Eine unterschätzte Grenze der Mathematik?

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Pippen Auf diesen Beitrag antworten »
Eine unterschätzte Grenze der Mathematik?
Alle reden immer von Gödel, Russell und Turing und den Grenzen der Mathematik. Es gibt aber mE eine noch viel trivialere, welche der Mathematik sogar den Zahn zieht, weil sie dadurch ihre so oft deklarierte Sonderrolle als Wissenschaft einbüßt.

Gegeben sei die Menge M = {a,b}. Wie beweist man jetzt die trivial wahre Aussage a M? Soweit ich es überblicke zuckt hier der Mathematiker mit den Schultern. Er tut einfach so als ob sie wahr ist, er kann sie nicht beweisen. Sie kann aber leicht falsch sein, zB durch ein Versehen.

Warum stört das die Mathematik nicht? Immerhin könnte so ZFC allein deshalb falsch sein, weil dort irgendwas steht, was was wir beständig übersehen, so wie ein Schüler die Aufgabe 3*3 immer als 3+3 liest und daher immer nur Falsches produziert.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Definitionen beweist man nicht.
tobit Auf diesen Beitrag antworten »

Hallo Pippen,

in ZFC bezeichnet (gegeben Mengen a und b) der Ausdruck die existierende und eindeutig bestimmte Menge M mit der Eigenschaft, dass für alle Mengen x die Äquivalenz gilt.

Wegen a=a gilt , also .

In ZFC ist es somit kein Problem, die von dir genannte Aussage zu beweisen.

Viele Grüße
Tobias
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von tobit

Wegen a=a gilt


Woher wissen wir, dass das rechte a denselben Gegenstand bezeichnet wie das linke a? Es gibt da mE kein Axiom zu, sondern nur die informelle Verabredung unter Mathematikern, dass Buchstaben wie a, b, c (Konstanten) für denselben Gegenstand stehen sollen bzw. unterschiedliche Gegenstände unterschiedliche Buchstaben zugewiesen bekommen, d.h. der ganze Beweis von ZFC steht und fällt mit o.g. (ambivalenter) Vereinbarung in natürlicher Sprache. Ist das richtig?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

gilt immer, es kann aber oder sein. In einer Logik mit Gleichheit ist es stets ein logischer Widerspruch, wenn ein PferdeApfel kein PferdeApfel ist. Das stinkt zum Himmel.
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Elvis
gilt immer


Wie ist das definiert? Und wie sind die Bestandteile der Definition definiert? Was ich sagen will: Irgendwo muss es einen Anfang geben und der ist unpräzise & unformalisiert und genau da kann bereits der Fehler dergestalt liegen, dass wir nicht merken, dass wir was anderes meinen als was wir irrig denken, was wir meinen. Im besten Fall resultiert daraus irgendwo irgendwann irgendwie ein Widerspruch, so dass wir merken: da läuft was falsch, im schlechtesten Fall merken wir nie was und doch wären unsere Resultate dann falsch. Wer irrig 3 *3 = 9 rechnet, obwohl er 3 + 3 rechnen will und das nicht erkennt, der betreibt falsche Mathematik ohne Widersprüche. Ich fände das bemerkenswert. Denn damit ließe sich Mathematik letztendlich auf Empirie zurückführen, sie wäre empirische Wissenschaft und könnte wie diese jederzeit falsch sein, nicht nur wegen innerer („formaler“) Widersprüche, sondern weil sie einfach mit der Realität kollidiert. Oder was würde ein Mathematiker hierauf erwidern?
 
 
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Die Gleichheit als Element der Logik lässt sich auf Leibniz zurückführen. Deine Zweifel entsprechen Ihrem Wesen nach den Russellschen Zweifeln. Studiere die Principia Mathematica von Alfred North Whitehead und Bertrand Russell, wenn du dich zu Tode langweilen willst. Nach vielen vielen Seiten wird dann bewiesen, dass 1+1=2 gilt. Historisch interessant aber nicht zum Abschluss gekommen konnte das Projekt unvollendet beendet werden nachdem die Mengenlehre axiomatisiert wurde. Es gibt keinen Grund die Geschichte der Mathematik um mehr als 100 Jahre zurück zu drehen.
Wenn dich die zugehörige Philosophie genau wie mich mehr interessiert als der fehlgeschlagene Versuch von Russell, dann studiere ein paar Hauptwerke des englischen Empiristen A.J.Ayer, der auch ein sehr gutes kritisches Buch über Russell geschrieben hat. Nach dieser Lektüre habe ich meine eigenen Ansätze zu einem Buch über Russell beendet.
Finn_ Auf diesen Beitrag antworten »

Axiom (Reflexivität).

