[WS] Numerische Integration - Theorie

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[WS] Numerische Integration - Theorie
Gliederung

  1. Numerische Integration
    1a. Ordnung von Quadraturformeln

  2. Interpolatorische Quadraturformeln & Integrationsfehler
    2a. Konstruktion
    2b. Spezialfall: zur Intervallmitte symmetrische Knoten (ungerade)

  3. Newton-Cotes-Formeln - äquidistante Stützstellen
    3a. Abgeschlossene Newton-Cotes-Formeln
    3a. Fehlerabschätzung abgeschlossene NC-Formeln

    3b. Offene Newton-Cotes-Formeln
    3b. Fehlerabschätzung der offenen NC-Formeln

    3c. Bemerkungen zu den NC-Formeln

  4. Summierte Quadraturformeln
    4a. Summierte Mittelpunktsregel
    4b. SummierteTrapezregel
    4c. Summierte Simpsonregel

  5. Konvergenz von Quadraturformeln
    5a. Korollare

  6. Extrapolation

  7. Adaptive Verfahren

  8. Maximale Ordnung von Quadraturformeln

  9. Gaußsche Quadraturformeln
    9a. Orthogonale Polynome 1: Wann steht ein Polynom senkrecht auf "allen anderen" Polynomen?
    9b. Orthogonale Polynome 2: Wahl der Knoten als deren Nullstellen
    9c. Berechnung der Orthogonalen Polynome
    9d. Golub & Welsch - Berechnung der Knoten und Gewichte
    9e. Konvergenz von Quadraturformeln
    9f. Quadraturfehler
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
1. Numerische Integration
Gesucht sind diesem Workshop Wege zur numerischen Bestimmung des bestimmten Integrals



Dabei sollen zur Approximation von Quadraturformeln verwendet werden. Diese haben die allgemeine Gestalt:



Dabei bezeichnen die Stützstellen und die zugehörigen Gewichte.


Dabei ist der Name Quadratur historisch bedingt und spielt auf das Integral als Fläche zwischen dem Graphen einer Funktion und der x-Achse an. Eine Motivation der obigen Gestalt von Quadraturformeln ist in der Gestalt des Riemann-Integrals zu sehen. Die Produkte "Gewicht * Funktionswert" lassen sich als Flächeninhalte von Rechtecken interpretieren. (Anschauliches gibt es im [WS] - Beispiele)
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
1a. Ordnung von Quadraturformeln
Eine Quadraturformel hat die Ordnung , wenn sie alle Polynome exakt integriert, d.h. wenn gilt:




Eine Quadraturformel der Ordnung k hat somit auch jede kleinere Ordnung als k. Zur Überprüfung der Ordnung einer Quadraturformel genügt es - wegen der Linearität der Integralfunktion - zu zeigen, dass gilt:




Jedes Polynom p aus dem Vektorraum lässt sich als Linearkombination dieser Basispolynome darstellen und es folgt:




Besitzt die Ordnung , so nennt man die Quadraturformel interpolatorisch.



Diese Definition bietet uns gleich einen Ansatz, welche Eigenschaften solche Quadraturformeln haben müssen.

Es ist sicherlich eine sinnvoll zu fordern, dass zumindest konstante Funktionen exakt integriert werden. Es muss also das Basispolynom exakt integriert werden. Unmittelbar ergibt sich



Was nichts anderes bedeutet, als das die Summe der Gewichte der Länge des Intervalls entsprechen muss:




In einigen Büchern werden die folgenden Betrachtungen auf das Intervall [0,1] eingeschränkt.

Dennoch sind die Folgerungen leicht übertragbar auf ein Intervall [a,b]. Beachte hierzu die Substitutionsregel. Mit einer entsprechenden Hilfsfunktion ergibt sich:





Und wir erhalten schließlich:



Gerade bei Tabellen mit Gewichten zu Quadraturformeln sollte man dies stets im Hinterkopf haben.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
2a. Interpolatorische Quadraturformeln
Bildet man zu den paarweise verschiedenen Stützstellen (Knoten) das Lagrangesche Interpolationspolynom (2a), so erhält man als Quadraturformel:




Die so konstruierten Formeln haben die Ordnung (n+1), sind also interpolatorisch (und daher der Name).


