Cauchy-Schwarzsche Ungleichung - Idee für Beweisansatz

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Iorek Auf diesen Beitrag antworten »
Cauchy-Schwarzsche Ungleichung - Idee für Beweisansatz
Huhu,

ich beschäftige mich gerade mit einigen der grundlegenden Aussagen, die man zu Beginn eines Mathematikstudiums in der Regel so in den ersten Vorlesungen sieht und insbesondere einen Beweis dafür an der Tafel präsentiert bekommt. Diese Beweise sind natürlich in den letzten Jahren (-hunderten) optimiert und verfeinert worden, sodass man die Idee, welche in einem Beweis steckt, oftmals entziffern muss. Gerade diese Ideen will ich für ein Projekt stärker herausarbeiten und quasi die Historie hinter den Beweisen etwas aufschlüsseln. Damit will ich nicht sagen, dass der folgende Beweis der historisch älteste ist, es geht mir mehr um die allgemeine Problematik von vorgetragenen Beweisen oder Musterlösungen zu Aufgaben, wo die Probleme die bei der Beweisführung entstanden sind nicht mehr sichtbar gemacht werden. Gewissermaßen will ich also genauer aufzeigen, wie man an einen Beweis herantreten kann/sollte/müsste und warum man sich nicht nur auf die vielfach gewünschten Kochrezepte beschränken darf.

Bei der Cauchy-Schwarz Ungleichung hänge ich da etwas...es handelt sich um einen Spezialfall, welcher ohne Kenntnisse über normierte Vektorräume formuliert wird und somit schon zu Beginn etwa einer Analysisvorlesung gebracht werden kann:

Seien , dann ist .

Für den Beweis bemerken wir zunächst mal, dass die Fälle bzw. für alle auf führen und damit abgehakt sind. Im verbleibenden Fall verwende ich als Abkürzung:



Somit wollen wir zeigen:

Dazu betrachten wir



Nach Voraussetzung existiert mindestens ein , damit ist und Division durch liefert nun die Behauptung.

Der Beweis läuft also ohne große Probleme durch, jeder Schritt ist für sich nachvollziehbar, man kann das wenn man mag noch mit Doppelsummen und unterschiedlicher Indizierung in Verbindung bringen und in dem Skript wo wir den drin hatten konnte man das gut runterlesen. Mein Problem: wie komme ich auf die Idee, den Ausdruck zu untersuchen?

Allgemein: Die Umformung ist relativ gut nachvollziehbar, dadurch müssen wir "nur" noch zeigen, dass die rechte Seite positiv ist. Das lässt sich etwa dadurch bewerkstelligen, dass wir die rechte Seite als Summe von Quadraten schreiben, das erklärt in gewissem Rahmen den Ansatz über .

Aber: warum multipliziere ich noch mit durch? (Alternativ: Multiplikation mit funktioniert natürlich auch).

Ich habe dazu mal den Fall für explizit durchgerechnet (was ich ebenfalls für ein realistisches Vorgehen halte - zuerst mal ein konkretes Beispiel ansehen und beobachten, was da genau passiert):











Hier kommt man also durch direktes Umformen auf ein passables Ergebnis, mit durchmultiplizieren ist hier mMn nicht notwendig.

Für wird das ganze schon direkt hässlich. Ich hoffe ich habe mich nicht verrechnet (oder vertippt), ich komme nach ausmultiplizieren und sortieren auf



bzw. anders geklammert



Wenn ich dies jetzt mit multiplizieren würde, erhalte ich einen echt nicht schönen Ausdruck (ich hab ihn mal mit Maxima berechnet und will den gerade nicht abtippen...), einen zielführenden Grund für die Multiplikation sehe ich an dieser Stelle auch noch nicht.

Mein nächster Schritt war dann zurück zu zu gehen und bei der Umformung nicht direkt alles zu verrechnen was möglich ist:







Auch hier sehe ich nicht wirklich die Notwendigkeit bzw. die Motivation, die Ungleichung durch Multiplikation mit zu bearbeiten. Für wird es ebenfalls nicht besser...

