Warum keine Formel für den Umfang einer Ellipse?

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willyengland Auf diesen Beitrag antworten »
Warum keine Formel für den Umfang einer Ellipse?
Matt Parker hat mir neulich das interessante Faktum nahe gebracht, dass es keine einfache Formel für den Umfang einer Ellipse gibt, sondern nur eine unendliche Reihe.

Kurioserweise gibt es ja eine einfache Formel für die Fläche.
Warum also nicht auch für den Umfang?
adiutor62 Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Warum keine Formel für den Umfang einer Ellipse?
Es gibt eine Näherungsformel:
https://www.mathematik.ch/anwendungenmath/ellipsenumfang/
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Das Integral ist eine exakte Formel, man kann es nur nicht berechnen.
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von willyengland
Kurioserweise gibt es ja eine einfache Formel für die Fläche.

Halte ich nicht für kurios, sondern folgerichtig:

Da die Ellipse durch Streckung eines Kreises in einer Koordinatenrichtung entsteht, und sich die Fläche um genau diesen Streckungsfaktor ändert. Das betrifft nicht nur Kreise, sondern auch andere geometrische Figuren, die einer solchen Streckung unterworfen werden.

Für Streckenlängen trifft eine solch einfache Transformationsregel aber nicht zu:

Neben Streckenlänge und Streckungsfaktor geht dort dann nämlich auch noch der Winkel ein, denn die Strecke zur Streckungsrichtung einnimmt.

Kurven (wie etwa den Kreisumfang) kann man sich nun zusammengesetzt denken aus lauter infinitesimalen Strecken, jede mit einem anderen Winkel zur Streckungsrichtung... Insofern halte ich es also eher für kurios von der Annahme auszugehen, es gäbe eine solche einfache Formel (= geschlossene integralfreie Darstellung mit "üblichen" Funktionen) für den Umfang. Augenzwinkern
Finn_ Auf diesen Beitrag antworten »

Ist die große Halbachse und die numerische Exentrität, gilt für den Umfang



wobei



das vollständige elliptische Integral zweiter Art ist. Für dieses gibt es die schnelle Berechnungsformel



Hierbei ist das arithmetisch-geometrische Mittel und das modizifierte arithmetische-geometrische Mittel, beschrieben in
Semjon Adlaj: "An eloquent formula for the perimeter of an ellipse", Notices of the AMS 59(8) (2012), p. 1094-1099.
rumar Auf diesen Beitrag antworten »

Soweit ich gesehen habe, ist MAGM auch nur durch einen eigentlich unendlichen iterativen Prozess definiert.
Damit wird überhaupt nichts prinzipiell "vereinfacht" oder zu einem "einfachen" Berechnungsprozess transformiert.
 
 
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

@Finn_
Das paper sieht genial aus, danke. Stimmt das auch alles, was darin steht?
@rumar
Das liegt ganz einfach daran, dass reelle Zahlen ihrer Natur nach unendliche Reihen sind. Aber bitte die Grenzwerte der Reihen und nicht die Prozesse, die zur Berechnung der Grenzwerte führen. Der Umfang einer Ellipse ist eine reelle Zahl. Der Umfang einer Ellipse ist nicht einer der möglichen Prozesse, mit dem diese reelle Zahl berechnet wird.
rumar Auf diesen Beitrag antworten »

Naja, ich kann auch einfach etwa schreiben

circumference(ellipse, a,b)

Wolfram Alpha versteht dies beispielsweise und liefert dann als "Ergebnis":



Das ist ebenfalls eine "einfache Formel" - mit der man allerdings nur etwas anfangen kann, wenn man weiß, was hinter dem "E" wirklich steckt.