Beweis:

Ist , so stimmt f mit dem an den (n+1) Knoten interpolierenden Polynom p überein. Also gilt:





Alternativ könnte man auch über die Integration des Interpolationsfehlers argumentieren:



Da wir hier - im Gegensatz zur Grenzwertbetrachtung bei der Polynominterpolation - die Abschätzung für festes n betrachten, sind der erste und letzte Faktor irgendwelche reelle Zahlen. Ist nun , so gilt und damit gilt folgt die Behauptung. Ferner haben wir eine Abschätzung für den Integrationsfehler erhalten.


Quadraturfehler

Wem die Abschätzung nicht reicht, kann natürlich auch den exakten Fehler bestimmen. Dazu soll die Formel zunächst einmal auf eine andere Gestalt gebracht werden, um die in den meisten Fällen tabellierte Form zu erläutern. Wir gehen in zwei Schritten vor.

(1) Verallgemeinerter erster Mittelwertsatz der Integralrechnung - Teil 2 (Bronstein)









(2) Lineare Transformation



Dazu verwendet man wieder die Substitionsregel und erhält:



Somit erklären sich die Potenzen von (b-a) in den Fehlern, das Integral liefert einen Teil des Faktors. Man kommt um eine Berechnung nicht herum.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
2b. Spezialfall: zur Intervallmitte symmetrische Knoten
Für gerades n (also n=2m ) und (damit 2m+1 => ungerade) zur Intervallmitte symmetrischen (SIM) Stützstellen (Knoten), hat die zugehörige interpolatorische Quadraturformel sogar die Ordnung 2m+2.



Man kann dies z.B. durch die exakte und numerische Integration der Testfunktion zeigen. Für einen anderen Weg braucht man die folgenden Hilfsresultate.


**************************************************************

Hilfsresultat 1:


Beweis:

Für die SIM-Knoten gilt: . Somit gilt für das Knotenpolynom :



Substituiert man nun x = a+b-y = g(y), so erhält man nach der Substitutionsregel für Integrale: . Daher folgt:






***********************************************************

Hilfsresultat 2:

Sei nun ein weiterer Knoten und das die Daten interpolierende Polynom, so folgt:




Beweis:

Die Newton -Form von lautet:


Mit dem Hilfsresultat 1 folgt dann:



***********************************************************


Beweis:

So, kommen wir zu obiger Behauptung zurück. Welche Ordnung hat die Quadraturformel mit SIM-Stützstellen?




Wegen und somit folgt die Behauptung.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
3. Newton-Cotes-Formeln: äquidistante Stützstellen
Einen Spezialfall der Interpolatorischen Quadraturformeln sind die Newton-Cotes-Formeln. Dabei wurden die für das Interpolationspolynom benötigten Stützstellen (Knoten) äquidistant gewählt.
 
 
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
3a. Abgeschlossene Newton-Cotes-Formeln
Dabei gilt für die Stützstellen:



Für die Gewichte gilt dann:



Beweis:

Wieder verwendet man die Substitutionsregel der Integralrechnung (vergleiche 1a). Das liefert:




Weitere Eigenschaften:



  • Beweis: Da die Formeln interpolatorisch sind, sind sie insbesondere exakt auf .

  • sind symmetrisch, d.h.


    Beweis:





Beispiele: Gewichte berechnet für das Intervall [0,1]


tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
Fehlerabschätzung abgeschlossene NC-Formeln
Zur Berechnung ziehen wir obige Abschätzung heran. Bei geradem n liegen SIM-Knoten vor. Hier die Ergebnisse in der Übersicht:








Man erkennt also, dass es stark auf die Funktion f ankommt, wie gut die Verfahren zur Integration geeignet sind.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
3b. Offene Newton-Cotes-Formeln
Dabei gilt für die Stützstellen:




Für die Gewichte gilt dann:



Beweis:

Wieder verwendet man die Substitutionsregel der Integralrechnung. Beweisidee ist analog zu den abgeschlossenen Formeln.


Weitere Eigenschaften:



  • Beweis: Da die Formeln interpolatorisch sind, sind sie insbesondere exakt auf .

  • sind symmetrisch, d.h.


    Beweis:

    Analoge Beweisstruktur wie bei den abgeschlossenen Formeln


Beispiele: Berechnet für das Intervall [0,1]


tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
Fehlerabschätzung der offenen NC-Formeln
zur Berechnung ziehen wir obige Abschätzung heran.