Gibt es einen Schritt den ich übersehe, eine Umformung die man noch vornehmen sollte und dann bei Multiplikation mit auf einmal etwas schönes hat? Oder fällt das in die Kategorie "Ich hab da einfach mal was rumprobiert" und es hat geklappt (was ich ebenfalls als mögliches, sinnvolles Vorgehen auffassen würde)?
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Deine exzessiven Rechenorgien am Schluss habe ich mir nicht mehr angeschaut, ich kann nur was zum Anfang sagen: Der endgültige CSU-Beweis in der der von dir dargestellten "vollendeten" Form verdeckt ja ein wenig die Entstehungsgeschichte:

Von dem naheliegenden Gedanken ausgehend, dass der Gleichheitsfall der ist, wenn die Vektoren und linear abhängig sind, betrachte man für reelle die Funktion

.

Sei nun (d.h. den Trivialfall schließen wir hier mal aus), dann ist das eine quadratische Funktion. Da gemäß Definition für alle reellen gilt, muss dies auch auf die Scheitelpunktstelle zutreffen, d.h. ist der nichtnegative Minimumwert der Parabel.
Iorek Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von HAL 9000
Deine exzessiven Rechenorgien am Schluss habe ich mir nicht mehr angeschaut, ich kann nur was zum Anfang sagen:


Skandalös, dabei hab ich mir so viel Rechenmühe damit gegeben Augenzwinkern

Zitat:

Von dem naheliegenden Gedanken ausgehend, dass der Gleichheitsfall der ist, wenn die Vektoren und linear abhängig sind, betrachte man für reelle die Funktion

.


Den Weg würde ich durchaus bevorzugen, ich will die Kenntnis von bzw. den Umgang mit Vektoren und Normen aber nicht voraussetzen. Daher habe ich die Rechenorgie überhaupt erst angefangen um zu sehen, ob sich nicht mit banalen Umformungen und Aussagen zu Ungleichungen etwas anfangen lässt um die Entstehungsgeschichte zu motivieren.

Wo ich das gerade schreibe, könnte da aber der eigentliche Knackpunkt liegen: die Mathematik hat sich ja nicht getrennt nach Analysis, Algebra etc. entwickelt sondern ist entsprechend verzahnt. Eventuell werde ich da noch einmal drüber nachdenken, inwiefern ich Kenntnisse aus anderen Disziplinen doch aufnehme und verwenden will.
HAL 9000 Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Iorek
ich will die Kenntnis von bzw. den Umgang mit Vektoren und Normen aber nicht voraussetzen.

Na dann lässt man diesen Term eben weg. Mir kam es ja auch eher drauf an festzustellen, dass man sich anfänglich noch nicht so ganz im klaren ist, auf welchen Wert von man hier mit diesen Gedanken abzielt, darauf kommt man erst später (Scheitelpunkt).
Iorek Auf diesen Beitrag antworten »

Ok, akzeptiert. Freude (Wobei ich mich hier gerade an einen Kommentar von dir aus dem Workshop zur Vollständigen Induktion erinnert fühle: es wäre hier deutlich einfacher die allgemeinere Aussage in normierten Vektorräumen zu zeigen und die Summendarstellung als Spezialfall daraus zu folgern)

Mir ging es aber spezifisch um den obigen Beweis über und der Motivation für diesen Ausdruck, weil er für mich nicht aus zugehörigen Vorüberlegungen ersichtlich ist. Dein Ansatz kommt ja von einem anderen Standpunkt und wird einen anderen Weg einschlagen (konkret: du brauchst überhaupt nicht, weil du das Problem elegant auf das Minimum einer Parabel verlagerst).