Ein Vorgang wird ja nicht wirklich "einfach", wenn man einfach eine Abkürzung dafür einführt. Trotzdem können derartige Abkürzungen oft sehr hilfreich sein.
Finn_ Auf diesen Beitrag antworten »

Ungünstig ist bei der Iteration für MAGM, dass , was bei zu vielen Iterationen numerische Probleme nach sich zieht. Das lässt sich rausrechnen, wodurch die folgende Umformulierung entsteht:



wobei





willyengland Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von HAL 9000
Kurven (wie etwa den Kreisumfang) kann man sich nun zusammengesetzt denken aus lauter infinitesimalen Strecken, jede mit einem anderen Winkel zur Streckungsrichtung... Insofern halte ich es also eher für kurios von der Annahme auszugehen, es gäbe eine solche einfache Formel (= geschlossene integralfreie Darstellung mit "üblichen" Funktionen) für den Umfang. Augenzwinkern

Ok.
Aber wenn es beim Kreis auch so ist, wie du sagst, warum geht es da denn dann?
Kann man sagen, diese ganze Infinitesimalität ist ins Pi integriert worden?
Finn_ Auf diesen Beitrag antworten »

Schon zur Berechnung von Wurzeln braucht es ein iteratives Verfahren wie das Heron-Verfahren. Vom Umfang einer Ellipse gelangen wir so zur Diagonale eines Quadrates mit Kantenlänge eins. Schon diese Länge ist somit nicht mehr "einfach". Der Diskurs darüber wurde bereits von den Griechen in der Antike geführt.

Auch ist eine Symbolik wie .
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von willyengland
Kann man sagen, diese ganze Infinitesimalität ist ins Pi integriert worden?

So ist es. ist eine reelle Zahl, an die wir uns gewöhnt haben. Wer sie sehen möchte, betrachte einen Kreis mit Durchmesser und Umfang .
quadrierer Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von willyengland
Kann man sagen, diese ganze Infinitesimalität ist ins Pi integriert worden?


Der griechische Buchstabe wird als Symbol für mehrere Sachverhalte verwendet, was etwas verwirrend sein kann. Darüber wurde schon im Matheboard-Beitrag Kreisverhältnis und Kreiszahl viel diskutiert. Hier nun noch einige Ausführungen zur Infinitesimalität, die in steckt.

Das ist zuerst Symbol für das direkt erfahrbare Kreisverhältnis =Kreisumfang/Durchmesser. Über eine nicht ganz einfach ausführbare Digitalisierung dieses Kreisverhältnisses wird zu einer geometrisch fundierten Grössen-Darstellung Kreiszahl gelangt.

Der polnische Mathematiker Kochanski stellte im Jahr 1685 hierzu ein klassisch konstruiertes Berechnen vor, welches nur zu einer begrenzt genäherten Kreiszahl führt und wie bei einem Zaubertrick nicht direkt nachvollziehbar ist. Bei dem verständlichen Nachvollziehen einer geometrisch fundierten Kreisberechnung war schon der griechische Sophist Antiphon (5.Jh. v.u.Z.) viel weiter als Kochanski. Antiphon brachte das vollständige Ausfüllen der Kreisfläche mit immer kleineren, klassisch konstruiert berechneten Dreiecken ins Spiel. Die mit immer mehr Aufwand berechnete Flächen-Multisumme der Dreiecke führt letztlich zu in der Annäherung nicht begrenzten, kurz unbegrenzt genäherten Kreiszahlen. Heute wissen wir, dieser Ansatz von Antiphon war der Denkanfang zu Infinitesimalität.

Der italienische Mathematiker Fontana (1782) stellte als Erster einen konkret klassisch konstruierten Grenzprozess zum Berechnen des Kreisumfangs bzw. Kreisverhältnisses vor, mit dem letztlich immer genauere, quasi unbegrenzt genäherte Kreiszahlen erzeugt werden können. Dieses klassisch konstruierte Berechnen kann sinnfällig nachvollzogen werden. Hier kann durch immer mehr getriebenem Aufwand mit bekannten Iterationszyklen zu immer genaueren, unbegrenzt genäherten Ergebnis-Darstellungen gelangt werden. Auch mit meinen klassisch konstruierten Kreis-Abrolllängen können letztlich gleichfalls unbegrenzt genäherte Kreiszahlenerzeugt werden. Auch hier setzt der inverstierbare Aufwand die Grenzen beim Realisieren.
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