeigt?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Mit 4 Basiselementen habe ich tatsächlich die Potenzen 0,1,2,3 von gemeint, und genau so hätte ich es auch angesetzt. Probieren würde ich das nicht nennen, man macht einen Koeffizientenvergleich der Gleichung mit rationalen .
Das Minimalpolynom berechne ich so: . Die Idee dabei ist, dass , und die 4 Automorphismen , die die Nullstellen vertauschen entstehen daraus, dass sie die Nullstellen der quadratischen Polynome vertauschen. Weil das Minimalpolynom von auch als Produkt definiert ist, muss es irreduzibel und normiert sein.
Hast du wieder mal alles gut gemacht. Freude

Übrigens musst du die Separabilität von irreduziblen Polynomen über Körpern der Charakteristik 0 nicht prüfen, denn inseparable Erweiterungen gibt es nur in Charakteristik .
Phasma Auf diesen Beitrag antworten »

Ok prima. Dann muss man nur noch zeigen, dass abelsch, aber nicht zyklisch ist.
Da kann man doch wieder die Eigenschaft anwenden, dass die Ordnung der Galoisgruppe gleich dem Erweiterungsgrad ist, also hier 4.
Es gibt ja zwei Gruppen der Ordnung 4: Die zyklische Gruppe und die nicht-zyklische Kleinsche Vierergruppe . Abelsch sind auf jeden Fall schonmal beide. Aber wie kann ich zeigen, dass hier wirklich isomorph zu und nicht zu ist?
Dazu müssten ja die Automorphismen in alle Ordnung 2 haben, aber warum könnten sie nicht auch Ordnung 4 haben?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Argument über die Körper zur Gruppe: Bei der obigen Berechnung fällt auf, dass der dritte Basisvektor nicht benutzt wird. , da versteckt sich mit .
ist ein weiterer Teilkörper, also 3 Teilkörper vom Grad 2, also nach dem Hauptsatz und nicht .

Man könnte auch die Automorphismen selbst betrachten. Diese vertauschen immer nur Vorzeichen von Summanden von . Zweimal Vorzeichen vertauschen ist immer die Identität, also haben 3 Automorphismen die Ordnung 2. Also V4.
Phasma Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Elvis
Argument über die Körper zur Gruppe: Bei der obigen Berechnung fällt auf, dass der dritte Basisvektor nicht benutzt wird. , da versteckt sich mit .

Nur nochmal zur Klärung (ich gehe jetzt mal davon aus, dass du meinst). , und sind Teilkörper von mit Grad 2. Also muss drei Untergruppen der Ordnung 2 haben? Der Grad der Teilkörper entspricht also auch immer der Ordnung der Untergruppen?

Zitat:
Original von Elvis
Man könnte auch die Automorphismen selbst betrachten. Diese vertauschen immer nur Vorzeichen von Summanden von . Zweimal Vorzeichen vertauschen ist immer die Identität, also haben 3 Automorphismen die Ordnung 2. Also V4.

Aber warum ist das so? Warum können die Automorphismen die 4 Nullstellen den nicht "zyklisch" vertauschen?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

a) Der Hauptsatz sagt, dass zu jedem Teilkoerper vom Grad m eine Untergruppe der Ordnung n/m gehört und umgekehrt. Das nennt man einen Verbandsantiisomorphismus. Die zum Teilkoerper gehörige Untergruppe fixiert den Teilkoerper, der zur Untergruppe gehörige Teilkoerper ist der Fixkoerper der Untergruppe. Zur Identität der Gruppe gehört der Erweiterungskoerper, zur Galoisgruppe gehört der Grundkoerper, zu einem Normalteiler der Galoisgruppe gehört eine Galoiserweiterung, zu konjugierten Untergruppen gehören konjugierte Teilkoerper...
b) Wenn die Galoisgruppe die Nullstellen zyklisch vertauscht, so ist sie zyklisch. C4 hat nur eine C2 als Untergruppe, das passt nicht zu 3 quadratischen Teilkoerpern. Mehr als 3 quadratische Teilkoerper kann es nicht geben, weil die V4 genau 3 C2 enthält.

Merke : HAUPTSATZ, HAUPTSATZ, HAUPTSATZ!!!
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

b) Noch ein Argument, warum die Gruppe nicht zyklisch sein kann.



Jeder Automorphismus von muss ja auch abbilden. Nun ist , also .
Dasselbe Argument für den totalkomplexen Teilkörper ergibt , also .

Daraus folgt sofort, dass ist für alle , also nicht zyklisch.

So habe ich gesehen, wie die 4 Automorphismen mit dem primitiven Element umgehen und konnte daraus das Minimalpolynom berechnen.

Fazit: Hauptsatz ist prima, manche Sachen kann und soll man auch ganz elementar berechnen.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Hier ist eine wunderschöne Bachelorarbeit ( https://www.math.uni-sb.de/ag/gekeler/PE...iten/Erdorf.pdf ), in der sich der Autor Manuel Erdorf Gedanken über die Galoisgruppen für rationale Polynome vom Grad 3,4 und 5 gemacht hat. In konkreten Fällen schaue ich da immer wieder gerne hinein, und man kann aus diesen Beispielen ohne allzu viel Mühe eine ganze Menge lernen.
Phasma Auf diesen Beitrag antworten »

Danke für deine Erklärungen, ich habe bei dieser Aufgabe denke ich einiges gelernt.
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