Also vielleicht einfach mal dumpf formuliert: wie kommt man darauf zu betrachten? Das steht zwar zu Beginn des Beweises, aber es fällt ja nicht vom Himmel sondern ergibt sich erst aus diversen Vorüberlegungen oder Beispielen die man durchgerechnet hat. Darum war auch mein Ansatz das für einmal durchzugehen, weil das für mich ein sinnvoller erster Schritt wäre und von dort aus weiter zu überlegen, ob man bzw. wie man auf diesen Ausdruck kommt. Daher habe ich das auch gewissermaßen von hinten aufgerollt und bin mit gestartet, weil ich das als den natürlichen Weg zur Lösungsfindung sehe (und eben weil das ein Teil der Aussage ist und in dem Beweis ergänzt um den Faktor vorkommt, wollte ich nach dem Faktor in den Spezialfällen suchen).

Meine "Kritik" an diesem Beweis (der so in einer Anfängervorlesung verwendet wurde) ist, dass er auch mit Nachbereitung nur schwer verdaulich ist und mir bisher zumindest noch keinen weiteren Einblick gibt. Dass man einen Beweis nicht beim ersten Lesen versteht ist üblich, in diesem Fall sehe ich aber auch mit Nachbereitung noch nicht die Möglichkeit selber auf diese Beweisidee zu kommen außer eben zu raten und irgendwelche Ausdrücke zu multiplizieren und darüber erneut zu summieren (warum bildet man dann gerade mit ein Produkt aus und mit ein Produkt aus ?). Die Idee eine Ungleichung von beiden Seiten mit einem geeigneten Ausdruck zu multiplizieren kommt ja auch häufiger (Beispiele aus der Algebra im Zusammenhang mit Matrizen fallen mir da ein), daher könnte man das hier ja prinzipiell auch versuchen. Lediglich die Wahl des Faktors bzw. der Summe erschließt sich mir nicht.
IfindU Auf diesen Beitrag antworten »
RE: Cauchy-Schwarzsche Ungleichung - Idee für Beweisansatz
Ich würde mir hier zuerst überlegen, dass es ausreicht den Fall für zu zeigen. Damit reduziert sich
Zitat:
Original von Iorek





Mit , aller allgemeinen Variable wie HAL beschreibt ist man schon super nahe an der Darstellung dran und benötigt keine "künstliche" Multipliation mit [l]A[/]
 
 
Finn_ Auf diesen Beitrag antworten »

Man sollte erwägen, folgendermaßen voll abzuräumen. Zuerst die Lagrange-Identität herleiten, die wir kürzlich im Faden »Flächeninhalt eines Dreiecks ABC im R^n« hatten. Mit dieser kurz die Cauchy-Schwarz-Ungleichung abgreifen. Anschließend bekommt man als Bonus bequem die Dreiecksungleichung, wie in Aufgabe 12.4 im »Lehrbuch der Analysis Teil 1« von Heuser auf S. 97 beschrieben ist; dort als minkowskische Ungleichung bezeichnet, eigentlich aber nur ein Spezialfall. Mir ist hingegen die kurze Rechnung




lieber. Man merkt sich »Dreiecksungleichng = Quadrieren + erste binomische Formel + Cauchy-Schwarz + erste binomische Formel«. Das fügt sich gut ein in die Reihe »Satz des Thales = dritte binomische Formel« und »Kosinussatz = zweite binomische Formel«.

Eine Alternative bestünde darin, sämtliche Ungleichungen unter die Fittiche der Hölder-Ungleichung fallen zu lassen.

Die Herleitung aus der Lagrange-Identität wird bereits vermittelt in »A Course of Pure Mathematics« von Hardy auf S. 37 im zusätzlichen Abschnitt »Miscellaneous Examples« im ersten Kapitel. Vollständiges Zitat:

Zitat:
10. Schwarz's inequality. Suppose that and are any two sets of numbers positive or negative. It is easy to verify the identity



where and assume the values 1, 2, ..., . It follows that



an inequality usually known as Schwarz's (though due originally to Cauchy).

Offenbar schert sich Hardy nicht darum, sich präzise auszudrücken und bei der Summe über beide Indizes die Bedingung oder alternativ den Faktor 1/2 hinzuzufügen.
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