Normierungsbedingung oder Anfangsbedingung

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Markooo Auf diesen Beitrag antworten »
Normierungsbedingung oder Anfangsbedingung
Meine Frage:
Ich frage mich, warum ich bspw. beim Lösen des Problems: Elektron im unendlich hohen Potentialtopf neben den 2 Randbedingungen noch zur eindeutigen Lösung die Bedingung brauche, dass die Wellenfunktion auf 1 normiert ist?

Mir ist klar, dass dies so sein muss aufgrund der Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Wellenfunktion, aber mathematisch gesehen ist es doch so: Zur eindeutigen Lösung der Schrödingergeleichung brauchen wir 2 Randbedingungen und eine ANFANGSBEDINGUNG?
Und in Aufgaben nimmt man ja oft als Randbedingung, dass die Wellenfunktion im +-Unendlichen gegen null geht. Damit sind schonmal die 2 Randbedingungen weg. In Übungsaufgaben sehe ich dann oft, dass keine Anfangsbedingung gewählt wird (wie beim Beispiel: Elektron im unendlich hohen Potentialkasten), sondern dass die Norm von Psi gleich 1 sein soll. Ist es also zur eindeutigen Lösung äquivalent, ob ich eine Anfangsbedingung wähle oder dass die Norm von Psi gleich eins sein soll? Kann es mir also aussuchen?

Vielen Dank im Voraus!





Meine Ideen:
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Ehos Auf diesen Beitrag antworten »

In der Quantenmechanik ist die Anfangsbedingung stets normiert gemäß



Die Normierungsbedingung ist rein physikalisch motiviert. Sie besagt, dass sich ein Elektron im System befindet. Aus mathematischer Sicht hätte man die Anfangsbedingung auch auf eine beliebige andere Zahl normieren können. Die Normierung bleibt übrigens während der Bewegung der zeitabhängigen Wellenfunktion erhalten, weil sich die Teilchenzahl 1 zeitlich nicht ändert.

Die Normierungsbedingung und die Anfangsbedingung haben nichts miteinander zu tun. Sie sind also nicht "äquivalent" oder austauschbar.

Wenn in der Aufgabe keine Anfangsbedingung gegeben ist, kann man den zeitlichen Verlauf der Wellenfunktion prinzipiell nicht ausrechnen. In solchen Aufgaben sind dann nur die Eigenwerte , , , ... und die Eigenzustände , , , ... gefragt. Diese sind aus physikalischer Sicht besonders interessant, weil sich das Elektron gerade in diesen stationären (= zeitunabhängigen) Zuständen aufhält.
Markooo Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo Ehos,

vielen Dank für deine Antwort. Ok, verstehe!
Das heißt in einer normierten Anfangsbedingung stecken viel mehr Informationen als nur in einer Normierungsbedingung. Die Normierungsbedingung reicht allerdings aus, um die Eigenwerte und Eigenzustände konkret (das heißt ohne Abhängigkeit von Konstanten) zu bestimmen?

Liebe Grüße

Marko
Ehos Auf diesen Beitrag antworten »

Die auf 1 normierte Anfangsbedingung enthält bereits die Normierungsbedingung!!!

Konkretes Beispiel:
Betrachte z.B. ein Elektron im unendlich hohen, eindimensionalen Potenzialtopf der Breite L im Intervall . Um darin die zeitliche Bewegung des Elektrons zu berechnen, benötigt man:

Erstens:
Randbedingungen: und

Diese 2 Randbedingungen besagen, das die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektron an den Rändern verschwindet.

Zweitens:
Anfangsbedingung:

Die Anfangsbedingung sagt uns, welche "Form" das Elektron zur Zeit t=0 hat. Diese Funktion ist in der Quantenmechanik stets auf 1 normiert, weil nur ein Elektron im Potenzialtopf ist. Zum Beispiel könnte man annehmen, dass das Elektron bei t=0 eine "parabelförmiges" Form hat gemäß



Durch den Normierungsfaktor habe ich das parabelförmige Elektron auf 1 normiert. Aus mathematischer Sicht ist diese Normierung jedoch willkürlich. Man könnte auch einen anderen Faktor wählen und würde trotzdem eine eindeutige, zeitabhängige Lösung erhalten, die sich nur um einen Faktor unterscheidet. Die Physiker normieren aus rein physikalischen Gründen auf 1.

Bemerkung:
Merkwürdigerweise muss die Anfangsbedingung nicht die beiden Randbedingung erfüllen. In meinem Beispiel erfüllt die Parabel die 2 Randbedingungen. Das muss aber nicht sein!
Markooo Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo Ehos,

vielen Dank für deine Antwort!
Aber ist das nicht ein Widerspruch, dass die Anfangsbedingung nicht die Randbedingungen erfüllt?

Liebe Grüße

Marko
Ehos Auf diesen Beitrag antworten »

Die Lösung , welche als Reihe dargestellt wird, schmiegt sich zur Zeit t=0 mit wachsender Anzahl der Summanden immer besser an die Anfangsbedingungen an - auch wenn die Anfangsbedingung nicht notwendig die Randbedingung erfüllt. Trotzdem wird der Flächeninhakt, welcher zwischen beiden Funktionen eingeklemmt ist, mit wachsender Anzahl der Summanden immer geringer. Die Reihe konvergiert also nicht gleichmäßig, sondern nur der Norm nach.
 
 
Markooo Auf diesen Beitrag antworten »

Könntest du das eventuell nochmal versuchen zu erklären? Habe die Begründung nämlich nicht verstanden:
Wenn die Randbedingung lautet, dass Psi(L)=0 für alle Zeiten, dann kann man doch nicht gleichzeitig eine Anfangsbedingung stellen, mit Psi(L,0) ungleich null (ich habe hier jetzt nur einen Punkt der Anfangsbedingung ausgewertet, also x=L, der ja als Widerspruch ausreicht. Also die beiden Bedingungen widersprechen sich doch dann.
Ehos Auf diesen Beitrag antworten »

Betrachte im Intervall einen unendlich hohen Quantengraben . Als Anfangsbedingung definieren wir zur Zeit t=0 eine konstante Wellenfunktion , welche auch an den Grenzen x=0 und x=1 den von Null verschiedenen Wert hat. Im Widerspruch zu dieser Anfangsbedingung kann man trotzdem folgende Randbedingungen fordern



Als Lösung bekommt man eine Fourrierreihe, deren Graph zur Zeit t=0 an den Endpunkten und den Funktionswert annimmt und sich trotzdem bei den dazwischen liegenden x-Werten 0<x<1 wie ein Gummiband an die Gerade anschmiegt. Mach dir mal eine Skizze!

Diese Art der Konvergenz nennt man "schwache Konvergenz".
Markooo Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo Ehos,

danke für deine Antwort!
Aber ich kann doch genauso gut sagen, dass "deren Graph zur Zeit t=0 an den Endpunkten x=0 und x=1 den Funktionswert È=1 annimmt " (nach unserer Anfangsbedingung).
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