Auch hier spielt die Gestalt von f wieder eine entscheidende Rolle in der Fehlerabschätzung.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
3c. Bemerkungen zu den NC-Formeln
Bei den abgeschlossenen treten ab n=7 und bei den offenen ab n=2 negative Gewichte auf. Dadurch erhöht sich die Fehleranfälligkeit dieser Formeln (Auslöschung). Außerdem ist i.a. keine Konvergenz



zu erwarten, da für die Lagrange-Interpolation nicht generell gilt:



Vergleiche hierzu den Workshop Polynominterpolation, wieder liegt das Problem in der geforderten n-fachen Differenzierbarkeit und der Gestalt dieser Ableitung.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
4. Summierte (Zusammengesetzte) Quadraturformeln
Ähnlich wie die Argumentation von der Lagrange-Interpolation hin zur Spline-Interpolation führte, gelangt man nun hier zu den Summierten Quadraturformeln. D.h. man zerlegt das Intervall [a,b] in N Teilintervalle der äquidistanten Länge . Somit führt das Verfahren für zur Konvergenz, falls die zu integrierende Funktion genügend oft differenzierbar ist (Je nach verwendeter NC-Formel).


Das Integral stellt sich nun wie folgt dar:




dabei gilt:




Es soll nun der Fall gleich langer Teilintervalle unter Verwendung derselben Quadraturformel betrachtet werden. Es gilt dann:





Für die Fehlerabschätzungen benutzt man die Voraussetzung, dass die entsprechende Ableitung der Funktion stetig ist. Deswegen läßt sich der Zwischenwertsatz anwenden.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
4a. Summierte Mittelpunktsregel




Fehlerabschätzung:




Beweis:

Ergibt sich direkt aus der Fehlerabschätzung der Mittelpunktsregel.

tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
4b. SummierteTrapezregel


Fehlerabschätzung:

tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
4c. Summierte Simpsonregel


Fehlerabschätzung:




Beachte, die Maschenweite ist hier
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
5. Konvergenz von Quadraturformeln
Mit vorherigem Absatz hat man sich bzgl. der Konvergenz von Quadraturformeln also schon einmal dahin verbessert, dass sie für bestimmte Funktionen, z.B. für , konvergieren.
Ziel ist es nun ein Kriterium zu formulieren, aus dem folgt, unter welchen Bedingungen eine Quadraturformel für jede stetige Funktion bei wachsender Knotenzahl gegen das Integral konvergiert.


Hierzu betrachtet man die Folge von Quadraturformeln:



Dabei gelte die Voraussetzung:




Bemerkung:

Diese Voraussetzung ist einerseits plausibel und andererseits in vielen konkreten Fällen auch leicht nachprüfbar. Z.B. erfüllen die zusammengesetzte Trapez- und Mittelpunktsregel diese Voraussetzung, da diese Formeln im wesentlichen die numerische Realisierung der Integraldefinition mit Hilfe von Riemann-Summen darstellen. (siehe [WS] - Beispiele)


Es gilt dann der folgende Satz:

Gibt es eine Konstante c, so dass , dann konvergiert obige Quadraturformel-Folge .


Beweis:

Nach einem Satz von Weierstraß gibt gibt es zu vorgegebenem zu jedem ein Polynom p, so dass gilt:



Wegen der Voraussetzung (2) gibt es zu diesem ein , so dass





Daher gilt für alle die Abschätzung:



Also konvergiert .
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
Korollare
Korollar 1:

Sind die in (1) vorkommenden Gewichte nicht negativ, also , dann sind die Formeln konvergent, d.h. vorheriger Satz gilt.

Beweis:

Wendet man die Voraussetzung (2) für p=1 an, dann gilt:



Somit ist die Voraussetzung des Satzes erfüllt und die Formeln sind konvergent.



Bemerkung:

Die Newton-Cotes-Formeln erfüllen dieses Korollar i.A. nicht, denn wie man gesehen hat, treten dort schon für recht kleine n negative Gewichte auf (offene ab n=2, abgeschlossene ab n=8).




Korollar 2:

Für die zusammengesetze Simpson-Regel gilt für jede stetige Funktion .

Beweis:

Die Gewichte der sind , also alle positiv. Die Bedingung (2) ist auch erfüllt, wie man mit der angegebenen Fehlerabschätzung nachprüfen kann. Setzt man dort für f ein Polynom ein, so lautet die rechte Seite: . Für wachsende n geht aber h gegen 0. Somit folgt die Behauptung aus Korollar 1.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
6. Extrapolation
Im Workshop "Interpolation" haben wir uns mit dem Nachweis der Konvergenz (Spline-Interpolation) zufrieden gegeben. Dabei sei bemerkt, dass zusammengesetzte Trapezregel im Grunde die Integration des interpolierenden linearen Splines darstellt.