Schlussregel (Allquantor-Beseitigung).

Hierbei meint oder die Substitution jedes freien Vorkommens der Variablen in der Formel durch den Term Mit frei ist gemeint, dass die Variable nicht durch einen Quantor gebunden steht.

Theorem.

Beweis.



q.e.d.

Gerhard Gentzen hielt diesen Anfang für unbedenklich.
Pippen Auf diesen Beitrag antworten »

Zitat:
Original von Finn_
Axiom (Reflexivität).

Schlussregel (Allquantor-Beseitigung).

Hierbei meint oder die Substitution jedes freien Vorkommens der Variablen in der Formel durch den Term Mit frei ist gemeint, dass die Variable nicht durch einen Quantor gebunden steht.


Und man kann durch eine bijektive Funktion von Grundmenge zu Termen sicherstellen, dass t auch wirklich nur ein bestimmtes Objekt „meint“. Richtig? Trotzdem: wenn du irrigerweise statt der einen 0 eine 1 nimmst, dann kommt bei dem Theorem 0 = 1 raus, aber du merkst es nicht, weil du glaubst, du hättest 0 = 0 bewiesen. Dieses Einfallstor des empirischen Irrtums (Schusselfehler) nimmt der Mathematik ihre Einzigartigkeit. Jede math. Aussage ist dann genauso fallibel wie eine physikalische oder biologische. Trotz konsistentem Axiomensystem und Schlussregeln können also Konklusionen falsch sein, weil die Mathematik nie die Wahrheit aller ihrer Prämissen (und erst recht das Funktionieren des log. Apparates) sicherstellen kann. Richtig?

p.s. Kann man das Axiom der Reflexivität nicht auch noch beweisen, indem man beweist, dass x <-> x eine Tautologie ist (so dass es also gar kein Axiom ist)?
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

Niemand erwartet von irgendwem, an Mathematik zu glauben. Wenn ein*e Mathematiker*in oder ein*e Nichmathematiker*in nicht an Mathematik glauben kann oder will, dann darf er oder sie auch an das Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters glauben. Ich glaube, dass vier Pfund Rindfleisch eine gute Suppe gibt.
Finn_ Auf diesen Beitrag antworten »

Wieso sollte unbedingt eine Bijektion bestehen? Es können doch die Terme 0 und 0 + 0 dasselbe Objekt der Grundmenge darstellen.

Die Aussage ist nicht zu erhalten, da bei der Substitution jedes Vorkommen der freien Variable gegen denselben Term ersetzt werden muss. Das Vereiteln von Flüchtigkeitsfehlern übernimmt der Computer. Die Programmierung eines Theorembeweisassistents, der die Anwendung der Schlussregeln überwacht, ist vergleichsweise leicht.

Kann man zeigen, dass eine Struktur bestimmte Axiome erfüllt, hat man die Axiome offenbar für diese Struktur bewiesen. Der Sinn von Axiomen besteht allerdings auch darin, die aus ihnen hergeleitete Theorie von der konkreten Struktur abzukoppeln.
Elvis Auf diesen Beitrag antworten »

@Pippen
Mache nicht denselben Fehler wie Russell, der mathematisch gescheitert ist, weil er fälschlicherweise glaubte, die Mathematik müsse vollständig auf Logik aufgebaut werden können. Man nennt diese krude Philosophie der Mathematik Logizismus, das ist eine Ideologie, die ihren Vertretern viel Mühe gemacht hat und heute keine wesentliche Rolle mehr spielt, höchstens noch historisch interessant ist. Tatsächlich haben wir dir schon mehrfach gesagt, dass Logik ein wichtiges Gebiet der Mathematik ist aber nicht ihre Grundlage sein kann.
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