Da das Verfahren der Richardson-Extrapolation nicht nur zum numerischen Integrieren verwendet werden kann, ist es in einem eigenen Workshop [WS] Extrapolation ausgelagert. Man interessiert sich für den Wert einer Funktion an der Stelle h=0, kann aber z.B. diesen Wert aber nicht explizit berechen. So legt man durch andere Meßpunkte eine Funktion (Interpolationspolynom) und wertet dieses bei 0 aus. Um sinnvolle Ergebnisse zu erhalten, sollten die Meßpunkte eine Nullfolge bilden. Vergleiche hierzu die erwähnte Problematik im [WS] Polynominterpolation-Theorie
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
7. Adaptive Verfahren
Mit den summierten Quadraturformeln können wir zwar Konvergenz sicherstellen, sofern die entsprechende Ableitung betragsmäßig von oben beschränkt war. Auf die Gestalt der Funktion wurde nicht eingegangen. Dies kann dann zur Notwendigkeit einer sehr kleinen Maschenweite h führen (viele Knoten), um die gewünschte Genauigkeit sicherzustellen. Verdeutlichen wir uns das an einem Beispiel.




Wollten wir das Integral nun mit der summierten Simpson-Regel approximieren, so hätten wir es mit der Fehlerabschätzung zu tun:



Auf unser Beispiel angewandt ergibt sich dabei:



Und somit:



Dann ergibt sich



Das würde für die Anzahl der benötigten Teilintervalle bedeuten?

,

Also müßte man auf über 1000 Teilintervallen die Simpsonregel anwenden, um eine Genauigkeit von 0.10 zu erhalten. Das entspricht über xx Funktionsauswertungen. Geht das nicht auch besser?



Wie können wir also das Integral mit hinreichender Genauigkeit und möglichst geringem Aufwand approximieren?

  • Wir wollen das Integral einer Funktion mit Hilfe der summierten Simpson-Regel derart approximieren, dass der Fehler möglichst nicht größer als eine vorgegebene Genauigkeit ist.

  • Dazu teilen wir das Intervall sukzessive in geeignete Teilintervalle der Länge ein.

  • Die Anzahl m dieser Teilintervalle sowie die genaue Lage der Stützpunkte sind zu Beginn der Rechnung unbekannt



Betrachtung eines Teilintervalls

  • exaktes Integral:

  • Näherung 1 (Simpson):

  • Näherung 2 (1x sum. Simpson):


Voraussetzung

Es gibt eine von der Schrittweite unabhängige Konstante mit:



Daraus ergibt sich für die einfach zusammengesetze Formel:




Daraus erhalten wir:



Mit diesem Trick erhalten wir also die Gleichung:



Und daraus die approximative Gleichung:



So können wir den nicht bekannten Fehler (linke Seite - wahrer Integralwert ist unbekannt) durch die Differenz der beiden Quadraturformeln auf der rechten Seite annähern.

Welche Abschätzung müssen wir nun fordern, um am Ende die gewünschte Genauigkeit zu erhalten?

(*)

Dann ergibt sich:




Wie geht man nun vor?

  • Man startet mit dem Intervall und berechnet die zugehörigen Näherungen und mit

  • Ist (*) erfüllt, so kann man abbrechen. Ansonsten

  • wähle man den Intervallmittelpunkt als neuen Punkt und prüfe (*) für die beiden entstehenden Intervale.

  • Dieses Halbierungsverfahren wird solange fortgesetzt, bis (*) für alle Teilintervalle erfüllt ist.

  • Sind auf diese Weise m Teilintervalle entstanden, so liefert die Summe dann die gewünschte Näherung an das Integral I(f).


Die Umsetzung dieses Verfahrens für obige Funktion findet man im Beispielteil dieses Workshops.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
8. Maximale Ordnung von Quadraturformeln
Wieder betrachtet man die Quadraturformeln vom bekannten Typ:



Bei den interpolatorischen Formeln galt:



und es ließ sich mindestens die Ordnung (n+1) erreichen.

Es stellt sich nun die Frage, od die Ordnung von Quadraturformeln (bzgl. n) von oben beschränkt ist und wie die Knoten zu wählen sind, um eine möglichst hohe Ordnung der Quadraturformeln zu erhalten.


Satz:

Die Ordnung obiger Quadraturformeln beträgt höchstens 2n+2, d.h. alle Polynome werden exakt integriert.


Beweis:

Man betrachtet die Funktion . Integriert man die Funktion numerisch erhält man:

Für das Exakte Integral hingegen gilt:


Somit erhält man: . Folglich wird das Polynom nicht exakt integriert.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
9. Gaußsche Quadraturformeln
Ziel ist es nun interpolatorische Quadraturformeln (durch Integration des Interpolationspolynoms) zu konstruieren, welche die Maximalordnung 2n+2 haben. Diese bezeichnet man als die sog. Gaußschen Quadraturformeln.


Mit sei die Menge aller Polynome ohne Gradbeschränkung bezeichnet, im Gegensatz dazu bezeichnet die Menge aller Polynom vom Höchstgrad n. Das weiteren interessieren wir uns in diesem Abschnitt für Integrale vom Typ:

(*)


Dabei ist eine gegebene Gewichtsfunktion mit folgenden Eigenschaften:

  • Die Funktion hat keine negativen Werte
  • Die Integrale existieren für alle
  • für alle Polynome ohne Vorzeichenwechsel in


Lehrer Achtung!

Es wird hier zugelassen, dass die Integrationsgrenzen a,b mit -oo bzw. +oo zusammenfallen, sofern obige Bedingungen für eine Gewichtsfunktion erfüllt sind. In diesem Fall sind aber nicht mehr alle stetigen Funktionen im Sinne von (*) integrierbar. Ist beispielsweise eine positive, stetige Gewichtsfunktion (z.B. auf einem unendlichen Intervall, so ist stetig, aber I(f) existiert nicht.

Die vorherigen Überlegungen können aber ohne weiteres auf Integrale vom Typ (*) ausgedehnt werden. Die früher auftretenden Integrale müssen um den Faktor ergänzt werden. Insbesondere kann der Begriff der Ordnung einer Integrationsformel unverändert übernommen werden.

Nicht mehr gültig sind im Falle unendlich langer Intervalle allerdings der Konvergenzsatz und das Korollar, da der im Beweis verwendete Satz von Weierstraß nur für kompakte Intervalle gilt.

Das Lemma bzgl. der höheren Ordnung im Falle von SIM-Knoten belibt nur bestehen, wenn auch die Gewichtsfunktion auf dem gegebenen Intervall symmterisch zum Mittelpunkt ist.



Kennt man die Knoten so ergeben sich die Gewichte wieder über die Lagrange Koeffizienten :




Vektorraum und Skalarprodukte

Die Mengen bilden Vektorräume auf denen wie folgt ein Skalarprodukt definiert werden kann:

tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
9a. Orthogonale Polynome 1: Wann steht ein Polynom senkrecht auf "allen anderen" Polynomen?
Gilt , so nennt man f und g orthogonal.


Satz 1:

Sei und . Dann ist entweder:

  • 0, oder
  • hat genau (n+1) paarweise verschiedene Nullstellen in ]a,b[.


Beweis:

Aus der linearen Algebra weiß man, dass der Nullvektor per Definition senkrecht auf jedem Vektor steht. Somit erklärt sich die Schlussfolgerung von selbst. Sei also nun . Mit seien die Nullstellen von w in ]a,b[ mit Vorzeichenwechsel bezeichnet. Dann definiert man folgendes Polynom s:



Die Polynomfunktion hat dann in ]a,b[ keinen Vorzeichenwechsel. Daher folgt mit den Anforderungen an die Gewichtsfunktion:





Da nun aber s per Definition den Grad (m+1) hat und es gilt , folgt wegen :



Das Polynom hat daher notwendigerweise genau (n+1) paarweise verschiedene Nullstellen in ]a,b[.



Korollar 1:

Sei und . Dann ist bis auf einen multiplikativen Faktor eindeutig bestimmt.


Beweis:

Sei und erfülle die Bedingung . Nach den Rechenregeln für Skalarprodukte folgt dann, dass auch für jedes skalare Vielfache von \omega gilt:



Bleibt die "Eindeutigkeit" noch zu zeigen. Seien nun zwei nicht verschwindende Polynome, die obige Bedingung erfüllen. Dann ist auch für die Bedingung erfüllt:

.

Durch entsprechende Multiplikation mir geeigneten Zahlenfaktoren kann man erreichen, dass den gleichen Höchstkoeffizienten haben, sind sie doch beide vom Grad (n+1). Also gilt dann



und mit obigem Satz folgt dann, dass gelten muss, uns somit stimmen bis auf einen multiplikativen Faktor überein.
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
9b. Orthogonale Polynome 2: Wahl der Knoten als deren Nullstellen
Satz 2:

Die Quadraturformel hat genau dann die (maximale) Ordnung (2n+2), wenn die Knoten so gewählt werden, dass für mit gilt:




Beweis:



Sei eine Formel der Ordnung (2n+2) zur Integration von f auf dem Intervall . Dann sind
  • paarweise verschiedene Knoten aus I.





Es folgt daraus:



Somit gilt:






Seien nun so gewählt, dass gilt:
  • mit



Ferner sei . Dann kann man mittels Polynomdivision f durch w dividieren und erhält die folgende Darstellung:



Integriert man nun, so erhält man:





Andererseits ist



Da die Quadraturformeln interpolatorisch sind und folgt:

tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
9c. Berechnung der Orthogonalen Polynome
Damit man ein Konstruktionsverfahren für Quadraturformeln der Ordnung 2n+2 angeben kann, muss noch der Beweis über die Existenz der Polynome geführt werden. Dies läßt sich aber schnell nachholen. Mit dem Gram-Schmidtschen Orthogonalisierungsverfahren können in einem Vektorraum mit Skalarprodukt, linear unabhängige Elemente immer in paarweise zueinander orthogonale Elemente umgerechnet werden. Die linear unabhängigen Polynome 1,x,x²,... können also paarweise orthogonalisiert werden. Damit ist die Existent der diskutierten orthogonalen Polynome gesichert.

Jede Gewichtsfunktion definiert also, bis auf einen Faktor, eindeutige orthogonale Polynome und .


Berechnung der orthogonalen Polynome

Aus der Orthogonalität der Polynome folgt deren lineare Unabhängigkeit. Sie bilden also eine Basis des . Somit können wir folgenden Satz zur Drei-Term-Rekursion ihrer Berechnung formulieren:

(*)

mit:










Besonders einfach gestaltet sich die Berechnung natürlich, wenn alle Koeffizienten a priori bekannt sind. Ein Beispiel dafür sind die Tschebyscheff-Polynome. Generell gilt dabei die Logikkette:

  • Vorgabe Intervall und Gewichtsfunktion Skalarprodukt wird definiert
  • Satz 1 + Korollar 1 ist bis auf Faktor eindeutig bestimmt weitere Bedingung, z.B.


Hier nun verschiedene Gewichtsfunktionen und die zugehörigen Rekursionskoeffizienten (siehe *) der orthogonalen Polynome. Die Lage ihrer Nullstellen determiniert das Intervall ]a,b[:




Lehrer Bitte hierzu auch die Beispiele betrachten, da die Koeffizienten teilweise erst ab einem bestimmten Index für n gelten! Ferner ist zu beachten, dass zwar die Funktion an den Knoten ausgewertet wird, jedoch ein gewichtetes Integral approximiert wird



Möchte man also f integrieren, so muss man wie folgt ansetzen:

tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
9d. Golub & Welsch - Berechnung der Knoten und Gewichte
Normiert man die Rekursionsformel unter Erhalt ihrer Struktur, so kann man die neuen Koeffizienten in eine Tridiagonalmatrix eintragen. aus den Eigenwerten und Eigenvektoren kann man dann die Knoten und Gewichte der Gauß-Polynome bestimmen. Vorgeführt wird das Verfahren hier: [WS] Orthogonale Polynome
tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
9e. Konvergenz
Es bleibt nun die Frage offen, ob diese Quadraturformeln der Maximalordnung auch für größer werdende n gegen das Integral konvergieren. Im Falle eines abgeschlossenen Intervalls findet das Lemma Anwendung und es gilt nun zu zeigen, dass:

Die Gewichte der Gaußschen Quadraturformeln positiv sind.


Beweis:

Sind wie üblich die Lagrange-Koeffizienten, so gilt hier für die Gewichte wegen :

tigerbine Auf diesen Beitrag antworten »
9f. Quadraturfehler
Als Ausblick sei noch eine Formel zur Bestimmung des Quadraturfehlers angegeben:






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